Kinder- und Jugendmedizin 2025; 25(S 01): S59-S60
DOI: 10.1055/a-2665-3358
Übersicht

Rehabilitationsbehandlung für Kinder und Jugendliche mit korrigierter Ösophagusatresie

Article in several languages: deutsch | English

Authors

  • Krystyna Poplawska

    1   Klinik für Pädiatrische Pneumologie und Allergologie, Rehabilitationsklinik für Kinder und Jugendliche, Fachkliniken Wangen, Deutschland
  • Stephan Illing

    2   Wissenschaftlicher Beirat, KEKS e. V., Stuttgart, Deutschland
  • Stefanie Lorenz

    3   Kinder- und Jugendmedizin, KEKS e. V., Stuttgart, Deutschland
 

Zusammenfassung

Hintergrund Kinder mit korrigierter Ösophagusatresie (ÖA) leiden häufig an pulmonalen, gastroenterologischen und psychosozialen Problemen. Bisher fehlen strukturierte Rehabilitationsprogramme.

Ziel Entwicklung eines gruppenorientierten Konzepts zur Verbesserung von Teilhabe, Belastbarkeit und Lebensqualität.

Methoden In Kooperation mit der Patientenorganisation KEKS wurde in der Fachklinik Wangen ein 4-wöchiges interdisziplinäres Programm etabliert. Indikationen umfassen rezidivierende Infekte, chronischen Husten, Gedeihstörung, Belastungsintoleranz sowie hohe familiäre Belastung. Therapieelemente sind medizinische Optimierung, Physio- und Sporttherapie, Ernährungstherapie, psychologische Unterstützung, Elternschulung und pädagogische Begleitung.

Ergebnisse Erste Durchführungen zeigten hohe Akzeptanz, Verbesserungen in körperlicher Belastbarkeit und psychosozialer Stabilität sowie großen Nutzen durch Peer-Austausch.

Schlussfolgerung Spezialisierte Rehabilitation für Ösophagusatresie ist sinnvoll und notwendig.


Einleitung

Kinder, die mit einer korrigierten Ösophagusatresie (ÖA) leben, und ihre Familien sind in vielerlei Hinsicht stark belastet – sowohl körperlich auch als seelisch. Der Start ins Leben ist für diese Kinder von intensivmedizinischen Maßnahmen, Operationen und langen Klinikaufenthalten geprägt. Es folgen verschiedene therapeutische, z. T. invasive Maßnahmen und weitere medizinische Termine mit geplanten und notfallmäßigen Arztbesuchen. Dies hinterlässt Spuren bei kleinen Kindern, aber auch bei ihren Eltern und Geschwistern.

Die Komplexität der Fehlbildung mit direkt und indirekt betroffenen Organsystemen hat einen hohen Therapiebedarf zur Folge. Deswegen ist es umso erstaunlicher, dass es bisher kaum spezialisierte Rehabilitationsangebote für diese Patientengruppe gibt. Sicher werden Kinder mit ÖA auch jetzt schon in Rehaeinrichtungen behandelt, dann aber meist einzeln und bspw. wegen pulmonalen oder orthopädischen Problemen.

Die Fachklinik Wangen hat sich zum Ziel gesetzt, gruppenorientierte Rehaangebote für ÖA-Kinder und ihre Familien sowie Jugendrehas anzubieten und ein Konzept zur Verbesserung der Teilhabe durch die gezielten Rehaangebote zu entwickeln. Die Initiative ging von der Patientenorganisation KEKS aus.


Konkrete Aufnahmegründe in eine Rehaklinik können sein

  • häufige oder/und zunehmende pulmonale Infektionen

  • chronischer Husten und Atemwegsobstruktion

  • eingeschränkte Belastbarkeit im Alltag

  • Ernährungsprobleme und Gedeihstörung

  • zunehmende Fehltage in der Schule

  • gestörte körperliche und seelische Entwicklung

  • hohe Familienbelastung

Der Therapieansatz erfolgt in einer engen Kooperation zwischen den Ärzt:innen, Psycholog:innen, Physiotherapeut:innen und Sporttherapeut:innen sowie Pädagog:innen und Ernährungstherapeut:innen.

Die Begleitpersonen werden im Rahmen der Elternschulung zu Co-Therapeut:innen ausgebildet. Die Rehamaßnahmen werden aufgrund des Gruppenkonzeptes für 4 Wochen möglichst altershomogen geplant mit zeitgleicher Aufnahme.


Bausteine des Rehabilitationskonzeptes

  • Therapieplan, medikamentöse Therapieoptimierung (z. B. bei Reflux oder bronchialer Hyperreagibilität)

  • Physiotherapie und Atemtherapie zur Verbesserung der Lungenfunktion, Sekretmobilisation und Atemwahrnehmung

  • Sporttherapie zur Steigerung der körperlichen Belastbarkeit und Bewegungsfreude

  • psychologische Begleitung

  • Ernährungstherapie (Schluckprobleme, Steckenbleiber, Auswahl von Nahrungsmitteln etc.)

  • Erlernen von Entspannungstechniken

  • Erarbeiten von Handlungsperspektiven für den Alltag

  • schulische Begleitung

  • Notfallmaßnahmen

  • Patient:innen- und Begleitpersonenschulung (wie gehe ich mit Reflux oder Steckenbleibern um, wie vermeide ich Infektionen, wie löse ich Schleim, Ernährungstipps …)

  • moderierte Gruppengespräche zum Austausch der Best Practices, getrennt für Kinder und Begleitpersonen

  • für die Begleitpersonen zusätzlich: Sport und Entspannungsangebote, psychologische Unterstützung

Die Fachkliniken Wangen sind bestens geeignet für die Rehabilitation bei ÖA.

Pneumologie, Ernährungsberatung, Sporttherapie, psychosoziale Betreuung sind etabliert und arbeiten für andere Patientengruppen (z. B. Mukoviszidose und seltene Lungenerkrankungen) routiniert zusammen. Schulungen bez. der Besonderheiten der ÖA sind zwischenzeitlich erfolgt.

Das Interesse an einer Reha für ÖA-Betroffene ist groß und durch das Gruppen-Setting ist neben den Rehaangeboten auch der Austausch untereinander eine wertvolle neue Ressource.

Die erste Gruppentherapie wurde erfolgreich durchgeführt. Die positive Resonanz unterstreicht die Notwendigkeit einer spezialisierten Rehabilitation.


Ziele einer Rehabilitation sind in erster Linie

  • Verbesserung der Teilhabe im Alltag, in Schule und sozialem Umfeld

  • Förderung der Selbststeuerung und des Selbstmanagements

  • Verbesserung oder/und Wiederherstellung der eingeschränkten Lebensqualität

  • Wiederherstellung der psychischen Belastbarkeit

  • Anpassung der Therapie an den aktuellen Entwicklungsstand

  • Stärkung des Gesundheitsverhaltens im Alltag der Familie

Kinder mit korrigierter ÖA brauchen mehr als nur medizinische Akutversorgung, sie brauchen gezielte Förderung und psychosoziale Stabilität. Die Rehabilitation bietet ihnen und ihren Familien diese Möglichkeiten.



Interessenkonflikt

Die Autorinnen/Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Korrespondenzadress/Correspondencee

Dr. med. Krystyna Poplawska
Klinik für Pädiatrische Pneumologie und Allergologie
Rehabilitationsklinik für Kinder und Jugendliche
Fachkliniken Wangen
Am Vogelherd 14
88239 Wangen im Allgäu
Deutschland   

Publication History

Article published online:
10 October 2025

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