Der Klinikarzt 2009; 38(2): 102
DOI: 10.1055/s-0029-1213760
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Intensivmedizin - Schwere Sepsis und septischer Schock - unerwartet hohe Letalität

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Publication Date:
23 February 2009 (online)

 
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Die Sepsis - eine der Haupttodesursachen auf Intensivstationen - stellt eine zunehmende Herausforderung für unser Gesundheitswesen dar. Die Letalität ist mit 55 % noch deutlich höher als bisher angenommen, wie eine Erhebung des Kompetenznetzes Sepsis (SepNet) ergeben hat.

Ursache hierfür sind laut Dr. Christoph Engel, Leipzig, der wachsende Anteil älterer Menschen in der Bevölkerung und auch die zunehmend invasiven Techniken und Verfahren der modernen Medizin. Doch auch vermehrte nosokomiale Infektionen werden - ebenso wie ambulant erworbene Infektionen und die zunehmenden Antibiotika-Resistenzen - dazu beitragen, dass die Sepsis künftig noch häufiger als bisher Mediziner und vor allem Intensivmediziner beschäftigen wird. Bereits jetzt wird die Häufigkeit auf mehr als 1,5 Millionen Fälle pro Jahr geschätzt.

Das hat nach Engel auch eine ökonomische Bedeutung: "Rund 21-46 % der Gesamtkosten in der Intensivmedizin werden für die Sepsistherapie ausgegeben", erklärte der Mediziner in Hamburg. Die verursachten Kosten werden auf 5,3 Milliarden Euro pro Jahr geschätzt.

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Häufigste Lokalisation sind die Atemwege

Das SepNet hat deshalb eine Prävalenzstudie initiiert, bei der in einer Stichprobe von 454 Intensivstationen an zufällig ausgewählten Kliniken in Deutschland erstmals repräsentativ die Häufigkeit und Letalität der Sepsis analysiert wurde. Das Ergebnis: Die Prävalenz der Sepsis liegt bei insgesamt 11 % und ist mit 19 % vor allem in den universitären Kliniken hoch. Die erfassten 3 877 Sepsis-Patienten waren dabei im Mittel 67 Jahre alt, bei 35 % von ihnen war eine Infektion die Ursache der Sepsis und bei 34 % wurde eine infektionsbezogene Organdysfunktion festgestellt.

Häufigste Lokalisation der Infektion waren mit 63 % der Fälle die Atemwege, gefolgt von intraabdominellen Infektionen mit 25 % (Abb. [1]). In 45 % der Fälle konnte laut Engel ein Erregernachweis geführt werden, wobei grampositive und gramnegative Erreger in etwa gleich häufig waren.

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Abb. 1 Atemwegsinfektionen sind die häufigste Ursache einer Sepsis auf Intensivstationen.

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Sofort mit einer effizienten Antibiotikatherapie beginnen

Die Letalität wurde in der Erhebung mit insgesamt 55 % ermittelt. Sie lag bei Patienten mit schwerer Sepsis ohne Schock bei 47 % und bei Patienten mit septischem Schock bei 62 %. "Auf ganz Deutschland hochgerechnet ist damit von jährlich 60 000 Todesfällen aufgrund einer schweren Sepsis und einem septischen Schock auszugehen", betonte Engel. Damit stellt die Sepsis nach seinen Worten die dritthäufigste Todesursache nach der chronisch ischämischen Herzerkrankung und dem Myokardinfarkt dar.

Die Behandlung der Sepsis fußt nach Dr. Michael Oppert, Berlin, auf 3 Säulen: der adjunktiven Therapie, die zurzeit teilweise kontrovers diskutiert wird, sowie der supportiven Therapie mit Volumenbehandlung, Beatmung und Nierenersatztherapie und der kausalen Behandlung, welche die Herdsanierung und die Antibiotikagabe umfasst.

Eine frühzeitige adäquate Antibiotikatherapie ist nach Oppert von entscheidender Bedeutung für die Prognose der Patienten. So überleben rund 80 % der Patienten einen septischen Schock, wenn bereits in der ersten halben Stunde mit einer effektiven Antibiotikatherapie begonnen wird. Setzt diese erst nach 6 Stunden ein, so steigt die Sterblichkeit auf 60 % an. "Mit jeder Stunde Verzögerung ist mit einem Anstieg der Letalität um 7 % zu rechnen", so Oppert. Daher muss sofort eine breit wirksame antimikrobielle Behandlung eingeleitet werden, die sich an den Tarragona-Kriterien (hit hard and early and get to the point) orientiert.

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MAXSEP-Studie: Bessere Prognose durch Kombination mit Moxifloxacin?

Da valide Vergleichsstudien zur Wirksamkeit verschiedener Therapiestrategien mit Antibiotika bei der Sepsis bislang fehlen, hat das SepNet nunmehr die sogenannte MAXSEP-Studie[1] initiiert. In dieser Studie soll geprüft werden, ob sich die Wirksamkeit der üblichen Behandlung mit Meropenem durch die zusätzliche intravenöse Gabe des Fluorchinolons Moxifloxacin verbessern lässt. Der Ansatz gründet sich laut Oppert auf Studiendaten, wie etwa die Ergebnisse der MOTIV-Studie, die für Moxifloxacin eine mit 86 % hohe Heilungsrate bei der schweren Pneumonie ausweisen. Damit hat die Kombination des Betalaktam-Antibiotikums mit dem Fluorchinolon eine gute Rationale bei der Behandlung der Sepsis, so Oppert.

Erwartet wird ein günstiger Einfluss auf die Organfunktion und die Überlebenschancen der Patienten durch die zusätzliche intravenöse Gabe von Moxifloxacin (Avalox®). Denn der Wirkstoff zeichnet sich durch ein breites Wirkspektrum, eine rasche Bakterizidie und eine gute Gewebepenetration aus. Die Ergebnisse der MAXSEP-Studie sollen Ende 2009/Anfang 2010 vorliegen.

Christine Vetter, Köln

Der Beitrag entstand mit freundlicher Unterstützung der Bayer Vital GmbH.

Die Beitragsinhalte stammen vom Symposium "Neues zur Epidemiologie und Infektiologie der Sepsis" beim 9. Kongress der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensivmedizin (DIVI) am 4. 12. 2008 in Hamburg. Veranstalter: Bayer Vital GmbH, Leverkusen

Die Autorin ist freie Journalistin

01 Prospektive, randomisierte, offene, multizentrische Studie zum Einfluss einer empirischen, antibiotischen Monotherapie mit Meropenem (Meronem®) versus einer Kombinationstherapie mit Moxifloxacin (Avalox®) auf die Organfunktion von Patienten mit schwerer Sepsis und septischem Schock.

01 Prospektive, randomisierte, offene, multizentrische Studie zum Einfluss einer empirischen, antibiotischen Monotherapie mit Meropenem (Meronem®) versus einer Kombinationstherapie mit Moxifloxacin (Avalox®) auf die Organfunktion von Patienten mit schwerer Sepsis und septischem Schock.

 
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Abb. 1 Atemwegsinfektionen sind die häufigste Ursache einer Sepsis auf Intensivstationen.