Hüftkopfkappenprothesen sind als knochensparende Methode insbesondere bei jungen und
aktiven Patienten indiziert. Die große Kontaktfläche der Metall-Metall-Gleitpaarung
wird allerdings in Zusammenhang mit einem Anstieg der postoperativen Ionenfreisetzung
von Chrom (Cr), Kobald (Co) und Molybdenium (Mo) gebracht. Diese Abriebprodukte können
sowohl im periprothetischen Gewebe als auch u. a. über das lymphatische System in
Organen abgelagert werden und potentiell zytotoxische oder karzinogene Reaktionen
hervorrufen.
Does Ion Release Differ Between Hip Resurfacing and Metall-on-Metall THA?, CORR 2008;
466: 700-707
Studiendesign
Im Rahmen einer prospektiven Studie wurde die Hypothese, dass kein Unterschied der
Serumkonzentration von Cr, Co und Mo zwischen Patienten mit einer Metall-Metall-Hüftkopfkappenprothese
(Gruppe A; n = 20; Birmingham Hip ResurfacingTM) gegenüber Patienten mit einer 28 mm Metall-Metall-Total-Hüftendoprothese (Gruppe
B; n = 26, Metasul®) besteht, untersucht. Die Serumkonzentration wurde des Weiteren
mit einer gesunden Referenzgruppe (Gruppe C; n = 48) verglichen. Der durchschnittliche
Zeitpunkt der Nachuntersuchung lag bei 24 Monaten postoperativ. Die Patienten sind
randomisiert und nach Alter, Harris Hip Score, Länge des Follow-up und Geschlecht
abgeglichen.
Die Größe der Kontaktflächen bei Metall-Metall-Gleitpaarungen von Hüftkappen- und
Hüfttotalendoprothesen hat keinen signifikanten Einfluss auf den Ionenabrieb (Bildnachweis:
BVMed-Bilderpool; Bildquelle: Smith & Nephew).
Ergebnisse
Es wurden keine signifikanten Unterschiede in der Co, Cr und Mo Serumkonzentration
zwischen Gruppe A und B gefunden. Eine signifikant höhere Konzentration von Co, Cr
(p < 0,001) und Mo (p = 0,005) zeigte sich in Gruppe A gegenüber der Referenzgruppe
(Gruppe C). Die Cr und Co Konzentrationen in Gruppe A korrelierten (r = 0,77, p =
0,001). Eine inverse Korrelation zeigte sich zwischen dem Kopfdurchmesser und der
Co (r = -0,51, p = 0,01) und der Cr (r = -0,64, p = 0,002) Konzentration. Die Länge
des Follow-up und das Patientenalter korrelierten nicht mit der Ionenkonzentration.
Ein geschlechtsspezifischer Vergleich zeigte eine signifikant (p = 0,008) höhere Cr
Konzentration bei Frauen der Gruppe A und eine signifikant (p = 0,037) höhere Co Konzentration
bei Männern der Gruppe B.
Kommentar
Die Studie zeigt im univariaten Modell beim Vergleich der Ionenkonzentration zwischen
der Gruppe der mit Metall-Metall-Hüftkopfkappen versorgten Patienten und den mit Metall-Metall-Hüfttotalendoprothesen
versorgten Patienten keinen signifikanten Unterschied. Somit hatte die Größe der Kontaktflächen
der untersuchten Metall-Metall-Gleitpaarungen keinen signifikanten Einfluss auf den
Ionenabrieb.
Im multivariaten Modell ist allerdings ein geschlechtsspezifischer Zusammenhang ersichtlich.
Aufgrund der nachgewiesenen höhe-ren Co, Cr und Mo Ionenkonzentrationen bei Metall-Metall-Gleitpaarungen
im Vergleich zur Referenzgruppe sollten diese bei Patienten mit partieller/kompletter
Niereninsuffizienz nicht indiziert werden, zumal erhöhte Co-Ionenkonzentrationen in
Verbindung mit einem chronischem Nierenversagen stehen. Des Weiteren sollte aufgrund
der Ablagerung von Abriebprodukten in Organen und Geweben die Indikation zur Metall-Metall-Gleitpaarung
bei Frauen mit Schwangerschaftswunsch kritisch gestellt werden.
Die Methodik dieser Arbeit ist sehr gut strukturiert und die Ergebnisse weisen interessante
Aspekte auf. Wie die Autoren bereits erwähnen sind weitere Studien mit höheren Fallzahlen
erforderlich, um Grenzwerte für die Ionenkonzentrationen im Körper bestimmen zu können
und um Expositionseffekte mit klinischer Relevanz aufzuzeigen.
Dr. med. Judith Emmerich
Dr. med. Judith Emmerich
Orthopädische Klinik der Medizinischen Hochschule Hannover
Email: judith.emmerich@annastift.de