veterinär spiegel 2009; 19(03): 146-147
DOI: 10.1055/s-0029-1185969
kleintiere & heimtiere
Enke Verlag in MVS Medizinverlage Stuttgart GmbH & Co. KG Stuttgart

Übergewicht beim Hund – Problematik und Strategien zur Gewichtsreduktion

Klaus Neufeld
Further Information

Publication History

Publication Date:
11 September 2009 (online)

Problematik der Adipositas beim Hund

Obwohl eine Vielzahl kommerzieller Reduktionsdiäten sowie neue pharmakologische Therapiemöglichkeiten zur Verfügung stehen, nimmt der Anteil übergewichtiger und adipöser Hunde in der Population ständig zu.

Im Rahmen einer Dissertation an der Veterinärmedizinischen Universität Wien wird der Einfluss der Kastration auf die Entstehung von Übergewicht beim Hund untersucht. Hierbei wird außerdem der Einfluss einer Nahrungsfaserkombination mit fermentierbaren und nicht fermentierbaren Anteilen auf die Gewichtsentwicklung bei kastrierten Hunden beobachtet. In einem Feldversuch mit adipösen Tieren konnte diese Nahrungsfasermischung gute Erfolge verzeichnen.

Die Kastration ist erwiesenermaßen einer von zahlreichen Prädispositionsfaktoren für die Entstehung von Übergewicht beim Hund. Die Bewegungsaktivität der Tiere nimmt ab, während die spontane Futteraufnahme steigt. Mehrere Studien belegen, dass eine Kastration sowohl beim Rüden als auch bei der Hündin das Adipositasrisiko verdoppelt ([Edney u. Smith 1986], [Robertson 2003]). In einer Studie mit kastrierten Versuchshündinnen wurde ermittelt, dass zur Erhaltung des Idealgewichts eine 30 %ige Reduktion der täglichen Energiezufuhr im Vergleich zur Fütterung vor der Kastration nötig war ([Jeusette et al. 2004]). Um eine Gewichtszunahme nach Kastration zu verhindern, muss daher eine deutliche Energierestriktion oder ein regelmäßig durchgeführtes Bewegungsprogramm eingehalten werden. Der Trend zur Kastration bei Hunden kann somit eine mögliche Erklärung für die steigende Zahl übergewichtiger Hunde sein. Diese Problematik wird sich in Zukunft sicher fortsetzen.

Bei Prophylaxe und Therapie von Adipositas ist der Tierarzt auf die gute Zusammenarbeit mit dem Besitzer und dessen Umfeld angewiesen. Häufig ist viel Überzeugungsarbeit nötig, um dem Besitzer zu vermitteln, dass Übergewicht auch beim Hund mehr ist als ein Schönheitsfehler.

Wissenschaftlich dokumentiert ist, dass Adipositas

  • zu einer Verkürzung der Lebenserwartung führt,

  • Knochen- und Gelenkserkrankungen begünstigt,

  • Herz-Kreislaufprobleme, Atembeschwerden und Leistungsschwäche auslöst,

  • Diabetes mellitus hervorrufen kann,

  • die Immunitätslage schwächt,

  • den Fettstoffwechsel belastet (Fettinfiltration der Leber, Hyperlipidämie, akute Pankreatitis)

  • sowie die Entstehung bestimmter Tumorerkrankungen begünstigt (Mammatumoren).

Die tierärztliche Untersuchung ist bei adipösen Hunden schwieriger als bei gesunden Tieren, sie haben ein erhöhtes Operationsrisiko und es treten häufiger postoperative Komplikationen auf. Auch aus diesem Grund stellt Übergewicht einen Risikofaktor für das Tier dar.

Eine Adipositastherapie ist dann langfristig erfolgreich, wenn der Hund sich mehr bewegt, alte Verhaltensmuster modifiziert werden können (spielen statt Leckerlis füttern) und die Energieaufnahme verringert wird.

Eine Reduktion der Energieaufnahme kann durch folgende Maßnahmen erreicht werden:

  • Verringerung der Futtermenge („friss die Hälfte“)

  • Reduktionsdiät mit hohem Eiweißanteil und geringem Fettgehalt

  • Energieverdünnung der Ration durch Nahrungsfaser

Eine Verringerung der Futtermenge ist eine einfache Maßnahme, die allerdings nur bei geringfügigem Übergewicht sinnvoll ist. Die Reduktion der Futtermenge bedingt zwar eine verringerte Energieaufnahme, aber auch essenzielle Nährstoffe und Vitamine werden dadurch in reduziertem Maß aufgenommen. Die Tiere verspüren Hunger und betteln nach Futter. Dieses Verhalten ist für den Tierbesitzer anstrengend und verleitet ihn zur Verfütterung von energiereichen Snacks zwischendurch.

Kommerzielle Reduktionsdiäten mit einem hohen Proteingehalt bei geringem Fettgehalt wirken sich positiv auf die Gewichtsabnahme aus (kalorisches Äquivalent, Erhalt der Muskelmasse). Der Nachteil ist, dass ein hoher Proteingehalt die Nierenfunktion beeinträchtigen kann und somit nur unter tierärztlicher Betreuung langfristig verabreicht werden sollte. Insbesondere bei Tieren ab dem mittleren Lebensalter muss an die mögliche Entstehung einer chronischen Niereninsuffizienz gedacht werden ([Leibetseder u. Neufeld 1991]).

Eine Energieverdünnung durch einen hohen Gehalt an Nahrungsfaser findet in faserreichen Reduktionsdiäten Anwendung oder kann vom Tierbesitzer durch Einmischen von Rohfaserträgern zur herkömmlichen Nahrung erreicht werden. Als besondere Vorteile sind das verbesserte Sättigungsgefühl und die daraus resultierende Verringerung der Ad-libitum-Futteraufnahme (ab einem Gesamtnahrungsfasergehalt von 20 %) zu nennen. Zudem kommt es zu einer Herabsetzung der Verdaulichkeit der Gesamtration. Da traditionelle Nahrungsfaserquellen allerdings in hoher Konzentration eingesetzt werden müssen, um den gewünschten Effekt zu erreichen, vermindern sie die Schmackhaftigkeit und können zu Flatulenz, häufigem Kotabsatz, erhöhter Kotmenge oder sogar Durchfall führen. Eine ausgewogene Kombination von fermentierbarer und nicht fermentierbarer Nahrungsfaser bei sehr hohem Gehalt an Gesamtnahrungsfaser bewirkt schon in vergleichsweise geringen Einsatzmengen einen guten Sättigungseffekt und als Begleiterscheinung einen positiven Einfluss auf den Kotabsatz. Die synergistische Wirkung von fermentierbarer und nicht fermentierbarer Nahrungsfaser unterstützt die physiologische Dickdarmfunktion und begünstigt daher festen, geformten Kot.

 
  • Literatur

  • 1 Edney AT, Smith PM. Study of obesity in dogs visiting veterinary practices in the United Kingdom. Vet Rec 1986; 118: 391-396
  • 2 German AJ, Holden SL, Bissot T, Hackett RM, Biourge V. Dietary energy restriction and successful weight loss in obese client-owned dogs. J Vet Inter Med 2007; 21: 1174-1180
  • 3 Jeusette I, Detilleux J, Cuvelier C, Istasse L, Diez M. Ad libitum feeding following ovariectomy in female Beagle dogs: effect on maintenance energy requirement and on blood metabolites. J Anim Physiol Anim Nutr (Berl) 2004; 88: 117-121
  • 4 Leibetseder JL, Neufeld KW. Effects of medium protein diets in dogs with chronic renal failure. J Nutr 1991; 121: S145-S149
  • 5 Robertson ID. The association of exercise, diet and other factors with owner-perceived obesity in privately owned dogs from metropolitan Perth, WA. Prev Vet Med 2003; 58: 75-83
  • 6 Zentek J, Neufeld K. Influence of a high fibre supplement on body weight and behaviour in overweight dogs. Congress Proceedings of the 12th Congress of the European Society of Veterinary and Comparative Nutrition. 25.–27. Sept. 2008. Wien/Österreich, S. 47.