Dtsch Med Wochenschr 2009; 134(11): 542
DOI: 10.1055/s-0029-1208085
Korrespondenz | Correspondence
Frage aus der Praxis
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Antikoagulation nach Abtragung des linken Vorhofohrs?

T. Meinertz
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Publication Date:
03 March 2009 (online)

Frage: Kann nach Abtragung des linken Vorhofohres im Rahmen einer ACB-Anlage bei einem Patienten mit permanentem Vorhofflimmern und CHADS-Score 3 grundsätzlich auf die orale Antikoagulation (z. B. mit Phenprocoumon) verzichtet werden, oder resultiert daraus nur eine weitere Risikoreduktion für eine arterielle Thrombembolie?

Antwort:Aus meiner Sicht kann bei einem derartigen Patienten auf eine orale Antikoagulation nicht verzichtet werden. Es ist zwar plausibel, dass durch die Abtragung des linken Vorhofohres, z. B. im Rahmen der Anlage eines aortokoronaren Bypasses (ACB) oder einer Mitralklappen-Operation das thromboembolische Risiko reduziert wird, bewiesen oder wissenschaftlich gesichert ist dies jedoch nicht. Nach meinem Wissen gibt es keinerlei kontrollierte Studien zu dieser Fragestellung. Lediglich unser pathophysiologisches Denken spricht in diesem Sinne. Andererseits weiß man, dass Thrombenbildung im linken Vorhof nicht nur im Vorhofohr stattfindet.

Noch weniger gibt es kontrollierte Studien, die nachweisen, dass man nach Abtragung des Vorhofohres bei deutlich erhöhtem Thromboembolie-Risiko (CHADS-Score 3, Tab. [1]) auf eine Antikoagulation verzichten kann.

Tab. 1 CHADS-Score zur Abschätzung des Schlaganfallrisikos bei Vorhofflimmern sowie empfohlene Therapie zur Schlaganfallprävention in Abhängigkeit vom Risikoprofil (nach 1). C hronische Herzinsuffizienz 1 Punkt H ypertonie 1 Punkt A lter > 75 Jahre 1 Punkt D iabetes mellitus 1 Punkt S chlaganfall oder TIA 2 Punkte 0 CHADS-Punkte Acetylsalicylsäure1 1 CHADS-Punkt Acetylsalicylsäure1 oder orale Antikoagulation2 ≥ 2 CHADS2 Punkte orale Antikoagulation2 181 – 325 mg/d; 2 INR 2 – 3, Ziel 2,5 TIA = transitorische ischämische Attacke, INR = international normalized ratio

Fazit: Auch nach Abtragung des Vorhofohres kann bei permanentem Vorhofflimmern und deutlich erhöhtem thromboembolischem Risiko auf eine Antikoagulation nicht verzichtet werden.

Literatur

  • 1 Boldt L H, Rolf S, Dietz R, Haverkamp W. Vorhofflimmern bei Patienten mit Herzinsuffizienz. Pathophysiologische Konzepte und therapeutische Optionen.  Dtsch med Wochenschr. 2008;  133 2349-2354
  • 2 Mewis C, Neuberger H R, Böhm M. Vorhofflimmern.  Dtsch med Wochenschr. 2006;  131 2843-2854
  • 3 Schuchert A. Langzeit-Antikoagulation bei Patienten mit Vorhofflimmern.  Dtsch med Wochenschr. 2006;  131 681-84

Prof. Dr. med. Thomas Meinertz

Ärztlicher Direktor, Universitäres Herzzentrum Hamburg, Klinik und Poliklinik für Kardiologie und Angiologie, Universitätsklinikum Eppendorf

Martinistraße 52

20246 Hamburg

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