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DOI: 10.1055/a-2633-7048
Intraneurale Ganglionzysten am proximalen Tibiofibulargelenk
Intraneural ganglion cysts at the superior tibiofibular joint
Ganglionzysten im Bereich des proximalen Tibiofibulargelenks sind selten, insbesondere wenn sie intraneural lokalisiert sind. Diese zeichnen sich durch die besondere Eigenschaft aus, in verschiedene Schichten des betroffenen Nervs eindringen zu können – ein Merkmal, das epineurale Zysten nicht aufweisen.
Klinisch manifestieren sich diese Zysten vor allem durch Schwellung und Schmerzen. Bei einer nervalen Beteiligung treten zudem charakteristische motorische und sensorische Defizite auf, die je nach Ausmaß der Kompression variieren können.
Die Pathogenese intraneuraler Zysten wird vorrangig durch die Theorie von Spinner et al. erklärt, welche die artikuläre Zystengenese in den Fokus stellt [1] [2] [3]. Im Gegensatz dazu wird degenerativen Gelenkveränderungen nur eine untergeordnete Rolle in der Zystenentstehung zugeschrieben. Eine Schlüsselrolle nimmt hierbei der artikuläre Ast des Nervus peroneus communis ein, der eine direkte Verbindung zum Gelenk herstellt und als möglicher Ursprung der Zystenbildung gilt.
Die artikuläre Genese intraneuraler Ganglionzysten basiert auf der Annahme, dass synoviale Flüssigkeit aus dem Gelenk entlang des artikulären Nervenastes nach außen wandert ([Abb. 1]). Die Zyste folgt hierbei dem Weg des geringsten Widerstands innerhalb des Epineuriums, wobei auch anatomische Gegebenheiten und umgebende Strukturen die Ausbreitung beeinflussen können. Ein bemerkenswertes Beispiel für dieses Migrationsverhalten zeigt sich am superioren tibiofibularen Gelenk: Hier kann eine intraneurale Ganglionzyste zunächst proximal in den Nervus ischiadicus einwandern, anschließend die Seite kreuzen und schließlich distal zu den terminalen Ästen ziehen. Neben der artikulären Genese wird in seltenen Fällen auch eine degenerative Entstehung diskutiert. Diese kann durch ein Trauma oder eine fortgeschrittene Gelenksdegeneration mit Kapseldefekt begünstigt werden, wodurch synoviale Flüssigkeit in die Gelenksnervenäste übertritt.


Die MRT stellt die bevorzugte Diagnostikmethode zur Beurteilung zystischer Läsionen im Bereich des Kniegelenks dar [4]. Typischerweise weisen Ganglionzysten in T1-gewichteten Sequenzen eine relativ niedrige Signalintensität auf, während sie in T2-gewichteten Sequenzen hyperintens erscheinen. Dabei wird häufiger eine homogene als eine heterogene Struktur beobachtet ([Abb. 2], [Abb. 3], [Abb. 4], [Abb. 5], [Abb. 6], [Abb. 7]).












Zur weiteren Charakterisierung zystischer Läsionen erfolgt in der Regel die Gabe von Kontrastmittel. Dies ermöglicht eine präzisere Abgrenzung gegenüber soliden Strukturen, die in der Bildgebung ähnliche Merkmale aufweisen können. So besteht insbesondere die Gefahr, dass eine Ganglionzyste mit einem benignen neurogenen Tumor oder – in selteneren Fällen – mit einem malignen Tumor wie einem synovialen Sarkom verwechselt wird.
Ein charakteristisches MRT-Muster für intraneurale Ganglionzysten am superioren tibiofibulären Gelenk ist ein aufsteigender, kreuzender und anschließend absteigender Verlauf [3] [4]. Ergänzend lassen sich typische diagnostische Zeichen wie das Signet-Ring-Sign, das Transverse-Limb-Sign und das Tail-Sign beobachten, häufig begleitet von charakteristischen Denervationszeichen ([Abb. 8]).


Besonders hervorzuheben ist zudem das sogenannte U-Pattern, bei dem der Nervus peroneus communis durch die intraneurale Zyste über eine längere Strecke prominent zur Darstellung kommt.
Die hochauflösende MRT ist für die Diagnose intraneuraler Ganglionzysten essenziell. Insbesondere das Signet-Ring-Sign und das Transverse-Limb-Sign haben sich mittlerweile als relativ zuverlässige Kriterien zur Differenzierung zwischen intraneuralen von extraneuralen Ganglionzysten etabliert [5].
Ein weiteres typisches Phänomen ist die perlschnurartige zystische Ausbreitung entlang des Fibulahalses in Richtung des artikulären Nervenastes des Nervus peroneus communis.
Die Abgrenzung zu malignen Nerventumoren, insbesondere peripheren Nervenscheidentumoren wie dem Neurosarkom oder malignen Schwannomen, kann jedoch herausfordernd sein ([Abb. 9]) [6]. Darüber hinaus können auch eine Peroneusneuropathie infolge eines lumbalen Bandscheibenvorfalls oder eine periphere Neuritis ([Abb. 10]) in der MRT ähnliche Signalveränderungen aufweisen, was die Differenzialdiagnose zusätzlich erschwert.




Therapeutisch kann eine ultraschallgesteuerte Aspiration in Betracht gezogen werden. Eine chirurgische Entfernung ist ebenfalls möglich und kann unabhängig vom spezifischen Ganglionzystentyp durchgeführt werden. Zur effektiven Behandlung intraneuraler Ganglionzysten hat Spinner et al. das Konzept der vier „D“s eingeführt: Dissektion, Dekompression, Diskonnektion und Disartikulation [7].
Zusammenfassend ist bei periartikulären zystischen Strukturen aufgrund der beschriebenen typischen Charakteristika stets die Differenzialdiagnose einer intraneuralen Ganglionzyste in Erwägung zu ziehen.
Publication History
Received: 18 March 2025
Accepted after revision: 10 June 2025
Article published online:
16 July 2025
© 2025. Thieme. All rights reserved.
Georg Thieme Verlag KG
Oswald-Hesse-Straße 50, 70469 Stuttgart, Germany
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Literatur
- 1 Desy NM, Wang H, Elshiekh MAI. et al. Intraneural ganglion cysts: a systematic review and reinterpretation of the worldʼs literature. J Neurosurg 2016; 125: 615-630
- 2 Mungalpara N, Mungalpara D, Naik A. et al. The current trend of proximal tibiofibular ganglion cyst: A summary of 7 case series and 61 case reports. J Clin Orthop Trauma 2023; 45: 102258
- 3 Spinner RJ, Mokhtarzadeh A, Schiefer TK. et al. The clinico-anatomic explanation for tibial intraneural ganglion cysts arising from the superior tibiofibular joint. Skeletal Radiol 2007; 36: 281-292
- 4 Prasad NK, Desy NM, Howe BM. et al. Subparaneurial ganglion cysts of the fibular and tibial nerves: A new variant of intraneural ganglion cysts. Clin Anat 2016; 29: 530-537
- 5 Consales A, Pacetti M, Imperato A. et al. Intraneural Ganglia of the Common Peroneal Nerve in Children: Case Report and Review of the Literature. World Neurosurg 2016; 86: 510.e11-510.e17
- 6 Aymen F Jacem S, Youssef O. et al. Peroneal nerve palsy caused by a synovial cyst of the proximal tibiofibular joint: a report of two cases and review of the literature. Pan Afr Med J 2019; 34: 115
- 7 Lenartowicz K, Howe BM, Amrami KK. et al. Tibial intraneural ganglion cysts at the superior tibiofibular joint treated with joint resection alone: a proof of concept. Acta Neurochir 2023; 165: 2581-2588