Flugmedizin · Tropenmedizin · Reisemedizin - FTR 2009; 16(1): 50
DOI: 10.1055/s-0029-1213795
Forum der Industrie

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FSME - Das Risiko wird unterschätzt

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Publication Date:
13 March 2009 (online)

 
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Das Risiko von Infektionskrankheiten auf Reisen lauert nicht nur im Urlaub in fernen Gefilden. Eine Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) kann man sich schon bei einem Kurztrip nach Österreich oder an den Balaton holen. Auch ein Spaziergang insbesondere in Endemiegebieten in Süddeutschland kann die Gefahr von durch Zecken übertragenen Krankheiten deutlich steigern. "Neun von zehn FSME-Infektionen treten nach Freizeitaktivitäten auf", betonte PD Dr. Kai Wohlfarth, Halle/Saale. Da es im Falle einer FSME-Erkrankung keine ursächliche Behandlungsmöglichkeit gibt, riet der Neurologe, intensiver als bisher die vorbeugende Impfung anzubieten. Dabei sollte vor allem an eine vollständige Grundimmunisierung gedacht werden. Unvollständig geimpfte Personen können nämlich ebenso schwer erkranken wie gar nicht geimpfte.

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Räumliche und zeitliche Ausdehnung

Das Risiko von FSME-Infektionen in Europa wird nach wie vor unterschätzt. Nach FSME werde gar nicht erst gesucht, wenn in einer Region scheinbar keine Erkrankungsfälle aufgetreten sind, verdeutlichte Dr. Martin Haditsch, Linz (Österreich) das Problem. Doch es gebe eine geografische Ausbreitung infizierter Zecken bis hin in Gebiete, die vor Kurzem noch als unbedenklich galten. So wurde im vergangenen Jahr im Vorarlberg erstmals eine Virusinfektion in einer Höhe über 1 500 Meter dokumentiert.

Neben der zunehmenden räumlichen Ausweitung der Endemiegebiete kam es in den vergangenen Jahren in ganz Europa aber auch zu einer auffälligen zeitlichen Ausdehnung der Infektionen. Von einer typischen Erkrankung des Frühsommers, wie die Bezeichnung FSME nahelegt, könne deshalb schon lange keine Rede mehr sein.

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Bewusstsein für die potenzielle Gefährdung schaffen

Den Kreis der Infektionsgefährdeten wollte Haditsch jedoch nicht nur auf Wanderer und Naturfreunde beschränkt wissen. Potenzielle Gefahren machte er insbesondere auch für die wachsende Zahl von Teilnehmern am Event-Tourismus aus. Damit meinte er zum Beispiel die Formel-1-Fans, die unweit des Hungarorings ihre Zelte aufschlagen oder die vielen Besucher des Beach-Volleyball-Turniers in Kärnten, die sich über Tage in klar ausgewiesenen Hochrisikogebieten aufhalten. Solche Touristen denken im Unterschied zu normalen Urlaubern in aller Regel überhaupt nicht an gesundheitliche Vorkehrungen, meinte Haditsch.

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Hohe Durchimpfungsraten in Österreich zeigen Wirkung

Der Reisemediziner sah demzufolge erheblichen Nachholbedarf in der ärztlichen Beratung. Dabei gehe es insbesondere darum, ein Bewusstsein für die potenzielle Gefährdung zu schaffen. Haditsch erinnerte in diesem Zusammenhang daran, dass es im Erkrankungsfall bei etwa der Hälfte (35-58 %) aller Patienten zu Restbeschwerden kommt, bei jedem Zehnten zu bleibenden neurologischen Schäden und bei jedem Hundertsten zum Tode.

Dass die Sensibilisierung für die Gefahren einer FSME-Infektion Erfolge zeigt, hat das Beispiel Österreich mit seinen im internationalen Vergleich vorbildlichen Durchimpfungsraten unter Beweis gestellt. Während sich die Erkrankungsraten in Europa in den letzen 30 Jahren durchschnittlich mindestens vervierfacht haben, gingen sie in Österreich infolge der hohen Impfbeteiligung von zuletzt über 80 % auf weniger als 100 Fälle zurück, so Haditsch.

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Stabiler Schutz nach einer Booster-Impfung für mindestens fünf Jahre

Nach Grundimmunisierung mit dem FSME-Impfstoff Encepur sind die schützenden Antikörpertiter ähnlich hoch wie bei natürlich infizierten Personen, berichtete Dr. Eckhardt Petri, Marburg. Die erste Auffrischung führe zu einem weiteren Anstieg um etwa das 20-Fache. Die Grundimmunisierung kann entweder nach dem Standardschema (Tag 0, 1-3 Monate, 9-12 Monate) oder nach dem Schnellschema (Tag 0, Tag 7, Tag 21) durchgeführt werden. Neuerdings kann die 2. Impfung im Standardschema auch bereits nach 14 Tagen verabreicht werden. Die 3. Teilimpfung folgt dann wie gewohnt nach 9-12 Monaten. Dies bietet größere Wahlfreiheit bei den Impfterminen.

Wie neueste Studiendaten belegen, liegt nach einer Booster-Impfung (3 Jahre nach Grundimmunisierung nach Standardschema bzw. spätestens 18 Monate nach Schnellschema) für mindestens 5 Jahre ein ausreichend belastbarer Antikörpertiter vor. Das gilt nach den Ausführungen von Petri auch für Kinder, die mit Encepur® Kinder geimpft wurden (Abb. [1]). Die Virus-Neutralisation hält damit wesentlich länger an als bisher angenommen. Deshalb, so Petri, hat der Impfstoff vor Kurzem auch als einziger FSME-Impfstoff für Kinder die Zulassung eines verlängerten Booster-Intervalls nach der ersten Auffrischung von 3 auf 5 Jahre erhalten. Die hohe Immunogenität des Impfstoffes führte Petri darauf zurück, dass nicht zuletzt zugunsten der Sicherheit auf proteinhaltige Stabilisatoren wie humanes Serumalbumin verzichtet wurde.

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Abb. 1 Längere Schutzdauer mit weniger Impfdosen bei Kindern.

Martin Wiehl, Königstein-Falkenstein

Dieser Beitrag entstand mit freundlicher Unterstützung von Novartis Behring, Marburg

Die Beitragsinhalte stammen von der Pressekonferenz "FSME-Saison 2009: Deutliche Verbesserung bei der Impfprophylaxe", veranstaltet von Novartis Behring

Der Autor ist freier Journalist

 
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Abb. 1 Längere Schutzdauer mit weniger Impfdosen bei Kindern.