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DOI: 10.1055/a-2616-7769
Kopfschmerz News der DMKG
Der CGRP Antikörper Eptinezumab ist in der Behandlung des chronischen Cluster-Kopfschmerzes sicher und assoziiert mit einer Reduktion der Attackenfrequenz
Tassorelli C, Jensen RH, Goadsby PJ et al. Long-term safety, tolerability, and efficacy of eptinezumab in chronic cluster headache (CHRONICLE): an open-label safety trial. Lancet Neurol. 2025 May;24(5):429–440. doi: 10.1016/S1474–4422(25)00065–1.
Hintergrund
Der chronische Clusterkopfschmerz (cCH) betrifft etwa 15–20 % aller Clusterkopfschmerzpatienten, die Prävalenz in der Allgemeinbevölkerung liegt bei etwa 0,01–0,02 %. Gemäß ICHD-3-Kriterien liegt ein cCH vor, wenn Attacken über mindestens 12 Monate ohne Remissionsphasen oder mit Remissionen < 3 Monate bestehen. Die Prophylaxe des cCH kann herausfordernd sein. Zwar stehen mit Verapamil und Lithium therapeutische Optionen zur Verfügung, die bei einem Teil der Patienten erhebliche Verbesserungen erreichen. Der Anteil an Patienten mit unzureichendem Therapieansprechen ist jedoch unbefriedigend hoch. Da eine Rolle von CGRP in der Pathophysiologie wiederholt nachgewiesen werden konnte, könnten monoklonale Antikörper gegen CGRP (bzw. den Rezeptor) eine vielversprechende Therapiealternative darstellen. Die Evidenz für eine Wirksamkeit ist jedoch vage und teils widersprüchlich. Die CHRONICLE Studie hat das Ziel die Evidenz für den Einsatz des CGRP Ligandenantikörpers Eptinezumab zu verbessern. Der primäre Endpunkt liegt dabei auf der Untersuchung der Sicherheit. Sekundäre Endpunkte untersuchen zudem die Wirksamkeit.
Zusammenfassung
In die offene, multizentrische Studie wurden 131 erwachsene Patienten mit cCH in 28 spezialisierten Kopfschmerzzentren eingeschlossen. Die Teilnehmer erhielten alle 12 Wochen eine intravenöse Infusion mit 400 mg Eptinezumab über insgesamt 48 Wochen. Primärer Endpunkt war die Sicherheit; sekundäre Endpunkte umfassten u. a. Attackenfrequenz, Schmerzintensität und patientenberichtete Lebensqualität.
Von den 131 Behandelten schlossen 108 (82 %) die Studie ab. Die Patienten waren im Mittel 45 Jahre alt, 64 % männlich. 81 % berichteten unerwünschte Ereignisse, meist leicht bis moderat (u. a. COVID-19: 22 %, Müdigkeit: 18 %). Es traten keine therapiebedingten schweren Nebenwirkungen und keine Todesfälle auf.
Die mittlere monatliche Attackenzahl sank innerhalb von 12 Monaten signifikant (von ca. 72 auf rund 50 Attacken/Monat). Bei über der Hälfte der Patienten zeigte sich eine ≥ 50 %ige Reduktion der Attackenfrequenz. Auch die Schmerzintensität, der Bedarf an Akutmedikation sowie Lebensqualitätsparameter verbesserten sich signifikant. Die Therapieadhärenz war hoch: 85 % erhielten alle vier Infusionen.
KOMMENTAR
Die CHRONICLE-Studie liefert erstmals systematische Langzeitdaten zur Anwendung von Eptinezumab bei cCH. Dass die Therapie über 12 Monate hinweg gut verträglich war, ist ein ermutigendes Ergebnis, zumal cCH-Patienten durchaus relevante kardiovaskuläre Komorbiditäten aufweisen können. Die niedrige Abbruchrate und hohe Adhärenz unterstreichen die klinische Praktikabilität.
Die sekundären Endpunkte wie Reduktion der Attackenzahl, Schmerzintensität und Verbesserung der Lebensqualität sind motivierend und sprechen für eine potenzielle Wirksamkeit. Durch das Fehlen einer Placebogruppe bleibt die Aussagekraft jedoch begrenzt. Somit verbleibt trotz des hohen Aufwands eine gewisse Enttäuschung, dass die Evidenz für eine wirksame Therapie des chronischen Clusterkopfschmerzes durch diese Studie nicht auf ein höheres Niveau gehoben werden konnte. Eptinezumab bleibt ein vielversprechender, gut verträglicher Ansatz, dessen tatsächlicher Nutzen in kontrollierten Studien belegt werden muss.
Robert Fleischmann, Greifswald
***** |
Exzellente Arbeit, die bahnbrechende Neuerungen beinhaltet oder eine ausgezeichnete Übersicht bietet |
**** |
Gute experimentelle oder klinische Studie |
*** |
Gute Studie mit allerdings etwas geringerem Innovationscharakter |
** |
Studie von geringerem klinischen oder experimentellen Interesse und leichteren methodischen Mängeln |
* |
Studie oder Übersicht mit deutlichen methodischen oder inhaltlichen Mängeln |
Die Kopfschmerz-News werden betreut von der Jungen DMKG, vertreten durch Priv.-Doz. Dr. Robert Fleischmann, Greifswald, Dr. Katharina Kamm, München (Bereich Trigemino-autonomer Kopfschmerz & Clusterkopfschmerz), Dr. Laura Zaranek, Dresden (Bereich Kopfschmerz bei Kindern und Jugendlichen) und Dr. Thomas Dresler, Tübingen (Bereich Psychologie und Kopfschmerz).
Ansprechpartner ist Priv.-Doz. Dr. Robert Fleischmann, Klinik und Poliklinik für Neurologie, Unimedizin Greifswald, Ferdinand-Sauerbruch-Str. 1, 17475 Greifswald, Tel. 03834/86–6815, robert.fleischmann@uni-greifswald.de
Die Besprechungen und Bewertungen der Artikel stellen die Einschätzung des jeweiligen Autors dar, nicht eine offizielle Bewertung durch die Deutsche Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft.
Publication History
Article published online:
16 July 2025
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