Diabetes aktuell 2009; 7(4): 203
DOI: 10.1055/s-0029-1233392
Forum der Industrie

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G-BA bremst erneut fortschrittliche Therapie aus - Verordnung von langwirksamen Insulinanaloga wird erheblich erschwert

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Publication Date:
30 June 2009 (online)

 
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"Die neue, evidenzbasierte DDG-Leitlinie [1] hebt den Stellenwert der langwirksamen Insulinanaloga deutlich hervor", erklärt Prof. Dr. med. Matthias Blüher vom Universitätsklinikum Leipzig bei einer Pressekonferenz von sanofi-aventis im Rahmen der Tagung der Deutschen Diabetes-Gesellschaft in Leipzig. Bei einer Behandlung mit langwirksamen Insulinanaloga wird eine bessere Blutzuckereinstellung mit einer wesentlich geringeren Gefahr der Hypoglykämien erreicht. "Eine Therapie mit Insulin glargin (Lantus®), dem einzigen Analoginsulin mit nachgewiesener Langzeitsicherheit über 5 Jahre, senkt das Risiko des Auftretens von Hypoglykämien im Vergleich zu einer Behandlung mit NPH-Insulin signifikant." Dies betreffe sowohl die gesamte Häufigkeit als auch die Anzahl der schweren und der nächtlichen Hypoglykämien [2]. Aus der 5-Jahres-Langzeitstudie ergibt sich ein klarer Trend zu weniger Hypoglykämien in allen Kategorien von Insulin glargin versus NPH-Insulin bei vergleichbarer Blutzuckersenkung [3]. Damit ist das moderne Basalinsulin deutlich sicherer als NPH-Insulin. Eine Therapie mit dem langwirksamen Insulin glargin ist für den Patienten einfach. Die einmal tägliche Gabe mit flexibler Wahl des Injektionszeitpunktes sowohl in der basalunterstützten oralen Therapie (BOT) als auch in der intensivierten konventionellen Insulintherapie (ICT) erhöhe deutlich die Flexibilität und Lebensqualität des Patienten. Das IQWiG sieht jedoch für die meisten Patienten keinen Zusatznutzen und die jüngst veröffentlichte Entscheidung des G-BA zur Verordnungsfähigkeit der langwirksamen Insulinanaloga auf der Basis der IQWiG-"Vorlage" belegt dies deutlich.

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G-BA-Entscheidung erschwert die Therapie [6]

Am 4.6.2009 veröffentlichte der Gemeinsame Bundesausschuss seine Entscheidung zur Verordnungsfähigkeit der langwirksamen Insulinanaloga vom 28.5.2009 - und es wurde nicht im Sinne der Patienten entschieden. Denn danach "sind diese Wirkstoffe (die langwirksamen Insulinanaloga, Red.) nicht verordnungsfähig, solange sie - unter Berücksichtigung der notwendigen Dosierungen zur Erreichung des therapeutischen Zieles - mit Mehrkosten im Vergleich zu intermediär/lang wirkendem Humaninsulin verbunden sind. Das angestrebte Behandlungsziel ist mit Humaninsulin ebenso zweckmäßig, aber kostengünstiger zu erreichen. Für die Bestimmung der Mehrkosten sind die der zuständigen Krankenkasse tatsächlich entstehenden Kosten maßgeblich.

  1. Die Verordnungseinschränkung gilt nicht für eine Behandlung mit Insulin Glargin bei Patienten, bei denen

    - im Rahmen einer notwendigen (nahe normoglykämischen) intensivierten Insulintherapie unter Verwendung von intermediär/lang wirkenden Humaninsulinen schwere Hypo-glykämien aufgetreten sind oder

    - im Einzelfall die Anwendung von Insulin Glargin unter Berücksichtigung von Menge und Preis wirtschaftlicher ist.

  2. Die Verordnungseinschränkung gilt nicht für Patienten mit Allergie gegen intermediär/lang wirkende Humaninsuline."

Im Klartext muss der behandelnde Arzt mit der Verordnung also so lange warten, bis bei seinem Patienten eine schwere Hypoglykämie aufgetreten ist (mit allen damit verbundenen Risiken) bzw. macht der G-BA die Verordnung der langwirksamen Insulinanaloga damit zu Einzelfallentscheidungen, die individuell begründet oder vorgerechnet werden müssen - und welcher Arzt wird diesen zusätzlichen Aufwand ohne zwingenden Grund schon auf sich nehmen?

Oder aber die betroffenen Firmen lassen sich darauf ein, mit individuellen Rabattverträgen GKV-Patienten die Therapie zu ermöglichen. (gb)

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Keine Mehrkosten der besten Therapie

Bei einer Therapie mit Insulin glargin wurde im direkten Vergleich zu Insulin detemir im Rahmen der Kombinationstherapie mit oralen Antidiabetika nur circa die Hälfte der mittleren Tagesdosis benötigt, wenn man vergleichbare HbA1c-Werte konstatiert [4]. Dies ist bei der Betrachtung der Gesamtkosten einer Diabetestherapie zu berücksichtigen. Für die pharmakoökonomische Bewertung einer Therapie des Typ-2-Diabetes ist neben der Wirksamkeitsprüfung der Kostenaufwand zu erheben. Vergleichende Kostenerhebungen zwischen den langwirksamen Insulinanaloga Insulin glargin und Insulin detemir zeigen einen geringeren Leistungsverbrauch bei einer Therapie mit Insulin glargin in allen Leistungsarten. Ein direkter Vergleich verdeutlicht den durchgängigen Kostenvorteil von Insulin glargin gegenüber Insulin detemir, so Franz-Werner Dippel von sanofi-aventis, Berlin. So ist bei Typ-2-Diabetikern in der ambulanten Routineversorgung eine Insulin glarginbasierte ICT gegenüber einer Insulin detemir-basierten ICT um ca. 14 % preiswerter, bei der BOT liegen die Einsparungen auf Basis einer Modellrechnung bei 33 % [4], [5]. Der Kostenvorteil für Insulin glargin setzt sich im Wesentlichen aus geringeren Kosten für das Basalinsulin selbst sowie geringeren Kosten für die zusätzliche Gabe eines Bolusinsulins und Einsparungen bei der Blutzuckerselbstmessung (Teststreifen und Lanzetten) sowie bei den Nadelkosten für die Insulininjektion zusammen. "Für einen Behandlungskostenvergleich sind alle relevanten Kosten einer Behandlungsoption, wie Diagnostik, Begleiterkrankungen und Krankenhausbehandlungen, zu berücksichtigen, die mit der Erkrankung zusammenhängen", fasste Dr. Peter K. Schädlich, Experte für Gesundheitsökonomie beim IGES-Institut in Berlin die Ergebnisse zusammen.

Günther Buck

Quellen: Pressekonferenz von sanofi-aventis im Rahmen der 44. Jahrestagung der Deutschen Diabetes-Gesellschaft in Leipzig am 20.5.2009 und Veröffentlichung des G-BA am 4.6.2009

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Literatur

  • 01 Matthaei S . et al . Medikamentöse antihyperglykämische Therapie des Diabetes mellitus Typ-2.  Diabetologie und Stoffwechsel. 2009;  4 32-64
  • 02 Tschritter O . Fritsche A . Gallwitz B . Häring HU . : Langwirkende Insulinanaloga in der Therapie des Diabetes mellitus Typ 1 und Typ 2.  Diabetes und Stoffwechsel. 2005;  14 375-82
  • 03 Rosenstock J . et al . Similar Progression of Diabetec Retinopathy with Glargine or NPH Insulin in Type 2 Diabetes (T2D).  Diabetes. 2008;  57 (Suppl 1) A86 Abstr. 301-OR
  • 04 Rosenstock J . Davies M . Home PD . Larsen J . Koenen C . Schernthaner G . A randomised, 52-week, treat-to-target trial comparing insulin detemir with insulin glargine when administered as add-on to glucose-lowering drugs in insulin-naive people with type 2 diabetes.  Diabetologia. 2008;  51 408-416
  • 05 LIVE-COM = Long-acting insulin Insulin glargine versus insulin Insulin detemir cost evaluation comparison in Germany. Posterpräsentation, 44. Jahrestagung der Deutschen Diabetes-Gesellschaft (20.-23.05.2009). 
  • 06 http://www.g-ba.de/informationen/beschluesse/827/
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Literatur

  • 01 Matthaei S . et al . Medikamentöse antihyperglykämische Therapie des Diabetes mellitus Typ-2.  Diabetologie und Stoffwechsel. 2009;  4 32-64
  • 02 Tschritter O . Fritsche A . Gallwitz B . Häring HU . : Langwirkende Insulinanaloga in der Therapie des Diabetes mellitus Typ 1 und Typ 2.  Diabetes und Stoffwechsel. 2005;  14 375-82
  • 03 Rosenstock J . et al . Similar Progression of Diabetec Retinopathy with Glargine or NPH Insulin in Type 2 Diabetes (T2D).  Diabetes. 2008;  57 (Suppl 1) A86 Abstr. 301-OR
  • 04 Rosenstock J . Davies M . Home PD . Larsen J . Koenen C . Schernthaner G . A randomised, 52-week, treat-to-target trial comparing insulin detemir with insulin glargine when administered as add-on to glucose-lowering drugs in insulin-naive people with type 2 diabetes.  Diabetologia. 2008;  51 408-416
  • 05 LIVE-COM = Long-acting insulin Insulin glargine versus insulin Insulin detemir cost evaluation comparison in Germany. Posterpräsentation, 44. Jahrestagung der Deutschen Diabetes-Gesellschaft (20.-23.05.2009). 
  • 06 http://www.g-ba.de/informationen/beschluesse/827/