Der Klinikarzt 2009; 38(2): 103
DOI: 10.1055/s-0029-1213761
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Interview - Die Beatmungspneumonie - eine Herausforderung für den Kliniker

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Publication Date:
23 February 2009 (online)

 
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    Erhöhte Morbidität und Letalität macht die Beatmungspneumonie zu einer gefürchteten Komplikation auf Intensivstationen. Die stetige Zunahme multiresistenter Erreger stellt eine Herausforderung an den Kliniker dar, denn die kalkulierte Initialtherapie muss greifen. Wir sprachen mit Professor Dr. med. Joachim Lorenz, Direktor der Medizinischen Klinik für Pneumologie und Internistische Intensivmedizin des Klinikums Lüdenscheid, über aktuelle Aspekte bei der Therapie der Beatmungspneumonie.

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    Prof. Joachim Lorenz

    ? Herr Professor Lorenz, welche Bedeutung hat die Beatmungspneumonie auf der Intensivstation?

    Lorenz: Die Beatmungspneumonie ist auf Intensivstationen für mindestens 25 %, nach einigen Studien für bis zu 50 % der nosokomialen Infektionen verantwortlich, vor allem auf Stationen mit einer hohen Beatmungsdichte. Die Wahrscheinlichkeit einer Beatmungspneumonie erhöht sich mit der Beatmungsdauer: Nach einer Beatmungsdauer von 20 Tagen beträgt die Wahrscheinlichkeit 50 %, nach einer Beatmungsdauer von 10 Tagen 30 %. Die Letalität ist sehr hoch, die Gesamtletalität der betroffenen Patienten liegt bei etwa 40 %, die pneumoniebedingte Letalität liegt bei etwa 30 %. Die Beatmungspneumonie hat somit einen erheblichen Einfluss auf das gesamte Geschehen auf einer Intensivstation.

    ? Warum stellt die Therapie der Beatmungspneumonie eine so große Herausforderung dar?

    Lorenz: Im Laufe der Beatmungsdauer bzw. mit der Dauer der Behandlung im Krankenhaus wandelt sich das Erregerspektrum hin zu 3 Schwerpunkten: Staphylococcus aureus, Pseudomonas aeruginosa und gramnegative Enterobakterien. Unter den Staphylococcus aureus-Stämmen ist der Anteil Methicillin-resistenter Stämme in Deutschland zwar schon relativ hoch, aber noch nicht so dramatisch wie in anderen Ländern. Pseudomonas aeruginosa ist ein Bakterium, das an sich schon ein hohes Resistenzlevel mitbringt. Die Selektion auf Intensivstationen führt dazu, dass häufig viele Antibiotika nicht mehr wirksam sind. Auch bei den gramnegativen Enterobakterien gibt es eine Tendenz zur Ausbildung von sogenannten ESBL-Stämmen, die ein sehr breites Spektrum von Resistenzen nicht nur gegenüber Cephalosporinen, sondern auch gegenüber anderen Betalaktamen, vor allem Breitspektrum-Penicillinen, aufweisen. Acinetobacter baumannii spielt quantitativ zwar keine sehr große Rolle, ist jedoch ganz besonders schwer behandelbar, weil er eine Multiresistenz mit sich führt und der Kliniker hier keine große Auswahl bei den Behandlungsmöglichkeiten hat.

    ? Wie beurteilen Sie in diesem Zusammenhang die kalkulierte Initialtherapie?

    Lorenz: Studien zeigen, dass die Prognose der Patienten erheblich schlechter ist, wenn die Initialbehandlung nicht zum Erregerspektrum passt. Vor allem bei den späten Beatmungspneumonien - ab dem fünften, sechsten Beatmungstag - muss ein entsprechend breites Spektrum erfasst werden, und dabei ist einiges zu bedenken: Beispielsweise wie die Erreger-Prävalenz und die Resistenzsituation auf der jeweiligen Station aussieht, aber auch wo der Patient herkommt und welche Grunderkrankungen er hat. Wenn das Antibiotikum die betreffenden Erreger erfasst, wirkt sich das positiv auf die Beatmungsdauer, auf die Liegedauer und auch auf die Prognose des Patienten aus. Insofern ist ein breit wirksames, stark bakterizides Antibiotikum günstig.

    ? Welchen Stellenwert hat Doribax® (Doripenem) Ihrer Ansicht nach bei der Behandlung der Beatmungspneumonie?

    Lorenz: Grundsätzlich sind Carbapeneme hier eine der wichtigen Substanzgruppen. Der Vorteil von Doribax® ist, dass es die Stärken von Imipenem im grampositiven Bereich und die Stärken von Meropenem im gramnegativen Bereich umfasst. Zusätzlich zeigt es gerade bei Pseudomonas aeruginosa und ESBL-Bildnern eine besondere Stärke in den in-vitro-Untersuchungen und ist daher sicher ein Antibiotikum, das in der Behandlung von Patienten mit beatmungsassoziierten Pneumonien in die engste Wahl gehört. Es hat überdies eine sehr hohe Bakterizidie, und die Wahrscheinlichkeit einer Resistenzselektion bei Pseudomonas-Stämmen ist geringer als bei anderen Carbapenemen. In einer Zulassungsstudie bei Patienten mit Beatmungspneumonie waren unter Doripenem die Beatmungsdauer und auch die Gesamtliegezeit kürzer als in der Vergleichsgruppe. Als Vorteil kann sich auch die Möglichkeit der verlängerten Infusionsdauer erweisen.

    ? Warum kann die Option einer verlängerten Infusionsdauer gerade bei komplizierten Infektionen geeignet sein?

    Lorenz: Das ist ein Phänomen, das mit der Pharmakodynamik von Betalactam-Antibiotika zusammenhängt. Die Bakterizidie korreliert mit der Zeit, in der die Plasmaspiegel über der minimalen Hemmkonzentration der jeweiligen Erreger liegen. Gerade bei komplizierten Infektionen kann das geeignet sein, da auch weniger empfindliche Erreger erfasst werden können. Die vierstündige Infusionsdauer ist im Krankenhaus relativ leicht zu realisieren.

    Herr Professor Lorenz, wir bedanken uns für das Gespräch!

    Dieses Interview entstand mit freundlicher Unterstützung der Janssen-Cilag GmbH, Neuss

     
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    Prof. Joachim Lorenz