Einleitung
Einleitung
Die rheumatoide Arthritis (RA) ist mit einer Prävalenz von ca. 1 % die häufigste chronisch-entzündliche
Gelenkerkrankung, bei der es neben Gelenkdeformitäten und damit einhergehenden Bewegungseinschränkungen
zur Beteiligung weiterer Organsysteme wie beispielsweise Lunge, Niere, Herz, Augen
und Nervensystem kommen kann [1]. Durch diese extra-artikulären Manifestationen erhöht sich häufig die bereits beträchtliche
Morbidität der betroffenen Patienten. Bei einem Großteil der Patienten mit RA treten
Hautveränderungen im Laufe der Erkrankung auf [2]
[3]
[4]. Neben RA-spezifischen Hautmanifestationen müssen RA-assoziierte Hauterkrankungen
von Hautsymptomen abgegrenzt werden, die durch die immunsuppressive bzw. immunmodulierende
Therapie hervorgerufenen werden. Die folgende Zusammenfassung soll einen kurzen Überblick
über das gesamte Spektrum vorkommender Hautsymptome geben.
Spezifische kutane Manifestationen
Spezifische kutane Manifestationen
Klinisch charakterisiert als subkutane Knoten mit bevorzugtem Auftreten an den Streckseiten
der Unterarme und Finger, der Achillessehnen oder der Ohrmuschel sind Rheumaknoten die häufigsten spezifischen Hautveränderungen, die bei bis zu 40 % aller RA Patienten
auftreten. Bei Patienten mit positivem Rheumafaktor finden sich Rheumaknoten im Laufe
der Erkrankung sogar in bis zu 90 % der Fälle. Dabei ist ein gehäuftes Auftreten der
Rheumaknoten mit längerer Erkrankungsdauer und erhöhter Krankheitsaktivität assoziiert.
Die histologische Diagnose eines Rheumaknotens begründet sich auf das Vorhandensein
einer zentralen Nekrobiose mit umgebenden Palisadengranulomen. Eine spezifische Therapie
der üblicherweise asymptomatischen Rheumaknoten ist meist nicht erforderlich. Lediglich
bei Ulzerationen oder Auftreten von sekundären Infektionen kann eine operative Entfernung
notwendig werden.
Plötzliches schubweises Auftreten schmerzhafter Knoten unter Betonung der Hände vor
allem im Bereich der Metakarpophalangeal- und proximalen Interphalangealgelenke wird
„akzelerierte rheumatische Nodulosis” genannt [5]. Ursprünglich wurde dieses Phänomen ausschließlich bei Patienten mit aktiver RA
unter Methotrexattherapie beobachtet (MTX-induzierte akzelerierte rheumatische Nodulosis).
Kürzlich jedoch wurde ein Auftreten dieser Sonderform ebenfalls bei Patienten unter
TNFα-Blockade beschrieben.
Das sogenannte „rope sign”, d. h. eine strangartige hautfarbene Verdickung bevorzugt
am Stamm [6] sollte den Dermatologen an die äußerst seltene interstitielle granulomatöse Dermatitis denken lassen. Diese Entität ist histologisch gekennzeichnet durch ein bandförmiges
histiozytäres Infiltrat in der mittleren Dermis. Eine spezifische Therapie dieser
symptomlosen Hauterscheinung ist nicht bekannt.
Mit einer hohen Morbidität behaftet ist die bei bis zu 5 % der RA-Patienten auftretende
rheumatoide Vaskulitis (RV), die neben der Haut weitere Organsysteme wie Herz, Lunge, Nieren, Magen-Darm-Trakt,
Augen, periphere Nerven (Neuropathie, Mononeurtitis) und das ZNS befallen kann [7]
[8]. Die klinischen Symptome sind entsprechend der betroffenen Organe vielfältig. In
über 90 % der Patienten zeigt sich frühzeitig eine kutane Beteiligung, sodass den
dermatologischen Symptomen oftmals eine große diagnostische Bedeutung zukommt. Das
Spektrum vaskulitischer Hautveränderungen reicht von palpabler Purpura, klassischerweise
an Unterschenkel und Fußrücken lokalisiert, bis zu ischämischen digitalen Ulzerationen
und digitaler Gangrän. Bei der klinischen Untersuchung gilt zu beachten, dass vaskulitische
Veränderungen der Haut insbesondere an den Akren minimal ausgeprägt sein können. Als
Beispiel seien die sog. Bywater-Läsionen genannt, welche klinisch als winzige petechiale
Einblutungen im Bereich des distalen Nagelbetts imponieren und bei denen es sich um
vaskulitische Veränderungen im Endstromgebiet des Nagelbetts handelt [9]. Als Maximalform vaskulitischer Hautveränderungen gilt die hämorrhagisch-nekrotisierende
Variante, bei der es durch Konfluenz nekrotischer Areale zu großflächigen, bizarr
konfigurierten Ulzerationen bevorzugt im Bereich der Unterschenkel kommt [10]. Aufgrund verschiedener Komorbiditäten wie chronisch venöser Insuffizienz oder peripherer
arterieller Verschlußkrankheit sowie eingeschränkter Beweglichkeit der Sprunggelenke
ist die Abheilung der Ulzerationen ein oft langwieriger, sich über mehrere Monate
hinstreckender Prozess [11]
[12].
Sehr selten kommt es bei Patienten mit langjährigem Krankheitsverlauf einer seropositiver
RA und hoher Krankheitsaktivität zum Auftreten der rheumatoiden neutrophilen Dermatitis, die sich klinisch durch extremitätenbetonte livid-rote Papeln und Plaques auszeichnet
[13]. Histologisch erkennt man neutrophilenreiche Infiltrate über das gesamte Korium.
Nach Intensivierung der RA-Therapie kommt es üblicherweise zu einer zügigen Abheilung
der Hautveränderungen.
Assoziierte dermatologische Erkrankungen
Assoziierte dermatologische Erkrankungen
Eine Assoziation zeigt die RA mit einem breiten Spektrum neutrophilenreicher Dermatosen
wie dem Pyoderma gangraenosum und der akuten febrilen neutrophilen Dermatose (Sweet-Syndrom).
Das Pyoderma gangraenosum entwickelt sich nach einem Bagatelltrauma oder einem operativen Eingriff aus einer
pustulösen Primärläsion rasch zu einem zentral nekrotischen Ulcus mit livid-rotem
unterminiertem Randsaum. Die Therapie besteht in der Gabe systemischer Kortikosteroide
in Kombination mit steroidsparenden Immunsuppressiva wie beispielsweise Cyclosporin
A oder Mycophenolatmofetil [14].
Wie bei anderen entzündlich rheumatischen Erkrankungen kann es bei der RA zum Auftreten
eines sekundären Raynaud Syndrom kommen. Die Prävalenz wird bei der RA je nach Studie auf bis zu 17 % geschätzt [15]. Die Diagnose wird auf die Anamnese und das typische klinische Bild gestützt. Die
Therapie besteht primär in Kälteschutz und Meiden weiterer Triggerfaktoren. Sekundär
kommen Kalziumantagonisten und andere vasodilatierende Substanzen zum Einsatz.
Ebenfalls relativ häufig leiden RA-Patienten an einer Mund- und Augentrockenheit,
die im Rahmen eines sekundären Sjögren-Syndroms auftreten kann.
Hautveränderungen unter immunsuppressiver Therapie
Hautveränderungen unter immunsuppressiver Therapie
Zur Therapie der RA werden Medikamente mit immunsupprimierender und immunmodulierender
Wirkung häufig über viele Jahre bis Jahrzehnte verabreicht. Patienten unter dieser
Therapie zeigen gegenüber der Gesamtbevölkerung ein erhöhtes Risiko an viralen, bakteriellen oder mykotischen Infektionen zu erkranken. Verläufe von Infektionskrankheiten sind bei immunsupprimierten Patienten
häufig schwerer ausgeprägt, was sich beispielsweise bei einem Herpes zoster in einem
Befall mehrerer Segmente, einer hämorrhagisch-nekrotisierenden Variante oder einer
Generalisation mit Befall von Lunge und ZNS äußern kann [16]. Bakterielle Infektionen der Haut können bei immunsupprimierten Patienten ebenfalls
fulminant verlaufen, da Erhöhung serologischer Entzündungsparameter wie CRP und klinische
Symptome wie Fieber fehlen können. Immunsupprimierte Patienten erkranken zudem häufiger
an atypischen Infektionen. Daher sollte bei klinisch ungewöhnlichen, langsam progredienten
Ulzerationen oder Knoten an seltene Erreger wie beispielsweise atypische Mykobakterien
gedacht werden [17].
Zusätzlich haben Patienten mit RA gegenüber der Normalbevölkerung ein erhöhtes Risiko
für die Entwicklung nicht-melanozytärer Hauttumoren [18]
[19]. Hierbei besteht ein enger Zusammenhang zwischen der Dauer der Immunsuppression
und dem eingesetzten Immunsuppressivum, sowie dem Alter, dem Geschlecht (Männer sind
häufiger betroffen) und dem Hauttyp (I und II). Außerdem ist die Entwicklung nicht-melanozytärer
Hauttumoren (Basalzellkarzinome und Plattenepithelkarzinome) erwartungsgemäß von der
Sonnenexposition abhängig. Es wird daher empfohlen, Patienten bereits bei Einleitung
einer immunsuppressiven Therapie bezüglich Sonnenschutz und Freizeitverhalten aufzuklären
und mindestens jährliche hautfachärztliche Kontrolluntersuchungen durchzuführen.
Da Hautmanifestationen wie im Falle der rheumatoiden Vaskulitis ein Symptom einer
systemischen Progression der Erkrankung darstellen können, ist die Kenntnis von RA-spezifischen
bzw. assoziierten Hautveränderungen für die frühzeitige Diagnosestellung und Therapie
entscheidend.
Tab. 1 Hautveränderungen bei Patienten mit rheumatoider Arthritis.
Hautveränderungen bei RA |
Referenz |
Spezifische RA-Manifestationen
Rheumaknoten akzelerierte rheumatische Nodulosis interstitielle granulomatöse Dermatitis rheumatoide Vaskulitis rheumatoide neutrophile Dermatitis |
[2]
[3]
[4]
[5]
[6]
[7]
[8]
[9]
[13]
|
Assoziierte dermatologische Erkrankungen
Pyoderma gangraenosum akute neutrophile Dermatose (Sweet-Syndrom) sekundäres Raynaud Syndrom Xerostomie/Xerophthalmie (Sjögren-Syndrom) |
[14]
–
[15]
– |
Therapie-assoziierte Erkrankungen
Infektionen (bakteriell, viral, mykotisch) nicht-melanozytäre Hauttumoren Nebenwirkungen applizierter Immunsuppressiva |
[16]
[17]
[18]
[19]
[20]
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