Orthopädie und Unfallchirurgie up2date 2009; 4(4): 209-228
DOI: 10.1055/s-0029-1214934
Polytrauma

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Die Intensivbehandlung des polytraumatisierten Patienten

F.  Hildebrand1 , C.  Krettek1
  • 1Unfallchirurgische Klinik, Medizinische Hochschule Hannover
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Publication Date:
12 August 2009 (online)

Die Intensivmedizin stellt einen wesentlichen Kernbereich in der Versorgung polytraumatisierter Patienten dar. Dies wird anhand der Daten des Traumaregisters der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU) deutlich, die eine durchschnittliche Beatmungszeit von 9,2 Tagen und eine mittlere Intensivstationsliegedauer von 10,6 Tagen nach Polytrauma beschreiben.

Internationale Untersuchungen konnten zeigen, dass die Einrichtung von Traumazentren mit einer speziellen traumatologischen Intensivstation zu einer deutlichen Verbesserung der Behandlungsergebnisse führt. So konnte durch diese Maßnahmen neben einer signifikanten Reduktion der Letalität eine deutliche Verminderung der Liegedauer auf der Intensivstation erreicht werden. Diese Ergebnisse bestätigen, dass eine Spezialisierung im Bereich der Traumaversorgung für Patienten mit signifikanten Vorteilen assoziiert ist. Die Verbesserungen in der Behandlungsqualität durch spezialisierte traumatologische Intensivstationen sind nach anderen Untersuchungen dabei auch mit positiven ökonomischen Aspekten vergesellschaftet.

Das Konzept eines Traumazentrums und die damit verbundene Spezialisierung in der Behandlung wird am besten gewährleistet, wenn die Behandlung des polytraumatisierten Patienten von der ersten Phase im Schockraum über die Operationsphase, die Behandlung auf der Intensivstation bis zur Überleitung in die Rehabilitation in (unfall)chirurgischer Hand liegt.

Nach einem Polytrauma ergeben sich im Rahmen der intensivmedizinischen Behandlung spezifische Probleme sowohl durch die verletzungsassoziierten Störungen und Komplikationen der traumatisierten Organe und Extremitäten als auch durch die Auswirkungen der systemischen Entzündungsreaktion auf die Funktion primär unverletzter Organe. Somit ist in der frühen intensivmedizinischen Phase nach Ende der Schockraum- bzw. der frühen Operationsphase die Fortführung der Stabilisierung der vitalen Regelkreise von oberster Priorität. Hierbei müssen zunächst die respiratorischen und hämodynamischen Organdysfunktionen therapiert werden und somit die Wiederherstellung einer suffizienten Oxygenierung und Mikrozirkulation mit Durchbrechen des Schockzustands erreicht werden. Nach Erreichen dieser Ziele treten die Unterstützung der Organfunktionen und die eventuell notwendige weitere operative Versorgung in den Vordergrund. Die Behandlungspriorität im Rahmen der intensivmedizinischen Therapie kann dabei wie folgt klassifiziert werden:
1. Atemwege und Beatmung
2. Kreislauf
3. zentrales Nervensystem (Schädel-Hirn-Trauma)
4. Metabolismus (renale, hepatische, gastrointestinale und endokrine Funktionen)
5. Immunsystem (Infektion, systemische Entzündungsreaktion)

Die intensivmedizinische Behandlung des polytraumatisierten Patienten soll im Folgenden anhand dieser Klassifizierung dargestellt werden. Allgemeine Maßnahmen bei Aufnahme und das Basismonitoring des polytraumatisierten Patienten auf der Intensivstation sind in den Tab. [1] und [2] zusammengefasst.

Literatur

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Priv.-Doz. Dr. med. Frank Hildebrand

Oberarzt der Unfallchirurgischen Klinik
Geschäftsführer der Zentralen Notaufnahme
Medizinische Hochschule Hannover

Carl-Neuberg-Straße 1
30625 Hannover

Phone: 0511/532-2050

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