Flugmedizin · Tropenmedizin · Reisemedizin - FTR 2008; 15(4): 169
DOI: 10.1055/s-0028-1119795
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© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Auswertung auf Basis des GeoSentinel–Surveillance–Netzwerks – Sinn eines Schistosomiasis–Screenings unterstrichen

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Dr. Hinrich Sudeck

Hamburg

Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
29. Dezember 2008 (online)

Inhaltsübersicht

Nicolls DJ, Weld LH, Schwartz E et al. GeoSentinel Surveillance Network. Characteristics of schistosomiasis in travelers reported to the GeoSentinel Surveillance Network 1997–2008. Am J Trop Med Hyg 2008; 79: 729–734

Thema: Im Rahmen des weltweiten Geo Sentinel–Surveillance–Netzwerkes wurden zwischen 1997 und 2008 insgesamt 401 Schistosomiasis–Fälle aus 27 spezialisierten „Travel Clinics” in 12 Ländern hinsichtlich ihrer klinischen und epidemiologischen Aspekte untersucht.

Projekt: Die Patienten durften nicht aus einem Endemiegebiet stammen, sollten keine Immigranten sein, mussten innerhalb der letzten 10 Jahre eine internationale Grenze passiert haben und in einem der Zentren um medizinische Betreuung nachgesucht haben. Für die Falldefinition musste die Diagnose anhand serologischer oder parasitologischer Befunde bestätigt sein. Die Art der verwendeten serologischen Verfahren oder der parasitologischen Diagnostik wurde nicht näher spezifiziert. Die Autoren unterschieden nicht zwischen Katayamafieber und chronischer Schistosomiasis.

Die Patienten wurden in 4 Kategorien eingeteilt: Touristen, Geschäftsreisende, missionarisch–freiwillig Tätige oder Angehörige von Hilfsorganisationen und alle anderen. Die Autoren teilten die „presenting symptoms” in 14 Kategorien ein. Ferner wurden Begleitdiagnosen (insbesondere Helminthosen mit und ohne Atemwegssymptomatik), die Zeitdauer der Reise, der Zeitpunkt des Reiseantritts und die Region der Exposition erfasst.

Ergebnisse: Von 25 240 zurückkehrenden Reisenden wurden 828 auf Bilharziose untersucht und 410–mal die Diagnose einer Bilharziose bei 401 Reisenden gestellt. Bei 49  % der 319 asymptomatischen Reisenden wurde eine Bilharziose festgestellt. Die Spezies waren in 102 Fällen Schistosoma mansoni, 88 waren S. haematobium, 7 S. japonicum und 213 Fälle blieben unspezifiziert. Neun Reisende hatten eine Koinfektion mit S. hämatobium und S. mansoni. Reisende unter 45 Jahren, Männer und freiwillig Tätige waren häufiger betroffen als andere Reisende. Die Tatsache, dass Reisende vor dem Reisebeginn eine Beratung hatten, war ebenfalls mit der Diagnose einer Schistosomiasis assoziiert.

Mehr als 80  % der Infektionen wurden in Subsahara–Afrika erworben (etwa Regionen um den Malawisee, den Nil und den Omo–Fluss). Fieber und Atemwegssymptome waren bei schistosomiasispositiven Patienten insbesondere dann häufiger, wenn sie sich innerhalb von 6 Monaten nach ihrer Rückkehr untersuchen ließen. Fatigue und Symptome seitens des Urogenitaltraktes waren bei den Betroffenen ebenfalls häufiger, traten aber eher spät auf.

Fazit: Dies ist die bisher umfangreichste Analyse einer importierten Schistosomiasis bei Reisenden. Sie bestätigt die Ergebnisse anderer Untersuchungen und macht noch einmal deutlich, wie wichtig das Screening vor allem auch bei asymptomatischen (Langzeit–)Reisenden ist, die sich in Schistosomiasis–Endemiegebieten aufgehalten haben.

Kommentar

In einer israelischen Studie von Meltzer et al. wurden bei einer längeren Nachbeobachtungszeit immerhin 27  % der initial symptomfreien Patienten dann doch symptomatisch [1]. In einer anderen Studie waren 4,8  % der Reisenden infiziert, obwohl sie keinen Süßwasserkontakt angegeben hatten – man darf sich beim Screening von asymptomatischen Patienten also nicht ganz auf die Anamnese verlassen [2]. Auch in einem Hotelpool in Tansania kam es zu 23 Infektionen: Dieser Fall wird detailliert in der Arbeit von Leshem al. dargestellt [3]. Das Beispiel ist auch hinsichtlich seiner ökonomischen Folgen interessant.

Wertet man die Häufung von Fieber und Atemwegssymptomen als Zeichen eines Katayamafiebers, kommt man zu dem Schluss, dass dieses wahrscheinlich häufiger auftritt, als bisher aufgrund kleinerer Studien oder Kasuistiken angenommen. Ein bemerkenswerter und von den Autoren auch gründlich diskutierter Aspekt ist die Tatsache, dass trotz einer reisemedizinischen Beratung vor der Reise ein hoher Anteil von Reisenden Süßwasserkontakte nicht meidet. Eine professionelle reisemedizinische Beratung vor dem Reisebeginn führt mit höherer Wahrscheinlichkeit zur Diagnose einer Schistosomiasis, gerade auch bei asymptomatischen Rückkehrern, und ist daher sinvoll und notwendig.

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Abb. 1

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Abb. 2

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Literatur

  • 1 Meltzer E, Artom G, Marva E. et al. . Schistosomiasis among travelers: new aspects of an old disease.  Emerg Infect Dis. 2006;  12 1696-1700
  • 2 Whitty CJ, Carroll B, Armstrong M. et al. . Utility of history, examination and laboratory tests in screening those returning to Europe from the tropics for parasitic infection.  Trop Med Int Health. 2000;  5 818-823
  • 3 Leshem E, Maor Y, Meltzer E. et al. .Acute Schistosomiasis Outbreak: Clinical Features and Economic Impact. Clin Infect Dis 2008
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Dr. Hinrich Sudeck

Hamburg

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Literatur

  • 1 Meltzer E, Artom G, Marva E. et al. . Schistosomiasis among travelers: new aspects of an old disease.  Emerg Infect Dis. 2006;  12 1696-1700
  • 2 Whitty CJ, Carroll B, Armstrong M. et al. . Utility of history, examination and laboratory tests in screening those returning to Europe from the tropics for parasitic infection.  Trop Med Int Health. 2000;  5 818-823
  • 3 Leshem E, Maor Y, Meltzer E. et al. .Acute Schistosomiasis Outbreak: Clinical Features and Economic Impact. Clin Infect Dis 2008
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Dr. Hinrich Sudeck

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