Die WHO (1961) definiert die chronische Bronchitis als Erkrankung,
die durch übermäßige Schleimproduktion im Bronchialbaum
gekennzeichnet ist. Sie manifestiert sich mit permanentem oder immer wieder
auftretendem Husten mit und ohne Auswurf an den meisten Tagen während 3
aufeinanderfolgenden Monaten in mindestens 2 aufeinanderfolgenden Jahren.
Die American Thoracic Society definiert in Analogie die chronische
Bronchitis durch chronisch-produktiven Husten für 3 Monate in 2
aufeinanderfolgenden Jahren, wenn andere Hustenursachen ausgeschlossen worden
sind (ATS 1962 und 1975).
Man geht davon aus, dass etwa 20 % aller Patienten mit
chronischer Bronchitis im Verlauf ihrer Erkrankung eine obstruktive
Ventilationsstörung entwickeln.
In unterschiedlichem Ausmaß kommt es zur Emphysembildung,
abhängig von der individuellen Disposition und dem Ausmaß der
schädigenden Exposition.
In den letzten Jahrzehnten haben sich Begriffe wie
chronisch-obstruktive Lungenerkrankung (COPD) eingebürgert. Dieser
Terminus ist eine eigentlich unzulässige Verknüpfung von obstruktiver
Bronchitis und Lungenemphysem.
Durch das inhalative Zigarettenrauchen ist die chronische Bronchitis
seit etwa 80 Jahren eine Volkskrankheit geworden, die zumindest in Mitteleuropa
die früheren Seuchen wie die Tuberkulose in ihrer Auswirkung auf die
individuelle Gesundheit wie auch auf die gesundheitspolitischen Dimensionen
längst überholt hat.
So sind Bronchitiden aus dem pneumologischen Arbeitsalltag in Praxis
und Klinik nicht wegzudenken. Besonders die chronisch-obstruktive
Atemwegserkrankung (COPD) stellt weiterhin sowohl wissenschaftlich wie auch
klinisch therapeutisch eine große Herausforderung für die
Pneumologen dar.
Vor diesem Hintergrund ist es daher von Interesse, dass der Terminus
„Bronchitis” vor genau 200 Jahren erstmals in der medizinischen
Literatur benannt wurde.
Vor diesem Datum war es gängige Praxis, Erkrankungen der
Schleimhäute, insbesondere auch der schon immer häufigen Affektionen
der Atemwege als Katarrh zu bezeichnen.
Der Terminus entstammte der Säftelehre Galens und fand bis weit
in das 19. Jahrhundert hinein Anwendung [1].
Der Katarrh der Atemwege, catarrhus ad pulmones, war durch eine
vermehrte Schleimproduktion unterschiedlichster Beschaffenheit gekennzeichnet.
Dass dieses Bronchialsekret den entzündlich veränderten lokalen
Schleimhäuten selbst entstammt und nicht – wie bis dato gelehrt
– einem Herabfließen aus dem Kopf, legte erstmals Conrad Victor
Schneider in seinem Werk „de catarrhis” 1660 nieder
[2]. Damit leitete er eine moderne Sichtweise lokal
entzündlicher Schleimhautprozesse ein. Den alten Terminus Katarrh sowohl
für die oberen wie für die tiefen Luftwege behielt er jedoch weiter
bei.
Im Jahre 1808 veröffentlichte der englische Arzt Charles Badham
(1780 – 1845) eine Schrift, in der er erstmals den Begriff
„ Bronchitis” verwendete und von anderen Krankheitsentitäten
der Brustorgane einer früheren Arbeit abgrenzte ([Abb. 1]) [3]. Der Monographie
gab er den Titel „ Observations on the Inflammatory affections of the
Mucous Membrane of the Bronchiae” [2]. Die zweite
überarbeitete und erweiterte Auflage erschien bereits 1814, nun unter dem
Titel „An Essay on Bronchitis” [4] ([Abb. 2] [Tab. 1]).
Abb. 1 Portrait von Charles
Badham (1780 – 1845). Quelle: Nat. Library of Australia mit
freundlicher Genehmigung.
Abb. 2 Titelblatt der 2.
Auflage von Ch. Badhams's Buch „An Essay on Bronchitis”
London 1814. Quelle: Archiv Dr. Klippe.
Tab. 1 Charles Badham
(1780 – 1845): Leben und Werk [11]
[12].
1802
|
MD Edingburgh
|
1805
|
Arzt am Westminster
General Dispensary
|
1808
|
erste pneumologische
Arbeit
|
1814
|
Publikation zur Bronchitis
1. Auflage
|
1810 – 1827
|
An Essay on Bronchitis, 2.
Auflage
|
1818
|
Reisetätigkeit als
Leibarzt diverser Adliger, literarische Tätigkeiten
|
1827 – 1845
|
FRS,
FRCP Professor of Physics, Glasgow
|
Im Vorwort beider Ausgaben stellt Badham fest: „… the
genus of diseases to which these remarks are directed is very imperfectly
understood…. not a little confirmed by the promiscous names under which
they have been confounded”.
Weiter führt er aus: „… an acute inflammation of
the air-passages, attended with fever, cough and shortness of breathing is the
princial subject of the following pages.”
Die terminologische Kernaussage seiner Schrift lautet: „A
consideration of these varities (of bronchial affections) may perhaps supply a
nomenclature sufficiently appropriate, by which to distinguish the several
species. If the term Bronchitis be appropriated to the genus we may distiguish
three principal species by the epithets of acuta, asthenica and
chronica.”
Diese von ihm differenzierten Formen setzt er zu alten bisherigen
Nomenklaturen in Beziehung.
Die beiden ersten Formen „are uncertain from his
description”, konstatiert Thurlbeck [5].
Badham beschreibt den Beginn der chronischen Bronchitis im
höheren Lebensalter mit Verschlechterung des immer vorhandenen Hustens im
Winter. Fast alle diese Patienten, so Badham, weisen Husten mit zunehmender
Frequenz und Heftigkeit für ein bis zwei Stunden am Morgen auf, und sie
erfahren keine Erleichterung, bis sie das Sekret abgehustet haben, das sich
während der Nacht in den Atemwegen angesammelt hat.
Nach Badham ist die chronische Bronchitis gekennzeichnet durch
„irritability” and „chronic sub-inflammatory
state”.
Die unter Bronchitis chronica eingereihten Formen entsprachen ca.
150 Jahre später nach Thurlbeck auch am ehesten unserer heutigen
Auffassung von der chronischen Bronchitis [5].
Zur Therapie bleibt Badham konservativ, ganz den Pharmaka seiner
Zeit verhaftet [6]. Er warnt jedoch (wie modern!),
dass Expektorantien in vielen Fällen die Kräfte des chronischen
Dauerhusters eher schwächen. Opium oder Auszüge von Papaver in
individueller Dosierung speziell zur Nacht hält er für „almost
inavoidable”.
Mit der aktuellen Inhalationstherapie seiner Zeit (Pneumatic
Institute, Bristol; [7]) für bronchopulmonale Leiden
hatte er keine eigene Erfahrung, hielt den theoretischen Ansatz der direkten
Einwirkung auf die Atemwege per inhalationem aber für bedenkenswert
[8].
Die ersten deutschen Reaktionen auf Badhams Publikation zeigten
bereits 1810 eine eingehende Rezension der ersten Auflage [9]. 1815 wird die zweite Auflage übersetzt
[10]. Im Vorwort plädiert Dr. J. A. Albers
dafür, „dass dieser die Natur der Krankheit und das leidende Organ
bezeichnende Ausdruck künftig von allen Ärzten beibehalten zu werden
verdiene”. Seine Aussage von 1815, „die Bronchitis ist weder eine
seltene noch eine neue Krankheit”, bleibt bis heute unverändert
aktuell.