Nach Begrüßungen durch Bettina Wilms, Querfurt, Sprecherin von ackpa, und Sarah
Wallpott, Kaufmännische Direktorin an den GFO Kliniken Troisdorf, spricht Dyrk
Zedlick, Chefarzt des Verbundes Gemeindenahe Psychiatrie Leipzig und Mitglied des
Vorstandes der Aktion Psychisch Kranke (APK), zum Thema „Von Rodewisch über Bonn
nach Berlin… Bewegung trotz Stillstand?“, indem er Meilensteine der Geschichte der
ost- und auch westdeutschen Psychiatrie skizziert und einige sich in den beiden
Teilen Deutschlands in unterschiedlichen Dynamiken entwickelnde zentrale
gemeindepsychiatrische Positionen benennt: Hinreichend qualifizierte und besetzte
interdisziplinäre therapeutische Teams, Verzahnung von therapeutischen und sozialen
Aspekten sowie von Forschung und Lehre, Prinzip der therapeutischen Gemeinschaft und
der offenen Türen, Entstigmatisierung, regionale Versorgungsverpflichtung,
Etablierung „extramuraler“ Strukturen, Personen- anstatt Institutionsbezogenheit.
Die damaligen Universitätskliniken hatten demgegenüber mehrheitlich ein mehr
medizinisch-naturwissenschaftliches Verständnis von psychischen Erkrankungen. 1970
wurde die Deutsche Gesellschaft für Soziale Psychiatrie (DGSP) gegründet, 1971 die
APK, der „Bericht über die Lage der Psychiatrie in der Bundesrepublik Deutschland“
der Enquête-Kommission des Deutschen Bundestages wurde 1975 publiziert (Picard,
Kulenkampff, Häfner et al.). Hierzu spricht auch online zugeschaltet Peter Brieger,
Ärztlicher Direktor des kbo Isar-Amper-Klinikums in München, zugleich stellv.
Vorsitzender der APK, über deren Geschichte und Tätigkeitsschwerpunkte er berichtet.
Hierzu sollen insbesondere die unmittelbare Förderung durch das / Verbindung zum
Bundesministerium für Gesundheit (BMG), die Entwicklung der Psych-PV (Kunze et al.
1990) und die derzeit laufenden Dialogforen mit unterschiedlichen Schwerpunkten
Erwähnung finden. Im Anschluss wird ein wegen einer kurzfristig anberaumten
Abstimmung im Bundestag vorab aufgezeichnetes Grußwort von Dr. Kirsten
Kappert-Gonther, MdB (Bündnis 90/Die Grünen), die auch stellv. Vorsitzende des
Gesundheitsausschusses sowie Vorsitzende der APK ist, eingespielt. Sie benennt als
wichtige Errungenschaft der geplanten Krankenhausreform insbesondere die auch aus
unserer Sicht begrüßenswerte Option sog. Globalbudgets für alle Kliniken für
Psychiatrie und Psychotherapie.
Als nächstes referiert Rechtsanwalt Hubert Klein, Köln, unter dem Titel „Freiheit
trotzt Fürsorge“ zum mittlerweile sehr komplexen Ehegattenvertretungsrecht: Er gibt
in seinem sehr unterhaltsamen Vortrag u. a. zu bedenken, dass der Aufgabenkreis, in
dem Ehegattenvertretung erfolgen kann, auf das unmittelbare medizinische Procedere
begrenzt ist und sich beispielsweise nicht auf Aspekte der Vermögenssorge bezieht
-
insofern sei also hinsichtlich aller anderen Aspekte die Schweigepflicht
uneingeschränkt zu beachten. Potenziell gefahrvolle Maßnahmen oder Zwangsmaßnahmen
müssen vollumfänglich betreuungsrichterlich genehmigt werden. Im letzten Vortrag des
Vormittags „Gemeindenähe trotz Krankenhausreform“ stellen Tina Lindemann,
Geschäftsführerin Dachverband Gemeindepsychiatrie, Köln, und Petra Schmitz,
Peerberaterin bei „Die Kette e.V.“ in Bergisch Gladbach, ihr Tätigkeitsfeld vor:
Lebensweltorientiert, partizipativ und trialogisch, sektor- und
rechtskreisübergreifend sowie neuerdings auch online. Sie konstatieren hierbei hohe
regionale Unterschiedlichkeiten hinsichtlich der Verbindlichkeit
gemeindepsychiatrischer Verbundstrukturen.
Am Nachmittag findet die ackpa-Mitgliederversammlung statt, in der guter Tradition
folgend zunächst die „Neuen“ begrüßt wurden: Andrea Erdmann, Herdecke, und Christian
Gerstenberg, Dinslaken. Zum letzten Mal bei uns waren Volker Knapczyk, Bad Driburg,
Michael Putzke, Bad Nauheim und Friedberg sowie Martin Zinkler, Bremen-Ost. Es
folgten der Tätigkeitsbericht des Geschäftsführenden Ausschusses (GA, [Abb. 1]) durch Bettina Wilms und der Bericht der
Kassenführerin Sylvia Lorenz. Wichtige Termine: StäB-Tagung Potsdam 14.05.,
ackpa-BDK PIA-Tagung Hamburg-Ochsenzoll 23.05., 50 Jahre Psychiatrie-Enquête Leipzig
02./03.06., NFEP Berlin 30.06./01.07., Netzwerk Steuerungs- und Anreizsysteme
Wannsee Oktober 2025, DGPPN-Kongress Berlin 26.-29.11., ackpa-Jahrestagung Hanau
12./13.03.2026, ackpa-BDK Tagung Essen 24./25.09.2026.
Unter fachkundiger Leitung von Michael Putzke fanden nun die (Wieder-)Wahlen der
Sprecherin (Bettina Wilms), der Stellvertreter (Andreas Bechdolf, Berlin und Karel
Frasch, Donauwörth) und weiterer Mitglieder des GA (Barbara Florange, Olpe,
Christian Kieser, Potsdam, Sylvia Lorenz, Bad Salzungen, und (erstmalig, Glück auf!)
Thomas Jochum, Weimar) statt. Aktuelle Themen sind - neben dem Umgang mit den
Psychotherapie-„Direkt“student:innen/-absolvent:innen (der offenbar zwischen den
Häusern und Regionen sehr unterschiedlich ist; hierzu interne Abfrage in Planung),
natürlich vor allem die Krankenhausreform, über deren mögliche differenzielle
Effekte auf die Kliniken an Allgemeinkrankenhäusern ausgiebig diskutiert wird. Eine
kleine Arbeitsgruppe (Organisation Christian Kieser) wird unsere Haltung im Hinblick
auf die Krankenhausreform weiter präzisieren und formulieren. Das neue
ackpa-Positionspapier, das auch diesbezüglich Orientierung bieten wird, befindet
sich im Prozess der Finalisierung. Am Ende von Tag 1 überraschte uns unsere
Gastgeberin Barbara Florange mit einem überaus gelungenen kabarettistischen Auftritt
von „Mister Entertainer“ Christoph Brüske höchstpersönlich, bevor es zum gemeinsamen
Abendessen ins Eventsteakhouse gegenüber unserem Hotel ging.
Abb. 1 Der GA bei der Arbeit: v.l.n.r. Bettina Wilms, Sylvia Lorenz,
Andreas Bechdolf, Barbara Florange, Christian Kieser, Olaf Hardt (Foto:
Karel Frasch).
Am zweiten Tag, der traditionell unter dem Motto „Was braucht die Region?“ stand
(Moderation: Sylvia Lorenz), stellte zunächst Joanna Smerd, komm. Chefärztin an der
gastgebenden Klinik, ihr Haus vor. Der Rhein-Sieg-Kreis, der die kreisfreie
Bundesstadt Bonn umgibt, ist mit 600 000 Einwohnern einer der größten deutschen
Landkreise. Hier hat die Klinik mit derzeit 40 Betten und 20 TK-Plätzen seit 2024
die Pflichtversorgung von 80 000 Troisdorfer:innen übernommen. Wilfried Gaul-Canjé,
Aachen, Geschäftsführer beim Zweckverband der katholischen psychiatrischen
Behandlungs- und Betreuungseinrichtungen, berichtete über seine zumindest teilweise
erfolgreichen Deinstitutionalisierungsbemühungen bzw. entsprechende Barrieren
(bezahlbarer geeigneter Wohnraum, recoveryorientierte ambulante Betreuung). Zuletzt
zeigte Ingmar Steinhart, Greifswald, Lösungswege zum Umgang mit sog. „Langliegern“
auf: In einer von Krankenhausverbänden und DGPPN durchgeführten deutschlandweiten
Befragung wurden insgesamt 174 Patienten ohne klare Behandlungsindikation in
insgesamt 80 deutschen Kliniken identifiziert (mit Abstand häufigste Diagnose F2 +
Aggressivität); insgesamt ließ sich aus den vorliegenden Daten ein Bedarf an
geschlossenen „Heim“-Plätzen von etwa 4–6/100 000 Einwohnern hochrechnen.
Verbindliche Teilhabekonferenzen („Koalition der Willigen“) könnten aus seiner Sicht
kreative Nischenlösungen ermöglichen, z. B. Anmietung einer kliniknahen
Wohnung/Container/Tiny Houses, Unterstützung je nach Bedarf durch mobile PIA/StäB,
Wohncoach ohne zeitliche Begrenzung. Mit dieser ermutigenden Botschaft endete eine
thematisch vollbepackte Tagung – auf Wiedersehen in Hanau 2026 bei Thomas
Schillen!
Meiner Mutter Christa Neuhaus *21.11.1942 in Leipzig † 13.04.2025 in Böblingen
gewidmet.