Am 7. und 8. November 2008 fand in Tübingen das Jahrestreffen der AG Malaria der Paul-Ehrlich-Gesellschaft
in Zusammenarbeit mit der DTG statt. Das Treffen wurde von Dr. Matthias Frank, Institut
für Tropenmedizin Tübingen, organisiert. Zielsetzung der Tagung war es, ein Diskussionsforum
für Wissenschaftler aus der Grundlagenforschung und aus der klinischen Forschung zu
schaffen.
Schwerpunkte der Vorträge am 7. November waren Antigenvariationen der Plasmodien und
generell Parasit-Wirt-Interaktionen. Am 8. November standen die Diagnostik, das Management
und die Malariabekämpfung im Vordergrund.
Zwei Konzepte der Medikamentenentwicklung
Zwei Konzepte der Medikamentenentwicklung
Als Gastredner aus Israel berichtete Prof. Hagai Ginsburg, Jerusalem, über das Potenzial
von Naturprodukten als antimikrobielle Substanzen - ein Ergebnis des evolutionären
Kampfes von Pflanzen oder auch Tieren gegen Mikroorganismen. Allerdings werden zum
Screening dieser Substanzen eher funktionelle als biochemische Tests gefordert. Zu
beachten sei auch, dass Naturprodukte typischerweise Kombinationen verschiedener Substanzen
enthalten.
Mit dem "target-oriented drug development" stellte Prof. Martin Schlitzer, Marburg,
den gegenteiligen Ansatz dar: Er berichtete von potenziellen Zielmolekülen ("drug
targets") und Medikamenten, etwa den Farnesyltransferaseinhibitoren. Insgesamt stellte
er jedoch fest, dass der Ansatz der zielgerichteten Medikamentenentwicklung bisher
wenig gebracht hat. Letztlich ist es besser, ein gut wirksames Medikament zu haben,
dessen Wirkungsmechanismus unklar ist, als ein Medikament mit bekanntem Wirkmechanismus,
aber mit nur geringer Wirksamkeit.
Bild: Photo Disc
Studien zur Medikamentenwirksamkeit
Studien zur Medikamentenwirksamkeit
Prof. Peter Kremsner, Tübingen, erläuterte den Stand der Entwicklung von Fosmidomycin
in Kombination mit Clindamycin. Er stellte Studien mit dieser Wirkstoffkombination
aus dem Gabun vor, ebenso wie die Ergebnisse von randomisierten, kontrollierten Studien
in Gabun und Thailand im Vergleich zu S/P. Insgesamt sind die Ergebnisse äußerst vielversprechend,
wie sich allerdings in Thailand zeigte, ist die Wirksamkeit abhängig vom Studienort,
was bisher nicht gut erklärt ist.
Dr. Thomas Zoller, Berlin, berichtete über die Erfahrungen mit Artesunat bei Patienten
mit schwerer Malaria in Berlin und Heidelberg. Ungelöst ist weiterhin das Problem,
dass in Deutschland kein nach GMP-Kriterien (GMP: "good manufacturing practice") hergestelltes
Artesunat verfügbar ist. In der Diskussion verwies Kremsner aber noch einmal auf die
möglichen Limitationen der Sequamat-Studie (z. B. Chininresistenzen, Hypoglykämiekontrolle).
Zoller merkte noch einen interessanten Befund an: Im späteren Verlauf der Erkrankung
entwickelten 3 von 9 Patienten eine Hämolyse.
Dr. Martin Grobusch, Johannesburg, stellte den gegenwärtigen Stand der intermittierenden
Therapie bei Kindern vor (IPTi: "intermittend preventive treatment in infants"). Die
Daten von 6 placebokontrollierten Studien sind ausgewertet und zur Publikation eingereicht.
Demnach ist die intermittierende Therapie bei Kindern eine Säule in der Malariabekämpfung
bei Kindern. Die WHO überprüft gerade ihre diesbezügliche Politik.
Malariadiagnostik
Malariadiagnostik
Dr. Norbert Schwarz, Tübingen, berichtete über seine Studien zur plazentaren Malaria:
Kinder von Müttern mit plazentarer Malaria haben ein 2-fach erhöhtes Risiko als Kleinkind
eine Malaria zu bekommen. Allerdings steigt dieses Risiko erst nach dem 1. Lebensjahr
- offensichtlich schwer zu erklären. Frank berichtete über genetische Analysen an
wieder aufgetretenen chloroquinsensiblen Plasmodium-falciparum-Stämmen im Gabun: Bei
diesen handelt es sich nicht um Remutationen, sondern um von außen importierte Stämme.
PD Patricia Schlagenhauf, Zürich, stellte eine groß angelegte Analyse von importierten
Malariafällen bei Kindern in Europa vor. Wichtigstes und nicht unbedingt überraschendes
Ergebnis ist, dass vor allem Kinder von VRFs ("visiting friends and relatives") gefährdet
sind. So waren beispielsweise nur 6 % der 3 816 Malariafälle bei Kindern in England
zwischen 1992 und 2002 bei britischen Kindern aufgetreten. Dr. Ingrid Felger, Swiss
Tropical Institute in Basel, berichtete über die Möglichkeiten der Genotypisierung
bei Plasmodium vivax, was bei Therapiestudien von großer Bedeutung ist. Interessant
war schließlich auch noch ein Vortrag von Dr. Wolfram Metzger, Berlin, über die Probleme
der Malariadiagnostik in der Amazonasprovinz Venezuelas, etwa bei den Yanomani-Indianern.
Diese kurze Zusammenfassung einiger Vorträge zeigt, dass die Tagung hochinteressant
und aktuell war - im Namen der DTG sei Herrn Frank für die hervorragende Organisation
gedankt.
Prof. Gerd-Dieter Burchard, Hamburg