Pneumologie 2008; 62(10): 581
DOI: 10.1055/s-0028-1098050
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Allergologie - Hyposensibilisierung: Sind lokale Reaktionen Prädiktoren für systemische?

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Publication Date:
27 October 2008 (online)

 
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Die subkutane Immuntherapie hat einen festen Platz in der Behandlung der allergischen Rhinitis, des allergischen Asthma bronchiale und der Insektengiftallergie. Seit der Einführung von Therapierichtlinien sind Nebenwirkungen seltener und der Therapieerfolg sicherer geworden. S. R. Roy von der University of Mississippi haben in einer Studie untersucht, ob lokale Reaktionen eine Vorhersage von systemischen Reaktionen erlauben. Ann Allergy Asthma Immunol 2007; 99: 82–86

Starke lokale Nebenwirkungen sind durch Schwellung, Rötung und Juckreiz an der Injektionsstelle gekennzeichnet, systemische durch eine Symptomatik fern der Injektionsstelle wie generalisierte Rötung, Urtikaria, Ödeme, Symptome an den oberen und unteren Atemwegen, insbesondere Asthma, Hypotonie und im Extremfall anaphylaktischer Schock. Tödliche Anaphylaxien sind selten, etwa einmal auf 1,5 Mio. Injektionen. Nicht fatale systemische Reaktionen werden mit einer Häufigkeit von etwa 0,1 % der Injektionen angegeben. Bei Schnellhyposensibilisierungen ist die Rate systemischer Nebenreaktionen höher.

Inwieweit überstarke lokale Nebenreaktionen prämonitorisch für systemische Reaktionen bei den nachfolgenden Injektionen sind, wird bisher unterschiedlich beantwortet. Um diese Frage zu klären, arbeiteten 41 nordamerikanische Ärzte eines Allergieverbundes über 2 Jahre zusammen. Sie dokumentierten über 1,1 Mio. wässrige Allergenvakzine-Injektionen. Dabei wurden bei 258 Patienten 283 systemische Reaktionen registriert, was einer Rate von 0,025 % aller Injektionen entspricht. Betroffen waren doppelt so viele Frauen wie Männer, Jüngere deutlich häufiger als Ältere. Im Verlauf der Hyposensibilisierung war es bei den Patienten mit systemischen Reaktionen zuvor in 19,5% der Fälle zu überstarken Lokalreaktionen gekommen, bei der Kontrollgruppe waren es 5,3%. Traten bei einem Patienten mehrfach überstarke Lokalreaktionen auf, so war dieser bezüglich systemischer Nebenreaktionen stärker gefährdet.

Die retrograde Auswertung der Studie lässt nur den Schluss zu, dass systemisch Reagierende signifikant, nämlich etwa 4-mal häufiger, vor der auslösenden Injektion eine oder mehrere überstarke lokale Reaktionen aufweisen. Die klinische Erfahrung einschließend ist die Interpretation erlaubt, überstarke lokale Reaktionen bei Fortführung der Hyposensibilisierung prämonitorisch für systemischer Reaktionen anzusehen.

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Bewertung

Die Autoren wiesen nach, dass Patienten mit überstarker Lokalreaktion im Verlauf einer Hyposensibilisierung mit einem wässrigen Extrakt gehäuft zu systemischen Reaktionen neigen, was den Therapeuten zur Vorsicht mahnen sollte. Etwa indem er die Allergendosis reduziert, danach in kleineren Schritten steigert und gegebenenfalls eine geringere Höchstdosis wählt. Diese Studie wurde nicht mit den in Europa üblichen Depot-Extrakten durchgeführt, welche als nebenwirkungsärmer und somit als sicherer gelten. Es ist aber wahrscheinlich, dass diese Erkenntnisse auf die bei uns verwendeten Depot-Extrakte übertragen werden können.

Dr. Dieter Bruchhausen, Wuppertal