Aktuelle Dermatologie 2009; 35(12): 506-510
DOI: 10.1055/s-0028-1119649
Kasuistik

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Akrokeratose Bazex

Acrokeratosis Paraneoplastica (Bazex Syndrome)G.  Wagner1
  • 1Hautklinik, Klinikum Bremerhaven Reinkenheide (Chefarzt: Dr. G. Wagner)
Further Information

Dr. Gunnar Wagner

Klinikum Bremerhaven Reinkenheide

Postbrookstr. 103
27574 Bremerhaven

Email: gunnar.wagner@klinikum-bremerhaven.de

Publication History

Publication Date:
13 March 2009 (online)

Table of Contents #

Zusammenfassung

Bei einem 84-jährigen Patienten entwickelten sich innerhalb weniger Monate therapieresistente psoriasiforme Erytheme an den Finger- und Zehenendgliedern und ausgeprägte subunguale Hyperkeratosen. Nachdem gleichzeitig ein bereits zervikal metastasiertes Plattenepithelkarzinom des Pharynx nachgewiesen wurde, konnte die Diagnose einer Akrokeratose Bazex gestellt werden. Unter einer Radiotherapie kam es zu einer kompletten Remission des Tumors und seiner Lymphknotenmetastase. Anschließend bildete sich auch der dermatologische Befund weitgehend zurück. Die hier vorgestellte typische Kasuistik einer Akrokeratose Bazex wird zum Anlass genommen, die klinischen und histopathologischen Befunde, die Differenzialdiagnosen und die assoziierten Tumorformen dieser seltenen kutanen Paraneoplasie zu besprechen.

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Abstract

A 84-year-old male patient developed multiple psoriasiform lesions over the dorsal of his distal interphalangeal joints of hands and feet and additionally subungual hyperkeratosis within a few months. Simultaneously, a squamous cell carcinoma of the pharynx with cervical metastases was detected. This led to the diagnosis of acrokeratosis paraneoplastica. Under radiotherapy the cancer and its lymphnode metastases showed complete remission. Subsequently also the cutaneous symptoms disappeared.

This typical case history of the disease calls for a discussion of the clinical and pathological results, the differential diagnoses and associated tumors of this rare cutaneous paraneoplasm.

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Einleitung

Die Akrokeratose Bazex ist vermutlich erstmals 1922 von Gougerot und Grupper beschrieben worden, während die Namensgebung auf eine Arbeit von André Bazex zurückzuführen ist, der das Krankheitsbild 1965 ausführlich beschrieb und als eigenständige Dermatose einordnete [1] [2] [3]. Die Akrokeratose Bazex zählt zu den kutanen Paraneoplasien. Unter diesem Begriff wird eine heterogene Gruppe überwiegend entzündlicher Dermatosen zusammengefasst, deren Auftreten an das Vorhandensein einer malignen viszeralen oder myeloproliferativen Neoplasie gebunden ist. Dieser ursächliche Zusammenhang zwischen einem Tumor und einer Dermatose findet sich auch in der Definition der kutanen Paraneoplasien wieder. Neben der Existenz einer malignen Tumorerkrankung gelten eine ungewöhnliche Therapieresistenz der Dermatose und ein paralleler Verlauf zwischen Tumor und Dermatose als weitere Kriterien der kutanen Paraneoplasie [4]. Nach erfolgreicher Behandlung des Tumors wird eine vollständige Rückbildung der Dermatose gefordert, bei einem Rezidiv der Neoplasie muss es folgerichtig auch zu einem Wiederauftreten der Dermatose kommen. Allerdings werden im Einzelfall nicht immer alle Kriterien der Definition erfüllt sein. So werden z. B. die seborrhoischen Keratosen bei einem Leser-Trélat-Syndrom persistieren, obwohl der zugrunde liegende Tumor erfolgreich behandelt wurde [5]. Auch bei autoimmunologisch verursachten Paraneoplasien, z. B. bei der Dermatomyositis, kann die klinische Symptomatik trotz suffizienter Tumortherapie weiter fortbestehen.

Kutane Metastasen eines Tumors, dermatologische Symptome, die unmittelbar auf das Tumorgeschehen zurückzuführen sind, wie z. B. die Flush-Symptomatik bei Sekretion vasoaktiver Mediatoren eines Karzinoidtumors oder ein posthepatischer Ikterus bei tumorbedingter Kompression des Ductus choledochus, zählen definitionsgemäß ebenso wenig zu den kutanen Paraneoplasien wie die dermatologischen Manifestationen genetisch bedingter Tumorsyndrome, z. B. Adnextumoren bei intestinalen Polyposis-Syndromen.

Die Einteilung der kutanen Paraneoplasien erfolgt anhand der Häufigkeit nachgewiesener Tumorformen. Dabei unterscheidet man obligate Paraneoplasien, bei denen nahezu immer ein maligner Tumor nachgewiesen werden kann, von fakultativen Paraneoplasien, die mit maximal 30 % deutlich seltener mit einem Malignom assoziiert sind [6].

Die Akrokeratose Bazex zählt zu den obligaten kutanen Paraneoplasien. Von wenigen Ausnahmen abgesehen sind immer Männer im Alter von über 50 Jahren betroffen. Für das Krankheitsbild kennzeichnend sind anfänglich akral betonte psoriasiforme Morphen typischerweise bei Karzinomen des oberen Gastrointestinal- oder Respirationstraktes. In der Mehrzahl der Fälle ist die dermatologische Verdachtsdiagnose Anlass für eine Tumorsuche, was die onkologische Signalfunktion der Akrokeratose Bazex unterstreicht.

Die hier vorgestellte Kasuistik erfüllt alle Kriterien der Akrokeratose Bazex und kann somit zur Kenntnis des Krankheitsbildes beitragen.

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Kasuistik

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Anamnese

Der 84-jährige Patient berichtete über nicht juckende Hautveränderungen, die er erstmals 3 Monate zuvor an den Fingern und Zehen bemerkt hatte. Eine zunächst eingeleitete Behandlung mit einer Prednicarbat-haltigen Salbe und einer 10 %igen Harnstoff-Rezeptur führte ebenso wenig zu einer Rückbildung der Befunde wie die später durchgeführte orale Therapie mit einem Terbinafin-Präparat. In der allgemeinen Anamnese des Patienten ließ sich ein arterieller Hypertonus erfragen. Die Behandlung erfolgte hierbei seit Jahren in unveränderter Weise mit 2 × 1 Tabl. DiovanR 80 mg (Angiotensin-II-Rezeptor-Antagonist), 1 × 1 Tabl. HCT HexalR 12,5 mg und 100 mg ASS. Die Familienanamnese des Patienten war unauffällig. Insbesondere ergaben sich keine Hinweise für das Auftreten einer Psoriasis vulgaris oder einer anderen chronisch-entzündlichen Dermatose.

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Dermatologischer Befund

Im Bereich der Endphalangen aller Finger und Zehen, nur an den Daumen auf die Phalanx proximalis übergreifende, unscharf begrenzte Erytheme mit festhaftender, fein- bis groblamellöser Schuppung. Bei vollständigem Verlust der Fingernägel pflastersteinartig angeordnete, gelbbraune, auf die Nagelbettregionen begrenzte Hyperkeratosen ([Abb. 1]). Über den Streckseiten der Unterarme linear auftretende, unscharf begrenzte Erytheme. Am gesamten übrigen Integument kein Hinweis für eine bestehende Psoriasis vulgaris.

Bei der Inspektion der Mundschleimhäute zeigte sich pharyngeal ein ausgedehnter, zentral ulzerierter, am Rand wallartig aufgeworfener Tumor, der das Gaumensegel links und die Uvula komplett zerstört hatte.

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Abb. 1 Akrokeratose Bazex: Unscharf begrenzte Erytheme mit psoriasiformer Schuppung und ausgeprägten Hyperkeratosen im Nagelbettbereich.

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Histopathologische Befunde

Biopsie Daumengrundgelenk Streckseite li.: Geringfügige Akanthose mit Orthokeratose und fokaler Parakeratose. Subepidermal diskretes perivaskuläres lymphohistiozytäres Infiltrat. PAS-Färbung ohne Nachweis von Hyphen.

Diagnose: Psoriasiforme superfizielle Dermatitis (Dr. C. Diaz; Einsendungslabor für Dermatopathologie, Freiburg).

Biopsie Tumor weicher Gaumen: Atypisches Plattenepithel mit mäßiggradiger Zell- und Kernpolymorphie. Mitosen, Einzelzellverhornung, invasives Wachstum.

Diagnose: Mäßig differenziertes gering verhorntes Plattenepithelkarzinom.

(Dr. V. Mühlfait; Pathologisches Institut Bremerhaven)

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Ergänzende Untersuchungen

Halssonografie: Zervikal bds. einzelne kleine, maximal 0,9 × 0,4 cm große, entzündlich veränderte Lymphknoten. Submandibulär links runder, 2,6 cm großer Lymphknoten mit homogen echoarmer Binnenstruktur. Der Befund entspricht sonomorphologisch einer Lymphknotenmetastase.

Rö.-Thorax, Oberbauchsonografie, CT-Thorax und Abdomen ohne Nachweis metastasentypischer Befunde. Rö.-Handskelett li./re.: Bds. konstitutionell sehr kurzes Daumenendglied. Mäßige degenerative arthrotische Veränderungen. Keine typischen Zeichen einer Psoriasisarthropathie.

Labor: Routinemäßige Laboruntersuchungen ohne richtungsweisende pathologische Befunde.

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Therapie und Verlauf

Da der Patient eine operative Behandlung ablehnte, wurde eine Radiotherapie durchgeführt. Bei einer Fraktionierung von 5 × 1,8 Gy pro Woche wurden Tumor und Lymphknotenmetastase mit einer kumulativen Gesamtdosis von 59,4 Gy bestrahlt. Der Patient stellte sich 3 Monate nach abgeschlossener Radiotherapie erneut bei uns vor. Der Tumor hatte sich vollständig zurückgebildet. Auch die Lymphknotenmetastase war klinisch und sonografisch nicht mehr nachweisbar. Der dermatologische Befund an den Fingern und Zehen war während und nach der Radiotherapie ausschließlich mit Salicyl-Vaseline 5 % behandelt worden. Die paraungual lokalisierten schuppenden Erytheme hatten sich vollständig zurückgebildet. Auch die in den Nagelbettregionen aufgetretenen Hyperkeratosen waren nicht mehr nachweisbar bei gleichzeitig wieder einsetzendem Nagelwachstum ([Abb. 2]).

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Abb. 2 Z. n. Radiotherapie des assoziierten Pharynxkarzinoms und einer zervikalen Lympknotenmetastase.

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Diskussion

Die Akrokeratose Bazex ist ein selten vorkommendes Syndrom, das in der Literatur überwiegend in Form von Kasuistiken beschrieben wird. In zwei Literaturstudien von Bolognia und Sarkar et al. aus den 1990er-Jahren konnten einzelne epidemiologische Daten von 112 bzw. 113 Patienten mit einer Akrokeratose Bazex zusammengestellt werden, wobei jedoch teilweise die gleichen Fallbeobachtungen ausgewertet worden sind [7] [8]. Demzufolge lässt sich bei der Akrokeratose Bazex eine deutliche Androtropie nachweisen. In beiden Studien betrug der Anteil weiblicher Patienten jeweils nur 6 %. Das Durchschnittsalter aller Patienten wurde ebenfalls übereinstimmend mit 61 Jahren angegeben. Von den 112 Patienten der von Sarkar et al. erstellten Statistik waren nur 5 Patienten jünger als 45 Jahre, wobei das Alter der jüngsten Patienten dieser Gruppe mit 25 Jahren angegeben werden konnte. Die Autoren beider Untersuchungen wiesen ferner darauf hin, dass von wenigen Ausnahmen abgesehen bei allen Patienten ein zumeist kombinierter Nikotin- und Alkoholabusus bekannt war, was zweifellos die gehäufte Tumorentstehung im Bereich der oberen Speise- und Atemwege erklärt [9]. Anhand klinischer Kriterien wurde der Verlauf der paraneoplastischen Akrokeratose bereits von André Bazex selbst in drei Stadien eingeteilt [10]. Das erste Stadium ist geprägt durch unscharf begrenzte, häufig deutlich livide Erytheme, die typischerweise in symmetrischer Verteilung zunächst an den Finger- und Zehenendgliedern, später auch an den oberen Helixanteilen der Ohrmuscheln und am Nasenrücken auftreten. Im Bereich der Erytheme zeigen sich feinlamelläre oder psoriasiforme Schuppungen. Auch scharf begrenzte verruziforme Hyperkeratosen mit Rhagaden können das klinische Bild kennzeichnen [11]. Bei mechanischer Ablösung der festsitzenden Schuppen und Hyperkeratosen kommt es zu Blutungen. Neben den erythematosquamösen Befunden gelten Blasen, dyshidrotische Vesikel, Erosionen und Pusteln als seltene morphologische Besonderheiten [12] [13] [14] [15] [16] [17] [18]. Weitere klinische Merkmale der Akrokeratose Bazex, die ebenfalls regelmäßig initial beobachtet werden können, sind Nagelveränderungen, die sich in der Regel an den Zehen ausgeprägter darstellen als an den Fingern. Hierzu zählen Nageldystrophien, Onychorrhexis und Koilonychie sowie subunguale Hyperkeratosen mit partieller oder kompletter Onycholyse. Besonders bei den Nageldystrophien liegt häufig gleichzeitig eine Paronychie vor [9] [18] [19]. Allgemeinsymptome der zugrunde liegenden Neoplasien werden von den Patienten zu diesem Zeitpunkt meist noch nicht bemerkt. Im zweiten Stadium der Erkrankung kommt es zu einer Zunahme der Intensität und zu einer zentripetalen Ausbreitung der dermatologischen Befunde. In ebenfalls bilateraler symmetrischer Verteilung entwickeln sich umschriebene bis flächenhafte, unscharf begrenzte Erytheme, die pityriasiforme oder psoriasiforme Schuppen aufweisen können. Betroffen sind in der Reihenfolge der Häufigkeit die Hände und Füße, die Streckseiten der oberen und unteren Extremitäten sowie der Stamm und der behaarte Kopf [7]. Neben der Zunahme der Hyperkeratosen an den Fingern und Zehen manifestieren sich vereinzelt ausgeprägte Hyperkeratosen an den Sohlen und den Lateralkanten der Füße, häufig in Kombination mit schmerzhaften Rhagaden. Parallel zur Ausdehnung der dermatologischen Befunde entwickeln sich nun auch Tumorsymptome. In Abhängigkeit von der Lokalisation der gehäuft im Bereich der oberen Speise- und Atemwege auftretenden Malignome und ihrer nicht selten jetzt bereits vorliegenden zervikalen oder mediastinalen Metastasen entwickeln sich schmerzhafte Dysphagien, funktionelle Störungen der Atmung oder Allgemeinsymptome. Das dritte Stadium der Akrokeratose Bazex ist durch eine allmählich zunehmende, bisweilen flächenhafte Manifestation der erythematosquamösen Läsionen am Stamm und im Gesicht gekennzeichnet. Trotz der vereinzelt großflächigen Ausdehnung der Befunde ist eine Erythrodermie bisher nicht beschrieben worden [10] [20]. Auch ausgedehnte Befunde bilden sich nach erfolgreicher Tumortherapie vollständig zurück, mit Ausnahme der Nagelveränderungen, die in der Regel in Form diskreter Dystrophien bestehen bleiben [10] [18]. Bei einem Tumorrezidiv in loco sowie bei einer zervikalen oder mediastinalen Metastasierung können auch die dermatologischen Befunde der Akrokeratose Bazex erneut auftreten. Eine Fernmetastasierung soll hingegen kein Rezidiv der dermatologischen Symptomatik auslösen [10] [11]. Das histopathologische Bild der Akrokeratose Bazex ist unspezifisch und dient vorrangig dem Ausschluss klinisch zu berücksichtigender Differenzialdiagnosen. Neben einer Orthohyperkeratose mit oder ohne parakeratotische Areale zeigt sich eine deutliche Akanthose der Epidermis, oft mit mononukleärer Exozytose. Auch eine Vakuolisierung einzelner Keratinozyten ist ein regelmäßig auftretender Befund. In der papillären Dermis kommen Ödembildung und perivaskuläre, meist lymphohistiozytäre, gelegentlich aber auch neutrophile oder eosinophile Infiltrate zur Darstellung [7] [21] [22] [23].

Bei elektronenmikroskopischen Untersuchungen wurden vereinzelt kapilläre Endothelschwellungen, Gefäßdilatationen, Fibrinablagerungen und diskrete Erythrozytenextravasate beobachtet [24]. Die Ergebnisse immunfluoreszenzmikroskopischer Untersuchungen sind widersprüchlich. Mehrfach wurden an der Basalmembran Ablagerungen von Immunglobulinen (IgG, IgA u. IgM), Komplement und Fibrinogen nachgewiesen [7] [20] [24]. Andere Autoren konnten diese Ergebnisse nicht nachvollziehen bzw. ordneten einzelne Befunde als unspezifisch ein [8] [21] [25] [26]. Die Akrokeratose Bazex ist bei noch nicht bekannter Tumorerkrankung stets eine klinische Verdachtsdiagnose. Diese Situation gilt für die Mehrzahl der betroffenen Patienten. Bei der Auswertung der 113 von Bolognia erfassten Fälle wurde bei 67 % der Patienten zunächst die Verdachtsdiagnose einer Akrokeratose Bazex gestellt, bevor der Tumornachweis erfolgte, bei 15 % war das Malignom bereits bekannt gewesen und bei den übrigen 18 % wurden die kutane Paraneoplasie und der jeweilige Tumor gleichzeitig diagnostiziert [7]. Diese Zahlen unterstreichen einerseits die Signalfunktion der Akrokeratose Bazex und verdeutlichen andererseits die Notwendigkeit einer intensiven Tumorsuche, wenn eine Akrokeratose Bazex erwogen werden muss. Die zunächst zu stellende Verdachtsdiagnose einer Akrokeratose Bazex beruht auf der klinischen Morphologie und dem Ausschluss der differenzialdiagnostisch zu berücksichtigenden Dermatosen. Dabei wird die Psoriasis vulgaris als besonders schwierige Differenzialdiagnose angesehen. Im Gegensatz zur Psoriasis vulgaris zeigt sich bei der Akrokeratose Bazex ein unscharf begrenztes Erythem und eine festhaftende Schuppung. Die klassischen Psoriasiszeichen können bei der kutanen Paraneoplasie nicht ausgelöst werden. Darüber hinaus wäre die Manifestation einer Psoriasis vulgaris am Nasenrücken und an den Ohren mehr als ungewöhnlich. Ein weiterer klinischer Hinweis, der Zweifel an der Diagnose einer Psoriasis vulgaris oder aber auch der eines psoriasiformen Ekzems aufkommen lassen sollte, ist die ausgeprägte Therapieresistenz der Akrokeratose Bazex, z. B. bei der Anwendung topischer Steroide. Zu weiteren Differenzialdiagnosen der Akrokeratose Bazex werden der chronisch-diskoide Lupus erythematodes, die Pityriasis rubra pilaris, das tylotisch-rhagadiforme Hand- und Fußekzem, palmoplantare Keratosen, der Morbus Reiter und Mykosen gezählt [8] [10] [21] [22]. Eine diagnostische Differenzierung der genannten Dermatosen ist in Zweifellsfällen durch die jeweils typischen histopathologischen Befunde möglich. Für die Diagnose einer Akrokeratose Bazex letztendlich entscheidend ist der Nachweis einer malignen Tumorerkrankung. Die häufigsten Lokalisationen der zugrunde liegenden Malignome finden sich im Bereich der oberen Atemwege und im oberen Gastrointestinaltrakt. Bei der Untersuchung von Bolognia zeigte sich bei 113 Fällen folgende Verteilung: Pharynx und Larynx 48,6 %, Lunge 17,7 %, unbekannte Lokalisation des Primarius 16 % und Oesophagus 10,6 %. Daneben fanden sich einzelne Malignome im Bereich Prostata, Leber, Magen, Thymus, Uterus, Vulva und Knochenmark [7]. Zu vergleichbaren Ergebnissen kamen auch die Arbeitsgruppen von Sarkar, Karabulut und Pecora [8] [19] [27]. In einzelnen Kasuistiken konnten zusätzlich maligne Neoplasien in der Mamma, im Colon, urogenital und abdominal als assoziierte Tumorformen der Akrokeratose Bazex nachgewiesen werden [15] [28] [29] [30]. Zum Zeitpunkt der Diagnose einer Akrokeratose Bazex ist bereits häufig eine zervikale oder mediastinale Metastasierung eingetreten. In einer Studie von Pecora et al. ließen sich bei 31 von 50 Patienten Lymphknotenmetastasen in zervikaler Lokalisation nachweisen [27]. Auch bei unbekanntem Primarius oder bei malignen Neoplasien in Organsytemen außerhalb des oberen Aerodigestivtraktes finden sich in der Regel Lymphknotenmetastasen im Halsbereich [8] [10] [27]. Histopathologisch werden bei der Akrokeratose Bazex fast ausschließlich Plattenepithelkarzinome gefunden. Nur vereinzelt konnten Adenokarzinome, undifferenzierte Karzinome oder Lymphome nachgewiesen werden [2] [7] [8] [15]. Die Pathogenese der Akrokeratose Bazex ist nicht geklärt. Die vereinzelt beschriebenen histopathologischen Veränderungen, z. B. perivaskuläre granulozytäre Infiltrate, die Ablagerungen von Immunglobulinen und die elektronenmikroskopisch beobachteten Gefäßveränderungen sind als mögliche Hinweise für eine allergische oder immunologische Pathogenese gewertet worden [8] [12] [27] [31]. Darüber hinaus werden auch bei der Akrokeratose Bazex Interaktionen zwischen dem Epidermal Growth Factor Rezeptor der Keratinozyten und den epidermalen Wachstumsfaktoren bzw. vom Tumor gebildeten Mediatoren gleicher Wirkung diskutiert [8] [25] [32]. Ob die ungewöhnliche Häufigkeit der malignen Neoplasien im oberen Aerodigestivtrakt und die gehäufte zervikale oder mediastinale Lymphknotenmetastasierung für die Pathogenese der Akrokeratose Bazex von Bedeutung ist, bleibt ebenfalls ungeklärt. Die Therapie der Akrokeratose Bazex ergibt sich aus dem pathogenetischen Zusammenhang zwischen dem Malignom und der kutanen Paraneoplasie. Mit erfolgreicher Behandlung des Tumors und seiner eventuell vorliegenden Metastasen wird es auch zu einer Rückbildung der dermatologischen Symptome kommen. Eine symptomatische Lokaltherapie, z. B. mit keratolytisch wirksamen Rezepturen, kann in Einzelfällen hilfreich sein. Bei ausgeprägten Befunden, insbesondere an den Händen, und nicht mehr therapierbarem Tumorleiden lässt sich durch eine Radiotherapie der betroffenen Lokalisationen eine Rückbildung der dermatologischen Befunde erreichen [9].

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Dr. Gunnar Wagner

Klinikum Bremerhaven Reinkenheide

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Email: gunnar.wagner@klinikum-bremerhaven.de

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Dr. Gunnar Wagner

Klinikum Bremerhaven Reinkenheide

Postbrookstr. 103
27574 Bremerhaven

Email: gunnar.wagner@klinikum-bremerhaven.de

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Abb. 1 Akrokeratose Bazex: Unscharf begrenzte Erytheme mit psoriasiformer Schuppung und ausgeprägten Hyperkeratosen im Nagelbettbereich.

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Abb. 2 Z. n. Radiotherapie des assoziierten Pharynxkarzinoms und einer zervikalen Lympknotenmetastase.