Bei vielen Männern kann man das metabolische Syndrom als Risikofaktor für eine Reihe
von Erkrankungen schon per Blickdiagnose erahnen. Hinter dem Symptomkomplex aus Übergewicht,
Bluthochdruck, erhöhten Lipidspiegeln und Blutzuckerwerten könnte sich ein behandelbarer
Testosteronmangel verbergen. Die beim metabolischen Syndrom sichtbare "Strandperle",
d. h. der erhöhte Bauchumfang und die häufig auftretenden Erektionsstörungen, sind
Alarmzeichen, die ernst genommen und umfassend behandelt werden sollten.
Männer gehen ungern zum Arzt, ignorieren Krankheitssymptome und machen auch wesentlich
seltener Termine für Vorsorgeuntersuchungen als Frauen. Hier ist ein erhöhter Bauchumfang,
die männliche "Strandperle", nicht nur der Einstieg in ein eingehendes Gespräch über
mögliche Probleme, sondern auch ein Alarmzeichen. So öffnen auch Beschwerden wie die
erektile Dysfunktion (ED) ein Fenster zur Männergesundheit, weil die ED ein Indikator
für Hypertonie, Gefäßerkrankungen oder Diabetes sein kann.
Das kardiometabolische Bermudadreieck
Das kardiometabolische Bermudadreieck
Grundlage der Strategie, die Diagnostik und Therapie von erektiler Dysfunktion und
Testosteronmangel in ein ganzheitliches Konzept der Männergesundheit einzubetten,
ist der Zusammenhang zwischen metabolischem Syndrom und Testosteronmangel, die sich
gegenseitig bedingen und verstärken können. Alle Komponenten des metabolischen Syndroms
wie Hypertonie, Dyslipidämie, Diabetes oder Übergewicht sind Grunderkrankungen mit
erhöhtem ED-Risiko. Da auch der Testosteronmangel mit ED einhergeht, schließt sich
das Dreieck.
Am Beispiel eines Patienten erläuterte der Endokrinologe und Diabetologe Professor
Armin Heufelder aus München, dass besonders Männer im mittleren Alter neben psychischen
Symptomen wie Reizbarkeit, Konzentrationsproblemen und Gedächtnisschwäche häufig auch
körperliche Symptome zeigen. Dazu gehören etwa Müdigkeit, Muskel- und Gelenkbeschwerden
und nachlassende Muskelkraft, und insgesamt führt dies zu einer verminderten Leistungsfähigkeit
und eingeschränkten Lebensqualität. Hinter all diesen Symptomen kann sich ein Testosteronmangel
verbergen. Bei sinkenden Testosteronspiegeln beobachtet man eine graduelle Zunahme
der Beschwerden, die jedoch nicht bei allen Männern gleich ausfalle, so Heufelder.
Testosteronspiegel und Bauchumfang
Testosteronspiegel und Bauchumfang
Gerade das bauchbetonte Körperfett ist mit vielen kardiovaskulären Risikofaktoren
und Begleiterkrankungen gekoppelt. Das viszerale Fettgewebe ist metabolisch hochaktiv;
hier werden eine Reihe von Hormonen und Zytokinen synthetisiert. Unter anderem wird
auch die Insulinausschüttung stimuliert, was wiederum die Testosteronspiegel beeinflusst.
"Das Testosteron geht in die Knie, weil man zu viel Bauchfett angesammelt hat", so
Heufelder. In der Praxis zeige sich auch häufig, dass Menschen mit hohen Insulinspiegeln
kaum abnehmen, weil sie in dieser "Insulinfalle" kaum eine Chance dazu haben. Je mehr
Komponenten des metabolischen Syndroms Männer mit Sexualfunktionsstörungen zeigen,
desto niedriger fallen ihre Testosteronspiegel aus. "Der Testosteronmangel wird um
so schlimmer, je mehr der Stoffwechsel entgleist", resümierte Heufelder. "Etwa ein
Drittel der Diabetiker zeigt einen Testosteronmangel, bei fortgeschrittenem Diabetes
sogar bis zu zwei Dritteln." Bei übergewichtigen Männern habe sich der freie Androgenindex,
das Verhältnis von Gesamttestosteron zu SHBG, als bester Anhaltspunkt für einen Testosteronmangel
erwiesen. Normalwerte liegen hier über 45 %.
Testosteron ergänzt Basismaßnahmen beim metabolischen Syndrom
Testosteron ergänzt Basismaßnahmen beim metabolischen Syndrom
Regelmäßiges körperliches Training und eine Gewichtsabnahme sind die wichtigsten Ansatzpunkte,
mit denen Blutdruck, Insulinresistenz und Hyperinsulinämie gesenkt werden können.
Mit einer Bestimmung der Testosteronspiegel kann man abklären, ob dem Symptomkomplex
ein Hormonmangel zugrunde liegt. Testosteron kann hier langfristig den Abbau der Fettmasse
unterstützen. In der Europäischen Testogel®-Studie zeigten Teilnehmer mit altersbedingtem
Testosteronmangel unabhängig vom Alter und vom Ausgangswert bei einer Testosteronsubstitution
eine deutlich bessere Abnahme des Körperfetts als die Placebogruppe.
In einer Pilotstudie mit 32 frisch diagnostizierten Typ-2-Diabetikern verglich Heufelder,
wie sich Ernährungsberatung und Training im Vergleich zu Veränderungen im Lebensstil
plus Testosteron auswirkten. Nach einem Jahr sank der Bauchumfang in der Kontrollgruppe
um 6,7 cm, bei ergänzender Testosteron-Gabe hingegen um 14,6 cm auf 93,3 cm und damit
unter die von der Internationalen Diabetes Föderation empfohlenen IDF-Zielwerte. Auch
die Langzeitblutzuckerwerte besserten sich nach einem Jahr und sanken auf einen HbA1c-Wert von 6,3 unterhalb der IDF-Zielwerte (Abb. [1]). Heufelder betonte, dass diese Effekte ohne zusätzliche Medikation, rein mit Lebensstilveränderungen
und einem Ausgleich des Testosteronmangels zustande kommen.
Abb. 1 Testosterongabe senkt HbA1c bei frisch diagnostizierten Diabetikern noch deutlicher ab als Ernährung und Bewegung
alleine.
"Bei Testosteronmangel ist der Ausgleich des Hormondefizits keine Frage von Wellness
und keine Anti-Aging-Maßnahme, sondern eine fundamentale Maßnahme, um den Patienten
zu ermöglichen, Fett abzubauen und Muskelmasse aufzubauen, die Insulinsensitivität
und andere Faktoren des metabolischen Syndroms zu verbessern", fasste Heufelder zusammen.
Blick über die Mauer des Schweigens
Blick über die Mauer des Schweigens
Das metabolische Syndrom und der mögliche Testosteronmangel sollten auch für die Frage
nach einer erektilen Dysfunktion sensibilisieren. Denn nach Schätzungen ist jeder
fünfte Mann einmal in seinem Leben von ED betroffen und für die meisten Männer ist
dies immer noch ein Tabuthema. In Deutschland wären das zwischen 4 und 6 Millionen
Männer, von denen jedoch nur 15 % bis 20 % behandelt werden. Neben psychogenen Faktoren
gibt es eine Reihe organischer Ursachen. Diese sind bei etwa 70 % der Fälle für Erektionsstörungen
verantwortlich, erläuterte Dr. Kornelia Hackl, niedergelassene Fachärztin für Urologie
und Andrologie in München. Das metabolische Syndrom stellt einen wichtigen Risikofaktor
für die erektile Dysfunktion (ED) dar. Komponenten wie Rauchen, Hypertonie, Diabetes,
Dyslipidämie und Adipositas führen zu einer Gefäßschädigung, die als endotheliale
Dysfunktion und Arteriosklerose häufig Vorstufen kardiovaskulärer Ereignisse sind.
ED als "kleiner Herzkatheter"
ED als "kleiner Herzkatheter"
"Die ED kann ein erstes Anzeichen einer generalisierten ubiquitären Gefäßerkrankung
und damit auch einer KHK sein", warnte Hackl. Am Penis manifestieren sich Gefäßveränderungen
schon früh als ED, die im Bereich des Herzen als koronare Herzerkrankung auftreten.
Auch viele Diabetiker nehmen eine ED noch vor pathologischen Blutzuckermessungen wahr.
Man beobachtet hier eine enge Korrelation zwischen dem Schweregrad der ED und dem
Schweregrad der KHK. "Die ED ist das erste apokalyptische Zeichen, ein Frühsymptom,
ein Warnsignal, das ernst zu nehmen ist, weil sich dahinter eine generalisierte Gefäßerkrankung
erstmals manifestiert hat", so Hackl. Die ED kann der KHK um bis zu 2 Jahre vorausgehen.
Deshalb sei es so elementar, die ED zu diagnostizieren und als Symptom einer bisher
unerkannten Grunderkrankung zu hinterfragen.
Wirksame Therapie mit Vardenafil
Wirksame Therapie mit Vardenafil
In der Therapie der ED gelten die PDE-5-Hemmer inzwischen als Goldstandard. Sie unterscheiden
sich in ihrer Pharmakokinetik in der Anflutung und der Halbwertszeit. Unter den 3
am Markt erhältlichen PDE-5-Hemmern zeigt Vardenafil (Levitra®) den schnellsten Wirkeintritt:
bei einigen Männern ist bereits 10 Minuten nach Einnahme die maximale Plasmakonzentration
erreicht, im Allgemeinen nach 25 Minuten, wobei die Wirkdauer bis zu 12 Stunden betragen
kann.
In einer im Frühjahr auf dem Europäischen Urologenkongress in Mailand vorgestellten
internationalen Studie zeigte sich, dass der PDE-5-Hemmer Vardenafil auch bei Männern
mit Lipidstörungen wirksam und sicher eingesetzt werden kann. Bei 386 ED-Patienten,
die mindestens einen Lipidsenker einnahmen, verbesserte Vardenafil die erektile Funktion
und bewies damit seine Wirksamkeit (Abb. [2]). Als Endpunkt wurde hier nicht nur eine erfolgreiche Erektion gewertet, sondern
als härteres Kriterium musste die Frage nach einer lustvollen Erektion und einem erfolgreichen
Geschlechtsverkehr bejaht werden (SEP-3-Frage). Nebenwirkungen wie Kopfschmerzen oder
der einem leichten Erröten ähnlichen "Flush" sind laut Hackl moderat und zeitlich
limitiert. Zu den Kontraindikationen zählen die Einnahme von Nitraten und NO-Donatoren,
ein kürzlich erlittener Herzinfarkt oder Schlaganfall (binnen 6 Monaten), eine instabile
Angina pectoris oder Hypotonie mit Kollapsneigung. Herzinfarkt und Schlaganfall sind
keine prinzipiellen Kontraindikationen, was bei Unsicherheiten mit dem Internisten
oder Kardiologen abgeklärt werden sollte.
Abb. 2 Vardenafil bei ED-Patienten mit Dyslipidämie.
ED und Testosteronmangel
ED und Testosteronmangel
Testosteronmangel ist eine der möglichen Ursachen von ED, so dass man hier bei einer
Testosteronsubstitution auch Effekte auf die ED sehen kann. Durch die Gabe von Testosteron
steigt die Libido, die sexuelle Erregbarkeit wird verbessert. Unter der Einnahme von
Testosteron kann mit einer besseren Reaktivität der Schwellkörper auch ein verbessertes
Ansprechen auf PDE-5-Hemmer beobachtet werden. "Bei Non-Respondern kann, unter der
Maßgabe eines Testosteronmangels, durch die Testosterongabe und ein damit wieder ausgeglichenes
Hormonmilieu eine Konversion zu Respondern auftreten" meint Hackl und empfiehlt bei
diesen Patienten das Bestimmen der Testosteronspiegel und eine entsprechende Substitution.
Bei Testosteronmangel und ED können also beide Varianten auftreten: Bei hypogonadalen
Patienten zeigen PDE-5-Hemmer oft eine unzureichende Wirkung, so dass eine zusätzliche
Testosteronsubstitution erforderlich ist. Genauso reicht in der Praxis bei einigen
Patienten Testosteron allein nicht aus, um die ED zu beseitigen, so dass hier die
zusätzliche Gabe von PDE-5-Hemmern erforderlich ist.
Martina Freyer
Quelle: Pressegespräch der Bayer Vital GmbH: "Wenn die männliche ‚Strandperle' immer
weiter wächst. Testosteronmangel, erektile Dysfunktion und metabolisches Syndrom -
Zusammenhänge und Behandlungsmöglichkeiten", 12. Juni 2008 in München