Diabetes aktuell 2009; 7(4): 201-202
DOI: 10.1055/s-0029-1233391
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Praxisstudie belegt signifikante Reduktion von HbA1c und Gewicht - Exenatide stellt fünf physiologische GLP-1-Wirkungen wieder her

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Publication Date:
30 June 2009 (online)

 
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In der Therapie des Typ-2-Diabetes ist letzten Endes nicht nur die Blutzuckersenkung, sondern auch die Vermeidung von Begleit- und Folgeerkrankungen eine große Herausforderung für Arzt und Patient. Hier bietet Exenatide (Byetta®) eine viel versprechende Therapieoption. Die Substanz ist der erste zugelassene Vertreter der Inkretin-Mimetika, einer physiologisch orientierten Medikation für Menschen mit Typ-2-Diabetes, die fünf physiologische Wirkungen des Inkretins GLP-1 (Glucagon-like Peptide-1) wiederherstellen kann [1], [2]. Die Behandlung ist einfach und kann in der Praxis mit großem Erfolg eingesetzt werden, wie eine sechsmonatige Verlaufsstudie aktuell belegt [3].

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Typ-2-Diabetes: Ein komplexes System

Trotz der vielen pathologischen Defekte ist der Typ-2-Diabetes keine Erkrankung, vor der man resignieren muss. Denn bei genauerem Hinschauen wird klar, dass sich viele Störungen gegenseitig bedingen. Mit einem umfassenden Therapieansatz, wie Exenatide ihn bietet, besteht die Möglichkeit, dem Typ-2-Diabetes wirksam zu begegnen. Das Inkretin-Mimetikum ahmt die Wirkung des körpereigenen Darmhormons GLP-1 nach, das bei Stoffwechselgesunden unmittelbar mit dem Essen im Darm freigesetzt wird und über GLP-1-Rezeptoren die Insulinsekretion der Betazellen stimuliert.

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Fünf auf einen Streich

"Mit dem Inkretin-basierten Wirkmechanismus bietet Exenatide einen Behandlungsansatz, wie wir ihn bisher nicht kannten", erklärte Professor Baptist Gallwitz, Tübingen, und zeigte auf, dass Exenatide ebenso wie GLP-1 fünf physiologische Wirkungen induziert [1]:

  • Verstärkung der glukoseabhängigen Insulinsekretion

  • Reduktion der Glukoneogenese

  • Wiederherstellung der ersten Phase der Insulinsekretion [2]

  • Verlangsamung der Magenentleerung

  • Förderung der Sättigung

Die insulinotrope Wirkung beruht auf einem glukoseabhängigen Mechanismus, d. h. bei sinkender Blutzuckerkonzentration verliert Exenatide seine Wirkung auf die Betazellen. Exenatide birgt daher kein substanzeigenes Hypoglykämierisiko, Dosisanpassungen an den Blutzuckerspiegel sind nicht erforderlich. Darüber hinaus hemmt Exenatide die gesteigerte Glukagonsekretion der Alphazellen des Pankreas, die bei Menschen mit Typ-2-Diabetes in der Regel erhöht ist [1]. Dies bremst die hepatische Glukoneogenese und trägt zur HbA1c-Senkung bei (Abb. [1]).

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Abb. 1 Exenatide reduziert postprandiale Blutglukosewerte stärker als Sitagliptin.

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Exenatide verbessert die postprandialen Blutglukosewerte

Weiterhin gehört zum Wirkprofil des Inkretin-Mimetikums, dass es die erste Phase der Insulinantwort verbessert [2]. Die schnelle Insulinausschüttung unmittelbar zum Essen ist nämlich bei Menschen mit Typ-2-Diabetes entweder eingeschränkt oder aufgehoben, was zu einem unverhältnismäßig hohen Anstieg des Blutzuckers nach der Mahlzeit führt. Somit unterstützt der erste Insulinpeak wesentlich die Senkung der postprandialen Glukosespitzen, die bekanntlich mit einem hohen mikro- und makrovaskulären Risiko verbunden sind [4]. "Hierin unterscheidet sich Exenatide von dem DPP-(Dipeptidyl-Peptidase-)4-Hemmer Sitagliptin, bei dem diese Wirkungen nicht komplett vorhanden sind", erklärte Gallwitz.

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Exenatide im Vergleich zu Sitagliptin

Wie die Daten einer Crossover-Studie belegen, senkt Exenatide die postprandialen Blutglukosespiegel signifikant besser als der DPP-4-Inhibitor Sitagliptin [5]. "Pharmakologisch ist dies damit zu erklären, dass Exenatide 5- bis 8-fach höhere Wirkspiegel im Vergleich zum Ausgangswert erzielt, während DPP-4-Hemmer die GLP-1-Spiegel lediglich um das 2- bis 3-Fache verstärken", sagte Gallwitz. Die positive Wirkung des Inkretin-Mimetikums auf metabolische und kardiovaskuläre Parameter wird in Langzeitstudien besonders deutlich: So führte Exenatide bei 151 Patienten innerhalb von 3,5 Jahren zu Reduktionen der Triglyzeride (-12 %) und des LDL-Cholesterins (-6 %) sowie einem Anstieg des HDL-Cholesterins (+24 %) gegenüber den Ausgangswerten [6].

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Anhaltende Gewichtsreduktion

Zu den größten Schwierigkeiten in der Diabetestherapie gehört die Gewichtsabnahme [7]. "Viele Menschen mit Typ-2-Diabetes haben ein gestörtes Sätti-gungsgefühl und nehmen nicht mehr wahr, wenn sie satt sind", erklärte Gallwitz. Diesen Patienten, die zumeist schon viele erfolglose Abnehmversuche hinter sich haben, kann Exenatide helfen, weil es die Sättigung fördert und die Magenentleerung verlangsamt [2]. Damit unterstützt das Inkretin-Mimetikum eine erfolgreiche Gewichtsreduktion, die sich in der Regel sogar über mehrere Jahre hin kontinuierlich fortsetzt [6].

Im Vergleich zu DPP-4-Inhibitoren zeigt sich hier ein deutlicher Unterschied: Vergleichsdaten zeigen, dass Patienten unter dem DPP-4-Hemmer Sitagliptin bei freier Auswahl von einem Büffet mehr Kalorien zu sich nahmen als diejenigen unter Exenatide [5]. "Langfristig zeichnet sich Exenatide durch eine dauerhafte Gewichtsabnahme aus, während Sitagliptin keinen nennenswerten Einfluss auf das Gewicht hat", erläuterte Gallwitz. Da unter Exenatide anfangs aber vermehrt gastrointestinale Störungen wie Völlegefühl und Übelkeit auftreten, sei die Aufklärung der Patienten über diese eventuellen Nebenwirkungen des Medikaments enorm wichtig. "Wer weiß, dass es vermutlich bald vorübergeht, akzeptiert das Unwohlsein eher", erläuterte Gallwitz. Auffallend sei darüber hinaus, dass es den Patienten grundsätzlich schwerfalle, ihre Symptomatik zu beschreiben. "Es muss gar nicht immer Übelkeit sein, denn oftmals handelt es sich auch um ein Sättigungs- oder Völlegefühl, das sie schon seit Jahren nicht mehr wahrgenommen haben", berichtete Gallwitz.

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Erfolgreicher Einsatz in der Praxis

Inwieweit sich das Inkretin-Mimetikum für den Einsatz in der Praxis eignet, wurde in einer sechsmonatigen Verlaufsstudie in fünf deutschen diabetologischen Schwerpunktpraxen untersucht [3]. Insgesamt nahmen daran 100 Menschen mit Typ-2-Diabetes teil, die Exenatide zusätzlich zu Metformin und/oder Sulfonylharnstoff erhielten. Die Dosis betrug anfangs 2-mal täglich 5 µ, nach 4 Wochen jeweils 10 µ. Untersucht wurden die Effekte von Exenatide auf HbA1c, Gewicht und Body-Mass-Index (BMI). Dabei zeigte sich innerhalb eines halben Jahres eine signifikante Reduktion der mittleren HbA1c-Werte von 7,7 auf 7,2 % (p < 0,001). Bei Patienten mit einem Anfangs-HbA1c-Wert über 9 % (n = 15) fiel das HbA1c im Mittel sogar um 2 Prozentpunkte (von 9,7 auf 7,7 %).

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Signifikante Gewichtsreduktion bei guter Verträglichkeit

"Mit durchschnittlich 6,1 kg innerhalb von 6 Monaten fiel die Gewichtsabnahme überraschend hoch aus", erklärte Professor Dr. Rüdiger Göke, Diabetologe in Kirchhain und Marburg (Abb. [2]). Allein 45 Patienten verloren unter der Therapie mehr als 5 % ihres Ausgangsgewichts. Im Mittel sank das Körpergewicht signifikant von 108,3 auf 102,2 kg (p < 0,001), der BMI wurde um 2,2 kg/m² reduziert (von 37,3 kg/m² auf 35,1 kg/m², p < 0,001). "Diese Resultate übertreffen sogar das, was nach den klinischen Studiendaten zu erwarten gewesen wäre", betonte Göke mit sichtlicher Freude über den Therapieerfolg. "Die Gewichtsabnahme unter Exenatide ist für die übergewichtigen Patienten, die schon zahlreiche erfolglose Diätversuche unternommen haben, wie eine Befreiung, ebenso das Empfinden eines Sättigungsgefühls." Auch hinsichtlich der Verträglichkeit wurden die Ärzte angenehm überrascht: Nach 6 Monaten berichteten nur noch 7 % der Patienten von einer leichten Übelkeit. "Die Rate liegt deutlich unter dem Wert, den wir von den bislang veröffentlichten Daten her erwartet hätten", erläuterte Göke.

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Abb. 2 Veränderung von HbA1c, Gewicht und BMI unter Exenatide nach 6 Monaten.

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Hohe Wirksamkeit - einfache Handhabung

"Mit diesen Daten konnten wir zeigen, dass die in kontrollierten klinischen Studien dokumentierten Therapieerfolge mit Exenatide ebenso in der Praxis erzielt werden können", folgerte Göke. Die deutliche Absenkung von HbA1c und Körpergewicht belegen das Potenzial des Inkretin-Mimetikums in Kombination mit Metformin und/oder Sulfonylharnstoff. Vor allem Patienten mit einem höheren Ausgangs-HbA1c und einem BMI > 30 kg/m² können von der Therapie mit Exenatide profitieren. Die Therapie mit dem Inkretin-Mimetikum kann langfristig kostengünstiger sein als mit Insulin, erklärte Göke, denn in der Regel entfallen engmaschige Blutzuckerkontrollen sowie Dosisanpassungen. Er rät aber, sich an die Empfehlung des Gemeinsamen Bundesausschusses (GB-A) zu halten. Demnach ist Exenatide bei einem Body-Mass-Index über 30 kg/m², unzureichender Blutzuckereinstellung unter oraler Therapie und Zeichen einer Insulinresistenz wirtschaftlich.

Dass Exenatide gespritzt werden muss, sei kein Problem für die Patienten. "Ohnehin glaube ich, dass Menschen mit Typ-2-Diabetes eher Angst vor Insulin als vor der Injektion haben", so Göke.

Bericht: Dr. Ellen Jahn

Dieser Beitrag entstand mit freundlicher Unterstützung der Lilly Deutschland GmbH.

Quelle: "Give me five! Mit Byetta® die fünf physiologischen GLP-1-Wirkungen umfassend nutzen". Pressekonferenz von Lilly Deutschland, Freitag, 20. März 2009 in Frankfurt

Die Autorin ist freie Journalistin

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Literatur

  • 01 Byetta® Fachinformation. Stand März 2009. 
  • 02 Fehse F . et al . J Clin Endocrinol Metab. 2005;  90 (11) 5991-5997
  • 03 Geldmacher R . et al . Diab Stoffw Herz. 2009;  18 15-20
  • 04 IDF. Guideline for Management of Postmeal Glucose Control. Brüssel 2007: 9-10. 
  • 05 DeFronzo RA . et al . Curr Med Res Opin. 2008;  24 (10) 2943-2952
  • 06 Klonoff DC . et al . Curr Med Res Opin. 2008;  24 (1) 275-286
  • 07 Gallwitz B . : Choose Control - Eine Befragung bei Menschen mit Typ 2 Diabetes [Vortrag]. In: Symposium Lilly Deutschland. DDG, München, 01.05.2008. 
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Literatur

  • 01 Byetta® Fachinformation. Stand März 2009. 
  • 02 Fehse F . et al . J Clin Endocrinol Metab. 2005;  90 (11) 5991-5997
  • 03 Geldmacher R . et al . Diab Stoffw Herz. 2009;  18 15-20
  • 04 IDF. Guideline for Management of Postmeal Glucose Control. Brüssel 2007: 9-10. 
  • 05 DeFronzo RA . et al . Curr Med Res Opin. 2008;  24 (10) 2943-2952
  • 06 Klonoff DC . et al . Curr Med Res Opin. 2008;  24 (1) 275-286
  • 07 Gallwitz B . : Choose Control - Eine Befragung bei Menschen mit Typ 2 Diabetes [Vortrag]. In: Symposium Lilly Deutschland. DDG, München, 01.05.2008. 
 
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Abb. 1 Exenatide reduziert postprandiale Blutglukosewerte stärker als Sitagliptin.

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Abb. 2 Veränderung von HbA1c, Gewicht und BMI unter Exenatide nach 6 Monaten.