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DOI: 10.1055/a-2589-8131
Kommentar

In der aktuellen S3-Leitlinie Prostatakarzinom sowie in der nun im März 2025 erschienenen Konsultationsfassung wird das inzidentellem Prostatakarzinom nahezu nicht mehr erwähnt. Empfehlungen zum Umgang, zur Behandlung bzw. zur weiteren Diagnostik sucht man dort vergebens. Behandelnde UrologInnen werden mit der Entscheidungsfindung allein gelassen. Daher sind Studien wie diese relevant, um Behandlungspfade und Patientenberatung auf Evidenz fußen zu lassen.
Die vorliegende Studie bietet eine umfassende Analyse der langfristigen onkologischen Ergebnisse von Patienten mit inzidentellem Prostatakarzinom nach einer transurethralen Resektion der Prostata (TURP). Die Studie basiert auf einer großen, bevölkerungsbasierten Kohorte aus Dänemark und liefert wertvolle Erkenntnisse zur Nachsorge.
Fast 25000 Patienten konnten über einen Beobachtungszeitraum von etwa 15 Jahren nach TURP eingeschlossen werden. Somit ist diese Kohortenstudie mit Sicherheit eine der größten mit dieser Diagnose und kann daher als relevante Arbeit angesehen werden. Etwa 6% dieser Patienten hatten ein inzidentelles Prostatakarzinom mit einem Gleason Score (GS) von 6 oder 7a. Unabhängig vom GS erhielten weniger als 30% der Patienten innerhalb von 5 Jahren nach der Diagnose eines inzidentellem Prostatakarzinom ein MRT oder eine Biopsie. Man könnte zumindest mutmaßen, dass bei den restlichen 70% der Patienten keine weitere Abklärung erfolgte, etwa aufgrund des Alters oder der klinischen Einschätzung des behandelnden Urologen (z.B. PSA-Abfall oder Multimorbidität). Wenn man nun hinzuzieht, dass circa zwei Drittel der Patienten mit initialem GS 6 in der Verlaufsbiopsie keinen Malignitätsnachweis mehr hatten und 17% weiterhin kein klinisch signifikantes Prostatakarzinom aufwiesen, zeigt sich nachweislich nur bei 6% der initial GS 6 Prostatakarzinome eine klinische Signifikanz. Bei Patienten mit einem GS 7a Befund in der TURP zeigte sich ein etwas anderes Bild. Hier hatten immerhin fast 40% der biopsierten Patienten noch ein klinisch signifikantes Prostatakarzinom, was die weitere diagnostische Abklärung ab einem GS von 7a unterstreicht.
Überraschenderweise konnte zwischen den biopsierten und nicht biopsierten Patienten kein Unterschied in der Höhe des PSA-Wertes festgestellt werden. Dies ist insofern interessant, da ein nicht adäquat abfallender PSA-Wert oder ein Wiederanstieg als Risikofaktoren bekannt sind. Aber auch hier könnte das Alter eine Rolle gespielt haben. In der analysierten Kohorte wurden hauptsächlich jüngere Patienten unter 70–75 Jahren weiter abgeklärt. Aus eigener Erfahrung wird älteren Patienten mit inzidentellem Prostatakarzinom eher ein „Watchful Waiting“ angeboten.
Eindrücklich war die hohe Mortalitätsrate nach 15 Jahren von 8,4% bei GS 6 und 14% bei GS 7a Patienten, bei denen nach TURP ein inzidentelles Prostatakarzinom diagnostiziert wurde. Dies ist deutlich höher als bei Patienten unter Aktiver Überwachung bei denen eine klar definierte, leitliniengerechte Weiterbehandlung vorgesehen ist.
Wie bereits oben erwähnt, fehlen für dieses Patientenkollektiv klare Empfehlungen in den Leitlinien. Obwohl die Studie die Notwendigkeit von Biopsien nach einem inzidentellem Prostatakarzinom betont, bleibt die Rolle und Möglichkeit der standardisierten Beurteilung durch MRT unklar. Zukünftige Studien sollten prüfen, inwieweit ein negatives MRT die Notwendigkeit für eine Biopsie reduzieren könnte.
Die Ergebnisse sprechen dafür, dass Patienten mit inzidentellem Prostatakarzinom nach TURP einer intensiveren diagnostischen Abklärung unterzogen werden sollten, insbesondere um höhergradige Tumore auszuschließen. Jedoch sollten auch hier Faktoren wie ein adäquater PSA-Abfall und das Alter berücksichtigt werden, um unnötige Diagnostik zu vermeiden. Sollte eine Nachbiopsie einen benignen Befund zeigen, sollte im Verlauf eine normale Vorsorge durchgeführt werden. Laserenukleationen der Prostata finden zudem keine Beachtung in dieser Studie. Womöglich muss man diese Verfahren gesondert betrachten, da mehr und peripherer reseziert werden kann.
Zusammenfassend liefert die Studie wichtige Erkenntnisse, die eine Wiederaufnahme in die Leitlinien bekräftigt und zeigt, dass das inzidentelle Prostatakarzinom weiterhin klinisch relevant ist. Gleichzeitig unterstreicht sie den Bedarf an weiterführender Forschung, insbesondere zur Rolle bildgebender Verfahren wie MRT nach Desobstruktion und Diagnose eines inzidentellem Prostatakarzinoms.
Publication History
Article published online:
22 July 2025
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