Pneumologie 2009; 63(2): 80-85
DOI: 10.1055/s-0028-1119434
Originalarbeit

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Spiroergometrie bei einem Patienten mit Sarkoidose II

Eine außergewöhnliche Kombination von FunktionsstörungenExercise Testing by Spiroergometry in a Patient with Sarcoidosis Stage IIAn Unusual Combination of Functional ImpairmentsK.  H.  Rühle1 , K.  J.  Franke1 , S.  Morgenstern1 , G.  Nilius1
  • 1Klinik für Pneumologie, HELIOS-Klinik Ambrock-Hagen, Universität Witten-Herdecke.
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Prof. Dr. med. Karl-Heinz Rühle

Klinik für Pneumologie
HELIOS Klinik Hagen-Ambrock

58091 Hagen

Email: Pneumo@t-online.de

Publication History

eingereicht 22. 8. 2008

akzeptiert nach Revision 25. 11. 2008

Publication Date:
13 February 2009 (online)

Table of Contents #

Zusammenfassung

Die Sarkoidose ist eine systemische Erkrankung unbekannter Ätiologie, die mit dem Auftreten von Epitheloidzellgranulomen in der Lunge und anderen Organen einhergeht. Die Bestimmung der alveolo-arteriellen Sauerstoffpartialdruck-Differenz (AaDO2) unter Belastung stellt die sensitivste Methode zur Erfassung eines Lungenbefalls mit einer Gasaustauschstörung dar. Sie ist insbesondere zur Verlaufsbeobachtung geeignet, um bei Verschlechterung der Lungenfunktion die Indikation zu einer Corticoid-Therapie zu stellen. In dem vorgestellten Fallbeispiel wurde mittels Spiroergometrie und Auswertung anhand der 9-Felder-Grafik nach Wasserman neben einer leichten Gasaustauschstörung mit pathologischer Erhöhung der AaDO2 unter maximaler Belastung eine Störung der Cardiocirculation mit Erniedrigung des Sauerstoffpulses und ein vermindertes Atemminutenvolumen mit Reduktion der alveolären Ventilation unter Belastung festgestellt. Die Ursache der alveolären Hypoventilation unter Belastung könnte auf eine Schwäche der Atemmuskulatur oder einen verminderten Atemantrieb zurückzuführen sein. Die mit der nicht invasiven Methode der Spiroergometrie gefundenen Funktionseinschränkungen sollten gezielt mit aufwendigeren Methoden im Hinblick auf therapeutische Konsequenzen überprüft werden.

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Abstract

Sarcoidosis is a multisystem disease of unknown origin characterised by epitheloid cell granulomas in the lung and many other organs. The measurement of the alveolo-arterial O2-gradient (AaDO2) during exercise is the most sensitive method to detect the involvement of the lung with impairment of gas exchange. The method is suitable for follow-up observations to make the indication for a steroid therapy in the case of deterioration. In this case presentation using the 9-panel display proposed by Wasserman we diagnosed besides a slight impairment of the gas exchange a cardiocirculatory dysfunction with a reduction of the oxygen pulse and a reduced minute ventilation with a decrease of the alveolar ventilation. The hypoventilation could be explained by a weakness of the respiratory muscles or a reduction of the central respiratory drive. The functional disturbances could be diagnosed by spiroergometry without expensive or invasive methods. The findings should be examined more specifically with regard to therapeutic consequences.

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Einleitung

Die Indikation zur Spiroergometrie für Kontrolluntersuchungen von Patienten mit Sarkoidose wird gestellt, weil die Bestimmung der alveolo-arteriellen Sauerstoffpartialdruck-Differenz (P[A-a]O2 oder AaDO2) die sensitivste Methode zur Erfassung einer Gasaustauschstörung und zur Verlaufbeobachtung darstellt und relativ gut das Ausmaß der Lungenbeteiligung reflektiert [1] [2]. Darüber hinaus ermöglicht die Spiroergometrie die Charakterisierung weiterer Funktionseinschränkungen der Sauerstofftransportkette [3]. Die Darstellung der einzelnen Parameter einer Spiroergometrie in der 9-Felder-Grafik nach Wasserman vermittelt im Vergleich zu Tabellen einen wesentlich besseren Eindruck über das Verhalten der einzelnen Funktionsgrößen. Durch die Möglichkeit, praktisch kontinuierlich die Messdaten während eines Rampen-Protokolls, zum Beispiel in einer Zeitreihenanalyse aufzuzeichnen, können die von der Norm abweichenden Daten besser interpretiert werden. Im Folgenden sollen an einem Fallbeispiel systematisch die entsprechenden Panels für Leistung, Kardiozirkulation, Ventilation und Gasaustausch besprochen werden, um anschließend zu einer Gesamtbilanz zu kommen.

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Methodik

Untersucht wurde in 2008 ein 26-jähriger, männlicher Patient (Größe 168 cm, Gewicht 72 Kilogramm), bei dem im Jahr 2005 eine Sarkoidose Rö-Stadium II mit einem Löfgren-Syndrom diagnostiziert wurde.

In der aktuellen Lungenfunktion wurde eine leichte Restriktion, aber keine Obstruktion festgestellt. Die im Sitzen gemessenen Blutgase lagen im Normbereich. Die CO-Diffusionskapazität war grenzwertig erniedrigt (siehe [Tab. 1], [2] u. [3]).

Tab. 1 Ergebnisse der Ganzkörperplethysmographie.
Ganzkörperplethysmographie Einheit Soll Ist % Soll
FEV1 (l) 4,0 3,2 81
IVC (l) 4,9 4,5 91
MEF 25/75 (l/s) 4,8 2,4 49
Rtot (kPa/L/s) 0,30 0,21 69
FRC (l) 3,1 2,9 93
RV (l) 1,5 0,9 60
TLC (l) 6,3 5,4 85
RV/TLC (%) 24 17 71
Tab. 2 Ergebnisse der Blutgasanalyse in Ruhe.
Blutgasanalyse Einheit Soll Ist
pH 7,40 7,36
PO2 mmHg 79 83
PCO2 mmHg 40 45
BE mmol/l 0 ± 2,0 – 0,5
Tab. 3 Ergebnisse der CO-Diffusionskapazitäts-Messung.
CO-Transfer-Faktor Einheit Soll Ist % Soll
TLCO (mmol/min/kPa/l) 11,0 9,8 89
TLCO/VA 1,7 1,9 111
Hb g/dl 16,0 14,6 91
TLC He (l) 6,3 5,3 83
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Maximalwerte für Leistung und Cardiocirculation

Bei Sichtung der bei maximaler Leistung erhobenen Parameter fand sich mit 94 Prozent der Soll-Watt-Leistung eine praktisch normale Leistungsfähigkeit. Die maximale Sauerstoffaufnahme (V’O2peak) lag bei 79 % des Sollwertes. Der Patient war kardial ausbelastet, da die Herzfrequenz-Reserve unter 10 Schlägen pro Minute lag. Auffallend war ein relativ geringer Anstieg des systolischen Blutdrucks ([Tab. 4]).

Tab. 4 Maximale Leistung und cardiocirculatorische Parameter.
Parameter Einheit Ist Soll Prozent
Zeit min: sec 12 : 28 > 6 : 00
Last Watt 196 209 94
V’CO2 l/min 2,34 3,57 65
V’O2 l/min 2,17 2,75 79
V’O2/kg ml/min/kg 30,1 40,4 75
VAT ml/kg 16,4 20,5 80
RER 1,08 1,07 93
Herzfrequenz 1/min 187 188 99
Herzfrequenzreserve 1/min 1 < 10
Sauerstoffpuls ml/Schlag 16,1 20,6 78
Blutdruck systolisch mmHg 148 180 72
Blutdruck diastolisch mmHg 80 70 – 90 100
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Maximalwerte für Ventilation und Gasaustausch

Auffallend gering mit 50 % des Sollwertes war das V’E, ebenso das Tidalvolumen mit 74 % des Sollwertes. Der endtidale PCO2 lag mit 45 mm Hg deutlich über dem Soll von 37 mm Hg ([Tab. 5]).

Tab. 5 Ventilation und Gasaustausch bei maximaler Leistung.
Parameter Einheit Ist Soll Prozent
V’E l/min 56 112 50
VT Liter 1,81 2,45 74
Atemfrequenz 1/min 31 46 67
Atemreserve l/min 37,5 > 15
V’E/V’O2 24 37 65
V’E/V’CO2 22 28 78
PETO2 mmHg 107 122 88
PETCO2 mmHg 45 37 120
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9-Felder-Grafiken für Leistung und Cardiocirculation

Die Leistung anhand der Sauerstoffaufnahme oder Watt kann aus Panel 3 und 5 entnommen werden.

Panel 3 ([Abb. 1]): Die Steigung von V’O2 beträgt 9,8 ml/min/W, die aerobe Kapazität liegt im Normbereich. Eine Abflachung der Sauerstoffaufnahme, also ein levelling off kann auch am Ende der Belastung nicht erkannt werden. Damit ist eine Leistungsbegrenzung durch eine Limitation in der Sauerstofftransport-Kette nicht zu erkennen. Man kann deshalb nur von V’O2peak und nicht von V’O2 max sprechen.

Panel 5 ([Abb. 2]): Die ventilatorisch anaerobe Schwelle (VAT), erkennbar an einer Zunahme der Steigung der Relation V’CO2/V’O2, liegt bei etwa 1,2 l/min. Bei einem Sollwert der ventilatorischen anaeroben Schwelle von 2,7 l/min entspricht dieser 44 % (Soll > 40 %) des Solls und liegt damit noch im Normbereich.

Panel 2 ([Abb. 3]): Die Herzfrequenz bei diesen 26-jährigen Patienten steigt steil an und erreicht 187 (Soll 188) Schläge/min. Die Herzfrequenzreserve beträgt 1/min. Auffallend ist die zunehmende Steigung der Herzfrequenz ab etwa 100 Watt. Der Sauerstoff-Puls steigt nur zögernd an. Der Sollwert von 15 ml/Schlag wird nicht erreicht. Alle Daten dieses Panels sprechen für eine hämodynamische Funktionsstörung.

Neben den klassischen Panels nach Wasserman können bei den meisten Computer-Programmen weitere Diagramm-Kombinationen abgerufen werden. In der [Abb. 4] wird die Sauerstoffaufnahme in Abhängigkeit von der Zeit, die Herzfrequenz, der Sauerstoffpuls sowie der systolische und diastolische Blutdruck mit den Sollwert-Grenzen in Abhängigkeit von der maximalen Sauerstoffaufnahme (in %) dargestellt. Bei der in der Darstellung besseren Auflösung zeigt sich, dass ein Plateau für die Herzfrequenz erreicht wird, auch wird eine Abflachung des systolischen Blutdrucks bei den letzten drei RR-Messungen sichtbar.

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Abb. 1 Globale Leistung Panel 3: V’O2 vs Zeit. Aerobe Kapazität 10 ml/W.

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Abb. 2 Globale Leistung Panel 5: V’CO2 vs V’O2 zur Bestimmung der anaeroben Schwelle: VAT bei V’O2 = 1,2 l/min (Soll 2,7 l/min) = 44 %.

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Abb. 3 Cardiale Leistungsfähigkeit: Panel 2: Linke Seite Herzfrequenz und Sauerstoffpuls/kg vs Zeit. HRR <10 Schläge/min. Rechte Seite Herzfrequenz und Sauerstoffpuls vs Last: O2-Puls = 12 ml/Schlag bei einem Soll von 15 ml/Schlag. Dies gilt als Hinweis für ein geringes Schlagvolumen.

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Abb. 4 4-Felder Darstellung der cardiocirculatorischen Parameter in Abhängigkeit von V’O2 peak %.

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9-Felder-Grafiken für Ventilation und Gasaustausch

Panel 1 ([Abb. 5]): In dieser Abbildung ist ersichtlich, dass das Atemminutenvolumen nicht adäquat gesteigert werden kann. Das Atemminutenvolumen beträgt lediglich 56 l/min bei einem Soll von 112 l/min.

Panel 4 ([Abb. 6]): Dementsprechend findet sich im V’E/V’CO2 Diagramm eine Steigung unterhalb der Isoplethe von 25 als Hinweis für eine hohe Atmungs-Ökonomie. Eine solche Konstellation sieht man vor allem bei einer alveolären Hypoventilation. Dies bestätigt sich auch in der arteriellen Blutgas-Analyse (siehe unten), in der wir einen in den pathologischen Bereich ansteigenden PCO2 finden.

Panel 7 ([Abb. 7] ): Das Tidalvolumen zeigt einen normalen Anstieg mit leichter Abflachung bei höherem Atemminutenvolumen, also keineswegs ein restriktives Muster. An dieser Stelle empfiehlt es sich, das maximale Fluss-Volumen-Diagramm mit den Intrabreath-Kurven zu inspizieren ([Abb. 8]). VT überschreitet die maximale Flussvolumenkurve nur geringfügig am Ende der Exspiration, eine atemmechanische Limitation ist damit ausgeschlossen.

Eine exakte Beurteilung des Gasaustausches mit den Daten von Panel 9 ist nur eingeschränkt, aber trendmäßig möglich ([Abb. 11]). Zur Bestimmung der AaDO2 wird deshalb nicht der endtidale PO2 verwandt sondern der alveoläre PO2 mit der Alveolarluftformel berechnet . Auch der PETCO2 stimmt häufig nicht mit den arteriellen Werten überein, sodass während der ergometrischen Untersuchung mehrfache kapilläre Blutgasanalysen durchgeführt werden sollten, um die AaDO2 und die Totraumventilation berechnen zu können ([Tab. 6]). Unter maximaler Belastung mit 190 Watt steigt die AaDO2 auf 41,5 mmHg in den pathologischen Bereich im Sinne einer Gasaustauschstörung an. Bis 160 Watt liegt der PaCO2 im pathologischen Bereich > 44 mmHg, sodass von einer alveolären Hypoventilation ausgegangen werden muss. Zu dem Befund passen auch die endexspiratorischen PCO2-Werte.

Tab. 6 Ergebnisse der diskontinuierlichen Messung der AaDO2 und von VD/VT.
Last
Watt
PaO2
mmHg
PaCO2
mmHg
PETCO2 mmHg P(A-a)O2 mmHg VD/VT
%
0 69 44 36 28,3 37,4
58 77 47 46 15,2 32,0
112 74 48 47 24,8 33,5
160 75 45 47 28,5 27,9
190 69 39 45 41,5 21,2

Panel 8 ([Abb. 9]): Die Respiratory Exchange Ratio (RER) mit 1,09 bei maximaler Belastung weist daraufhin, dass der Patient metabolisch nur grenzwertig ausbelastet war.

Beim Vergleich der aktuellen Befunde mit den Spiroergometrie-Daten aus dem Jahr 2005 fand sich ein ähnlich erniedrigter Sauerstoffpuls (aktuell 15, damals 13 ml/Schlag). Auch der PCO2 stieg von 43 mmHg in Ruhe bei mittleren Belastungswerten auf 47 mmHg an, um bei der höchsten Belastungsstufe auf 36 mmHg abzufallen.

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Abb. 5 Ventilatorische Leistungsfähigkeit Panel 1: V’E vs Zeit. Verzögerter V‘E-Anstieg. Erst bei 50 Watt Zunahme des Anstiegs. V’Emax = 56 l/min (Soll = 112 l/min).

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Abb. 6 Ventilatorische Leistungsfähigkeit Panel 4: V’E vs V’CO2.
Isoplethe 25 Hinweis für alveoläre Hypoventilation

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Abb. 7 Ventilatorische Leistungsfähigkeit Panel 7: VT vs V’E: V’Emax = 57 l/min, VT = 1,7 l, Atemfrequenz = 33/min.

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Abb. 8 Fluss-Volumenkurve (Ruhe u. Belastung). Zusätzliches TLC-Manöver, um einen eventuellen Drift der Fluss-Volumenkurve unter Belastung korrigieren zu können. Keine atemmechanische Limitation.

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Abb. 9 Ventilatorische Leistungsfähigkeit Panel 6: V’E/V’O2 und V’E/V’CO2 vs Zeit. Sehr geringes Atemäquivalent für CO2.

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Abb. 10 Panel 8: RER vs Zeit. Metabolisch nicht voll ausbelastet: RER < 1,15. Atemreserve vs. Zeit. Die Atemreserve ist nicht ausgeschöpft.

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Abb. 11 Panel 9. PETO2 und PETCO2 vs Last (W) sowie PaO2 und PaCO2.

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Diskussion

Wir fanden bei diesem Patienten mit Sarkoidose Rö-Stadium II drei funktionelle Störungen:

  • eine Störung der Kardiozirkulation mit Erniedrigung des Sauerstoffpulses

  • ein vermindertes Atemminutenvolumen mit Reduktion der alveolären Ventilation unter Belastung

  • eine leichte Gasaustauschstörung mit Erhöhung der AaDO2 unter maximaler Belastung

Sarkoidose ist eine Erkrankung mit multiplem granulomatösem Organbefall. Viele Patienten klagen über generelle Müdigkeit und Leistungsminderung [3]. In einer Studie beendeten zwei Drittel der Patienten mit Sarkoidose die Belastungsuntersuchung wegen Bein-Beschwerden [4]. Als Ursachen werden eine Myopathie der Skelettmuskulatur, ausgelöst durch die Grunderkrankung, oder durch die oftmals über längere Zeit durchgeführte systemische Cortisontherapie diskutiert [5] [6]. Der von uns untersuchte Patient lag mit seiner maximalen Leistungsfähigkeit nur gering unterhalb seines Sollwertes und klagte auch nicht über generelle Müdigkeit. Allerdings erreichte er 94 % der Soll-Watt-Leistung nur unter völliger Ausschöpfung seiner cardialen Reserven. Der Sauerstoffpuls, d. h. die transportierte Sauerstoffmenge pro Pulsschlag war bei dem von uns vorgestellten Fall erniedrigt. Ein ähnliches Ergebnis fand sich in einer Studie zur maximalen Leistungsfähigkeit [7]: Bei 8 von 10 Patienten mit Sarkoidose war der maximale Sauerstoffpuls zum Teil erheblich erniedrigt. Als Ursachen sollten ein kardialer Befall durch die Sarkoidose oder ein erhöhter pulmonaler Gefäßwiderstand ebenfalls im Rahmen der Grunderkrankung in Betracht gezogen werden. Zwar findet sich eine pulmonale Hypertonie häufiger bei Sarkoidose-Patienten mit einer fortgeschrittenen Fibrose. In einer Studie, in der echokardiografisch der Druck im rechten Ventrikel auf über 40 mmHg geschätzt wurde, lag bei 60 % der 54 Patienten ein Röntgenstadium IV und bei etwa 30 % ein Röntgenstadium II vor, bei 10 % war das Röntgenbild unauffällig [8]. Eine pulmonale Hypertonie bei unserem Fall ist aufgrund der geringen Lungenfunktionseinschränkung eher unwahrscheinlich, dennoch sollte zur Klärung unbedingt eine echokardiografische Untersuchung erfolgen, um den Druck im rechten Ventrikel und das Schlagvolumen zu messen.

In einer Studie an 35 Patienten mit Sarkoidose und 28 untrainierten Kontrollpersonen wiesen 16 Patienten (46 %) eine erhöhte Herzfrequenz in Ruhe und/oder unter Belastung, ähnlich wie bei unserem Fallbeispiel (Ruhepuls 95/min), auf [9]. Bei fünf dieser Patienten lag die Ejektionsfraktion unter 50 %. Schlussfolgernd kann gesagt werden, dass eine Sinus-Tachycardie bei Patienten mit Sarkoidose ohne evidente kardiale Beteiligung ein häufiges Phänomen darstellt. Der genaue Mechanismus ist unklar, es kann sich um eine ventrikuläre systolische Dysfunktion oder eine Sinusknotendysfunktion durch granulomatöse Infiltrate handeln.

Schon in Ruhe war die alveoläre Ventilation grenzwertig vermindert. Unter Belastung stieg der PCO2 eindeutig in den pathologischen Bereich an, sodass an einen verminderten Atemantrieb oder an eine Atem-Muskelschwäche gedacht werden muss. Ein Verminderung von V’E/V’CO2 ist äußerst ungewöhnlich. In der Studie von Gibbons [9] lag dieser Quotient bei 13 von 35 Patienten mit Sarkoidose eher oberhalb des Normwertes im Sinne einer Hyperventilation oder vermehrten Totraumventilation.

In der Literatur konnten wir keine Daten zu einer Atemantriebsschwäche bei Sarkoidose finden. Dennoch ist denkbar, dass durch die Grunderkrankung, die auch das Zentralnervensystem befallen kann, eine Funktionsstörung der Atemzentren mit Verminderung der Chemosensitivität ausgelöst worden ist. In Autopsiestudien bei Patienten mit Sarkoidose wird in bis zu 25 % der Fälle eine Mitbeteiligung des Zentralnervensystems gefunden. Eine MRI-Untersuchung bei 22 Patienten mit Sarkoidose und zentraler Symptomatik ergab ein weites Spektrum von Befunden mit Manifestationen im periventrikulären Bereich und der weißen Substanz [10].

Als erstes ist deshalb geplant, durch einen CO2-Rückatmungsversuch den Atemantrieb des Patienten zu überprüfen, um den Verdacht einer zentralen Störung zu erhärten.

Das verminderte Atemminutenvolumen kann auch durch eine Funktionsstörung der Atemmuskulatur erklärt werden.

In der Literatur wird bei Sarkoidose eine verminderte inspiratorische Muskelkraft beschrieben. Im Vergleich zu einer Kontrollgruppe war der maximale Inspirationsdruck (Pimax1,0) bei einer Gruppe von Sarkoidose-Patienten signifikant erniedrigt (125,8 ± 96,8 vs 85,6 ± 31,4 %) [11]. Der von der Mitarbeit unabhängige Twitch-Munddruck war bei den Patienten mit Sarkoidose tendenziell ebenfalls erniedrigt. Es sollte deshalb bei dem vorgestellten Fall die inspiratorische Muskelkraft im Verlauf überprüft werden.

Obwohl die Messung der Diffusionskapazität in Ruhe mit der Gasaustauschstörung (AaDO2) gut korreliert [12] [13], sollte zur genauen Beurteilung immer eine spiroergometrische Belastungsuntersuchung mit direkter Messung der AaDO2 durchgeführt werden [1]. Während die CO-Diffusionskapazität bei unserem Fall in Ruhe noch grenzwertig normal war, konnte unter der höchsten Belastung eine pathologisch erhöhte AaDO2 gemessen werden.

Zusammenfassend fanden wir mittels der Spiroergometrie und genauen Analyse der 9-Felder-Grafik drei wichtige Hinweise für Funktionsstörungen, deren Ursachen jetzt gezielt (Echocardiographie und gegebenenfalls Rechtsherzkatheter, CO2-Rückatmungsversuch; Pimax/Psniff) weiter untersucht werden können.

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Literatur

  • 1 Medinger A E, Khouri S, Rohatgi P K. Sarcoidosis: the value of exercise testing.  Chest. 2001;  120 93-101
  • 2 Hansen J E. Sarcoidosis and gas exchange measures.  Chest. 2002;  121 1004-1005
  • 3 Baughman R P, Sparkman B K, Lower E E. Six-minute walk test and health status assessment in sarcoidosis.  Chest. 2007;  132 207-213
  • 4 Miller A, Brown L K, Sloane M F. et al . Cardiorespiratory responses to incremental exercise in sarcoidosis patients with normal spirometry.  Chest. 1995;  107 323-329
  • 5 Spruit M A, Thomeer M J, Gosselink R. et al . Skeletal muscle weakness in patients with sarcoidosis and its relationship with exercise intolerance and reduced health status.  Thorax. 2005;  60 32-38
  • 6 Costabel U. Skeletal muscle weakness, fatigue and sarcoidosis.  Thorax. 2005;  60 1-2
  • 7 Sietsema K E, Kraft M, Ginzton L. et al . Abnormal oxygen uptake responses to exercise in patients with mild pulmonary sarcoidosis.  Chest. 1992;  102 838-845
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  • 11 Kabitz H J, Lang F, Walterspacher S. et al . Impact of impaired inspiratory muscle strength on dyspnea and walking capacity in sarcoidosis.  Chest. 2006;  130 1496-1502
  • 12 Lamberto C, Nunes H, Le Toumelin P. et al . Membrane and capillary blood components of diffusion capacity of the lung for carbon monoxide in pulmonary sarcoidosis: relation to exercise gas exchange.  Chest. 2004;  125 2061-2068
  • 13 Barros W G, Neder J A, Pereira C A. et al . Clinical, radiographic and functional predictors of pulmonary gas exchange impairment at moderate exercise in patients with sarcoidosis.  Respiration. 2004;  71 367-373

Prof. Dr. med. Karl-Heinz Rühle

Klinik für Pneumologie
HELIOS Klinik Hagen-Ambrock

58091 Hagen

Email: Pneumo@t-online.de

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Literatur

  • 1 Medinger A E, Khouri S, Rohatgi P K. Sarcoidosis: the value of exercise testing.  Chest. 2001;  120 93-101
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  • 12 Lamberto C, Nunes H, Le Toumelin P. et al . Membrane and capillary blood components of diffusion capacity of the lung for carbon monoxide in pulmonary sarcoidosis: relation to exercise gas exchange.  Chest. 2004;  125 2061-2068
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Abb. 1 Globale Leistung Panel 3: V’O2 vs Zeit. Aerobe Kapazität 10 ml/W.

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Abb. 2 Globale Leistung Panel 5: V’CO2 vs V’O2 zur Bestimmung der anaeroben Schwelle: VAT bei V’O2 = 1,2 l/min (Soll 2,7 l/min) = 44 %.

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Abb. 3 Cardiale Leistungsfähigkeit: Panel 2: Linke Seite Herzfrequenz und Sauerstoffpuls/kg vs Zeit. HRR <10 Schläge/min. Rechte Seite Herzfrequenz und Sauerstoffpuls vs Last: O2-Puls = 12 ml/Schlag bei einem Soll von 15 ml/Schlag. Dies gilt als Hinweis für ein geringes Schlagvolumen.

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Abb. 4 4-Felder Darstellung der cardiocirculatorischen Parameter in Abhängigkeit von V’O2 peak %.

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Abb. 5 Ventilatorische Leistungsfähigkeit Panel 1: V’E vs Zeit. Verzögerter V‘E-Anstieg. Erst bei 50 Watt Zunahme des Anstiegs. V’Emax = 56 l/min (Soll = 112 l/min).

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Abb. 6 Ventilatorische Leistungsfähigkeit Panel 4: V’E vs V’CO2.
Isoplethe 25 Hinweis für alveoläre Hypoventilation

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Abb. 7 Ventilatorische Leistungsfähigkeit Panel 7: VT vs V’E: V’Emax = 57 l/min, VT = 1,7 l, Atemfrequenz = 33/min.

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Abb. 8 Fluss-Volumenkurve (Ruhe u. Belastung). Zusätzliches TLC-Manöver, um einen eventuellen Drift der Fluss-Volumenkurve unter Belastung korrigieren zu können. Keine atemmechanische Limitation.

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Abb. 9 Ventilatorische Leistungsfähigkeit Panel 6: V’E/V’O2 und V’E/V’CO2 vs Zeit. Sehr geringes Atemäquivalent für CO2.

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Abb. 10 Panel 8: RER vs Zeit. Metabolisch nicht voll ausbelastet: RER < 1,15. Atemreserve vs. Zeit. Die Atemreserve ist nicht ausgeschöpft.

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Abb. 11 Panel 9. PETO2 und PETCO2 vs Last (W) sowie PaO2 und PaCO2.