Dialyse aktuell 2008; 12(7): 448
DOI: 10.1055/s-0028-1100480
Markt und Forschung

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart ˙ New York

Anämietherapie - Biosimilar von Erythropoetin alfa eröffnet neue Chancen

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Publication Date:
22 October 2008 (online)

 
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Im Herbst vergangenen Jahres kam weltweit das 1. Biosimilar eines die erythropoesestimulierenden Wirkstoffes (ESA) auf den Markt. Ein umfangreiches klinisches Studienprogramm belegte zuvor die Gleichwertigkeit des Epoetin alfa-Biosimilars zum Referenzprodukt.

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Aufwendige Entwicklung und Herstellung

Die Entwicklung des Biosimilars HX575 (Binocrit®/Epoetin alfa HEXAL®) hat fast 10 Jahre gedauert. Denn die Herstellung einer Kopie eines rekombinanten Arzneimittels, das in lebenden Zelllinien produziert wird, ist besonders aufwendig. Zudem müssen Biosimilars - anders als Generika - für die Zulassung durch die Europäische Arzneimittelagentur (EMEA) das komplette klinische Studienprogramm durchlaufen. "Jedes biotechnologisch hergestellte Arzneimittel ist einzigartig, es gibt kein Biogenerikum", erklärte Prof. Huub Schellekens, Utrecht (Niederlande).

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Umfangreiche klinische Studien

Dr. Andrea Vetter vom Unternehmen Hexal in Holzkirchen, das zur Sandoz-Gruppe gehört, stellte 2 Phase-I-Studien vor, die die pharmakokinetische und -dynamische Bioäquivalenz belegt haben. Gesunde Freiwillige erhielten über jeweils 4 Wochen 3-mal wöchentlich subkutan (s. c.) und intravenös (i. v.) 100 Einheiten Epoetin alfa pro kg Körpergewicht. Weder bei den EPO-Serumkonzentrationen noch beim Anstieg der Hämoglobinkonzentrationen (Hämoglobin: Hb) gab es Unterschiede zwischen dem Biosimilar und dem Referenzprodukt.

Zwei Phase-III-Studien belegen die klinische Wirksamkeit. In einer Studie wurden über 28 Wochen 207 Dialysepatienten mit renaler Anämie i. v. mit dem Biosimilar und 118 i. v. mit dem Referenzprodukt behandelt. Alle Patienten waren mit dem Referenzprodukt vorbehandelt. Während des gesamten Behandlungszeitraums blieben die Hb-Werte laut Vetter bei gleichbleibenden Dosierungen in beiden Gruppen konstant. Anschließend wurden insgesamt 317 Patienten über weitere 28 Wochen aus beiden Gruppen offen mit dem Biosimilar weiterbehandelt. Die Hb-Werte blieben langfristig stabil, und Nebenwirkungen traten bei beiden Präparaten gleich häufig auf, berichtete Vetter. Es wurden weder Anti-Epoetin-Antikörper nachgewiesen, noch wurden klinische Zeichen einer Erythroblastopenie ("Pure Red Cell Aplasia", PRCA) mit raschem Abfall der Hb-Werte beobachtet.

In der 2. Studie wurden 94 Tumorpatienten mit chemotherapieassoziierter Anämie über 3 Monate mit Epoetin alfa behandelt: 60 Probanden erhielten das Biosimilar und 34 das Referenzprodukt (jeweils 150 Einheiten pro kg Körpergewicht 3-mal wöchentlich s. c.). In beiden Gruppen stiegen die Hb-Werte unter der Therapie von anfangs etwa 9 auf knapp 11 g/dl. Die therapeutische Wirksamkeit der beiden Präparate sei äquivalent und das Sicherheitsprofil in beiden Gruppen gut, sagte Vetter.

Die Sicherheit eines zugelassenen EPO-Biosimilars entspricht der des Referenzprodukts, betonte Prof. Nicole Casadevall, Paris (Frankreich). Dies gilt auch für das Risiko der sehr seltenen antikörpervermittelten PRCA, die bei einer Therapie mit rekombinanten Epoetinen auftreten können. Seit 1998 sind insgesamt etwa 200 Fälle registriert worden - alle nach subkutaner Anwendung, und die meisten zwischen 1999 und 2003 nach einer Änderung der Formulierung von Epoetin alfa außerhalb der USA. Kommt es zu einer solchen Komplikation, ist ein sofortiger Stopp der Therapie indiziert.

Roland Fath, Frankfurt am Main

Quelle: Satellitensymposium "New opportunities in anaemia therapy: development of the world's first biosimilar ESA", im Rahmen des Kongresses der "European Renal Association - European Dialysis and Transplant Association" (ERA-EDTA) in Stockholm, veranstaltet von der Sandoz Pharmaceuticals GmbH, Holzkirchen