manuelletherapie 2009; 13(2): 45-46
DOI: 10.1055/s-0028-1109401
Editorial

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Interview mit Barbara Rau

J. Saner-Bissig1
  • 1ZHAW, CH-Zürich
Further Information

Publication History

Publication Date:
28 April 2009 (online)

J.S-B.: Im Namen der Herausgeber und Leser der manuelletherapie gratuliere ich Ihnen zu Ihrer Ernennung zum Mitglied des International Scientific Committee (ISC) des nächsten WCPT-Kongresses in Amsterdam im Jahr 2011.

Könnten Sie kurz Ihren beruflichen Werdegang und Ihren gegenwärtigen Verantwortlichkeitsbereich beschreiben?

B. R.: 1991 machte ich meinen Abschluss als Physiotherapeutin an der Physiotherapieschule in Genf in der Schweiz. Seit damals war meine Karriere im Wesentlichen auf 3 Aspekte ausgerichtet: im Bereich der Neuroedukation die Arbeit im Krankenhaus und die private klinische Praxis, Projektkoordinatorin humanitäre Rehabilitation und die Unterrichtstätigkeit. Außerdem nehme ich an Forschungsprojekten teil. Meine gegenwärtige Position ist Professorin für Physiotherapie an der University of Applied Sciences of Western Switzerland (HECVSanté).

J.S-B.: Welche sind Ihre Aufgaben als Mitglied des Komitees?

B. R.: Meine Hauptaufgabe ist die Teilnahme an folgenden Aktivitäten:

die Linie des wissenschaftlichen Programms so festlegen, dass hohe Standards eingehalten werden; Review und Planung des wissenschaftlichen Programms; Review der verschiedenen Session-Formate, Call for papers, Richtlinien für Referenten; Planung der Programminhalte, um diversen internationalen Bedürfnissen gerecht zu werden; Bildung von Subkomitees, damit die oben genannten Aufgaben erledigt werden können; Berichte verfassen (z. B. WCPT-ISC-Manual 2008).

J.S-B.: Welche sind Ihre persönlichen Motive für Ihr Engagement?

B. R.: Meine wichtigste Motivation war, mich einer neuen Herausforderung zu stellen, die es mir ermöglicht, unterschiedliche Interessen und Fertigkeiten einzubringen: Erfahrungen mit kultureller Vielfalt, unterschiedliche Perspektiven der physiotherapeutischen Praxis, Erwerb neuer Kenntnisse und Zusammenarbeit innerhalb eines internationalen Projekts. Andere Motive waren der Wunsch, an der Weiterentwicklung unseres Berufs mitzuwirken und den „Durchschnittsphysiotherapeuten” zu repräsentieren. Schließlich hat ebenfalls zu meiner Entscheidung beigetragen, dass ich mit großer Freude an den letzten 3 WCPT-Kongressen teilgenommen hatte (Yokohama, Barcelona, Vancouver).

J.S-B.: Welche sind die ersten Aktivitäten des Komitees?

B. R.: Das Komitee wurde im Mai 2008 aus Mitgliedern aus Großbritannien, den Niederlanden, Taiwan, Südafrika, Kanada und der Schweiz gebildet. Eine Priorität war daher die Errichtung eines praktischen, effektiven und effizienten Kommunikationssystems ebenso wie das gegenseitige Kennenlernen. Einige von uns sind neu in diesem Projekt. Die ersten Schritte bestanden darin, uns mit der ISC/WCPT-Büroorganisation vertraut zu machen, die existierenden Berichte der World Physical Therapy (WPT) zu reviewen und den Zeitplan für WCPT 2011 festzulegen. Wir werteten Umfragen aus, um die Meinungsäußerungen von WCPT-Mitgliedsorganisationen, Untergruppen und einzelnen Physiotherapeuten zu sammeln. Schließlich begannen wir damit, uns Gedanken über die Session-Formate zu machen und veranstalteten ein Brainstorming über innovative Ideen, die Teilnehmer aus allen möglichen Bereichen anziehen sollen.

J.S-B.: Hat WCPT bereits über den Titel bzw. die Schlüsselaspekte des Kongresses entschieden? Wird er sich hinsichtlich der Organisation stark vom letzten Kongress unterscheiden?

B. R.: Wie auch auf der WCPT-Website zu lesen ist, bleibt es bei dem Titel Moving Physical Therapy Forward, da er nach wie vor gut den Schwerpunkt des Kongresses und des gesamten Berufsstands repräsentiert. Das Gesamtformat der WCPT-Konferenz 2011 bleibt unverändert, mit verschiedenen Sessionarten (z. B. Schwerpunktsymposien, Forschungsplattformen/Poster oder Workshops), da sie offensichtlich das Interesse der meisten Teilnehmer wecken. Über eine gute Mischung aus unterschiedlichen Sessionarten muss noch entschieden werden, um den Interessen von Klinikern und Forschern gerecht zu werden.

J.S-B.: Glauben Sie, dass die Tatsache, dass der nächste Kongress in Europa stattfinden wird, eine große Chance für die europäische physiotherapeutische Gemeinschaft darstellt?

B. R.: Es ist sicherlich eine zusätzliche Motivation für mehr europäische Physiotherapeuten, am WCPT-Kongress teilzunehmen, da Amsterdam problemlos und kostengünstig mit dem Flugzeug erreichbar ist. Ich hoffe, die europäischen Physiotherapeuten sind daran interessiert, Kollegen aus aller Welt kennenzulernen und sich mit ihnen über unseren Beruf auszutauschen. Last but not least, haben die niederländischen Physiotherapeuten den Ruf, freundlich zu sein und eine interessante Kultur zu haben –, beides weitere Gründe, Amsterdam einen Besuch abzustatten. Ich glaube, die Teilnahme an einem solchen Event kann auf jeden Fall den Horizont erweitern und als Katalysator für die Entwicklung der eigenen Praxis dienen (ich persönlich erhielt auf einem solchen Kongress den Anstoß dazu, eine Master-Ausbildung zu beginnen).

J.S-B.: Was würden Sie einem unerfahrenen Physiotherapeuten empfehlen, der auf dem Kongress etwas präsentieren/vortragen möchte? Wie sieht der Zeitrahmen aus?

B. R.: Ich würde empfehlen, sich so früh wie möglich auf ein bestimmtes Thema festzulegen (z. B. aus dem eigenen Fachbereich) und mit einem Mentor oder einem erfahrenen Kollegen zusammen ein interessantes Projekt durchzuführen. Für eine erste Präsentation ist es nicht erforderlich, eine wichtige Studie mit vielen Probanden zu planen; z. B. kann schon eine interessante Fallstudie über einen oder mehrere Einzelfälle eine Herausforderung darstellen. Wenn der Betreffende über einige methodologische Kenntnisse verfügt, könnte er auch einen systematischen Review durchführen, der keine Patienten erfordert. Schließlich besteht immer auch die Möglichkeit, in einem Abstract über eine spezifische berufliche Erfahrung oder die Entwicklung einer Dienstleistung zu berichten. Das Einreichen eines Abstracts ist auch eine lohnenswerte Lernerfahrung. Einige Physiotherapie-Organisationen helfen ihren jungen Forschern dabei, ein Projekt aufzubauen. Die Deadline für Abstracts wird wahrscheinlich Ende 2010 sein; Interessenten sollten jedoch regelmäßig auf der WCPT-Website nachsehen oder sich in die Mailingliste des WCPT eintragen lassen, um Updates zu erhalten.

J.S-B.: Wie waren die Beiträge auf den letzten Kongressen aus den deutschsprachigen Ländern Europas? Erwarten Sie dieses Mal eine höhere Zahl an Beiträgen? Stellt die Sprache ein Problem dar? Gibt es andere Probleme mit Präsentationen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz?

B. R.: Beim WCPT 2007 kamen ungefähr 8 Beiträge aus der Schweiz, 1 aus Deutschland und keiner aus Österreich. Da wir in unserem Beruf immer stärker mit englischsprachiger Fachliteratur konfrontiert werden (z. B. durch die Anwendung evidenzbasierter Praxis), gehe ich davon aus, dass mehr deutschsprachige Physiotherapeuten immer besser in der Lage sein werden, an einem englischsprachigen Wissenschaftsprogramm teilzunehmen oder einen Vortrag auf Englisch zu halten. Ich persönlich erwarte keine spezifischen Probleme mit den deutschsprachigen Vertretern; der WCPT 2011 könnte eine weitere Gelegenheit darstellen, sich „außerhalb von Landes- und Sprachgrenzen” zu begegnen.

J.S-B.: Welchen Beitrag können wir als Vortragende ebenso wie Teilnehmer zum Kongress leisten?

B. R.: Die beste Form der Unterstützung besteht darin, aktiv für den WCPT 2011 zu werben; erinnern Sie Ihre Leser an die verschiedenen Deadlines während der Weiterentwicklung des wissenschaftlichen Kongressprogramms. Dieses Interview ist schon ein erster konkreter Schritt! Ich habe folgende Vorschläge: Ihre Zeitschrift könnte eine Art wissenschaftliche Unterstützung leisten, indem sie über die Richtlinien für das Schreiben und Veröffentlichen von Abstracts informiert. Falls finanzielle Fördermittel zur Verfügung stehen, könnte Studenten, Klinikern oder Ausbildern eine Eintrittskarte als Belohnung für zusammenfassende Artikel des WCPT-Kongresses 2011 angeboten werden. Vor allem sollten die Leser der manuelletherapie daran erinnert werden, regelmäßig die WCPT-Website aufzurufen: www.wcpt.org/congress.

J.S-B.: Vielen Dank für das Gespräch!

Jeannette Saner-Bissig

MSc dipPT, dip MT, dip MDT, Dozentin Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften ZHAW

Dällikerstr. 35

8105 Regensdorf

Schweiz

Email: jcsaner@bluewin.ch

    >