Laryngorhinootologie 2025; 104(08): 533-535
DOI: 10.1055/a-2563-1812
OP-Techniken

Eingriffe an Hals, Ösophagus und Mediastinum

J. A. Werner
,
J. P. Windfuhr
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Vorgehen bei Halszysten oder -fisteln

Mediane Halszysten/-fisteln

  • Mediane Halszyste: Geht aus dem persistierenden Ductus thyreoglossus hervor. Konservative Maßnahmen wie Injektion von Verödungsmitteln oder Kaustik sind zwecklos. Nur eine restlose Entfernung mitsamt dem Zungenbeinkörper bringt dauerhaften Erfolg.

  • Mediane Halsfistel: Folge einer wie auch immer gearteten chirurgischen Intervention bei medianer Halszyste.

OP-Prinzip

Restlose Entfernung der Zyste mitsamt dem Zungenbeinkörper und des ihr häufig anhaftenden Ganges bzw. der Fistel, ggf. unter Einschluss ihres Ansatzes am Foramen caecum im Zungengrund.


Indikation

Jede mediane Halszyste oder Halsfistel.


Kontraindikation

Reduzierter Allgemeinzustand, der das Eingehen des Operations-/Narkoserisikos nicht rechtfertigt.


Spezielle Patientenaufklärung

Halszyste/Lipom, Halsfistel:

  • Gefühlsstörung im Bereich des Halses,

  • Läsion des N. hypoglossus und N. laryngeus superior,

  • Heiserkeit bis Stimmverlust,

  • Luftnot, Tracheotomie mit Einlage einer Trachealkanüle,

  • auffällige Narbenbildung,

  • gegebenenfalls Erweiterung des Hautschnitts,

  • Verletzung der pharyngealen Schleimhaut sowie

  • Notwendigkeit einer Nachoperation bei Rezidiv.


OP-Planung

B-Sonografie


Spezielle Instrumente

Laryngofissur-Schere


Anästhesie

Intubationsnarkose


OP-Technik

Bei medianer Halsfistel

  • Fistelgangdarstellung; Vorsichtige Sondierung des Fistelgangs mit der Knopfsonde und Anlage einer Tabaksbeutelnaht oder zirkuläre Umstechung des Fistelmundes. Zuziehen der angelegten Naht bei liegender stumpfer Kanüle. Auffüllen der Fistel mit Methylenblau.

  • Hautschnitt: Bei Fistelöffnung in Zungenbeinnähe querer Hautschnitt mit spindelförmigem Umschneiden der Fistelöffnung ([Abb. 1]). Bei weiter kaudal gelegener Fistelöffnung Längsschnitt in der Medianlinie oberhalb des Zungenbeins beginnend bis direkt unterhalb des spindelförmig umschnittenen Fistelmundes.

  • Präparation des Fistelgangs bis zum Zungenbein: Durchtrennung des Platysma. Präparation des Fistelgangs unter Aufspreizen der umgebenden Weichteile, Freilegen der infrahyoidalen Muskulatur und des Zungenbeinkörpers. Zur weiteren Präparation wird der Gang angeschlungen und vorsichtig hochgehalten.

  • Lösen des Zungenbeinkörpers: Am Zungenbeinkörper wird die dort ansetzende Muskulatur mit dem elektrischen Messer (weniger Faszikulationen werden durch Verwendung von bipolaren Instrumenten oder der Radiofrequenznadel verursacht) durchtrennt, anschließend auf beiden Seiten der Zungenbeinkörper vom Zungenbein mit einer Laryngofissur-Schere abgesetzt; Zyste/Fistel und Zungenbeinkörper werden zusammenhängend entfernt ([Abb. 2]).

  • Präparation des Fistelgangs hinter dem Zungenbein: Weiterverfolgen des Fistelgangs in Richtung Foramen caecum. Lässt sich keine Fortsetzung des Gangs mehr darstellen, so wird das in direkter Umgebung anliegende Gewebe mitentfernt und der Eingriff beendet. Ist der Gang bis zum Foramen caecum angelegt, so wird er bis an die Schleimhaut des Zungengrunds präpariert, das Foramen caecum umschnitten und mit dem Gang entfernt. Der Defekt wird mit resorbierbarem Nahtmaterial der Fadenstärke 3/0 verschlossen. Zur Erleichterung dieser Präparation drückt man sich den Zungengrund durch einen in den Mund eingeführten Mclvor-Spatel, der vom Assistenten leicht angekippt wird, entgegen.

  • Wundverschluss: Einlage einer Saugdrainage, schichtweiser Wundschluss, Verband.

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Abb. 1 Mediane Halsfistel, 1. Schritt: spindelförmige Umschneidung der Zystenöffnung.
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Abb. 2 Mediane Halsfistel, 2. Schritt: Dissektion des Zystengangs an das Zungenbein. Ablösen der am Zungenbeinkörper kranial und kaudal inserierenden Muskulatur. Absetzen des Zungenbeinkörpers beidseits mit der Laryngofissur-Schere.

Bei medianer Halszyste

  • Technik bei medianer Halszyste gleich wie bei Fistel.

  • Hautschnitt und Präparation der Zyste: Hautschnitt quer über oder unterhalb der Zyste. Durchtrennen von Haut, Subkutangewebe und Platysma, Darstellen des Zystenbalgs und Zungenbeins, von dem die kaudal/kranial inserierende Muskulatur elektrochirurgisch abgesetzt wird. Absetzen des Zungenbeinkörpers mit der Laryngofissur-Schere und Resektion der Zyste mitsamt anhängendem Zungenbeinkörper.

  • In der Regel zieht von der Zyste ein Bindegewebsstrang zum Zungenbeinkörper; grundsätzlich wird deshalb auch bei der Halszyste der Zungenbeinkörper in vorbeschriebener Weise reseziert und nach kranial ziehenden Gangresten und vorhandenen Verzweigungen gesucht.

Regeln, Tipps und Tricks

Die Resektion des Zungenbeinkörpers ist grundsätzlich erforderlich. Um eine Verletzung des N. hypoglossus und N. laryngeus superior zu vermeiden, erfolgt die Präparation streng in der Mittellinie und eng am Zungenbein. Sollte es zum Einreißen der Zyste kommen, Tamponade der Wandung während der Präparation mit Gaze.

Risiken und Komplikationen
  • Bei inkompletter Resektion steigt das Rezidivrisiko. Die Zungenbeinkörperresektion ist in aller Regel folgenlos.

  • Auffällige Narbenbildung.

  • Nachblutungen aus dem Zungengrundbereich (operative Revision), Wundinfektion, Verletzungen des N. hypoglossus oder des N. laryngeus superior bei medianer Präparation der Fistel nicht zu erwarten.



Nachbehandlung

Nur falls die Fistel infiziert oder akzidentell verletzt wurde, Antibiotikagabe über die präoperative Einmalgabe hinaus. Drainage je nach Förderleistung entfernen. Bei Vordringen bis zum Zungengrund Atmung überwachen, um Hämatom- oder Ödembildung im Larynxeingangsbereich zu erkennen. Kommt es zum Rezidiv einer medianen Halszyste, ist der Rezidiveingriff mit dem Ziel der sicheren und großzügigen Resektion des veränderten Gewebes möglichst unter Zuhilfenahme vergrößernder optischer Hilfen (Lupenbrille, Operationsmikroskop) durchzuführen. Wiederholte chirurgische Interventionen sind möglich, trotz minutiöser Präparation.

Zitierweise für diesen Artikel

Rettinger G, Hosemann W, Hüttenbrink KW, Werner JA (Hrsg.). HNO-Operationslehre – Mit allen wichtigen Eingriffen. Stuttgart: Thieme 5., vollständig überarbeitete Auflage 2017. doi:10.1055/b-004-140287

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Article published online:
04 August 2025

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