Einleitung
Einleitung
Ultraschall wird in der Medizin seit mehr als 70 Jahren für therapeutische und diagnostische
Zwecke verwendet. Es können hierbei verschiedene qualitative Formen differenziert
werden ([Tab. 1]).
Tab. 1 Qualitative Formen des therapeutischen Ultraschalls.
Art |
Frequenz |
Intensität/Leistung |
Anwendung |
niederfrequenter Ultraschall |
30 – 120 kHz |
0,05 – 1,5 W/cm2
|
Wundbehandlung |
niederfrequenter Leistungsultraschall |
20 – 60 kHz |
bis 200 W/cm2
|
Wundbehandlung, Liposuction, Thrombolyse Zahnmedizin |
hochfrequenter Ultraschall |
0,8 – 5 MHz |
0,1 – 3 W/cm2
|
Physiotherapie, Kosmetik Neurologie, Orthopädie |
hochfrequenter Leistungsultraschall |
5 – 10 MHz |
bis 1500 W/cm2
|
Tumortherapie, Chirurgie |
Für therapeutische Anwendungen wurde initial überwiegend hochfrequenter Ultraschall
eingesetzt. Seit ca. 50 Jahren wird aber auch über den erfolgreichen Einsatz von niederfrequentem
Ultraschall in der Konditionierung chronischer Wunden berichtet [1]. Für die Erzeugung des niederfrequenten Ultraschalls nutzt man den reziproken piezoelektrischen
Effekt. Hierbei wird durch das Anlegen einer sinusförmigen Wechselspannung an ein
im Schallkopf befindliches piezoelektrisches Material wie beispielsweise Bariumtitanat
dieses durch seine physikalischen Eigenschaften in mechanische Schwingung versetzt
und schließlich Energie erzeugt. Dieser Effekt wird auch als elektro-mechanischer
Wandler bzw. Transducer bezeichnet [2]. Ultraschall besteht folglich aus mechanischen Wellen, deren physiologische Effekte
das Ergebnis der Wechselwirkungen mit dem Transmissionsmedium sind. Ein Teil der Ultraschallenergie
wird bei der Anwendung in einem Gewebe absorbiert und in Wärme umgewandelt.
Die Wirkmechanismen von Ultraschall werden insbesondere durch dessen Frequenz bestimmt.
Hohe Frequenzen erzeugen kurze Ultraschallwellen mit einer geringeren Eindringtiefe
wohingegen niedrige Frequenzen lange Ultraschallwellen mit größerer Eindringtiefe
generieren [3]. Abhängig von den jeweiligen physikalischen Kenngrößen Schallfrequenz, Schallwechseldruck,
Wellenlänge und Schallstrahlungsdruck kommt es abhängig von der Reflexion und Absorption
zu einer Umsetzung der Ultraschallenergie im Gewebe. Unterschiedliche Gewebe haben
dabei unterschiedliche Absorptionsvermögen. So zeigen beispielsweise knöcherne Strukturen
ein hohes Absorptionsvermögen, wohingegen dieses in fetthaltigen Geweben gering ist.
Zudem werden Energieverlauf und Temperaturprofil des Ultraschalls im Gewebe durch
die Reflexion an den Grenzflächen unterschiedlicher Medien bestimmt [4]
[5]. Im Gegensatz zu dem hochfrequenten Ultraschall besitzt der niederfrequente Ultraschall
eine sehr lange Ultraschallwelle. Der Ultraschall niederfrequenter Bereiche kann somit
niedrige Frequenzen mit enorm hoher Intensität nutzen und wird dann bei dem Auftreffen
auf ein Medium teilweise reflektiert, ohne wesentliche thermische Effekte zu vermitteln.
Geräte
Geräte
Für die Wundgrundkonditionierung wird in einer modernen phasenadaptierten Versorgung
chronischer Wunden überwiegend niederfrequenter Ultraschall beziehungsweise Leistungsultraschall
eingesetzt. Aktuell befinden sich zwei unterschiedliche Konzepte von Geräten auf dem
deutschen Markt, die bei unterschiedlichen Indikationen unterschiedliche Applikationsformen
in der Wundtherapie ermöglichen. Die zunächst entwickelte Geräteart besteht aus einem
Ultraschallgenerator und einer Sonde, die über einen Stab an den zu therapierenden
Bereich aufgebracht werden kann. Eine stufenlose Regulation der Intensität ist orientiert
anhand des Befundes und der Schmerzsymptomatik des Patienten möglich. Die Applikation
des kontinuierlich oder gepulst ausgelösten niederfrequenten Ultraschalls erfolgt
über einen angekoppelten Schallkopf direkt oder indirekt am Wirkungsort. Eine direkte
Beschallung ist über eine suprakutan angebrachte Sonde möglich. Hierbei erfolgt die
Behandlung beispielsweise für jeweils etwa 20 Minuten durch einen mit Ultraschall-Gel
bedeckten sterilen Hydrogel- oder Hydrokolloidverband. Ein praktischer Vorteil ist,
dass der Verband nach Abschluss des jeweiligen Therapieintervalls auf der Wunde belassen
werden kann.
Die indirekte Anwendung erfolgt in einem Wasserbad. Dabei wird die Ultraschallsonde
in einem Abstand von wenigen Zentimetern zu der Wundoberfläche gehalten. Die Therapieintervalle
sollten jeweils etwa 10 – 20 Minuten betragen und möglichst täglich über einen Zeitraum
von mindestens 2 – 4 Wochen durchgeführt werden. Da die Anwendung von Leitungswasser
in der Wundtherapie heute sehr kritisch zu sehen ist, sollte entweder die Verwendung
von Sterilfiltern bei Leitungswasser oder der Zusatz von nicht-zytotoxischen Antiseptika
wie Octenidin oder Polihexanid empfohlen werden. Diese Geräte eignen sich aufgrund
der einfachen Handhabung auch für die Anwendung durch geschulte Patienten oder Pflegepersonal.
Als neuere Alternative wurde vor mehreren Jahren ein sogenannter Ultraschall-Dissektor
entwickelt ([Abb. 1]).
Abb. 1 Praktische Durchführung der Wundsäuberung eines Ulcus cruris mit niederfrequentem
Leistungsultraschall.
Der Ultraschall-Dissektor ermöglicht die Ankopplung von niederfrequentem Leistungsultraschall
mit einer Arbeitsfrequenz von 25 kHz und einer Leistung von 35 – 40 W/cm2 über eine in ein Handstück eingearbeitete Sonde. Bei dieser sehr effektiven Methode
ist aufgrund der Schmerzhaftigkeit auf eine ausreichende Analgesie zu achten. Oft
reicht allerdings bereits die Applikation eines topischen Lokalanästhetikums in Form
einer Creme für einen Zeitraum von 30 – 60 Minuten vor Intervention aus. Über die
Spülflüssigkeit, die primär der Kopplung des Ultraschalls dient und zentral durch
das Handstück fließt, können Zusätze in die Wunden eingebracht werden. Zudem befindet
sich in dem Handstück eine Absaugvorrichtung, die entstehende Aerosole zu einem großen
Teil aufsaugen soll um eine Kontamination der Umgebung zu verhindern. Bei dem Ultraschall-Dissektor
handelt es sich um ein kompaktes mobiles Gerät, das ausschließlich durch geschulte
Ärzte angewendet werden sollte ([Abb. 2]).
Abb. 2 An dem kaudalen Anteil des Ulcus cruris wurden bereits mittels niederfrequentem Leistungsultraschall
Nekrosen und Fibrin abgetragen.
Wundgrundkonditionierung
Wundgrundkonditionierung
Unter dem Begriff „Wundgrundkonditionierung” oder „wound bed preparation” werden alle
Maßnahmen zusammengefasst, die im Rahmen einer phasenadaptierten Wundbehandlung einen
möglichst raschen Wundverschluss vorbereiten. Somit muss nach einem vollständigen
Débridement insbesondere eine Förderung der Ausbildung von Granulationsgewebe erfolgen.
Die Vermittlung der Wirkungen von Ultraschall in chronischen Wunden lassen sich in
mechanische Einwirkungen, insbesondere auf die Gewebeoberflächen, mechano-akustische/bio-akustische
Effekte, insbesondere auf Mikroorganismen, und thermische und nicht-thermische Einflüsse,
insbesondere auf tiefere Gewebeschichten, unterteilen [6]. Da hochfrequenter Ultraschall überwiegend thermische Effekte vermittelt und ausgehend
von der primären physikalischen Energieform als Mechanotherapie gesehen werden kann,
hat er sich lediglich bei der Behandlung der Wundumgebung als geeignet erwiesen [6]
[7]
[8]. Als ein wesentlicher Mechanismus in der Vermittlung der Wirkungen von Ultraschall
in der Wundbehandlung ist das Phänomen der Kavitation zu sehen. Die Kavitation beschreibt
die Ausbildung kleinster Bläschen in flüssigen Medien durch Druck-Zug-Kräfte, die
oszillieren (stabile Kavitation) und/oder implodieren (transiente Kavitation). Insbesondere
durch die Implosion resultieren Mikroströmungen und Druckgradienten. Die Viskosität
des Mediums und die Ultraschallintensität bestimmen das Ausmaß der Kavitationsbildung.
Die Intensität muss für die Induktion der Kavitation einen Schwellenwert überschreiten.
Bei Wassertemperaturen zwischen 32 °C und 38 °C genügt bereits bei beispielsweise
40 kHz eine Intensität von etwa 100 – 150 mW/cm2, wohingegen bei 1 MHz die Intensität mehr als 10-fach größer sein muss [6]. Höhere Frequenzen erfordern somit höhere Intensitäten für die Induktion von Kavitation.
Débridement
Ein effektives Débridement chronischer Wunden wird durch die Behandlung mittels niederfrequenten
Ultraschalls über verschiedene Mechanismen vermittelt ([Tab. 2]).
Tab. 2 Mechanismen des Débridements.
Elimination avitaler Bestandteile, Nekrosektomie |
Elimination von Mikroorganismen |
Verstärkung der enzymatischen Fibrinolyse |
Verstärkung der Wirkung von Antibiotika |
Verstärkung der Wirkung von Antimykotika |
Die mechanische Abtragung avitaler Bestandteile und die Induktion einer weitgehend
selektiven Nekrosektomie können hierbei als wesentliche Aspekte gesehen werden [9]. So konnte auch in einem Rattenmodell gezeigt werden, dass Ultraschallanwendung
für jeweils 5 Minuten mit einer Frequenz von 50 kHz effektiv sowohl die Entfernung
von avitalen Bestandteilen als auch die Elimination einer standardisierten bakteriellen
Kontamination mit Staphylococcus aureus erzielt werden konnte [9].
Auch In-vitro-Untersuchungen mit dem Ultraschall-Dissektor belegen eine Korrelation
der verwendeten Leistung und der induzierbaren Keimzahlreduktion. Während einer Behandlungsdauer
von 60 Sekunden in hohen Leistungsbereichen von 80 % – 100 % der maximalen Leistung
zeigte sich eine Eliminationsrate von über 90 % für Streptokokken- und Pseudomonas-Spezies.
In mittleren Leistungsbereichen von 60 % der maximalen Leistung konnte proportional
abhängig von der Einwirkdauer eine Eliminationsrate von sogar fast 100 % für Streptokokken
erzielt werden, wenn die Behandlungsdauer mindestens 2 Minuten betrug. Somit scheint
die bakterizide Wirkung der Ultraschalltherapie sowohl von der Leistung als auch von
der Behandlungsdauer abhängig zu sein [10]
[11]
[12]. Weitere In-vivo-Studien im Tiermodell zeigten in kontaminierten posttraumatischen
Wunden sowohl eine effektive Reduktion der bakteriellen Besiedelung als auch eine
Verringerung der Anzahl der nachfolgenden Infektionen [13]. Weitere Untersuchungen belegen, dass die Wirksamkeit von Gentamycin in Kombination
mit therapeutischem Ultraschall auf planktonische Bakterien ebenso wie auf Bakterien
in Biofilmen signifikant erhöht werden konnte. Insgesamt zeigten sich Ultraschallbereiche
der niedrigen Frequenzen (70 kHz) bezüglich ihrer Bakterieneliminationsraten signifikant
effektiver wirksam verglichen mit hochfrequenten Ultraschallbereichen (10 MHz) [11]. Es wurde von den Autoren diskutiert, dass der Ultraschall den Transport des topisch
applizierten Antibiotikums in die Zellen erhöht [14]. Ein transient gesteigerter transzellulärer Transport hydrophiler Substanzen durch
die gleichzeitige Applikation von Ultraschall wurde mehrfach beschrieben [15]. So konnte elektronenmikroskopisch gezeigt werden, dass durch die Kavitationswirkung
Risse in der Zelloberfläche der Bakterien entstehen [16].
Einen weiteren potentiell relevanten Faktor in der Vermittlung des Débridements durch
niederfrequenten Ultraschall kann in der Verstärkung der endogenen enzymatischen Fibrinolyse
gesehen werden [17]
[18]. Sowohl in vitro als auch in mehreren In-vivo-Modellen zeigte sich bei einer Ultraschalltherapie
mit einer Frequenz von 0,5 – 1 MHz und einer Intensität von mehr als 0,5 W/cm2 eine deutlich erhöhte enzymatische Fibrinolyse, die als Autolyse ein Débridement
unterstützen kann [19].
Der antibakterielle Effekt von therapeutischem Ultraschall scheint somit sowohl durch
die Schädigung von Oberflächenstrukturen, Wirkungssteigerung von Antiseptika oder
Antibiotika als auch über das Auftreten von transienten Öffnungen der Zellmembranen
und der Induktion der enzymatischen Fibrinolyse vermittelt zu werden [15]
[16]
[20]. In der Literatur wird diese Synergie zwischen Ultraschall und Wirkstoff auch als
„sonophoretischer Teilchentransport” oder als „bioakustischer Effekt” beschrieben
[11].
Granulation
In der phasenadaptierten modernen Wundtherapie bildet die Förderung der Ausbildung
von Granulationsgewebe die wesentliche Vorraussetzung für eine Re-Epithelisation ([Tab. 3]).
Tab. 3 Mechanismen der Granulationsförderung.
Angioneogenese |
Ausschüttung von Wachstumsfaktoren |
Proliferation von Fibroblasten |
Verbesserung der kutanen Vaskularisation |
Während der Ultraschalltherapie von Patienten mit einem Ulcus cruris venosum zeigten
sich eine Erhöhung des pO2 und eine Verminderung des pCO2 des kutanen kapillären Blutflusses [21]. Eine Steigerung der kutanen Vaskularisation nach Applikation von niederfrequentem
Ultraschall erbrachte einen um 25 % erhöhten pO2 in 2 cm Gewebetiefe. Intrakutan konnte sogar eine bis zu 40 %ige Steigerung des pO2 sowie eine Erhöhung der Temperatur um 3 °C in 2 cm Gewebetiefe oder um 5 °C intrakutan
und schließlich eine Zunahme der kutanen Stoffwechselleistung beobachtet werden [7]
[22]. Als ursächlich für die Verbesserung der Mikrozirkulation wurde eine als „Mikromassage”
bezeichnete mechanische Reizung des Gefäßendothels und eine verstärkte Stickstoffmonoxid-Freisetzung
diskutiert [22]
[23]
[24].
Sowohl durch hochfrequenten als auch durch niederfrequenten Ultraschall zeigte sich
in vitro eine Steigerung der Proliferation in Fibroblasten, Monozyten und Osteoblasten
sowie deren Proteinsynthese und Zytokinproduktion [4]
[25]
[26]. Bei Patienten mit einem Ulcus cruris venosum ergab eine adjuvante Therapie mit
Ultraschall eine vermehrte Ausbildung von Granulationsgewebe, eine Stimulation der
Protein- und Kollagensynthese sowie eine Stimulation der Fibroblasten und der Makrophagen
[7]. Für die Wundgrundkonditionierung chronischer Wunden wurden für oberflächlich gelegene
Wunden höhere Frequenzen, beispielsweise um 3 MHz, und für Wunden tieferer Gewebeschichten
niedrigere Frequenzen, beispielsweise um 1 MHz, empfohlen [23].
Zusammenfassend soll durch den Einsatz von therapeutischem Ultraschall in der Wundgrundkonditionierung
chronischer Wunden ein effektives Débridement, eine Verkürzung der inflammatorischen
Phase und eine Beschleunigung der Granulation erreicht werden [4]
[27]. Von entscheidender Bedeutung für die therapeutische Wirksamkeit scheinen die Dosierungsparameter
des Ultraschalls, Leistungsdichte in W/cm2, Beschallungsart, Behandlungsdauer und die Applikationsfrequenz sowie die Gesamtzahl
der Behandlungen zu sein [4]
[28].
Klinische Studien
Klinische Studien
Die Prävalenz, ein Ulcus cruris venosum als weltweit häufigste Art einer chronischen
Wunde zu entwickeln, liegt bei etwa 1,5/1000 [29]
, ist höher für Frauen und steigt mit zunehmendem Lebensalter an [29]
[30]. Weiterhin sind es insbesondere Patienten mit einem Dekubitus und/oder einem diabetischen
Fußsyndrom, die eine chronische Wunde entwickeln können [31]. Diese chronischen Wunden unterschiedlicher Genese zeigen oft einen therapierefraktären
Verlauf, neigen zu Rezidiven und sind durch die notwendigen Verbandwechsel material-
und pflegeaufwendig. Als wesentlicher Baustein in der Behandlung des Ulcus cruris
venosum ist beispielsweise die Kompressionstherapie sowie die Verwendung verschiedener
Wundauflagen zu nennen. Es kommen aber auch zunehmend physikalische Therapien wie
Elektrostimulation, Vakuum-, Hydro- und Lasertherapien oder extrakorporale Stoßwellentherapien
zum Einsatz. Ein gemeinsames Merkmal aller Methoden ist, dass deren Wirksamkeit in
der Behandlung chronischer Wunden im Sinne einer evidenzbasierten Medizin nur unzureichend
belegt werden konnte. Dies gilt auch für die Ultraschalltherapie chronischer Wunden.
Die wenigen bislang publizierten klinischen Studien zu der Anwendung des therapeutischen
Ultraschalls in der Behandlung von Patienten mit chronischen Wunden beschäftigen sich
mit der Frage, wie diese Methode wirkt und wann sie eingesetzt werden sollte. Zudem
wurde immer wieder versucht, zumindest Teilaspekte der vermittelten Effekte zu objektivieren.
So berichteten beispielsweise Dyson et al. bereits 1976 und in den folgenden Jahrzehnten
auch andere Arbeitsgruppen von einer Beschleunigung der Wundheilung durch die Anwendung
von therapeutischem Ultraschall [7]
[27]
[29]
[32]. Dennoch wurde in einer 2000 veröffentlichten Meta-Analyse festgestellt, dass bezüglich
der Beschleunigung der Wundheilung zumindest für das Ulcus cruris venosum durch die
Therapie mit Ultraschall zwar Tendenzen aber keine signifikant verkürzten Abheilungsraten
erzielt werden konnten [33]. Auch eine weitere Cochrane-Meta-Analyse über die Wundbehandlung von Patienten mit
Druckulzerationen zeigte 2006 keinen signifikanten Vorteil durch den Einsatz einer
Ultraschalltherapie. Es konnten in dieser Zusammenfassung jedoch auch lediglich 3
Studien mit insgesamt 146 Patienten ausgewertet werden. Zwei dieser Studien waren
Plazebo-kontrolliert, in der dritten Studie wurde eine kombinierte Behandlung mit
Ultraschall und ultraviolettem Licht mit Lasertherapie und einer Standardbehandlung
verglichen. In keiner der 3 Studien konnte ein statistisch signifikanter Unterschied
in der Heilungstendenz der Ulzerationen gesehen werden [34]
. Der Studienvergleich wird allerdings durch die geringe Anzahl der eingeschlossenen
Patienten, unterschiedliche Therapiekonzepte und Nachbeobachtungszeiträume erschwert.
Auch in einer von Lundberg et al. publizierten Untersuchung zu der Abheilung venöser
Ulzera mittels gepulsten Ultraschalls konnten keine signifikanten Effekte im Vergleich
zu der Kontrollgruppe gefunden werden [35]. Dennoch existieren auch mehrere In-vivo-Studien, die eine Beschleunigung der Heilung
von akuten und chronischen Wunden durch Ultraschallapplikation sowohl im Tiermodell
als auch bei Patienten belegen [36]
[37]
[38]
[39]. Beispielsweise konnte in einer randomisierten Plazebo-kontrollierten Vergleichsstudie
gezeigt werden, dass durch den Einsatz einer adjuvanten Therapie mit Ultraschall geringer
Intensitäten wie beispielsweise < 0,5 W/cm2 und einer Frequenz < 100 kHz eine Beschleunigung der Abheilung bei Patienten mit
einem Ulcus cruris venosum erzielt wird [7]. Niederfrequenter Ultraschall scheint zudem die Wirkung antibiotischer Therapien
zu verstärken. So konnte in mehreren Studien ein gesteigerter Transport von Antibiotika
in die Zellen sowohl bei planktonischen Kulturen als auch in vitro und in vivo Biofilmen
nachgewiesen werden [11]
[14]
[28]
[40]
[41]
[42]
[43]
[44]
[45].
Eine 2008 veröffentlichte Cochrane-Meta-Analyse über therapeutischen Ultraschall In
der Behandlung von Patienten mit venösen Ulzerationen vergleicht 8 klinische Studien
[46]. Insgesamt 5 dieser Studien waren Plazebo-kontrolliert. Die 3 anderen Studien vergleichen
niedrigfrequenten Ultraschall mit aktuellen Standardtherapien. Hervorzuheben ist in
dieser Meta-Analyse die 2004 publizierte Untersuchung von Franek [47]. Hierbei wurden in 2 Untersuchungsarmen der klinische Effekt der Anwendung verschiedener
Intensitäten des Ultraschalls (gepulst 1 MHz mit 0,5 oder 1 W/cm2) in einem 34 °C warmen Wasserbad untersucht. In dem 3. untersuchten Vergleichsarm
kam zudem eine ausschließliche, standardisierte, topische Behandlung zur Anwendung.
Die besten Resultate konnten in der Behandlungsgruppe gefunden werden, die mit 0,5 W/cm2 therapiert wurde. Interessanterweise waren die Resultate der Patienten in der Gruppe,
die mit 1 W/cm2 behandelt wurde, weniger effektiv in Bezug auf die wöchentliche Abheilungsrate und
Volumenreduktion der Ulzera verglichen mit der Gruppe, die eine Standardtherapie ohne
Ultraschall erhalten hatten.
In den anderen Plazebo-kontrollierten Studien konnten bezüglich der Abheilungsraten
keine signifikanten Unterschiede zwischen der Verum- und der Plazebogruppen gefunden
werden. Vergleicht man allerdings den Prozentsatz der abgeheilten Ulkusfläche, ergibt
sich ein statistisch signifikanter Unterschied zugunsten der Gruppen, die tatsächlich
mittels Ultraschall behandelt wurden.
Bei dem Vergleich der Studien, in denen Ultraschalltherapien mit Standardtherapien
verglichen wurden, zeigt sich ebenfalls kein signifikanter Unterschied in Hinblick
auf die Anzahl der abgeheilten Ulzera. Berücksichtigt man allerdings alle Studien
zusammen, die Ultraschalltherapie mit Plazebotherapie und Standardtherapie verglichen
haben, kommt man sowohl zu einem statistisch signifikanten Unterschied bei der Anzahl
der geheilten Ulzera als auch bei dem Prozentsatz der abgeheilten Ulkusfläche zugunsten
der Therapie mittels Ultraschall. Einschränkend muss jedoch ergänzt werden, dass bei
sämtlichen Studien eine schwache methodische Qualität mit einer geringen Anzahl von
Patienten bestand.
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die Studienlage zu der Wundbehandlung
mit Ultraschall zwar auf positive Teilaspekte und Tendenzen hinweist, insgesamt betrachtet
die Qualität der derzeit zur Verfügung stehenden Daten aber unzureichend ist. Meist
fehlt die Vergleichbarkeit der eingesetzten Methoden, da mit Ultraschall verschiedener
Intensitäten und Frequenzen über unterschiedliche Zeiträume bei unterschiedlichen
Indikationen, Applikationsarten und untersuchten Endparametern berichtet wurde.
Fazit
Fazit
Die Vorteile der Behandlung chronischer Wunden mittels therapeutischen Ultraschalls
stellen die einfache Handhabung, die teilweise sogar von den Patienten übernommen
werden kann, der sichere Umgang mit den Geräten, die Kombination mit anderen Wundheilungsmaßnahmen,
der breite Anwendungsbereich, die gute Akzeptanz bei Anwendern und Patienten und die
geringen Folgekosten dar. Wohingegen die regelmäßig notwendige Desinfektion der Geräte,
die hohen Anschaffungskosten und der Zeitaufwand die Nachteile dieser Therapiemethode
charakterisieren.
Unbestritten ist sicherlich, dass insbesondere der niederfrequente Leistungsultraschall
eine sehr effektive Methode für die Durchführung eines Débridements darstellt. Ob
allerdings durch therapeutisch eingesetzten Ultraschall auch eine Beschleunigung der
Wundheilung chronischer Wunden erzielt werden kann, ist zumindest im Sinne einer evidenzbasierten
Medizin abschließend nicht sicher zu bestätigen und erfordert weitere randomisierte
und kontrollierte Studien.