Rofo 2025; 197(09): 1113-1117
DOI: 10.1055/a-2644-5921
DRG-Mitteilungen

Wenn die Qualität nicht stimmt …..

 

I. Das Gebot der Qualitätssicherung als Bestandteil jeder ärztlichen Berufsausübung

Die Qualität der ärztlichen Leistungserbringung zu sichern, ist ein wesentlicher Bestandteil der ärztlichen Berufsausübung und im ärztlichen Berufsrecht an mehreren Stellen, § 2 Abs. 1 Musterberufsordnung (im Folgenden: MBO), dem Gebot der gewissenhaften Ausübung des ärztlichen Berufs, § 4 MBO, dem Gebot der Fortbildung, und § 5 MBO, dem Gebot der Teilnahme an Qualitätssicherungsmaßnahmen, verankert. Auch die ärztliche Weiterbildung, also der Erwerb fachbezogener Kenntnisse und Erfahrungen zur Erlangung spezieller Kompetenzen dient der Sicherung der Qualität der ärztlichen Berufsausübung, wie dies ist § 1 Satz 2 Musterweiterbildungsordnung (MWBO) zum Ausdruck kommt. Diese für die gesamte ärztliche Berufsausübung, also auch die privatärztliche Versorgung und sonstige ärztliche Tätigkeiten außerhalb der vertragsärztlichen Versorgung, geltenden Normen werden flankiert von speziellen Regelungen des Vertragsarztrechts, so z. B. der speziellen im SGB V geregelten Fortbildungspflicht des Vertragsarztes, § 95 d Abs. 1, 6 SGB V in Verbindung mit der Regelung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung zur Fortbildungsverpflichtung der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten[1] und dem Erlaubnisvorbehalt für bestimmte qualitätsgesicherte Leistungen, in der Radiologie u. a. geregelt in der Qualitätsbeurteilungs-Richtlinie Radiologie/QBR-RL des GBA[2] und der Qualitätsbeurteilungs-Richtlinie Kernspintomographie/QBK- RL des GBA[3].


II. Anforderungen an den ärztlichen Leistungserbringer

Dieses Geflecht von Normen in der Qualitätssicherung verlangt von dem Radiologen nicht nur ein hohes Maß an Bereitschaft, sich mit Rechtsnormen – auch wenn sie inhaltlich wesentlich von Angehörigen des eigenen Fachgebiets mitgestaltet worden sind – auseinanderzusetzen, um die Relevanz für die tägliche Arbeit sicher einordnen zu können, sondern auch ein hohes Maß an Bereitschaft zu bürokratischer Gewissenhaftigkeit, denn die Einhaltung der Regelungen muss im Einzelfall auch (dokumentiert) nachgewiesen werden können.

Es nimmt daher nicht wunder, dass es im Einzelfall zu unterschiedlichen Auffassungen z. B. über Erfolg oder Misserfolg einer Weiterbildungsprüfung oder die Verpflichtung zur Fortbildung oder dem erfolgreichen Nachweis der Einhaltung bestimmter Qualitätssicherungsmaßnahmen kommen kann. Welche Folgen ergeben sich aber, wenn einmal die Qualität nicht stimmt, welche Chancen bestehen, gegen eine aus Sicht der Prüfer[4] misslungene Weiterbildungsprüfung vorzugehen, wie kann man sich gegen einen bürokratischen Overkill in der Fortbildung wehren und wann droht bei Unterlassung einer Qualitätssicherungsmaßnahme ein Verlust der Genehmigung zur Durchführung der betreffenden qualitätsgesicherten ärztlichen Leistung?

Diesen Fragen soll an Hand von Gerichtsurteilen aus dem Gebiet des Weiterbildungsrechts, der vertragsärztlichen Fortbildungspflicht und der qualitätsgesicherten radiologischen Leistungserbringung nachgegangen werden.


III. Die misslungene Weiterbildungsprüfung

Das ärztliche Weiterbildungsrecht ist ein Teilgebiet des allgemeinen Verwaltungsrechts. Prüfungsentscheidungen sind Verwaltungsakte; sie können mittels Klage angefochten werden. Für den Prüfer stellt sich die Frage, ob seine Prüfungsentscheidung vor Gericht Bestand haben wird, für den Prüflng die Frage, mit welchen rechtlichen Argumenten die Entscheidung des Prüfers zu Fall gebracht und die Prüfung ggfs. noch für bestanden erklärt werden kann. Ein instruktives Beispiel aus dem Fachgebiet Radiologie bietet ein Urteil des Verwaltungsgerichts (VG) Berlin.[5]

Der Kläger, ein Facharzt für Nuklearmedizin, beantragte die Anerkennung der Weiterbildungsbezeichnung „Magnetresonanztomografie – fachgebunden“ nach der Weiterbildungsordnung der Ärztekammer Berlin 2021 und wurde nach Ableistung der Weiterbildungsinhalte zur Weiterbildungsprüfung zugelassen.

Der Prüfungsausschuss bewertete die Weiterbildungsprüfung des Klägers mit „nicht bestanden“ und erteilte diesem die Auflage einer mindestens dreimonatigen theoretischen Weiterbildung. Der Kläger habe verschiedene Fragenkomplexe fehlerhaft bzw. unvollständig beantwortet.

1. Rügen I: Verfahrensfehler

Nach erfolglosem Widerspruch erhob der Kläger Klage beim Verwaltungsgericht Berlin und machte zunächst Verfahrensfehler geltend:

  • Ein Prüfer habe seiner Kenntnis nach nicht über die Gebietsbezeichnung „Radiologie“ oder „Magnetresonanztomografie“ verfügt.

  • Die Fragen eines Prüfers hätten sich auf Radiopharmazeutika bezogen, die in den Weiterbildungsinhalten der Zusatzbezeichnung nicht aufgeführt seien. Auch Fragen zu den physikalischen Grundlagen der Hybrid – Bildgebung hätten sich nicht auf Inhalte der Weiterbildung für die Zusatzbezeichnung Magnetresonanztomografie bezogen.

  • Die Prüfung habe 55 Minuten gedauert, die Prüfungsdauer sei daher willkürlich überschritten worden.

  • Es habe technische Probleme mit der Bildbetrachtungsstation für die MRT – Aufnahmen gegeben.

  • Das Prüfungsgespräch sei sehr unstrukturiert geführt, es sei zwischen unterschiedlichen Themen hin- und hergesprungen worden.


2. Rügen II: Bewertungsfehler

Ferner machte der Kläger Bewertungsfehler geltend:

  • Seitens der Prüfer sei weder der Erwartungshorizont noch der Schwierigkeitsgrad der Prüfung angegeben worden.

  • Fragen zur Reduktionsmöglichkeit der medizinisch induzierten Strahlenexposition habe er entgegen der Wertung eines Prüfers korrekt beantwortet.


3. Beurteilung des Verwaltungsgerichts I: Verfahrensrügen erfolglos

  • Dass ein Prüfer nicht über die Gebietsbezeichnung „Radiologie“ oder „Magnetresonanztomografie“ verfügt habe, stehe einer ordnungsgemäßen Besetzung des Prüfungsausschusses nicht entgegen. Denn nach § 14 Abs. 3 Satz 2 WBO 2021 der Ärztekammer Berlin muss nur wenigstens ein Mitglied des Prüfungsausschusses die zu prüfende Zusatzbezeichnung führen.[6]

  • Welche Prüffragen von den Inhalten der jeweiligen Weiterbildungsbezeichnung gedeckt sind, hängt von dem Katalog der Weiterbildungsinhalte, hier der Zusatz-Weiterbildung „Magnetresonanztomographie“[7] ab. Danach umfasst die Zusatz-Weiterbildung in der Magnetresonanztomographie in Ergänzung zu einer Facharztkompetenz die Durchführung und Befundung der gebietsbezogenen Magnetresonanztomographie. Daher ist nichts dagegen einzuwenden, dass ein Prüfer im Rahmen der Prüfung zum Erwerb der Zusatzbezeichnung „Magnetresonanztomografie – fachgebunden“ Grundkenntnisse auf dem Gebiet der Hybriddiagnostik abfragt, denn er konnte davon ausgehen, dass der Kläger als Nuklearmediziner mit der Zusatzbezeichnung „Magnetresonanztomographie“ auch PET/MRT Untersuchungen durchführen wird. Und in diesem Zusammenhang ist es auch nicht zu beanstanden, zu thematisieren, welche Substanzen beim Einsatz des hybrid-bildgebenden Verfahrens verwendet werden, und die Vor- und Nachteile der verschiedenen zu verwendenden radioaktiven Substanzen zu diskutieren.

  • Gemäß § 15 Abs. 2 Satz 4 WBO 2021 der Ärztekammer Berlin beträgt die Dauer der Prüfung mindestens 30 Minuten. Gerade bei Zweifeln am Bestehen einer Prüfung kann die Weiterbildungsprüfung über die vorgesehene Mindestdauer hinaus durchgeführt werden.[8] Da keine bestimmte Prüfungszeit festgelegt ist, ist das Überschreiten der Mindestprüfungsdauer kein Verfahrensfehler.

  • Den Kläger trifft eine Mitwirkungsobliegenheit, die auch die rechtzeitige Geltendmachung von Mängeln des Prüfungsverfahrens beinhaltet. Mit der Obliegenheit des Klägers zur unverzüglichen Rüge von (vorgeblichen) Verfahrensmängeln wird verhindert, dass ihm gleichheitswidrig ein weiterer, gegenüber anderen Prüflingen nicht gerechtfertigter Prüfungsversuch eröffnet wird. Weil der Kläger die ihm zumutbare zeitnahe Rüge eines Fehlers des Prüfungsverfahrens (Verzögerung beim Aufrufen der MRT – Bilder) nicht erhoben hatte, war ihm die spätere Berufung auf die Beachtlichkeit dieses Fehlers verwehrt.


4. Beurteilung des Verwaltungsgerichts II: Bewertungsrügen erfolglos

  • Prüfungsentscheidungen unterliegen nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) nur einer eingeschränkten gerichtlichen Überprüfung.[9] Dies folgt aus der Eigenart einer Prüfungsentscheidung als einem höchstpersönlichen Fachurteil über die Qualität einer Prüfungsleistung. Hierzu gehört auch der Erwartungshorizont des Prüfers.

  • Uneingeschränkt gerichtlich überprüfbar sind jedoch Fachfragen, die einer fachwissenschaftlichen Erörterung zugänglich sind.[10] Den Kläger trifft aber die Darlegungslast, in welchen konkreten Einzelpunkten die Bewertung bestimmter Prüfungsleistungen nach seiner Auffassung Fehler aufweist. Der bloße Vortrag, die Antwort sei richtig gewesen, reicht hierfür nicht. Die fachwissenschaftliche Richtigkeit oder Vertretbarkeit einer Lösung muss vielmehr mit Hilfe objektiver und gewichtiger Kriterien einsichtig gemacht werden.

Im Ergebnis war die Klage gegen das Nichtbestehen der Prüfung insgesamt erfolglos.


5. Fazit

Die von dem Kläger erhobenen Rügen gegen die negative Prüfungsentscheidung sind typisch, ebenso aber auch die Entscheidung des Verwaltungsgerichts. Klagen gegen Prüfungsentscheidungen haben eher selten Erfolg. Das liegt im Wesentlichen daran, dass die Rechtsprechung den Prüfern einen weitgehenden Beurteilungsspielraum, sowohl was den Prüfungsinhalt, als auch was die Bewertung der Prüfungsleistung anbetrifft, einräumt. Diese Zurückhaltung der Rechtsprechung ist Ausdruck des Bemühens um Qualitätssicherung. Im Zweifel hat dieser Aspekt Vorrang vor der individuellen Sichtweise des Prüflings auf seine Prüfungsleistungen. In der Regel kommt der Prüfling schneller zum Ziel, wenn er die Auflage im Ablehnungsbescheid erfüllt und die Prüfung wiederholt.



IV. Nachweis der Fortbildung als Bringschuld der Ärzteschaft

Auch die ärztliche Fortbildungspflicht ist ein Instrument der Qualitätssicherung. Gemäß § 95 d SGB V hat der Vertragsarzt alle fünf Jahre gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung den Nachweis zu erbringen, dass er in dem zurückliegenden Fünfjahreszeitraum seiner Fortbildungspflicht nachgekommen ist. Erbringt der Vertragsarzt den Fortbildungsnachweis nicht oder nicht vollständig, ist die Kassenärztliche Vereinigung verpflichtet, das an ihn zu zahlende Honorar aus der Vergütung vertragsärztlicher Tätigkeit für die ersten vier Quartale, die auf den Fünfjahreszeitraum folgen, um 10 % zu kürzen, ab dem darauffolgenden Quartal um 25 %. Die Honorarkürzung endet nach Ablauf des Quartals, in dem der vollständige Fortbildungsnachweis erbracht wird.

1. Honorarkürzung wegen fehlendem Fortbildungsnachweis

Das Bemühen der Rechtsprechung, ihren Beitrag zur Qualitätssicherung in der ärztlichen Versorgung zu leisten, zeigt sich im Bereich der rechtlichen Rahmenbedingungen der ärztlichen Fortbildungspflicht an einer eng am Wortlaut ausgerichteten Rechtsanwendung durch die Sozialgerichte (SG). Ein jüngstes Beispiel hierfür ist ein Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf.[11]

Beklagt war die Honorarkürzung gegenüber einem klägerischen Medizinischen Versorgungszentrum (MVZ) durch die zuständige Kassenärztliche Vereinigung (im Folgenden: KV) aufgrund fehlender Fortbildungsnachweise eines angestellten Arztes. Dieser Arzt war zunächst als zugelassener Vertragsarzt tätig gewesen und hatte sein Einverständnis mit einer elektronischen Datenübermittlung seiner Fortbildungspunkte von der Ärztekammer Nordrhein (ÄKNO) an die Beklagte erteilt. Im Jahr 2018 hatte er auf seine Vertragsarztzulassung zum Zweck der Anstellung im MVZ verzichtet.

Am 30.06.2019 (dem Ende des fünfjährigen Nachweiszeitraums) waren nur 247 (von 250) Fortbildungspunkte nachgewiesen. Weitere 4 Fortbildungspunkte waren erst am 06.07.2019 durch die ÄKNO erfasst worden. Die ÄKNO hatte das Erreichen der notwendigen Punktzahl von 250 Punkten sodann am 06.07.2019 der KV mitgeteilt.

Die KV hat daraufhin das Honorar des MVZ für das Quartale III/2019 um 10 %[12] gekürzt. Der Nachweis der Fortbildung sei erst nach Ablauf des Fünfjahreszeitraums erbracht worden.


2. Einlassung des klägerischen MVZ

Dass Fortbildungspunkte durch die ÄKNO nicht rechtzeitig gutgeschrieben worden seien, könne dem MVZ nicht angelastet werden. Der angestellte Arzt sei auch nicht informiert worden, dass seine Fortbildungspunkte nicht gutgeschrieben worden seien. Hätte er davon gewusst, hätte der den Nachweis sofort erbracht. Es sei schwierig, die Einhaltung der Fortbildungspflicht eines angestellten Arztes zu kontrollieren, das MVZ habe keine eigenständige Möglichkeit, das Punktekonto ihres angestellten Arztes einzusehen.

Das klingt plausibel. Warum soll das MVZ für die Folgen einer etwaigen Versäumnis eines angestellten Arztes haften, der nicht im vollen Fünfjahreszeitraum bei diesem MVZ angestellt war? Und warum soll ein verspäteter Nachweis zu einer Honorarkürzung führen, wenn inhaltlich im Fünfjahreszeitraum die Fortbildung tatsächlich absolviert wurde?


3. Beurteilung des Sozialgerichts Düsseldorf

Anders das Sozialgericht Düsseldorf: Der maßgebliche Fünfjahreszeitraum für den Fortbildungsnachweis habe am 01.07.2014 begonnen und sei mit Ablauf des 30.06.2019 geendet. Der Nachweis sei durch elektronische Mitteilung der ÄKNO am 06.07.2019 und damit verspätet erfolgt. Entscheidend komme es nach dem eindeutigen Wortlaut der Norm auf den Zeitpunkt des Nachweises an, nicht darauf, ob die erforderlichen Fortbildungen fristgerecht absolviert wurden.[13] Es sei auch unerheblich, wer für die erst nachträgliche Gutschrift der Fortbildungspunkte verantwortlich ist. Selbst wenn die ÄKNO einen Fehler gemacht haben sollte, so würde dies nicht von der Nachweisobliegenheit befreien. Es falle in die Bringschuld des jeweiligen Arztes, seine Fortbildungen nebst Nachweisen zu organisieren und zu kontrollieren.

Hinsichtlich des Fünfjahreszeitraums finde auch keine Zäsur dadurch statt, dass der angestellte Arzt seine vertragsärztliche Niederlassung zu Gunsten einer Anstellung bei dem MVZ aufgegeben habe.

Sinn und Zweck der Fortbildungsverpflichtung sei die Sicherstellung der fachlichen und persönlichen Eignung eines konkreten Arztes. Eine Änderung des Zulassungsstatus ändere nichts an der persönlichen oder fachlichen Eignung des konkret vertragsärztlich tätigen Arztes. Es wäre dem Sinn und Zweck der Norm entgegengesetzt, wenn ein Arzt seiner vertragsärztlichen Fortbildungs(nachweis)pflicht dadurch entgehen könnte, dass er seinen Arbeitgeber wechselt oder sich erstmals anstellen lässt.[14] Darauf habe der Gesetzgeber in der Gesetzesbegründung auch ausdrücklich hingewiesen.[15]


4. Fazit

In der Rechtsmaterie der vertragsärztlichen Fortbildungspflicht ist damit die rechtliche Strategie zur Sicherung der Qualität der ärztlichen Leistungserbringung eine andere als im ärztlichen Weiterbildungsrecht. Während dort dem Weiterbildungsprüfer ein von den Gerichten nur begrenzt überprüfbarer Beurteilungsspielraum eingeräumt wird, orientieren sich die Gerichte bei Rechtsstreitigkeiten zur Auslegung und Anwendung des § 95 d SGB V eng am Wortlaut dieser Norm. An einer peniblen Einhaltung der Nachweispflichten führt daher kein Weg vorbei.



V. Widerruf der Genehmigung für die Ausführung und Abrechnung von Leistungen der kurativen Mammographie

Die Sanktionen für die Verletzung der Fortbildungspflicht sehen zwar eine empfindliche Rechtsfolge in Gestalt eines Honorarregresses vor, führen aber in der Regel nicht dazu, dass eine Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung nicht mehr möglich ist. Das ist in den Fällen, in denen qualitätsgesicherte Leistungen erbracht werden, anders.

1. Beispiel Mammographievereinbarung

Die Ausführung und Abrechnung qualitätsgesicherter Leistungen in der vertragsärztlichen Versorgung setzt eine Genehmigung voraus, rechtlich handelt es sich um ein Verbot mit Erlaubnisvorbehalt. Für Leistungen der kurativen Mammographie z. B. sieht die Mammographievereinbarung[16] folgenden rechtlichen Mechanismus vor:


2. Voraussetzungen für die Erteilung der Genehmigung

Nach § 2 Abs. 1 dieser Vereinbarung bedarf die Ausführung und Abrechnung von Leistungen der kurativen Mammographie in der vertragsärztlichen Versorgung einer Genehmigung durch die Kassenärztliche Vereinigung. Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn der Arzt die in den Abschnitten B und C der Vereinbarung im Einzelnen aufgeführten fachlichen und apparativen Voraussetzungen erfüllt hat.

Die Genehmigung wird aber nur unter der Auflage erteilt, dass der Genehmigungsinhaber auch nach Erteilung der Genehmigung noch bestimmte, in § 3 Abs. 2 der Vereinbarung festgelegte Anforderungen erfüllt:

  • Verpflichtung zur Teilnahme an der Beurteilung von Mammographieaufnahmen einer Fallsammlung nach Abschnitt D der Vereinbarung,

  • Verpflichtung zur Teilnahme an der Überprüfung der ärztlichen Dokumentation nach Abschnitt E der Vereinbarung,

  • Verpflichtung zur Aktualisierung der für den Strahlenschutz erforderlichen Fachkunde nach § 48 StrlSchV.


3. Voraussetzungen für den Widerruf der Genehmigung

Nicht nur die Erteilung der Genehmigung ist damit an bestimmte Voraussetzungen geknüpft, sondern auch der Fortbestand der Genehmigung. Werden die Voraussetzungen für den Fortbestand der Genehmigung nicht erfüllt, so ist die Genehmigung nach § 14 Abs. 5 der Vereinbarung zu widerrufen.

Der Widerruf steht also nicht im Ermessen der Kassenärztlichen Vereinigung, was einen gewissen Spielraum bei der Ausübung des Widerrufsrechts eröffnen würde; die Kassenärztliche Vereinigung muss den Widerruf vollziehen, wenn die in § 3 Abs. 2 genannten Anforderungen nicht erfüllt sind.


4. Keine aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Widerruf bei Anordnung des Sofortvollzugs

Mit dem Zugang des Widerrufsbescheids dürfen die der Genehmigung unterfallenden Leistungen nicht mehr erbracht und abgerechnet werden. Zwar hat ein Widerspruch des Genehmigungsinhabers gegen den Widerruf aufschiebende Wirkung. Diese aufschiebende Wirkung kann aber durch die Anordnung des Sofortvollzugs des Widerrufs beseitigt werden. Hiervon wird die Kassenärztliche Vereinigung auch in aller Regel auch Gebrauch machen, weil sie nach dem Ergebnis ihrer Überprüfung davon ausgehen muss, dass die Anforderungen des § 3 Abs. 2 der Vereinbarung nicht erfüllt wurden. Gegen die Anordnung des Sofortvollzugs kann der Genehmigungsinhaber beim Sozialgericht die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen den Widerruf der Kassenärztlichen Vereinigung beantragen.


5. Die entscheidende Frage: Wie erfolgreich ist der Antrag an das Sozialgericht auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung?

Da Sozialgerichtsverfahren über mehrere Jahre dauern können (insbesondere, wenn man den Instanzenzug hinzurechnet), liegt auf der Hand, dass der Ausgang dieses Verfahrens auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ganz entscheidende Bedeutung dafür hat, ob der Arzt die qualitätsgesicherte Leistung weiter erbringen kann oder nicht, ob er also von der Erbringung wesentlicher Leistungen seines Fachgebiets mit entsprechend negativen wirtschaftlichen Folgen für einen längeren Zeitraum ausgeschlossen wird.

Da es sich bei dem Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung um ein sog. Eilverfahren handelt, kann das Sozialgericht nur eine summarische Prüfung vornehmen. Welche Abwägungsgesichtspunkte spielen hierbei eine Rolle?[17]

Das Sozialgericht wird zunächst prüfen, ob der Widerrufsbescheid wahrscheinlich in einem Hauptsacheverfahren Bestand hat oder nicht. Hierbei legt das Sozialgericht die von der Kassenärztlichen Vereinigung gelieferten Ermittlungen sowie die Einlassung des Genehmigungsinhabers zugrunde; eigene Ermittlungen durch das Sozialgericht oder die Beauftragung eines Sachverständigengutachtens finden in der Regel nicht statt, weil dies das Hauptsachverfahren vorwegnehmen würde.

Das Sozialgericht nimmt ferner eine Abwägung zwischen den betroffenen Rechtsgütern vor, also dem Interesse des Genehmigungsinhabers, die qualitätsgesicherte Leistung weiter erbringen zu können und dem Rechtsgut, das durch die Qualitätssicherung geschützt werden soll, im Fall der Mammographievereinbarung also das Rechtsgut der körperlichen Unversehrtheit der Patientin. Bei dieser Abwägung wird es neben der Gewichtung der betroffenen Rechtsgüter auch auf die Schwere des Verstoßes gegen die in § 3 Abs. 2 der Vereinbarung geregelten Anforderungen ankommen.

Da der Widerrufsbescheid auf Feststellungen seitens fachlich-medizinisch entsprechend qualifizierter Prüfer beruhen wird, wird das Sozialgericht eher nicht zu dem Ergebnis kommen, dass der Widerspruchsbescheid wahrscheinlich rechtswidrig und aufzuheben sein wird, so dass es auf die Abwägung der betroffenen Rechtsgüter ankommt. Bei der Abwägung der Rechtsgüter wird das Sozialgericht dem Rechtsgut der körperlichen Unversehrtheit der Patientin eine umso höhere Bedeutung zumessen, je schwerer der Verstoß des Genehmigungsinhabers gegen die Anforderungen gemäß § 3 Abs. 2 der Vereinbarung zu gewichten sind.


6. Fazit

Die vorstehenden Ausführungen zeigen, dass die mit einem solchen Verfahren auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung verbundenen Risiken für den Genehmigungsinhaber erheblich sind. Sorgfalt bei der Qualitätssicherung in der Praxis ist die bessere Strategie als sich darauf zu verlassen, es werde schon vor Gericht „gut gehen“.



VI. Zusammenfassung

Qualitätssicherung findet damit nicht nur in der Arztpraxis/der Klinik statt, sondern auch bei den Instanzen, die darüber entscheiden, ob ein Weiterbildungsassistent die Weiterbildungsprüfung besteht und damit Zugang zur vertragsärztlichen Versorgung in seinem Fachgebiet erhält, ob ausreichend Fortbildung betrieben wurde oder nicht und ob dem Inhaber einer Genehmigung zur Durchführung und Abrechnung qualitätsgesicherter Leistungen diese Genehmigung zu entziehen ist.

Die geschilderten rechtlichen Mechanismen verweigern zwar dem Betroffenen den Rechtsschutz nicht; im Hinblick auf die Bedeutung des Rechtsguts der körperlichen Unversehrtheit sind jedoch die vorstehend aufgezeigten Hürden für ein Obsiegen vor Gericht hoch. Das hat seinen Grund: Es stärkt das Bemühen um Qualitätssicherung in der ärztlichen Versorgung.

Dr. Horst Bonvie
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Medizinrecht

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E-Mail: kanzlei@ra-wigge.de
Internet: www.ra-wigge.de



1 https://www.kbv.de/media/sp/Fortbildungsregelung_der_KBV.pdf


2 https://www.g-ba.de/downloads/62-492-3201/QBR-RL_2023-05-12_iK-2023-07-25.pdf


3 https://www.g-ba.de/downloads/62-492-3687/QBK-RL_2024-11-22_iK_2025-01-01.pdf


4 Die in diesem Beitrag verwendeten Personenbezeichnungen beziehen sich gleichermaßen auf weibliche und männliche Personen. Auf eine Doppelnennung wird zugunsten einer besseren Lesbarkeit verzichtet.


5 VG Berlin, Urt. v. 06.03.2025, Az.: 12 K 398/23.


6 Dies war der Fall und vom Kläger auch nicht bestritten worden.


7 Ärztekammer Berlin, WBO 2021, Seite 396.


8 Sächsisches Oberverwaltungsgericht, Beschl. v. 25. Oktober 2024, Az.: 2 B 166/24.


9 BVerwG, Beschl. v. 28. Juni 2018, Az.: 2 B 57.17.


10 BVerwG, Urt. v. 28. Oktober 2020, Az.: 6 C 8.19.


11 SG Düsseldorf, Urt. v. 17. März 2025, Az.: S 51 KA 491/20.


12 Das waren 11.124,27 €.


13 BSG, Urt. v. 11.02.2015, Az.: B 6 KA 19/14 R.


14 Das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen (Urt. v. 13.04.2016, L 3 KA 107/13) hat für den Fall, dass ein MVZ einen Arzt anstellt, nachdem der Fortbildungszeitraum ohne Nachweis der Fortbildungen abgelaufen war, entschieden, dass das MVZ nicht sanktioniert werden dürfe, da es keine eigene Pflichtverletzung begangen habe. Das Bundessozialgericht hat diese Rechtsfrage in seinem Urteil vom 4. November 2021, Az.: B 6 KA 9/20 R, offengelassen.


15 In BT-Drs. 15/1525, S. 111 heißt es: „Damit soll der Anreiz zur Überprüfung der Einhaltung der Fortbildungsverpflichtung der angestellten Ärzte erhöht werden. Das medizinische Versorgungszentrum oder der Vertragsarzt kann als Arbeitgeber aufgrund seiner Weisungsbefugnis und durch organisatorische Maßnahmen, wie z. B. das Aufstellen eines Fortbildungsplans, frühzeitig dafür Sorge tragen, dass alle bei ihm angestellten Ärzte die Fortbildungspflicht erfüllen und im Falle hartnäckiger Weigerung das Beschäftigungsverhältnis kündigen und damit Honorarkürzungen vermeiden oder deren Laufzeit reduzieren (Satz 5).


16 Vereinbarung von Qualitätssicherungsmaßnahmen nach § 135 Abs. 2 SGB V zur kurativen Mammographie (Mammographie-Vereinbarung) vom 11.02.2011 in der ab dem 01.01.2023 geltenden Fassung.


17 Die nachfolgenden Ausführungen lehnen sich an die Ausführungen des Beschlusses des SG Marburg, Beschl. v. 2.11.2005, Az.: S 12 KA 980/05, an.



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Article published online:
19 August 2025

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