pferde spiegel 2009; 12(1): 38
DOI: 10.1055/s-0029-1215948
unternehmer tierarzt

Delegieren in der Tierarztpraxis

Dorothee Heckhausen
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Publication Date:
31 March 2009 (online)

Schwierigkeiten und Vorteile von Delegation in der Tierarztpraxis

Delegation ist das Übertragen von Aufgaben, mit den dazugehörigen Kompetenzen und der entsprechenden Verantwortung. Mit Kompetenzen ist die Möglichkeit gemeint, innerhalb gesetzter Grenzen autonom entscheiden oder auch Anweisungen geben zu können. Verantwortung bedeutet, dass die jeweilige Helferin zur Rechenschaft gezogen wird, wenn die übertragenen Aufgaben nur unzureichend ausgeführt werden. In Praxen mit mehreren Helferinnen haben gerade Ersthelferinnen haben immer wieder große Schwierigkeiten damit, adäquat zu delegieren. Häufig haben Sie das Gefühl, bestimmte Aufgaben besser auszuführen, als ihre Mitarbeiterinnen. Sie meinen, das Übertragen von Aufgaben bringe mehr Arbeit und Ärger mit sich, als diese Tätigkeiten selbst auszuführen. Auch würden Mitarbeiterinnen Aufgaben zumeist nicht willig übernehmen. Wenn dann Fehler aufträten, gäbe es zusätzlich noch Ärger mit dem Chef. Da delegiere man doch lieber nicht und mache die Dinge, die man sowieso besser als die anderen Helferinnen ausführe, selbst. Sicherlich haben Ersthelferinnen in ihrer Einstellung nicht ganz unrecht. Delegation verursacht anfänglich einen höheren Zeitaufwand, als Aufgaben selbst zu erledigen und eine erhöhte Fehlerquote ist keine Seltenheit. Auch erfahren Ersthelferinnen, die delegieren wollen, erfahren oft wenig Unterstützung von den Praxisinhabern, für die im Vordergrund steht, dass die jeweilige Tätigkeit vorschriftsmäßig durchgeführt wird. Tritt dann ein Fehler auf, merken Tierärzte gerne an, die Ersthelferin möge die Aufgabe doch in Zukunft lieber wieder selbst übernehmen. Häufig steckt hinter der Schwierigkeit zu delegieren auf Seiten der Ersthelferin aber auch die versteckte und nicht selten unbewusste Befürchtung, ihre Kolleginnen könnten zu selbständig werden. Delegation wird in diesem Fall vermieden, um die unangefochtene Führungsposition in der Praxis nicht zu verlieren. Ist diese Befürchtung vorhanden, wird die Ersthelferin häufig gerade kompetenten und selbständig arbeitenden Kolleginnen bestimmte höherwertigere Aufgaben z. B. in der Verwaltung vorenthalten. Aber auch die Mitarbeiterinnen sind nicht immer davon begeistert, wenn man ihnen Auf gaben überträgt.

Bedeuten sie doch Mehrarbeit und eine höhere Verantwortung für den Praxisablauf. Manche Helferinnen fühlen sich von zusätzlichen Aufgaben aber auch fachlich überfordert oder sind nicht hinreichend motiviert, sich weiter zu entwickeln. Treffen solche Helferinnen auf Ersthelferinnen, die Schwierigkeiten haben, zu delegieren, gibt es ein einfaches Rezept, um die Übernahme neuer Aufgaben zu vermeiden. Die Helferinnen brauchen nur hinreichend viele Fehler zu machen, dann wird die Ersthelferin die zu delegierenden Aufgaben sofort wieder selber ausführen. Die Folgen mangelhafter Delegation sind häufig eine kontinuierliche und sich über die Jahre zuspitzende Überforderung der Ersthelferin sowie passive, unselbständig arbeitende Helferinnen. Für den Tierarzt besteht die Gefahr, sich von der Ersthelferin zu sehr abhängig zu machen. Fällt diese dann einmal aus, gibt es Tätigkeitsbereiche in der Praxis, die keine andere Helferin bewältigen kann.

Der Vorteil von Delegation ist die Verteilung von Verantwortung auf mehrere Schultern, die Steigerung der Mitarbeitermotivation und die effektivere Zusammenarbeit im Team. Der Führungskraft bleibt nach der Phase des Delegierens mehr Zeit für andere Aufgaben. Die Mitarbeiterinnen können sich weiterentwickeln, selbständig arbeiten und haben größere Erfolgserlebnis se. Delegation erlaubt den Helferinnen eigene Ideen einzubringen und sich an der Weiterentwicklung der Praxis zu beteiligen.

Leider werden häufig nur Aufgaben ohne die dazugehörige Entscheidungskompetenz und Verantwortung delegiert. So soll beispielsweise eine Helferin überprüfen, ob alle Materialien in ausreichender Menge im Behandlungszimmer vorhanden sind. Sie darf aber anschließend die Bestellungen nicht selbst vornehmen, sondern dieses wird von der Ersthelferin übernommen. In diesem Fall wird keine Kompetenz, d. h. Entscheidungsbefugnis übergeben. Eine Delegation der Aufgabe ohne die dazugehörige Verantwortung besteht in diesem Beispiel dann, wenn der Tierarzt die Ersthelferin und nicht die Helferin, der die Aufgabe übertragen wurde, dafür verantwortlich macht, wenn Materialien fehlen.

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