Der Klinikarzt 2009; 38(3): 157
DOI: 10.1055/s-0029-1220165
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Nachsorge nach Schilddrüsenkarzinom - Patienten mögen?s ohne Hypothyreose

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Publication Date:
30 March 2009 (online)

 
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Bei der Nachsorge von Patienten mit differenziertem Schilddrüsenkarzinom hat die Ganzkörperszintigrafie mit gleichzeitiger Radiojod-Gabe einen hohen Stellenwert. Ausreichend hohe TSH-Konzentrationen sind eine zwingende Voraussetzung dafür, mit dieser Technik im Körper verstreute Karzinomzellen ausfindig zu machen. 2 Wege führen zu diesem Ziel: Entweder man bringt die Patienten durch Unterbrechung der Thyroxin-Behandlung in den Zustand der Hypothyreose oder man verabreicht ihnen kurzfristig gentechnisch hergestelltes TSH (Thyrogen®). Befragt man Patienten, die beide Techniken erfahren haben, nach ihrer Präferenz, so gibt es eine klare Antwort: Patienten mögen?s ohne Hypothyreose.

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TSH-Suppression erschwert Fahndung nach potenziellen Metastasen

Mit rund 4 000 Neuerkrankungen pro Jahr ist das Schilddrüsenkarzinom hierzulande der häufigste endokrine Tumor. Hat man den Tumor diagnostiziert, was mangels charakteristischer Frühsymptome übrigens kein ganz leichtes Unterfangen ist, ist die Therapie klar: Operative Entfernung der Schilddrüse plus nachfolgende Radiojodtherapie. Mit dieser verfolgt man das Ziel, potenziell im Körper verstreuten Tumorzellen den Garaus zu machen. Danach benötigen die Patienten eine lebenslange Substitution von Schilddrüsenhormonen (Levothyroxin) - und dies im Unterschied zu gutartigen Schilddrüsenerkrankungen in TSH-suppressiver Dosierung.

Versucht man im Rahmen der Nachsorge, bei den Patienten mittels Ganzkörperszintigrafie in regelmäßigen Abständen nach verbliebenen/neu gebildeten Karzinomnestern zu fahnden, so hat die TSH-Suppression allerdings einen entscheidenden Haken: Das in diesem Falle benötigte Radiojod reichert sich ohne TSH in entsprechenden Arealen gar nicht an. Die Folge: potenzielle Metastasen bleiben unsichtbar. Diesem Missstand lässt sich auf zweifache Weise begegnen: 1. Man versetzt die Patienten durch Levothyroxin-Entzug in eine Hypothyreose und nimmt dabei in Kauf, dass potenziell verbliebene Karzinomzellen unter dem mehrwöchigen Hormonentzug durch das ansteigende TSH im Wachstum angekurbelt werden. 2. Man hilft sich mit der kurzfristigen Gabe von gentechnisch hergestelltem TSH (Thyrogen®).

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Gentechnologisch hergestelltes TSH verbessert Lebensqualität

Im Rahmen einer multizentrischen Anwendungsbeobachtung hat man Nachsorge-Patienten nun mit beiden Verfahren konfrontiert und nach der Patientenpräferenz gefragt. In der Studie erfolgte die erste Ganzkörperszintigrafie 3 bis 6 Monate nach Thyreodektomie/Ablation zunächst in Hypothyreose. Bei der zweiten Kontrolle nach etwa einem weiteren Jahr setzte man - nun in Euthyreose - auf eine Thyrogen®-Stimulation. Ergebnisse der Studie auf der Basis von 128 auswertbaren Patienten hat Dr. Christian Düren, Würzburg, nun bei einem Symposium in Gießen vorgestellt: Gemessen am Quality of Life-Score (SF-12) erfuhren die Patienten unter der Substitution von gentechnologisch hergestelltem TSH sowohl in psychischer wie physischer Hinsicht eine erhebliche Verbesserung der Lebensqualität. Hypothyreose-bedingte Nebenwirkungen wie Lethargie, Kälteintoleranz, Gewichtszunahme etc. wurden nicht bzw. sehr viel seltener beobachtet. Dokumentiert wurden auch deutlich geringere berufliche Fehlzeiten vor und nach der Nachsorgeuntersuchung unter TSH-Gabe. 127 der 128 auswertbaren Patienten entschieden sich nach Studienende klar für die Methode der exogenen TSH-Stimulation.

Dr. med. Ludger Riem, Rösrath

Die Beitragsinhalte stammen vom Lunch-Symposium "Perspektiven für Diagnostik und Nachsorge", Gießen, 6. März 2009. Veranstalter: Genzyme gmbH, Neu-Isenburg

Der Autor ist freier Journalist