Einleitung
Epidurale Injektionen sind die am häufigsten durchgeführten Injektionen bei Bandscheibenvorfällen
und radikulären Schmerzen [1]. In einer aktuellen Auswertung der DeGIR-Registerdaten waren über 70% der radiologischen
Schmerztherapien epidurale Injektionen [2]. Allerdings existieren Kontroversen über die ideale Indikation, über die technische
Durchführung und die zu verwendenden Medikamente. Die Deutsche Wirbelsäulengesellschaft
(DWG) hat daher eine S3-Leitlinie in Auftrag gegeben, die zum einen eine Nutzenbewertung
epiduraler Injektionen geben soll und zum anderen evidenzbasierte Empfehlungen für
die praktische Durchführung. Die Leitlinie wurde Ende Juni 2025 bei der AWMF veröffentlicht
[3].
An der Erstellung der Leitlinie waren 10 Fachgesellschaften (darunter auch die Deutsche
Röntgengesellschaft, DRG und die Deutsche Gesellschaft für Neuroradiologie, DGNR)
sowie eine Patientenvertretung beteiligt. Es erfolgte eine systematische Literatursuche
mit anschließender Auswertung nach GRADE (Grading of Recommendations, Assessment,
Development and Evaluation) [4]. Die endgültige Leitlinie wurde nach der neutral moderierten Konsensuskonferenz
von allen beteiligten Fachgesellschaften verabschiedet und von der AWMF anhand der
Kriterien der Bewertung von Leitlinien für Forschung und Evaluation II (AGREE II)
[5] bewertet.
Vierzehn PICO-Fragen [6] wurden untersucht (Infobox). Es wurden die Empfehlungsgrade A: starke Empfehlung,
B: schwache Empfehlung, 0: Empfehlung offen und EK: Expertenkonsens verwendet.
In dieser Übersicht sollen einzelne Aspekte der Leitlinie dargestellt werden. Die
gesamte Leitlinie mit allen Empfehlungen und Statements und der dazugehörigen Literatur
kann bei der AWMF heruntergeladen werden [3].
Abb. 1 .
Tab. 1 Infobox: Es wurden 14 PICO-Fragen in der Leitlinie untersucht.
Definition
1. Wie sind epidurale Injektionen definiert?
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Nutzenbewertung
2. Welche Indikationen und welche Evidenz gibt es für diagnostische transforaminale
epidurale Injektionen?
3. Welche Indikationen und welche Evidenz gibt es für therapeutische transforaminale
Injektionen (PRT)?
4. Welche Indikationen und welche Evidenz gibt es für interlaminäre Injektionen?
5. Welche Indikationen und welche Evidenz gibt es für caudale Injektionen?
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Voraussetzungen
6. Ist eine nicht-interventionelle, konservative Therapie Voraussetzung vor einer
epiduralen Injektion?
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Durchführung
7. Welches bildgebende Verfahren ist für die Durchführung einer epiduralen Injektion
notwendig?
8. Was gibt es bei der technischen Durchführung einer epiduralen Injektion zu beachten?
9. Welche Medikamente sind für eine epidurale Injektion geeignet?
10. Müssen Antikoagulantien und Thrombozytenaggregationshemmer vor einer epiduralen
Injektion abgesetzt werden?
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Komplikationen
11. Sind epidurale Injektionen sicher? Was sind typische Komplikationen?
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Vergleich der Zugangswege
12. Gibt es unterschiedliche Indikationen und Evidenzen für eine interlaminäre, kaudale
oder transforaminale Injektion?
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Wiederholung
13. Wann ist eine Wiederholung einer epiduralen Injektion sinnvoll?
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Versorgungsaspekte
14. Welche Versorgungsaspekte gilt es bei einer epiduralen Injektion zu berücksichtigen?
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Definition
Bei einer epiduralen Injektion ist das Ziel klar definiert. Bildgebung wird verwendet,
damit dieses Ziel auch definitiv erreicht wird. Durch die Gabe von Kontrastmittel
wird versucht, die Verteilung des Medikaments zu antizipieren. Dadurch soll sichergestellt
werden, dass das anvisierte Ziel (z.B. eine Nervenwurzel) auch erreicht wird, um gute
und reproduzierbare Ergebnisse zu erreichen.
Die sprachliche Darstellung der Interventionen ist oftmals jedoch nicht so präzise.
So kommt es vor, dass der Begriff Nervenwurzel (paarige Struktur: Radix anterior motorisch,
Radix posterior sensorisch, intradural) mit dem Begriff Spinalnerv (Vereinigung der
beiden Nervenwurzeln, gemischter Nerv, extradural) synonym verwendet werden. Auch
der Begriff „Periradikuläre Therapie“ (PRT) wird manchmal als Überbegriff für verschiedene
Interventionen an der Wirbelsäule verwendet, obwohl mit „radikulär“ die Nervenwurzel
(und eben nicht der Spinalnerv) gemeint ist.
Es war daher ein Anliegen der Leitliniengruppe, in der ersten PICO-Frage eine klare
Definition für die verschiedenen epiduralen Injektionen zu geben. Dabei wurden die
drei möglichen Zugangswege zum Epiduralraum (transforaminal, interlaminär und kaudal)
unterschieden und epidurale Injektionen von anderen Injektionen an der Wirbelsäule
abgegrenzt.
Empfehlungen und Statement der Leitlinie [3].
-
„Es gibt drei verschiedene Zugangswege zum Epiduralraum (transforaminal, interlaminär
und kaudal), die bezüglich Indikation, Wirksamkeit, Risiken und Durchführung unterschieden
werden
sollen
.“ (Empfehlungsgrad A)
-
„Unter dem Begriff periradikuläre Therapie und der Abkürzung PRT versteht man eine
bildgeführte transforaminale Injektion in den Epiduralraum an eine definierte Nervenwurzel.“
-
„Bei einer transforaminalen Injektion
sollte
das Kontrastmittel bzw. das Medikament den präganglionären Epiduralraum erreichen.“
(Empfehlungsgrad B)
-
„Bei einer interlaminären Injektion
sollte
das Medikament den ventralen Epiduralraum erreichen.“ (Empfehlungsgrad B)
Nutzenbewertung
Bei der Nutzenbewertung wurden in der Leitlinie sowohl randomisierte Studien (RCT)
als auch Beobachtungsstudien und Reviews ausgewertet. Die Qualität der Evidenz wurde
nach GRADE beurteilt [4]. Es wurden die verschiedenen Zugangswege zum Epiduralraum sowie die beiden Regionen
Hals- und Lendenwirbelsäule unterschieden. Zudem wurden Studien mit und ohne Bildgebung
getrennt ausgewertet. Beim transforaminalen Zugang muss noch zwischen diagnostischen
und therapeutischen Injektionen unterschieden werden.
Für transforaminale Injektionen an der Halswirbelsäule besteht eine niedrige Evidenz,
da keine randomisierten Studien existieren. Drei systematische Reviews kommen aber
zu einem ähnlichen Ergebnis mit ca. 50% Erfolg (50% Schmerzreduktion für 1–3 Monate).
Sämtliche RCT für die Lendenwirbelsäule wurden unter Durchleuchtung und mit Kontrastmittel
durchgeführt. Beim Vergleich Lokalanästhesie mit Kortison versus Sham oder konservativer
Therapie zeigten die RCTs hoher Evidenz signifikant bessere Ergebnisse in der Injektionsgruppe.
Neuere Metaanalysen zeigen ebenfalls bei bandscheibenbedingten radikulären Beschwerden
eine Wirkung von transforaminalen Injektionen unter Durchleuchtung mit Kortison.
Sämtliche RCT für interlaminäre Injektionen an der Halswirbelsäule wurden mit Durchleuchtung
durchgeführt. Für die Lendenwirbelsäule wurden RCT mit und ohne Bildgebung durchgeführt.
Die Studien sind sehr heterogen. Für Injektionen an der LWS ohne Bildgebung gibt es
keine Evidenz für oder gegen deren Wirksamkeit. Hingegen findet sich mit Bildgebung
in den RCTs, den Reviews und internationalen Guidelines eine geringe Evidenz für eine
Kurzzeitwirkung bei radikulären Beschwerden, nicht aber für Rückenschmerzen.
Die Ergebnisse für kaudale Injektionen sind der Langfassung der Leitlinie zu entnehmen
[3].
Empfehlungen der Leitlinie [3].
-
„Transforaminale therapeutische Injektionen unter Durchleuchtung
können
bei radikulären Beschwerden ausgehend von der HWS erwogen werden.“ (Empfehlungsgrad
0)
-
„Transforaminale therapeutische Injektionen unter Durchleuchtung
sollten
bei radikulären Schmerzen durch einen lumbalen Bandscheibenvorfall angeboten werden.“
(Empfehlungsgrad B)
-
„Interlaminäre Injektionen unter Durchleuchtung
können
bei radikulären Beschwerden ausgehend von der HWS erwogen werden.“ (Empfehlungsgrad
0)
-
„Interlaminäre Injektionen
können
bei radikulären Beschwerden ausgehend von der LWS erwogen werden.“ (Empfehlungsgrad
0)
-
„Interlaminäre Injektionen an der LWS
sollten
mit einem bildgebenden Verfahren durchgeführt werden, wenn die technischen Voraussetzungen
dafür gegeben sind.“ (Empfehlungsgrad B)
Durchführung
Epidurale Injektionen werden auf sehr unterschiedliche Art und Weise durchgeführt.
Dies betrifft die Auswahl des bildgebenden Verfahrens, die gewünschte Zielposition
der Nadel aber auch die verwendeten Medikamente. Die Leitlinie hat untersucht, für
welche Verfahren in der Literatur Evidenz besteht. In der Leitlinie wurden nur Verfahren
mit Evidenz erwähnt, was nicht bedeutet, dass es nicht auch andere Vorgehensweisen
geben kann, die ebenfalls zu guten Ergebnissen führen.
Bildgebende Verfahren
An der Halswirbelsäule ist die Verwendung eines bildgebenden Verfahrens sowohl für
transforaminale als auch für interlaminäre Zugänge üblich. An der Lendenwirbelsäule
werden transforaminale Injektionen ebenfalls regelhaft mit Bildgebung durchgeführt.
Lumbale interlaminäre Injektionen sowie kaudale Injektionen werden in den Studien
mit und ohne bildgebende Verfahren durchgeführt.
In sämtlichen randomisierten Studien, die zur Beurteilung der Nutzenbewertung herangezogen
wurden, wurde die Durchleuchtung für transforaminale Injektion verwendet. Ultraschall
oder CT wurde in Studien mit hoher oder moderater Qualität der Evidenz nicht verwendet.
Auch die RCT zur Nutzenbewertung interlaminärer Injektionen an der HWS wurden ausschließlich
mit Durchleuchtung durchgeführt. Diese Datenlage steht im Widerspruch zu der Auswertung
der Daten des DeGIR von 2021, bei der sich zeigte, dass von den beteiligten Radiologen
bei mehr als 95% der Interventionen die CT genutzt wurde [2]. Ein Grund für diese Diskrepanz könnte in regionalen Unterschieden liegen. In den
Ländern, in denen die meisten Studien gemacht wurden, ist die Verwendung der CT für
Interventionen weniger gebräuchlich.
Es existieren aber eine Reihe von Beobachtungsstudien, die CT oder Ultraschall verwendet
haben, und es gibt auch Studien, die die verschiedenen Verfahren verglichen haben.
Signifikante Unterschiede im klinischen Erfolg zeigten die Studien, die an der HWS
Ultraschall mit Durchleuchtung oder CT verglichen haben, nicht. Eine Studie zeigte
an der HWS bessere Ergebnisse bei Verwendung von CT-Fluoroskopie im Vergleich zu Durchleuchtung
[7]. Keine der Studien an der LWS konnte einen signifikanten Unterschied der klinischen
Ergebnisse herausarbeiten.
Empfehlungen der Leitlinie [3].
-
„Goldstandard für transforaminale und interlaminäre Injektionen ist die Durchleuchtung.
Transforaminale Injektionen (PRT) und interlaminäre Injektionen an der HWS und LWS
sollten
unter Durchleuchtung durchgeführt werden.“ (Empfehlungsgrad B)
-
„Für eine transforaminale und interlaminäre Injektion
kann
die CT oder der Ultraschall verwendet werden.“ (Empfehlungsgrad 0)
-
„Wenn die CT als bildgebendes Verfahren verwendet wird,
kann
eine CT-Fluoroskopie mit Verzicht auf einen Planungsscan erfolgen.“ (Empfehlungsgrad
0)
Zugangswege
Bei den Studien zu transforaminalen Injektionen mit Durchleuchtung an der Lendenwirbelsäule
werden verschiedene Nadelpositionen im Epiduralraum im Neuroforamen unterschieden.
Beim klassischen Zugang liegt die Nadel unter dem Pedikel supraneural. Es ist aber
auch eine Nadellage infraneural gebräuchlich.
Bei interlaminären Injektionen wird ein sagittaler Mittellinienzugang von einem parasagittalen
Zugang unterschieden. Die Tiefenkontrolle ist unter Durchleuchtung im lateralen Bild
oft schwieriger als mit einem Contralateral Oblique View. Es erscheint sinnvoll, eine
epidurale Injektion an der Halswirbelsäule in einer Etage durchzuführen, in der ein
Epiduralraum vorhanden ist. In der Regel findet sich lediglich in den untersten Etagen
der Halswirbelsäule im MRT epidurales Fettgewebe mit ausreichender Dicke [8].
Empfehlungen der Leitlinie [3].
-
„Bei der Planung des Zugangs zu einer transforaminalen Injektion der LWS (PRT)
soll
neben dem klassischen subpedikulären (supraneuralen) Zugang auch der infraneurale
Zugang berücksichtigt werden.“ (Empfehlungsgrad A)
-
„Bei einem interlaminären Zugang an der HWS oder LWS
soll
ein parasagittaler Zugang verwendet werden.“ (Empfehlungsgrad A)
-
„Zur Erkennung der Nadeltiefe und der Ausbreitung des Kontrastmittels bei einem interlaminären
Zugang unter Durchleuchtung
sollte
ein contralateral oblique view herangezogen werden.“ (Empfehlungsgrad B)
-
„Eine zervikale interlaminäre Injektion
sollte
in der Etage Hw7/Bw1 bzw. nicht cranial von Hw6/7 durchgeführt werden.“ (Empfehlungsgrad
B)
Medikamente zur Injektion
Oftmals werden Lokalanästhetika und Kortisonpräparate für epidurale Injektionen verwendet.
Bei der Auswahl dieser Präparate gilt es vor allem, das unterschiedliche Risikopotenzial
bezüglich schwerer Komplikationen zu berücksichtigen. Insbesondere nach transforaminalen
Injektionen an der Hals- und Lendenwirbelsäule sind in der Literatur Ischämien von
Rückenmark oder Gehirn mit Paresen und Querschnittssyndromen sowie Todesfälle beschrieben.
Eine mögliche Ursache für diese Komplikationen sind thromboembolische Ereignisse durch
Injektion von kristallinem Kortison in eine das Rückenmark oder das Gehirn versorgende
Arterie. Die Größe der Partikel bzw. der Aggregation der Partikel bei kristallinem
Kortison (z.B. Triamcinolon, Methylprednisolon, Betamethason) ist größer als Erythrozyten.
Somit können Gefäße embolisieret werden [9]. Auch eine Deformierung der Zellmembran der Erythrozyten mit nachfolgender Aggregation
der Erythrozyten durch diese Präparate kommt als Erklärungsmodell in Frage [10].
Im Tiermodell wurde die relative Sicherheit von Dexamethason als nicht-kristallines,
wasserlösliches Kortison nachgewiesen [11]
[12]. Zu beachten ist aber, dass es bei der Mischung von Dexamethason mit Ropivacain
in einer Spritze zur Ausbildung von Kristallen kommen kann.
Bezüglich der Zulassung von Kortisonpräparaten zu Injektionen in den Epiduralraum
gab es in Deutschland in den letzten Jahren widersprüchliche Angaben. So wurde 2014
von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung bekannt gegeben, dass es eine „Erweiterung
der Indikation für Volon A 40 Kristallsuspension 1 ml und 5 ml (Triamcinolon)“ gibt
[13]. Dieses Kortisonpräparat sei zugelassen bei einer Perineuritis und einer Radikulopathie,
wenn das Medikament „intrafokal“ um die Nervenwurzel herum appliziert wird. Somit
sei eine Periradikuläre Therapie (PRT) kein Off-Label-Use. Allerdings wurde eine epidurale
Anwendung explizit ausgeschlossen. Dies ist ein Widerspruch, da die Nervenwurzel (Radix)
nur über eine Injektion in den Epiduralraum erreicht werden kann. In der internationalen
Literatur sind epidurale Injektionen klar als epidurale Injektionen definiert und
es wird darauf hingewiesen, dass die Anwendung von Kortison epidural off-label ist.
Empfehlungen und Statement der Leitlinie [3].
-
„Eine Mischung aus Ropivacain mit Dexamethason
soll nicht
für eine epidurale Injektion verwendet werden, da sich Aggregate bilden, die bei
intraarterieller Injektion zu Embolien führen können.“ (Empfehlungsgrad A)
-
„Für eine transforaminale Injektion an der Halswirbelsäule
soll
ausschließlich nicht-kristallines Kortison (z.B. Dexamethason) verwendet werden.“
(Empfehlungsgrad A)
-
„Für eine transforaminale Injektion an der Lendenwirbelsäule
sollte
ein nicht-kristallines Kortison (z.B. Dexamethason) die erste Wahl sein.“ (Empfehlungsgrad
B)
-
„Für die epidurale Anwendung
sollten
Kortisonpräparate ohne Konservierungsstoffe (wie z.B. Benzylalkohol) bevorzugt werden.“
(Empfehlungsgrad B)
-
„Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der Leitlinie sind Kortisonpräparate nicht für
eine epidurale Anwendung (interlaminär, transforaminal, periradikulär, PRT) zugelassen.
Die Anwendung ist somit off-label.“
Antikoagulantien und Thrombozytenaggregationshemmer
Bei Patienten, die Thrombozytenaggregationshemmer oder Antikoagulantien einnehmen,
ist eine Risiko-Nutzen Abwägung notwendig, ob diese Medikamente abzusetzen sind. Die
Frage muss geklärt werden, ob das Risiko eines Hämatoms bei kontinuierlicher Einnahme
der Medikamente oder das Risiko thromboembolischer Erkrankungen bei Absetzen größer
ist.
In den vorhandenen Leitlinien internationaler Fachgesellschaften finden sich widersprüchliche
Einteilungen der einzelnen Eingriffe in Risikogruppen und auch widersprüchliche Empfehlungen.
Es ist daher keine eindeutige Empfehlung bezüglich der unterschiedlichen epiduralen
Injektionen möglich.
Statement und Empfehlung der Leitlinie [3].
-
„Bei interlaminären Injektionen besteht ein nicht zu vernachlässigendes Risiko eines
epiduralen Hämatoms.“
-
„Bei einer epiduralen Injektion
soll
eine individuelle Risiko/Nutzen-Abwägung für jeden einzelnen Patienten bezüglich
Fortführens oder Absetzens der Antikoagulantien oder Thrombozytenaggregationshemmer
getroffen werden.“ (Empfehlungsgrad A)
Komplikationen
Schwerwiegende Komplikationen nach epiduralen Injektionen sind sehr selten. An der
Halswirbelsäule 0,00294% und an der Lendenwirbelsäule 0,00051% [14].
Bei den nicht-schwerwiegenden Komplikationen sind während der Intervention vor allem
vasovagale Synkopen, Durapunktionen, vermehrte Schmerzen, Nervenverletzungen und Krampfanfälle
zu berücksichtigen. Im Verlauf nach der Intervention kann es zu allergischen Reaktionen
und Infektionen kommen. Ein Epidurales Hämatom wird oftmals erst nach Minuten bis
Tagen nach der Intervention symptomatisch.
Daher ist es wichtig, auch einen zunächst unauffälligen Patienten nach der Intervention
zu überwachen und auch über mögliche späte Komplikationen (wie z.B. eine Infektion)
zu unterrichten.
Statement und Empfehlungen der Leitlinie [3].
-
„Komplikationen nach epiduralen Interventionen sind insgesamt sehr selten, es sind
aber sehr schwere Komplikationen in Fallberichten in der Literatur beschrieben.“
-
„Die vorhandene Bildgebung (insbesondere MRT)
soll
vor einer epiduralen Injektion bezüglich anatomischer Besonderheiten (z.B. Verlauf
der Arteria vertebralis) ausgewertet werden.“ (Empfehlungsgrad A)
-
„Nach einer Intervention
soll
der Patient neurologisch untersucht und überwacht werden, um frühe Komplikationen
zu erkennen.“ (Empfehlungsgrad A)
-
„Es
sollte
eine Rückmeldung des Patienten (persönlich, schriftlich, telefonisch) innerhalb der
ersten 14 Tage nach der Intervention erfolgen, um späte Komplikationen zu erkennen.“
(Empfehlungsgrad B)
Vergleich der Zugangswege
Vergleich der Zugangswege
An der Halswirbelsäule ist das Risiko schwerer Komplikationen zu berücksichtigen.
Bei transforaminalem Zugang besteht die Gefahr einer intraarteriellen Injektion (die
vor allem mit kristallinem Kortison risikoreich ist), bei interlaminärem Zugang die
Gefahr einer Rückenmarkspunktion. Die RCT und die Beobachtungsstudien zeigen keinen
signifikanten Unterschied beider Zugänge im klinischen Ergebnis.
Für die Lendenwirbelsäule zeigen drei randomisierte Studien eine Überlegenheit des
interlaminären Zugangs versus transforaminal, aber zehn Studien ein besseres Ergebnis
transforaminal. Fünf Studien waren ohne signifikanten Unterschied.
Empfehlungen der Leitlinie [3].
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„Bei radikulären Beschwerden ausgehend von der HWS
kann
sowohl ein transforaminaler Zugang als auch ein interlaminärer Zugang in Betracht
gezogen werden.“ (Empfehlungsgrad 0)
-
„Bei radikulären Beschwerden ausgehend von der LWS kann ein transforaminaler Zugang
vor einem interlaminären Zugang bevorzugt verwendet werden.“ (Empfehlungsgrad 0)
Wiederholung
Oftmals stellt sich die Frage, ob es sinnvoll ist, eine epidurale Injektion zu wiederholen
und nach welchem Zeitabstand. Sinnvoll erscheint eine Wiederholung nur bei positivem
Ansprechen ohne ausreichende Wirkung. Dafür sollte die maximale Wirkung der Injektion
abgewartet werden.
Statement und Empfehlungen der Leitlinie [3].
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„Eine Wiederholung einer epiduralen Injektion
sollte
nur bei zuvor positivem Ansprechen (z.B. Reduktion der VAS um mindestens 2 Punkte)
mit nicht ausreichender Wirkung oder wiederkehrenden Beschwerden im Abstand von mindestens
1–3 Wochen zur vorherigen Injektion erfolgen.“ (Empfehlungsgrad B)
-
„Eine Wiederholung derselben Injektion, ohne dass die vorherige Injektion eine Wirkung
gezeigt hat, oder Serien von Injektionen ohne Beurteilung der Wirkung zwischen den
Injektionen
sollten nicht
durchgeführt werden.“ (Empfehlungsgrad B)
-
„Die Anzahl der Injektionen
sollte
unter Berücksichtigung der maximalen Dosis von 200 mg (3 mg/kg Körpergewicht) Methylprednisolon-Äquivalent/Jahr
limitiert werden.“ (Empfehlungsgrad B)
Limitationen
In diesem Artikel wurde eine Auswahl an Empfehlungen und Statements aus der Leitlinie
dargestellt. Während der Arbeit an der Leitlinie gab es zahlreiche Diskussionen bezüglich
möglicher Varianten in der Durchführung epiduraler Injektionen. Die Empfehlungen dieser
Leitlinie beruhen auf der systematischen Auswertung der Evidenz in der Literatur.
Darüber hinaus existieren auch teils von den Empfehlungen abweichende Expertenmeinungen,
die natürlich ebenfalls berücksichtigt werden müssen.