Diabetes aktuell 2008; 6(6): 244
DOI: 10.1055/s-0028-1112235
Magazin

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart ˙ New York

Sächsisches Diabetesmodell - Alternative zu Disease-Management-Programm

Further Information

Publication History

Publication Date:
24 December 2008 (online)

 
Table of Contents

Das in den Jahren 2000-2002 in Sachsen praktizierte Diabetes-Management-Programm (SDMP) hat nachweislich zu einem besseren Gesundheitszustand von Diabetikern geführt. Das SDMP war damit ein innovativer Weg, um die Diabetes-Versorgung kontinuierlich und landesweit zu verbessern, heißt es in einer Untersuchung des Institutes für Medizinische Informatik und Biometrie (IMIB) der TU Dresden. "Mit dem Programm ließen sich die mittleren HbA1C- und Blutdruckwerte kontinuierlich über die Zeit in einem ganzen Land senken", sagt Studienleiterin Dr. Ulrike Rothe. Die Ergebnisse der Evaluation wurden in der Zeitschrift Diabetes Care veröffentlicht.

Entscheidend für den Erfolg war nach Ansicht der Autoren die Diskussion der Ergebnisse in Qualitätszirkeln, an denen sich außer Hausärzten auch diabetische Schwerpunktpraxen (DSP) beteiligt haben. "Diese kollektive Debatte half, Barrieren zwischen den Versorgungsebenen niederzureißen und ein System gegenseitiger Unterstützung zu etablieren", sagt Rothe. Die Wissenschaftler, die das SDMP begleitet haben, schlussfolgern, dass nur integrierte Versorgungsstrukturen mit einem Qualitätsmanagement erfolgreich sein können.

#

Enge Kooperation zwischen Hausärzten und Spezialisten

Dem SDMP lag ein arbeitsteiliges Prinzip zugrunde: Die Hausärzte hatten die Auflage, die Patienten an eine Diabe-tes-Schwerpunktpraxis zu überweisen, wenn sich die Einstellung der Blutzucker- und Blutdruckwerte binnen 2 Quartalen nicht besserte. Die Schwerpunktpraxen wiederum mussten spätestens nach 3 Quartalen die Behandlung wieder an den Hausarzt zurückgeben. Am Programm nahmen in Sachsen alle DSP, 75 % der Hausärzte und 291 771 Patienten teil. Mehr als 90 % aller Diabetiker wurden erfasst. Bei der Gruppe A verglichen die Wissenschaftler mehrere quartalsweise Querschnittsuntersuchungen im Beobachtungszeitraum. Eine Kohorte von 105 204 Patienten (Gruppe B) konnte zudem während der gesamten 3 Jahre betrachtet werden (Längsschnittstudie).

Eines der ersten Ergebnisse war, dass Patienten früher in eine DSP kamen. Erfolgte dies zu Beginn bei einem medianen HbA1C-Wert von 8,5 %, geschah das am Ende des Programms bei einem HbA1C-Wert von 7,5 %. Bis Studienende erreichten 78 % der Gruppe B HbA1C -Werte unter 7,5 %. Zu Beginn des Programms lagen nur 69 % und in einem Vergleichszeitraum 1994-1996 sogar nur 47 % unter diesem Wert. Mehr als jeder zweite Patient (54 %) der Gruppe B reduzierte während der Laufzeit des Programms seinen Wert sogar unter 6,5 %, den Zielwert der Leitlinien. Vor Programmbeginn lagen nur 39 % der Patienten unter diesem Wert. Auch der Blutdruck besserte sich bei den meisten Diabetikern. Wies anfangs jeder zweite Patient Werte unter 140/90 mmHg auf, waren es am Ende 61 %. Die Zahl der ineffektiv behandelten Patienten halbierte sich. Regionale Differenzen, die zuvor bestanden, konnten weitgehend ausgeglichen werden. Das Programm verbesserte zudem die Langzeit-Compliance der Patienten.

"Während Sachsen international wissenschaftliche Anerkennung vorweisen kann, bleibt das aufoktroyierte Nachfolgermodell DMP einen fundierten Nachweis über die Wirksamkeit schuldig", kommentiert die Leiterin der sächsischen Landesvertretung der Techniker Krankenkasse, Simone Hartmann, die Resultate. "Außer bloßen Einschätzungen existiert nichts, was die behauptete höhere Qualität des DMP im Vergleich zur sächsischen Diabetikerbetreuung belegt", sagt Hartmann.

Zoom Image

Bild: Medizin&Gesundheit

#

Kosten des DMP sind deutlich höher als beim Vorläufer

Die dünne Datenlage des Nachfolgemodells lege den Schluss nahe, dass sich seit Einführung des DMP Behandlungsergebnisse in Sachsen wieder verschlechterten. Auffällig sind vor allem die zusätzlichen Kosten des DMP im Vergleich zum sächsischen Modell. Die Kasse gab in Sachsen im Jahr 2002 für das SDMP 1 500 Euro für Verwaltungskosten und 207 000 Euro für Arzt-Honorare aus. Nach Start des DMP stiegen die Kosten im Jahr 2004 auf 50 000 Euro für Verwaltungskosten und 390 000 Euro für Honorare.

Katlen Trautmann

 
Zoom Image

Bild: Medizin&Gesundheit