Zusammenfassung
Das Prostatakarzinom ist weltweit das häufigste Malignom des Mannes. Es existieren
anatomische, histopathologische und klinische Parameter, die prognostisch relevant
sind. Aufgrund ihrer eingeschränkten Vorhersagekraft ist die Einschätzung des individuellen
Risikoprofils jedoch weiterhin begrenzt. Daher wird intensiv nach Markern gesucht,
die in der Lage sind, den klinisch sehr heterogenen Tumor vor der Therapieentscheidung
besser zu charakterisieren. Die differenzielle Expression von onkogenen und tumorsuppressiven
microRNAs (miRNAs) wurde im Prostatakarzinom beschrieben, allerdings haben bisher
keine miRNA-Profile als prognostisch relevante Biomarker Eingang in die klinische
Praxis gefunden. Neben miRNAs rücken in den letzten Jahren die sogenannten „PIWI-interagierenden
RNAs“ (piRNAs) als eine weitere tumorassoziierte Gruppe von RNA-Molekülen in den Fokus
der onkologischen Grundlagenforschung. Über die Rolle von piRNAs in der Entwicklung
und Progression des Prostatakarzinoms ist derzeit noch wenig bekannt. Ausgehend von
einer publizierten Studie wurde die piR-27619 als mögliche onkogene piRNA identifiziert.
Anhand der piRNA-typischen 2′-O-Methylierung am 3′-Ende wurde sie als piRNA charakterisiert.
Zudem zeigte sich im Rahmen bioinformatischer Untersuchungen eine homologe Sequenz
zu einer Lysin-tragenden tRNA, sodass die piR-27619 den „tRNA-derived RNA fragments“
(tRFs) zugeordnet werden kann. Zur Einordnung der (patho-)physiologischen Rolle der
piR-27619 in der Genese und Progression des Prostatakarzinoms erfolgte die Analyse
der piR-27619-Expression im prostatischen Tumorgewebe eines Hochrisikokollektivs,
welches sich über einen präoperativen PSA >20ng/ml definiert (n=121). Es zeigte sich
eine tendenzielle Heraufregulation der piR-27619-Expression in Primärtumoren des Hochrisiko-Kollektivs
im Vergleich zu nicht malignen Hyperplasieproben. In lymphnodalen Metastasen von Prostatakarzinomen
konnte eine statistisch signifikante Überexpression der piR-27619 im Vergleich zu
Primärtumoren detektiert werden. Auf dieser Beobachtung basierend erfolgte eine „Loss-of-function“-Analyse
durch Transfektion von anti-piR-27619 in Zellen in vitro. In den prostatischen Tumorzelllinien
PC3, LNCaP sowie DU145 führte die Herabregulation der piR-27619 zu einer signifikanten
Hemmung der Proliferation bzw. induzierten Apoptose. Diese Beobachtung traf jedoch
nicht auf die als relativ wenig malign eingestufte Prostatakarzinomzelllinie 22RV1
zu. Die Analyse des Caspase-3/7-Signalwegs der piR-27619-inhibierten Prostatakarzinomzelllinien
PC3 und LNCaP wies eine statistisch signifikante, Caspase-abhängige Apoptoseinduktion
nach. Untersuchungen des Zellzyklus zeigten einen Arrest der anti-piR-27619-transfizierten
Prostatakarzinomzelllinie PC3 in der S-Phase des Zellzyklus. Die Expressionsanalyse
deutet auf eine potenziell onkogene Funktion der piR-27619 im Prostatakarzinom hin,
die durch meine Erforschung der piR-27619-Funktion in Bezug auf Proliferation, Apoptose
und den ungestörten Ablauf des Zellzyklus bestätigt werden konnte. Die Überexpression
der piR-27619 im PCa, insbesondere in lymphnodalen Metastasen, sowie das Fehlen onkogener
Funktionen in piR-27619-herabregulierten PCa-Zellen lässt auf eine potenzielle Bedeutung
der piR-27619 in besonders aggressiven Formen des Prostatakarzinoms schließen, die
in weiterführenden Versuchen näher untersucht werden müssen.
Abstract
Background
Prostate cancer is the most common malignancy in men, yet predictive biomarkers for
assessing individual risk remain insufficient. Recent research has highlighted PIWI-interacting
RNA 26719 (piRNA-26719) as a potential tumor-associated gene [1 ]
[2 ]. This study aims to identify and characterize the expression and function of piRNA-26719
in prostate cancer.
Methods
The expression of piRNA-26719 was analyzed in a high-risk prostate cancer cohort (n=121,
PSA preoperative >20ng/ml) and prostate cancer cell lines using quantitative RT-PCR.
Functional analyses, including RNA interference (RNAi) and subsequent assays for cell
proliferation, apoptosis, and cell cycle distribution, were conducted in prostate
cancer cell lines.
Results
piRNA-26719 was biochemically validated. Expression analysis revealed a trend toward
upregulation of piRNA-26719 in primary high-risk prostate tumors compared to benign
hyperplasia, with significant overexpression in lymph node metastases. Functional
studies demonstrated that inhibition of piRNA-26719 led to decreased proliferation
in prostate cancer cells. Apoptosis assays confirmed the induced activation of caspase-dependent
apoptosis, and cell cycle analysis indicated S-phase arrest in piRNA-26719-inhibited
cells, but not in the less malignant 22RV1 line.
Conclusion
These findings suggest an oncogenic role for piRNA-26719 in high-risk prostate cancer,
particularly in aggressive forms, as evidenced by its overexpression in metastatic
tissues. The oncogenic function of piRNA-26719 in prostate cancer is supported by
its critical role in cellular proliferation, apoptosis, and cell cycle progression.
These results warrant further investigation into piRNA-26719’s potential as a prognostic
biomarker and therapeutic target in prostate cancer management.
Schlüsselwörter Prostatakarzinom - piRNA - Prognosemarker
Keywords piRNA - prostate cancer - prognostic marker