Der Klinikarzt 2009; 38(2): 64
DOI: 10.1055/s-0029-1214175
Medizin & Management

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Aus Fehlern anderer lernen – CIRS setzt auf anonyme Meldungen von Klinikärzten

Klaus Schmidt
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Klaus Schmidt

Planegg

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Publication Date:
26 February 2009 (online)

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Die Ärztekammer Westfalen–Lippe hat mit Jahresbeginn ein neues Meldesystem eingeführt, mit dem Ärzte und Pflegepersonal eingeladen sind, kritische Ereignisse im Krankenhaus zu dokumentieren und so für eine Auswertung nutzbar zu machen.

In Zusammenarbeit mit dem Ärztlichen Zentrum für Qualität in der Medizin (ÄZQ) stellt die Kammer mit „CIRSmedical–WL (Critical Incident Reporting–System for Medical Care Westfalen–Lippe)” ein anonymes Berichts– und Lernsystem zur Verfügung. „CIRSmedical–WL wird ein wichtiger Baustein für die Entwicklung von Fehlervermeidungs–Strategien sein, und so ein wertvoller Beitrag zur Patientensicherheit”, erklärte Ärztekammer–Präsident Dr. Theodor Windhorst. Es baut auf dem Meldesystem CIRSmedical.de auf, das vom 108. Deutschen Ärztetag 2005 in Berlin ausdrücklich empfohlen wurde.

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Meldesystem als Teil des Krankenhaus–Risikomanagements

Die Einsicht, dass Meldesysteme für kritische Ereignisse eine sinnvolle Sache sind, habe sich zwar weitgehend durchgesetzt, doch längst nicht alle Krankenhäuser beteiligten sich, sagte der Kammerpräsident. „CIRSmedical–WL ist deshalb auch die dringende Aufforderung an alle, die der Sache bislang skeptisch gegenüberstehen, zur Spitze aufzuschließen.”

Ein hausinternes CIRS sei ein guter Anfang, betonte Windhorst. „Durch eine krankenhausübergreifende Betrachtung der gemeldeten Ereignisse weitet sich der Blick in die Region. Es wird interessant sein zu erfahren, ob es regionale Verteilungsmuster für besondere Risiken gibt und welche Beinahe–Fehler buchstäblich jedem passieren können.”

Auch wenn in einer ersten Phase zunächst einmal nur Krankenhäuser angesprochen seien, müsse ein Berichtssystem wie CIRSmedical–WL nicht auf den Klinikbereich beschränkt bleiben, so der Kammerpräsident. Auf längere Sicht wäre eine Beteiligung sicherlich auch für niedergelassene Kolleginnen und Kollegen interessant.

Ein Meldesystem als Teil des Krankenhaus–Risikomanagements komme nicht nur den Patienten, sondern auch dem Krankenhaus selbst zugute, weil dann die Haftpflichtversicherungsprämie der Klinik günstiger ausfalle.

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Verschlüsseltes Meldeformular: Anonymität bleibt gewahrt

Die Schwelle zur Teilnahme am CIRSmedical–WL sei bewusst niedrig gehalten. „Alle, die mitmachen, können darauf vertrauen, dass ihre Anonymität gewahrt bleibt”, erläuterte Windhorst. Das Critical Incident Reporting System basiert auf dem Ansatz, dass Fehler in einer medizinischen Behandlung weniger häufig auf dem schicksalhaften Versagen eines Einzelnen als auf der Verkettung mehrerer Schwachstellen beruhen. Die Suche von Beinahe–Fehler–Berichtsystemen wie CIRS konzentriert sich auf diese Schwachstellen. Es wird in der Schweiz von 10? % aller Kliniken angewandt, in Deutschland von ca. 5? %, darunter jede zweite Universitäts–Klinik.

Das Berichtsformular ist über das Internet zu erreichen. Das Meldeformular wird dann technisch so verschlüsselt, dass eine Rückverfolgung zum Berichtenden nicht möglich ist. Neben dem Fachgebiet, in dem das kritische Ereignis eingetreten ist, erbittet CIRSmedical–WL Informationen über den Kontext und schließlich den Ort des Ereignisses. Angaben zum Patienten sind auf Alter, Geschlecht und die Versorgungsart beschränkt.

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Aufnahme der Meldung in Berichtsdatenbank

Mit der Freigabe durch den Meldenden beginnt die Aufbereitung des Berichts durch das Ärztliche Zentrum für Qualität in der Medizin für die Berichtsdatenbank. Dort sind die Berichte dann für die Nutzer von CIRSmedical–WL sichtbar. Nutzer können die Berichte kommentieren und auch Lösungsvorschläge unterbreiten, die gegebenenfalls in die Aufbereitung der Fälle durch Experten und Fachgremien des ÄZQ einfließen.

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Ziel: Fehlerprävention statt Schuldzuweisung

Bereits im April 2005 ist von der Ärzteschaft gemeinsam mit Vertretern von Patientenorganisationen das Aktionsbündnis Patientensicherheit e.V. gegründet worden. Es steht allen Partnern des Gesundheitswesens offen, die sich mit der Thematik Patientensicherheit befassen wollen (www.aktionsbuend nis-patientensicherheit.de).

Maßnahmen zur Erhöhung der Patientensicherheit basieren auf Vertrauen, hat der Ärztetag 2005 in einer Resolution festgestellt. Beinahe–Fehler–Berichtsysteme sind keine Sanktionsinstrumente, sondern dienen der Fehlerprävention. Wenn über vermeidbare Zwischenfälle berichtet wird, setzt das neben der Freiwilligkeit voraus, dass lückenlos anonymisiert und frei von Schuldzuweisungen gearbeitet werden kann.

Fehlererkennung müsse schon deshalb sein, erläuterte Prof. Matthias Schrappe, Ärztlicher Direktor des Klinikums der Uni Marburg, „weil niemand die Zeit hat, alle Fehler selber zu machen”. Schrappe ist Vorsitzender des Aktionsbündnis Patientensicherheit.

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