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DOI: 10.1055/a-2760-5485
Nutzen der CT-basierten Messung der koronaren Flussreserve im Rahmen der Ambulantisierung der kardialen CT in Deutschland – eine Propensity Score Matched Analyse
Artikel in mehreren Sprachen: deutsch | EnglishAutor*innen
Zusammenfassung
Ziel
Die koronare Herzkrankheit (KHK) bleibt eine der führenden Todesursachen in Deutschland. Mit der seit 2024 möglichen ambulanten Abrechnung der koronaren Computertomografie-Angiografie (CCTA) gewinnt die nicht-invasive Diagnostik an Bedeutung. Die CT-basierte fraktionelle Flussreserve (FFR-CT) könnte die Spezifität der CCTA erhöhen und invasive Eingriffe reduzieren.
Material und Methoden
In einer retrospektiven Analyse wurden 640 konsekutive Patienten mit Koronarstenosen >25% im ambulanten CCTA eingeschlossen. Bei 107 Patienten erfolgte zusätzlich eine FFR-CT. Nach Propensity-Score-Matching standen zwei Kohorten mit jeweils 105 Patienten für den Vergleich zur Verfügung. Primärer Endpunkt der Studie war der Vergleich der diagnostischen Genauigkeit von CCTA mit und ohne FFR-CT anhand des positiven prädiktiven Werts gegenüber der invasiven Koronarangiografie.
Ergebnisse
Die FFR-CT zeigte nach Propensity-Score-Matching einen PPV von 88%, verglichen mit 73% in der Gruppe ohne FFR-CT. Patienten mit unauffälliger FFR-CT wurden überwiegend konservativ behandelt, während pathologische Werte in mehr als 70% zu Revaskularisation führten. In der Kontrollgruppe ohne FFR-CT ergaben sich deutlich häufiger invasive Herzkatheteruntersuchungen ohne Notwendigkeit der Koronarintervention (27%). Die Korrelation zwischen FFR-CT und invasiver FFR war hoch (r = 0,92; ICC = 0,95).
Schlussfolgerung
Die Integration der FFR-CT in die ambulante CCTA kann potenziell die diagnostische Genauigkeit erhöhen und Herzkatheteruntersuchungen reduzieren. Sie bietet die Möglichkeit, anatomische und funktionelle Information zu kombinieren und Therapieentscheidungen bei stabiler KHK zu optimieren.
Kernaussagen
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FFR-CT scheint die diagnostische Genauigkeit zu steigern und invasive Herzkatheteruntersuchungen zu reduzieren.
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FFR-CT hatte einen höheren positiven prädiktiven Wert als die CCTA allein.
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Die Korrelation zwischen FFR-CT und invasiver FFR war hoch.
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Bei pathologischer FFR-CT wurde in mehr als 70% eine Revaskularisation durchgeführt.
Zitierweise
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Rottländer D, Fischer C, Mohsen Y et al. Value of CT-derived Fractional Flow Reserve in the Context of Outpatient Cardiac CT in Germany: A Propensity Score Matched Analysis. Rofo 2025; DOI 10.1055/a-2760-5485
Einleitung
Die koronare Herzkrankheit (KHK) ist mit rund einem Drittel aller Todesfälle weiterhin die führende Todesursache in Deutschland [1]. Eine präzise Diagnostik ist daher von hoher medizinischer und gesundheitspolitischer Relevanz [2]. Die koronare Computertomografie-Angiografie (CCTA) hat sich als nicht-invasives Verfahren etabliert, das durch hochauflösende Schnittbildgebung eine zuverlässige Darstellung der Koronararterien erlaubt. Ihr hoher negativer prädiktiver Wert macht sie besonders geeignet, eine KHK auszuschließen und invasive Eingriffe zu vermeiden [3]. Studien haben gezeigt, dass die CCTA die Prognose verbessert und die Durchführung invasiver Verfahren reduzieren kann [4] [5]. In der SCOT-HEART-Studie führte sie im Vergleich zu konventionellen Routinetests zu einer Senkung von Myokardinfarkt und kardiovaskulärem Tod [6]. Mit dem Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) vom 18. Januar 2024 ist die CCTA in Deutschland als ambulante Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung verfügbar. Grundlage der Durchführung sollte eine Vortestwahrscheinlichkeit von mindestens 15% sein [7].
Für die große Gruppe der intermediären Stenosen ist die Beurteilung der hämodynamischen Relevanz entscheidend. Hier steht mit der Computertomografie-basierten fraktionellen Flussreserve (FFR-CT) ein Verfahren zur Verfügung, das auf Basis der Computertomografie (CT)-Daten eine virtuelle Analyse ermöglicht [8]. Eine Studie des NHS in England mit über 90000 Patienten zeigt, dass FFR-CT zusätzliche Ischämietests und Herzkatheteruntersuchungen verringert [9]. Trotz einer hohen diagnostischen Genauigkeit ist die Kosteneffizienz zurzeit umstritten [10] [11]. Damit rückt die FFR-CT auch in Deutschland in den Fokus. Während die aktuellen Empfehlungen bei intermediären Stenosen noch eine ergänzende funktionelle Diagnostik wie kardiale Stress-MRT, Stressechokardiografie oder Myokardszintigrafie vorsehen [2], könnte die FFR-CT diese Verfahren perspektivisch ersetzen und zusätzlich Herzkatheteruntersuchungen weiter reduzieren [12].
Primärer Endpunkt der Studie war der Vergleich der diagnostischen Genauigkeit von CCTA mit und ohne FFR-CT anhand des positiven prädiktiven Werts gegenüber der invasiven Koronarangiografie. Sekundär sollte geprüft werden, ob FFR-CT invasive Eingriffe im ambulanten Setting reduzieren kann. Zudem sollten Zuweiserstrukturen, Indikationen, Strahlenbelastung, sowie der Bedarf an weiterer invasiver und nicht-invasiver Diagnostik nach Einführung der ambulanten Vergütung der CCTA untersucht werden.
Material und Methoden
Patientenkollektiv
In die monozentrische, retrospektive Untersuchung wurden insgesamt 640 Patientinnen und Patienten mit stattgehabter ambulanter CCTA und Nachweis von mindestens leichtgradigen Koronarstenosen (>25%) eingeschlossen. Die Untersuchungen erfolgten konsekutiv im Zeitraum vom 01.02.2024 bis 01.03.2025. Patienten mit stattgehabter Koronarintervention, bekannter KHK, akutem Koronarsyndrom und Ausschluss von Koronarstenosen in der CCTA wurden ausgeschlossen. Die Daten lagen pseudonymisiert vor. Bei 107 Patienten erfolgte eine FFR-CT. Da die FFR-CT im Rahmen der stabilen KHK keine Kassenleistung darstellt, handelte es sich ausschließlich um Privat- oder Selbstzahler. Die 533 Patienten ohne FFR-CT dienten als Kontrollgruppe. Die Schweregrade der Stenosen wurden in fünf Kategorien eingeteilt: 0 = keine Stenose (<25%), 1 = geringgradig (25–50%), 2 = mittelgradig (50–75%), 3 = hochgradig (75–90% bzw. >90%) und 4 = kompletter Verschluss (100%).
Computertomografie
Die CCTAs wurden in Routineprotokollen mit einem modernen Mehrschichtgerät (GE Revolution Apex, GE Healthcare, USA) durchgeführt.
Die Patienten wurden 3–5 Minuten vor der CCTA-Untersuchung mit sublingualem Isosorbid-Dinitrat (Isoket 10 mg, Merus Labs Luxco II S.à r.l., Luxemburg) vorbehandelt. Wenn die Herzfrequenz zu Beginn über 85 Schläge pro Minute (bpm) lag, erhielten die Patienten 5 mg Bisoprolol oral (Ratiopharm GmbH, Ulm, Deutschland) eine Stunde vor der CT-Untersuchung.
Bei einer Herzfrequenz zwischen 65 und 85 bpm wurden bis zu 200 mg Esmolol (Brevibloc 10 mg/ml, Baxter Deutschland GmbH, Deutschland) intravenös unmittelbar vor der Bildakquisition verabreicht, um die Herzfrequenz zu senken und Bewegungsunschärfen zu reduzieren. 50 ml Iohexal (Accupaque 350 mg Jod/ml, GE Healthcare, Wien, Österreich) wurden intravenös injiziert, gefolgt von 50 ml Kochsalzlösung. Die Standard-Flussrate betrug 6,5 ml pro Sekunde über einen 18-Gauge-Katheter in der Ellenbeuge. Bei eingeschränkten venösen Bedingungen kam es zu geringen Abweichungen, wobei ein 16-Gauge-Katheter mit einer Flussrate von mindestens 5 ml/Sekunde verwendet wurde.
Um das Ziel-Signal-Rausch-Verhältnis (SNR) von 30 zu erreichen, wurden Röhrenspannung und Röhrenstrom unter Verwendung der automatischen SNR-Modulation der CT-Software angepasst. Verwendet wurde eine Kollimation von 512 × 0,625 mm mit einer z-Detektor-Abdeckung von 14–16 cm und einem Sichtfeld (Field of View) von 32 cm. Eine z-Detektor-Abdeckung von 16 cm stellt die maximale Abdeckung dar. Alle Scans wurden im Hochauflösungsmodus mit einer Matrixgröße von 512 × 512 durchgeführt. Die Schichtdicke betrug 0,625 mm. Die Rotationszeit des Geräts betrug 0,23 Sekunden, wobei das gesamte Bild während einer einzigen Umdrehung aufgenommen wurde. Für jeden Patienten wurde zusätzlich eine nicht kontrastverstärkte Low-Dose-Herz-CT zur Berechnung des Kalzium-Scores mit denselben CT-Parameter-Einstellungen wie bei der CCTA durchgeführt.
FFR-Bestimmung
Die Berechnung der fraktionellen Flussreserve erfolgte mit der durch künstliche Intelligenz gestützten Software HeartFlow (HeartFlow Inc., Redwood City, USA). Die Heartflow FFR-CT-Analyse nutzt Deep-Learning-Algorithmen, sowie Computational Fluid Dynamics (CFD), um auf Grundlage zuvor erfasster CCTA-Bilddaten ein personalisiertes, digitales 3D-Modell der Koronararterien jedes einzelnen Patienten zu erstellen. Die CCTA-Bilddaten des Patienten auf die Heartflow-Plattform wurden über einen sicheren, cloudbasierten Server hochgeladen. Die eingehenden CCTA-Daten wurden von Analysten einer Qualitätsprüfung unterzogen, um sicherzustellen, dass sie für die Analyse geeignet sind. Computerbasierte Algorithmen identifizierten und extrahierten anatomische Strukturen aus den CCTA-Bildern zur Segmentierung und Erstellung des persönlichen Koronararterienmodells des Patienten. Auf Grundlage des anatomischen Modells wurde ein physiologisches Modell erstellt. Es wurde eine maximale Hyperämie simuliert, um die Bedingungen einer invasiven FFR-Messung nachzubilden. Mittels CFD wurden Millionen komplexer Gleichungen gelöst, wodurch ein 3D-Modell des koronaren Blutflusses entsteht. Das resultierende Modell lieferte die berechneten FFR-CT-Werte entlang der modellierten Koronararterien. Als klinisch relevanter Schwellenwert wurde eine FFR ≤0,80 definiert. Die Heartflow FFRCT-Analyse wurde über ein sicheres Webportal übermittelt. Die Bilddaten wurden einer strengen Qualitätskontrolle unterzogen. Die Rückweisungsquote betrug 0,9% im Betrachtungszeitraum (2 von 109 Patienten). In einem Fall wurde aufgrund eines veränderten Atemmanövers die kraniale Begrenzung der LAD-Wand nicht vollständig erfasst, im zweiten Fall herrschten zu großes Bildrauschen und Bewegungsunschärfe der RCA bei einem adipösen und tachykarden Patienten. Diese Patienten wurden aus der Analyse ausgeschlossen.
Koronarangiografie
Der primäre Endpunkt der Studie war der positive prädiktive Wert (PPV) pro Patient der CCTA mit und ohne FFR-CT im Vergleich zur invasiven Koronarangiografie als Goldstandard. Die Beurteilung der Koronarangiografien erfolgte durch den interventionellen Kardiologen auf Basis der klinischen Einschätzung hinsichtlich des Vorliegens einer relevanten Koronarstenose. In ausgewählten Fällen kamen zur ergänzenden Beurteilung eine invasive FFR oder ein intravaskulärer Ultraschall (IVUS) zum Einsatz, wenn dies nach Ermessen des behandelnden Kardiologen erforderlich war. Eine invasive FFR von ≤0,8 wurde als hämodynamisch relevant gewertet. Als Herzkatheteruntersuchung ohne relevanten Befund wurden Koronarangiographien definiert, bei denen keine hämodynamisch relevante Stenose oder eine Muskelbrücke festgestellt wurden, daher keine interventionelle oder operative Therapie erfolgte und – sofern erhoben – eine invasive FFR einen nicht signifikanten Befund zeigte (FFR >0,80).
Statistische Analyse
Die Auswertung erfolgte mit der Software IBM SPSS Statistics Version 29.0.2. Kategoriale Variablen wurden in absoluten und relativen Häufigkeiten angegeben. Für den Vergleich unabhängiger Gruppen wurde der Mann-Whitney-Wilcoxon-Test verwendet. Zusammenhänge zwischen ordinalen und metrischen Daten wurden mit Chi-Quadrat-Test berechnet. Normalverteilte Variablen wurden als Mittelwert ± Standardabweichung dargestellt und mithilfe des t-Tests für unabhängige Stichproben verglichen. Zur Angleichung von Unterschieden in den Ausgangscharakteristika der Patientinnen und Patienten wurde ein Propensity-Score-(PS)-Matching durchgeführt. Ziel war die Bildung vergleichbarer Kohorten von Patienten mit und ohne FFR-CT. In die Berechnung des Propensity Scores gingen folgende Variablen ein: Geschlecht, Alter, Diabetes mellitus, arterielle Hypertonie, Hyperlipidämie, Raucher, positive Familienanamnese, Plaques der Arteria carotis und hohes kardiovaskuläres Risikoprofil (≥3 Risikofaktoren) sowie ventrikuläre Arrhythmie in der Vorgeschichte. Fehlende Werte wurden mittels fünffacher multipler Imputation ersetzt. Das Matching erfolgte mittels nearest-neighbor-Verfahren in einem Verhältnis von 1:1 ohne Zurücklegen unter Verwendung eines Calipers von 0,2. Zur Prüfung der Balance zwischen den Gruppen wurden standardisierte Mittelwertdifferenzen vor und nach dem Matching berechnet; Werte <0,2 galten dabei als Hinweis auf eine ausreichende Vergleichbarkeit. Zusätzlich wurden Korrelationen zwischen metrischen Variablen nach Pearson berechnet. Das Sankey-Diagramm wurde online mittels SankeyMATIC erstellt. Eine Korrelationsanalyse zwischen FFR-CT und invasiver während der Herzkatheteruntersuchung gemessener FFR wurde durchgeführt und der Rangkorrelationskoeffizient nach Spearman bestimmt. Zuvor wurde mittels Shapiro-Wilk-Test auf Normalverteilung getestet. Die p-Werte betrugen 0,006 (CT-FFR) und 0,001 (invasive FFR) und damit lag keine Normalverteilung vor. Da eine hohe Korrelation nicht zwangsläufig eine gute Übereinstimmung zwischen zwei diagnostischen Methoden widerspiegelt, erfolgten zusätzlich eine Analyse des Intraklassen-Korrelationskoeffizienten (ICC). Ein Signifikanzniveau von p<0,05 wurde als statistisch relevant gewertet.
Ergebnisse
Es wurden insgesamt 640 konsekutive Patienten mit Erstdiagnose einer koronaren Herzkrankheit (leichtgradige Stenose ≥25%) in der ambulanten CCTA eingeschlossen. Davon waren 255 weiblich (39,8%) und das mittlere Alter lag bei 65,4±9,6 Jahre. Die überwiegende Mehrzahl der Patienten wurde von Kardiologen zur CCTA zugewiesen (89,7%) gefolgt von Internisten (6,7%) und Hausärzten (2,5%; [Abb. 1] A). Die Indikationen zur Durchführung der CCTA waren zumeist Symptome wie typische Angina pectoris (17,8%), atypische Angina pectoris (29,8%) und Dyspnoe (40,3%) gepaart mit einem hohen kardiovaskulären Risikoprofil (≥3 Risikofaktoren; 69,2%; [Abb. 1] B). Seltener führten pathologische Untersuchungsbefunde wie eine Ergometrie (14,2%), ventrikuläre Arrhythmien (6,7%) oder Vorhofflimmern (9,2%) zur ambulanten CCTA ([Abb. 1] B). Zur Routine-Diagnostik vor Durchführung einer CCTA gehörte die transthorakale Echokardiografie (96,6%), während Ergometrie (39,9%) und Streß-Echokardiografie (6,3%) deutlich seltener durchgeführt wurden ([Abb. 1] C). Häufig wurden auch Plaques in der Arteria carotis im Vorfeld mittels Duplexsonografie festgestellt. Die durchschnittliche Vortestwahrscheinlichkeit bei vorliegender typsicher Angina pectoris lag bei 59,2±22,9% und bei atypischer Angina pectoris bis 44,6±16,8% ([Abb. 1] D).


Um den Nutzen der FFR-CT im Rahmen der ambulanten CCTA zu evaluieren, wurden die Patienten unterteilt nach FFR-CT (n=107) und kein FFR-CT (n=533). In [Tab. 1] finden sich die Patientencharakteristika beider Gruppen. Es zeigten sich Unterschiede zwischen den Gruppen in Bezug auf das Alter (67,3±7,8 versus 65,0±9,8 Jahre; p=0,024), das Geschlecht (weiblich 16,8 versus 44,5%; p<0,001) und kardiovaskuläre Risikofaktoren wie Hyperlipidämie (57,9 versus 48,6%; p=0,078), Rauchen (23,3 versus 41,8%; p=0,027) und Plaques in der Arteria carotis (47,7 versus 30,8%; p<0,001). Ein hohes kardiovaskuläres Risikoprofil fand sich in der FFR-CT Gruppe bei 55,1% und in der kein FFR-CT Gruppe bei 72,1% (p<0,001; [Tab. 1]). Zudem fanden sich in der Gruppe ohne FFR-CT mehr symptomatische Patienten in Bezug auf atypische Angina pectoris (19,3 versus 31,9%; p<0,001) und Dyspnoe (20,6 versus 44,7%; p=0,002).
Der Agatston-Score war nicht signifikant unterschiedlich zwischen der Gruppe ohne und mit FFR-CT (425,6±634,1 versus 474,0±580,4; p=0.466). In der Gruppe ohne FFR-CT zeigte sich bei 279 Personen (52,4%) eine signifikante Koronarstenose (Lumeneinengung CT-angiographisch ≥5%; [Abb. 2]). Von diesen erhielten 146 (27,4%) im Anschluss eine invasive Koronarangiografie, während bei 15 (2,8%) eine Ischämiediagnostik erfolgte und 118 (22,1%) rein medikamentös behandelt wurden. Bei 88 Patienten (60,3%) erfolgte eine perkutane Koronarintervention (PCI), bei 6 (4,1%) eine aortokoronare Bypassoperation (ACVB). Zwei Fälle (1,4%) wurden invasiv als Muskelbrücke klassifiziert. In 48 Fällen (32,9%) ergab der Herzkatheter keinen relevanten Befund ([Abb. 2]). Der positive prädiktive Wert der CCTA ohne FFR-CT lag bei 67,1% ([Abb. 2]).


Eine FFR-CT wurde bei 107 Patienten durchgeführt. Hierbei ergaben sich in 80 Fällen (74,8%) unauffällige Werte (FFR ≥0,80) und in 27 Fällen (25,2%) pathologische Befunde (FFR <0,80). Von den letzteren erhielten 26 (24,3%) eine invasive Herzkatheteruntersuchung. Davon erfolgte in 19 Fällen (73,1%) eine PCI, bei 3 Patienten (11,5%) eine ACVB-Operation und in einem Fall (3,9%) wurde eine hämodynamisch relevante Muskelbrücke diagnostiziert. In 3 Fällen (11,5%) zeigte der Herzkatheter keinen relevanten Befund. Eine invasive FFR-Messung wurde in 9 Fällen (34,6%) durchgeführt. Der positive prädiktive Wert der CCTA mit FFR-CT lag bei 88,5% ([Abb. 2]). Es zeigte sich ein signifikanter Unterschied zwischen dem positiv prädiktiven Werten mit und ohne FFR-CT (p=0,028).
Zur Angleichung der Ausgangscharakteristika wurde ein Propensity Score Matching durchgeführt, um zwei vergleichbare Kohorten mit und ohne CT-FFR zu bilden. In die Berechnung flossen klinische Basisvariablen (u.a. Alter, Geschlecht, kardiovaskuläre Risikofaktoren, Carotisplaques, ventrikuläre Arrhythmien) ein. Nach Matching standen zwei Gruppen mit jeweils 105 Patientinnen und Patienten für die Analyse zur Verfügung ([Tab. 2]). Nach Propensity Score Matching fand sich kein signifikanter Unterschied im Agatston Score zwischen den beiden gematchten Gruppen (CCTA: 527,5±762,4 versus FFR-CT: 441,8±840,7; p=0,331). In der CT-FFR-Gruppe zeigten 79 Personen (75,2%) unauffällige Ergebnisse (FFR ≥0,80), während bei 26 Patienten (24,8%) pathologische Befunde (FFR <0,80) vorlagen ([Abb. 3]). Von den Letzteren wurden 25 (23,8%) einer invasiven Koronarangiografie zugeführt. Dabei erfolgte in 18 Fällen (72,0%) eine PCI, bei 3 Patienten (12,0%) eine ACVB, in einem Fall (4,0%) wurde eine hämodynamisch relevante Muskelbrücke diagnostiziert, und in 3 Fällen (12,0%) zeigte der Herzkatheter keinen relevanten Befund. Eine invasive FFR-Messung erfolgte bei 9 Patientinnen und Patienten (34,6%). Bei den CT-FFR-negativen Befunden erfolgte keine Herzkatheteruntersuchung, jedoch in 2 Fällen (1,9%) eine zusätzliche funktionelle Ischämiediagnostik ([Abb. 3]). Der positive prädiktive Wert der CCTA mit FFR-CT lag nach Propensity Score Matching bei 88,0% ([Abb. 3]).


In der Vergleichsgruppe ohne CT-FFR zeigte die CCTA in 39 Fällen (37,1%) keine relevante Stenose ([Abb. 3]). Hier wurde kein Patient einer Koronarangiografie unterzogen, jedoch erfolgte in 2 Fällen (1,9%) eine weitere Ischämiediagnostik. Bei 66 Patientinnen und Patienten (62,9%) ergab sich in der CCTA eine relevante Stenose (≥50%). Von diesen erhielten 30 (28,6%) eine invasive Koronarangiografie. In 15 Fällen (50,0%) wurde eine PCI durchgeführt, bei 6 Patienten (20,0%) eine ACVB-Operation ([Abb. 3]). Acht Untersuchungen (26,7%) erbrachten keinen relevanten Befund im Herzkatheter, in einem Fall (3,3%) erfolgte eine rein medikamentöse Therapie. Insgesamt erhielten 33 Patienten (31,4%) ohne Durchführung einer Herzkatheteruntersuchung eine konservative Therapie ([Abb. 3]). Der positive prädiktive Wert der CCTA ohne FFR-CT lag nach Propensity Score Matching bei 73,3% ([Abb. 3]). Statistisch ergab sich im Vergleich zur FFR-CT Gruppe bei kleiner Gruppengröße (jeweils n=105) kein statistischer Unterschied zwischen den positiven prädiktiven Werten (p=0,176).
Bei 9 Patienten mit FFR-CT wurde invasiv die FFR während der Herzkatheteruntersuchung nachgemessen. Es zeigte sich eine gute Korrelation zwischen den beiden Messmethoden bei einem Rangkorrelationskoeffizient nach Spearman von 0,87 ([Abb. 4]) und einem Intraklassen-Korrelationskoeffizient (ICC) von 0,95.


Diskussion
Mit dem Beschluss des G-BA vom 18. Januar 2024 ist die CCTA erstmals als ambulante Kassenleistung in Deutschland etabliert worden [7]. Dieser Schritt stellt einen wichtigen Meilenstein für die nicht-invasive Diagnostik der KHK dar und entspricht internationalen Leitlinien, die der CCTA aufgrund ihres hohen negativen prädiktiven Wertes eine zentrale Rolle beim Ausschluss einer KHK zuschreiben [3]. In der Breite der Versorgung verbessert sich dadurch der Zugang zu präziser Diagnostik und die Notwendigkeit invasiver Verfahren sollte reduziert werden können.
Unsere Studie liefert erstmals Daten zu Zuweiserstrukturen und Indikationsstellungen in einer deutschen Metropolregion nach Umsetzung des G-BA-Beschlusses. Die Mehrzahl der Patientinnen und Patienten wurde von Kardiologinnen und Kardiologen zugewiesen. Neben Symptomen wie Angina pectoris oder Dyspnoe war häufig ein Risikoprofil mit ≥3 Risikofaktoren ausschlaggebend, zudem fanden sich oft Carotisplaques. Bei der Mehrzahl der Fälle ist damit die vom G-BA geforderte kardiologische Basisdiagnostik erfolgt und der Verdacht auf ein chronisches Koronarsyndrom gestellt worden [2]. Den Zuweisungen war allerdings nicht zu entnehmen, ob die Vortestwahrscheinlichkeit bestimmt wurde, sodass unklar bleibt, ob dies in die Indikationsstellung mit eingeflossen ist.
Im Gegensatz zur CCTA wurde die FFR-CT vom G-BA bislang nicht aufgenommen, vor allem wegen unklarer Kosten-Nutzen-Bewertung [2]. Die in dieser Studie verwendete Software (HeartFlow) basiert auf Computational Fluid Dynamics und externen Hochleistungsrechnern. Zahlreiche Studien belegten eine hohe diagnostische Genauigkeit im Vergleich zur invasiven FFR [13] [14] [15], mit deutlich höherer Spezifität als CCTA bei ähnlicher Sensitivität [15]. In unserer Studie zeigte sich eine sehr hohe Übereinstimmung zwischen FFR-CT und invasiver FFR (Spearman r = 0,87; ICC 0,95), wenngleich nur an einer kleinen Subgruppe. Neben der US-amerikanischen HeartFlow-Software sind mittlerweile auch europäische Systeme verfügbar, etwa CorEx (Spimed AI, Frankreich) und der cFFR-Ansatz von Siemens Healthineers, die in mehreren Studien klinische Leistungsfähigkeit gezeigt haben [16] [17] [18] [19] [20].
Nach Propensity Score Matching lag der positive prädiktive Wert der FFR-CT bei 88%, deutlich höher als der der CCTA ohne FFR-CT (73%). Dies führte zu einer Reduktion von Herzkatheteruntersuchungen da Patientinnen und Patienten mit unauffälligen FFR-CT-Befunden konservativ betreut wurden. Der Stellenwert falsch negativer Befunde ließ sich anhand der vorliegenden Daten jedoch nicht klären. Ähnliche Ergebnisse wurden in großen Registern wie der NHS-Analyse mit >90000 Patienten berichtet [9].
Ein weiterer Vorteil liegt in der prognostischen Aussagekraft: In der PROMISE-Substudie war eine CT-FFR ≤0,80 ein besserer Prädiktor für Revaskularisation oder MACE als die CCTA-Stenosebeurteilung [21]. Auch ADVANCE und ADVANCE-DK bestätigten das erhöhte Risiko bei niedriger CT-FFR, unabhängig vom Koronarkalk [22] [23]. Eine Metaanalyse mit fast 5700 Patienten zeigte ebenfalls ein erhöhtes Risiko für Infarkte, Revaskularisationen und MACE bei CT-FFR ≤0,80 sowie einen kontinuierlichen Risikoanstieg mit sinkendem Wert [24].
Als Gegenargument zur FFR-CT wird häufig die Kostenfrage angeführt. Während einzelne Analysen höhere initiale Kosten beschreiben, zeigen Daten aus Systemen mit breiter Implementierung (z.B. NHS England), dass mittelfristig Einsparungen möglich sind [9]. Zwar sind die Kosten aktuell hoch und eine Kosteneffizienz gegenüber anderen nicht-invasiven Ischämietests nicht nachgewiesen [11], jedoch können direkte CT-FFR-Analysen weitere Arztkontakte reduzieren und regionale Engpässe bei alternativen Tests wie nicht-invasiver Ischämiediagnostik umgehen.
Für Deutschland könnten sich daraus folgende Implikationen ergeben: Die Aufnahme der FFR-CT in die ambulante Vergütung sollte erneut geprüft werden. Eine wissenschaftliche Begleitung dieser Prüfung ist ratsam. Eine erneute Bewertung durch den G-BA erscheint insbesondere im Hinblick auf eine patientenzentrierte, risikoangepasste und effiziente Diagnostik sinnvoll.
Limitationen
Unsere Studie weist mehrere Limitationen auf. Es handelt sich um eine retrospektive Analyse, wodurch Verzerrungen in Datenerhebung und -interpretation möglich sind. Die Zahl der Patientinnen und Patienten mit CT-FFR war mit 107 vergleichsweise gering, was die Aussagekraft insbesondere für Subgruppen einschränkt. Zudem ist die Analyse monozentrisch in einer Metropolregion durchgeführt worden, sodass die Übertragbarkeit auf andere Versorgungsstrukturen begrenzt ist. Der Vergleich mit invasiver FFR erfolgte nur in einer kleinen Subkohorte und muss mit Vorsicht interpretiert werden. Außerdem erhielten nur wenige Patienten eine invasive Referenzuntersuchung mit FFR-Messung, wodurch die Aussagekraft zur Testgüte begrenzt ist. Da aus ethischen Gründen ausschließlich pathologische FFR-CT-Befunde invasiv überprüft wurden, besteht ein potenzieller Verification Bias. Der Einfluss koronarer Kalzifikationen auf die diagnostische Genauigkeit wurde nicht systematisch berücksichtigt und könnte insbesondere die Ergebnisse der CCTA beeinflusst haben. Zudem war die FFR-CT im Untersuchungszeitraum nur für Privatversicherte oder Selbstzahler verfügbar, was eine mögliche soziale oder ökonomische Selektionsverzerrung bedingt. Trotz Propensity Score Matching können nicht alle Confounder ausgeschlossen werden. Größere, prospektive Multicenterstudien sind erforderlich, um die Ergebnisse zu bestätigen. Da die Stichprobengröße nach Propensity Score Matching begrenzt war, könnte die Studie für das Auffinden signifikanter Differenzen in den positiv prädiktiven Werten unzureichend gepowert sein.
Schlussfolgerung
Die Ambulantisierung der CCTA wurde erfolgreich umgesetzt, mit hoher Zuweisungsrate durch Kardiologinnen und Kardiologen und risikoorientierter Indikationsstellung. Die FFR-CT hat das Potenzial, den prädiktiven Wert der CCTA zu steigern und invasive Eingriffe weiter zu reduzieren. Die Integration von CT-FFR in die Routine bietet die Möglichkeit, anatomische und funktionelle Information zu verbinden und so Diagnostik, Prognose und klinische Ergebnisse nachhaltig zu verbessern.
Klinische Relevanz
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Die FFR-CT könnte die diagnostische Sicherheit in der ambulanten Versorgung steigern und invasive Eingriffe reduzieren.
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Durch die bessere Unterscheidung hämodynamisch relevanter Stenosen kann FFR-CT eine zielgerichtete Therapieentscheidung bei stabiler KHK unterstützen.
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FFR-CT scheint eine sinnvolle Ergänzung zur CCTA zu sein und könnte perspektivisch in die ambulante Regelversorgung aufgenommen werden.
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Die enge Korrelation mit der invasiven FFR bestätigt den praktischen Nutzen des Verfahrens im klinischen Alltag.
Interessenkonflikt
Die Autorinnen/Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
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Publikationsverlauf
Eingereicht: 11. September 2025
Angenommen nach Revision: 20. November 2025
Artikel online veröffentlicht:
17. Dezember 2025
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