SEX. Mit nackten Tatsachen durch unsere Kulturgeschichte

Elin Hägg. SEX. Mit nackten Tatsachen durch unsere Kulturgeschichte. Leipzig: Klett Kinderbuch 2024. 112 Seiten, EUR 18,00

„Sex. Mit nackten Tatsachen durch unsere Kulturgeschichte“, im deutschen erschienen 2024, ist eines von mehreren Faktenbüchern der schwedischen Ethnologin, Autorin und Illustratorin Elin Hägg. Die Autorin wurde 1988 in Schweden geboren und schreibt sowie illustriert seit 2020 eigene Bücher. Das Buch „Sex – Mit nackten Tatsachen durch unsere Kulturgeschichte“ war 2023 für den Prisma-Literaturpreis nominiert und gewann 2024 die schwedische Carl-von-Linnée-Plakette für das beste Faktenbuch für Kinder und Jugendliche des Jahres. Mit diesem Werk leistet Hägg einen Beitrag zur Vermittlung eines komplexen und gegenwärtigen Themas, das in der heutigen Zeit noch immer auch mit Tabus belegt ist. Die Verbindung aus anschaulichen Illustrationen und informativen Texten bietet eine Grundlage für Diskussionen, wie sich kulturelle Normen und Werte im Bereich Sexualität über die Jahrhunderte hinweg entwickelt und verändert haben.

Das Buch richtet sich an Kinder und Jugendliche ab 12 Jahren und erläutert in leicht verständlicher Sprache die kulturelle Geschichte von Sex im westlichen Lebensraum. Hierbei hangelt sich das Buch an einem, auf der Innenseite des Einbandes auch bildlich dargestellten, Zeitstrahl entlang: von der Zeit, in der noch nichts verschriftlicht wurde, über die Antike, das Mittelalter, die Renaissance, Aufklärung, Industrialisierung und Moderne bis hin zur heutigen Zeit. Diese zeitliche Struktur ermöglicht eine systematische und nachvollziehbare Darstellung historischer Entwicklungen. Die visuelle Darstellung im Einband verknüpft hierbei den historischen Überblick geschickt mit den detaillierteren Kapiteln. Zwischendurch gibt es Einblicke und Erklärungen zu verschiedenen Begrifflichkeiten, wie beispielsweise Jungfräulichkeitstests, Flirten oder Verhütungsmittel. Die Zeitabschnitte und Themenblöcke sind im Buch anhand der unterschiedlich illustrierten Seitenrahmen gut zu unterscheiden, da die Rahmen das jeweilige Thema oder den Zeitabschnitt durch spezifisch passende Muster oder Illustrationen aufgreifen.

Obwohl es viele Fremdwörter erklärt, dient das Buch nicht zur Aufklärung von Kindern und Jugendlichen, sondern eher als eine Veranschaulichung davon, wie sich Sex über viele Jahre hinweg entwickelt und verändert hat. Zudem zeigt das Buch auch, dass Sex früher nicht unbedingt ein Tabuthema war, sondern eine facettenreiche kulturelle Komponente.

Im ersten Kapitel wird anschaulich ein Grundwissen geschaffen. Zunächst widmet sich die Autorin so der Frage, was Sex ist, und erklärt Begriffe wie Normen, Tabu, Penis und Vulva. Ein wenig irritierend ist, dass trotz der eingängigen Erklärungen zu den Begrifflichkeiten am Anfang des Buches teilweise Scheide statt Vagina genutzt wird, wobei bei den männlichen Geschlechtsteilen die Bezeichnungen stets gleichbleiben. Dies könnte jedoch auch ein Fehler in der Übersetzung sein, wirft aber die Frage nach möglichen Missverständnissen bei der Zielgruppe auf. Die weiteren Kapitel gehen auf zu der Zeit neue oder wichtige Veränderungen und Gegebenheiten ein, so beispielsweise die Entstehung des Konzepts der romantischen Liebe im Mittelalter oder auch die Verbreitung von Syphilis während der Renaissance. Im Schlusswort geht Hägg noch einmal darauf ein, dass die Geschichte von Sex nicht linear von Tabu zu Offenheit verlaufen ist. Vielmehr zeigt sie auf, dass Gedanken oder Strömungen schon früher thematisiert wurden, dann jedoch auch wieder verschwanden. Außerdem hebt sie hervor, dass die Art, wie ein Mensch über Sex denkt, stark von der gesellschaftlichen Umgebung abhängt und sich angepasst daran auch verändern kann.

Überzeugend ist letztlich jedoch nicht nur die durchweg inklusive und körperpositive Sprache, sondern vor allem die Illustrationen des Buches. Diese sind nicht nur detailreich, optisch ansprechend und teilweise amüsant, sondern insbesondere auch sehr divers. Die Darstellungen umfassen Menschen mit verschiedensten Hautfarben und Körperformen sowie queere Menschen und Paare. Auch wenn sich das Buch auf westliche Kulturen beschränkt, gelingt es dennoch, einen breiten Querschnitt der Gesellschaft abzubilden. Dies trägt nicht nur zur Attraktivität des Buches bei, sondern erfüllt auch eine wichtige didaktische Funktion, indem es das Thema Sexualität visuell zugänglich und vielfältig präsentiert.

Mit „Sex – Mit nackten Tatsachen durch unsere Kulturgeschichte“ schafft Hägg ein Werk, das durch seine anschauliche Aufbereitung besonders für den Einsatz in Bildungsinstitutionen geeignet ist. Die Verbindung von historischen Fakten, diverser Darstellung und zugänglicher Sprache macht es zu einem wertvollen Beitrag für die Sexualdebatte jenseits medizinischer Grundlagen.

Publication History

Article published online:
10 December 2025