Zahnmedizin up2date 2009; 3(5): 515-536
DOI: 10.1055/s-0029-1186077
Prothetik

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Kronen- und Brückenprovisorien

Tim Joda, Sascha Pieger, Guido Heydecke
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Publication Date:
12 October 2009 (online)

Klassifikation

Provisorische Restaurationen werden in Analogie zu definitivem Zahnersatz in festsitzend, festsitzend-abnehmbar und abnehmbar eingeteilt. Ein weiteres Differenzierungsmerkmal stellt die Verankerungsbasis von festsitzenden Provisorien – dental und/oder implantär abgestützt – dar. Darüber hinaus lassen sich abhängig von ihrer Tragedauer Kurz- und Langzeitprovisorien voneinander unterscheiden [[1]].

Im folgenden Beitrag werden verschiedene Lösungen für die temporäre Rehabilitation mit festsitzenden Provisorien an Zähnen praxisnah Schritt für Schritt vorgestellt.

Definition

Das Provisorium (von lat. provisio = Vorsorge) bezeichnet im Allgemeinen eine für den vorübergehenden Zweck eingerichtete Sache, wobei die zeitliche Beschränkung des Gebrauchs von vornherein festgelegt wird.

Funktionen von Provisorien Funktionen festsitzender Provisorien Pulpaschutz bei vitalen Zähnen, Kaufunktion, Phonetik, Ästhetik, okklusale und approximale Lagesicherung, Simulation geplanter Zahnform-, Farb- und Stellungsänderungen, Ausformen von Weichgewebe (z. B. im Brückengliedbereich).

Allgemein haben alle Arten von festsitzenden Provisorien die Aufgabe, die bei der Zahnpräparation entstandene Dentinwunde vor physikalischen, biologischen und chemischen Noxen zu schützen, die mastikatorischen und phonetischen Funktionen für den benötigten Zeitraum zur Herstellung der definitiven Versorgungen aufrechtzuerhalten sowie stabile okklusale Verhältnisse durch Sicherung der Zahnposition innerhalb der Zahnreihe und in intermaxillärer Beziehung zu gewährleisten [[2]]. Des Weiteren ermöglichen Provisorien die ästhetische Rehabilitation des Patienten, sodass nach zahnärztlichen Interventionen eine soziale Demaskierung vermieden wird [[3]].

Ovate Ponic Das sog. Ovate Pontic beschreibt eine eiförmige, rundum konvex gestaltete Basalfläche von Brückengliedern. Dabei entsteht der Eindruck, das Brückenzwischenglied würde aus dem Alveolarfortsatz wie ein natürlicher Zahn herauswachsen. Aus diesem Grund ist es insbesondere in der ästhetisch relevanten Zone indiziert. Für ein natürliches Erscheinungsbild sind ein ausreichend breiter Kieferkamm und eine entzündungsfreie Gingiva von mindestens 2 mm Dicke mit anschließender chirurgischer Konditionierung erforderlich.

Bereits vor der Anfertigung des definitiven Zahnersatzes können geplante Zahnform- und Stellungskorrekturen in der ästhetisch relevanten Zone ausgetestet werden, sodass nach Erreichen des gewünschten Ergebnisses die endgültige Restauration vom Provisorium kopiert werden kann [[4]]. Ein weiterer wichtiger Vorteil festsitzender Provisorien ist die Möglichkeit der sukzessiven Weichgewebskonditionierung im Brückengliedbereich (Ovate Pontic) nach Zahnextraktion und/oder Transplantation von freien Bindegewebstransplantaten (Abb. [1]) [[5]].

Abb. 1 a bis d Modellation der Gingiva mit einem Brückenprovisorium 13–11 und Gestaltung eines Ovate Pontic in Regio 12 nach Transplantation mit einem freien Bindegewebstransplantat. Die lokalisierte Ischämie im Bereich des Brückenglieds muss nach 3 min wieder rückläufig sein. Definitive Restauration mit harmonischem Gingivaverlauf von labial und frontal nach 3-monatiger Konditionierungsphase.

Anforderungen an Provisorien Beurteilungskriterien festsitzender Provisorien vollständige Bedeckung des beschliffenen Dentins gleichmäßig dünne und dichte Randgestaltung zur Vermeidung von Gingivairritationen korrekte okklusale und approximale Kontaktflächen natürlich-ästhetisches Erscheinungsbild Form- und Farbstabilität während der Tragedauer technisch makellose Fertigung und Hochglanzpolitur

Aus werkstoffkundlicher und zahnmedizinischer Sicht werden an festsitzende Kronen- und Brückenprovisorien folgende Anforderungen gestellt [[1], [2]]:

  • Hohe Werte für Abrasions- und Biegefestigkeiten bei geringstmöglicher Wasseraufnahme und Polymerisationsschrumpfung stellen die Voraussetzungen für die Formstabilität während der Tragedauer dar.

  • Die provisorischen Restaurationen müssen eine ausgezeichnete Passgenauigkeit aufweisen.

  • Provisorien dürfen die umliegenden Gewebe nicht irritieren.

  • Anwenderfreundlichkeit, einfache Handhabung, optimale Beschleifbarkeit und Poliermöglichkeit.

  • Unkomplizierte Erweiterung und Reparatur.

  • Natürliche Ästhetik mit dauerhaft transluzentem Erscheinungsbild.

Herstellungsverfahren

Festsitzende Provisorien können auf verschiedenen Arten hergestellt werden.

Anfertigung direkt im Mund (direkte Provisorien) Verwendung einer vor der Präparation am Patienten hergestellten Versorgungsabformung (Schlüssel) Verwendung von auf Gipsmodellen tiefgezogenen Polyätherfolien Verwendung eines im Labor über ein Wax-up-hergestellten Silikonschlüssels Indirekt-direkt hergestellte Schalenprovisorien Präparationstechnik Ausschleiftechnik Dünnschichttechnik Laborgefertigte (Langzeit-)Provisorien Abb. 2 a und b Ersatz von Zähnen respektive fehlender Zahnhartsubstanz zur Korrektur von Form- und/oder Stellungsanomalien mittels Wax-up und alternativ für die Herstellung von Brückenprovisorien im Bereich von Schaltlücken mit Prothesenzähnen. ohne Metallverstärkung mit Metallverstärkung Wax-up Das Modellieren von Zahnformen in Wachs zu diagnostischen Zwecken in der präprothetischen Planungsphase wird als Wax-up bezeichnet. Hierbei lässt sich das angestrebte Behandlungsziel – Zahnstellung und Okklusionskonzept – vorzeitig im Artikulator simulieren und überprüfen. Als additives Wax-up wird das Ergänzen von fehlender Zahnhartsubstanz oder fehlenden Zähnen im Brückengliedbereich verstanden (Abb. 2). Eine Alternative hierzu ist die Integration von Prothesenzähnen im Bereich von Schaltlücken auf dem Situationsmodell durch den Zahntechniker.

Literatur

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