Dialyse aktuell 2008; 12(6): 336-338
DOI: 10.1055/s-0028-1089953
Fachgesellschaften

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Erstes Arzt–Patienten–Seminar – Ein gelungener Auftakt in der Charité Berlin

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Petra Hecker

1.Vorsitzende AKTX–Pflege e. V.

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Publication Date:
11 September 2008 (online)

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Ende Juni fand das erste Arzt–Patienten–Seminar unter Leitung von Prof. Petra Reinke und dem AKTX–Pflege e. V. an der Charité Berlin statt. Der große Besucherandrang zeigte wie groß der Informationsbedarf der Patienten ist. In den Vorträgen erfuhren die Nierenkranken nicht nur welche Entwicklungen momentan in der Transplantationsmedizin – generell und im chirurgischen Bereich – zu verzeichnen sind, auf dem Programm standen zudem die Themen Ernährungstherapie, Hautschutz, die psychische Auseinandersetzung mit der Transplantation und die Bedeutung sportlicher Betätigung.

Seit über 50 Jahren werden weltweit erfolgreich Organtransplantationen durchgeführt. Im Laufe der Zeit ist die Nierentransplantation ein Standardverfahren zur Behandlung des terminalen Nierenversagens geworden, die Überlebenszeit des Transplantates ist stetig gewachsen. Dies ist zum einen auf die verbesserten chirurgischen Möglichkeiten, die neuen immunsuppressiven Medikamente und das Wissen über die immunologischen Abläufe, die eine akute und chronische Schädigung des Transplantates auslösen und unterhalten, zurückzuführen.

Andererseits spielt hier aber auch die bessere Schulung und Aufklärung der betroffenen Patienten eine zunehmende Rolle. Über Patientenverbände ist eine engere Vernetzung und Kommunikation der Patienten untereinander gewährleistet.

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Das Interesse war riesengroß

Gerade in der Schulung der Patienten sehen wir als AKTX–Pflege e. V. ein wichtiges Tätigkeitsfeld. Aus diesem Grund habe ich mich sehr gefreut, dass Prof. Petra Reinke, Leiterin der Nierentransplantation am Campus Virchow–Klinikum der Charité Berlin, die Idee eines Arzt–Patienten–Seminars aufgegriffen hat und wir gemeinsam das 1. Arzt–Patienten–Seminar an unserem Campus anbieten konnten.

Am 28. Juni 2008 fand schließlich das Arzt–Patienten–Seminar an der Berliner Charité statt. Wir waren auf die übergroße Nachfrage nicht vorbereitet und entschuldigen uns für den überfüllten Hörsaal. Die über 400 Teilnehmer machten deutlich, wie groß die Nachfrage ist. Bei der nächsten Veranstaltung dieser Art werden wir dem Ansturm Rechnung tragen.

Der ärztliche Direktor und Chefarzt der Nephrologischen Klinik Campus Virchow–Klinikum Prof. Ulrich Frei und der 1. Oberarzt der Transplantationschirurgie PD Johann Pratschke begrüßten die Teilnehmer zum Seminar sehr herzlich und zeigten sich sehr beeindruckt von dem großen Interesse.

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Abb. 1 Prof. Ulrich Frei

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Neue Entwicklungen in der Transplantationsmedizin

Zunächst stellte Reinke die erfolgreiche Arbeit unseres Zentrums vor. In ihrem Vortrag ging sie auf die Frage ein: Was sind neue Entwicklungen in der Transplantationsmedizin? Dabei standen folgende Aspekte im Fokus:

  • neue immunsuppressive Protokolle

  • neue Diagnosemöglichkeiten

  • AB0–inkompatibele Lebendtransplantationen

  • europäisches Seniorenprogramm („old for old”–Transplantationen).

Sie versuchte Fragen zu beantworten wie: Brauchen wir die gleiche Immunsuppression bei allen Transplantationspatienten? Nein – wir versuchen die Immunsuppression anzupassen. So werden heute beispielsweise schon vor der Transplantation die Patienten identifiziert, die ein sehr hohes immunologisches Risiko haben. Dies können etwa Patienten sein, die schon mehrfach transplantiert worden sind.

Die AB0–inkompatible Lebendspende bietet uns heute die Möglichkeit, trotz verschiedener Blutgruppen erfolgreich zu transplantieren. Die Kombination aus speziellen neuen Medikamenten und neuartigen Blutwäscheverfahren ist ein wesentlicher Schlüssel zur erfolgreichen Transplantation.

Seit 8 Jahren gibt es das europäische Seniorenprogramm „old for old”. Erwiesenermaßen läuft dieses Programm ausgezeichnet. So arbeiten nach 8 Jahren noch 71? % der transplantierten Organe sehr gut.

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Abb. 2 Prof. Petra Reinke

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Was hat sich in der Chirurgie getan?

PD Andreas Pascher, Charité Berlin Campus Virchow–Klinikum, ging in seinem Vortrag auf die chirurgischen Entwicklungen der Nierentransplantation ein. Sehr eindrucksvoll erläuterte er die unterschiedlichen Entnahmemöglichkeiten bei der Lebendspende, zum einen die laparoskopische und zum anderen die offene Nephrektomie. Er schilderte die beiden Operationsmethoden dem Publikum anhand von eindrucksvollen Bildern. Welches Verfahren wann eingesetzt werden sollte entscheidet der Transplantationschirurg nach objektiven Kriterien.

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„Essen und Trinken hält Leib und Seele zusammen”

Nach erfolgreicher Transplantation stellen sich viele Betroffene immer wieder die Frage: Was darf ich essen? Elvira Eichler von der Müritz Klinik ging sehr ausführlich auf diese Frage ein. Die Ernährungstherapie ist die sanfteste Therapie – ganz ohne Nebenwirkungen. Selbstverständlich ist sie nur ein Teil im Gesundheitsprozess. Doch eine gesunde, ausgewogene Ernährung hilft Krankheiten zu verhindern und wichtige Abwehrstoffe wie Vitamine und Spurenelemente aufzunehmen.

Die wichtigsten Grundsätze nach Transplantation müssen sein:

  • strenge Hygienebedingungen

  • kein Grapefruitsaft

  • kein rohes Fleisch, Fisch oder Eier

  • äußerste Vorsicht bei Alkoholgenuss.

„Essen und Trinken hält Leib und Seele zusammen; Essen und Trinken soll gut tun, Genuss bereiten; Es gibt keine guten oder schlechten Lebensmittel” – all dies gilt auch, wenn eine spezielle Ernährungsform nötig wird: durch Erkrankung oder zur gezielten Prävention.

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Hautschutz nach Transplantation

Im Laufe der Jahre nach Transplantation kann es zu Hauterkrankungen bis hin zum Hauttumor kommen. Dr. Monika Hackethal von der Charité Berlin ging in ihrem Vortrag auf dieses Problem ein. Wie sie zeigen konnte, lässt sich bei einer entsprechenden Lebensweise – zum Beispiel bei Vermeidung der direkten Sonne und der Verwendung eines hohen Lichtschutzfaktors – dieses Risiko vermindern.

Patienten nach Organtransplantation sollten sich im Langzeitverlauf zudem erfahrenen Hautärzten vorstellen, um Krankheiten an der Haut früh zu erkennen und entsprechend zu behandeln. Langfristige Ziele sind:

  • das Screening Prätransplantierter

  • ein interdisziplinärer TX–Nachsorgepass/Laufzettel

  • regelmäßige Selbstuntersuchungen

  • der Ausbau dermatologischer TX–Service–Zentren und –Netzwerke.

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„Wenn Gedanken Purzelbäume schlagen”

Ilka Ahrent, Diplom–Psychologin der Müritz Klinik, versuchte die unterschiedlichen Phasen der psychischen Auseinandersetzung mit einer Transplantation aufzuzeigen. Zum einen die Zeit auf der Warteliste, die stationäre Situation und die Zeit nach Transplantation. Wie kann man mit den unterschiedlichen Situationen umgehen und sie entsprechend meistern? „Gefühlschaos: Angst”: Angst hat Signal– und Schutzfunktion und ist lebensnotwendig! Angst ist eine normale Reaktion. Doch auf's richtige Maß kommt es an.

So ist es hilfreich nähere Informationen einzuholen und dadurch die Angst zu konkretisieren (Was ängstigt mich am meisten? Wovor genau habe ich Angst?). Eine phasenweise Verdrängung/Verleugnung kann eine hilfreiche Strategie sein, um die Angst vor und nach Transplantation ertragen zu können.

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Abb. 3 Elvira Eichler

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Abb. 4 Auditorium in der Pause

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Sport ist möglich und sinnvoll

Vom Thema Sport und der Belastung nach Transplantation berichtete Hartwig Gauder, Erfurt. Sein eigener Lebenslauf zeigt, wie Sport auch in sehr schwierigen Situationen helfen kann. Bewegungsmangel ist ein Trend unserer Zeit, dabei wissen wir heute längst, dass Sport und Bewegung hilft, Krankheiten vorzubeugen. Nach erfolgreicher Transplantation ist es wichtig, das richtige Maß zu finden. Gauder stellte das Walking vor: es setzt an der Alltagsmotorik an, spricht eine breite Zielgruppe an, es ist präventiv wirksam, kommunikativ und außerdem tritt hierbei keine Überbelastung auf.

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Reger Austausch zeigt Informationsbedarf auf

Während des ganzen Tages hatten die Patienten die Möglichkeit, Fragen zu stellen – ein Angebot, das sehr gut angenommen wurde. Auch in den Pausen nutzten die Teilnehmer die Möglichkeit, individuelle Fragen los zu werden. In der abschließenden Podiumsdiskussion stellten sich noch einmal alle Referenten den Fragen des Publikums. Gerade hier zeigte sich, wie wichtig solche Veranstaltungen sind, um sich Informationen einzuholen. Die Teilnehmer waren am Ende des Tages sehr zufrieden und fragten gleich nach weiteren Veranstaltungen.

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Petra Hecker

1.Vorsitzende AKTX–Pflege e. V.

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Petra Hecker

1.Vorsitzende AKTX–Pflege e. V.

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Abb. 1 Prof. Ulrich Frei

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Abb. 2 Prof. Petra Reinke

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Abb. 3 Elvira Eichler

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Abb. 4 Auditorium in der Pause