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DOI: 10.1055/s-0029-1237471
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart ˙ New York
Behandlungsfehler-Statistik 2008
Wichtiger Beitrag zur PatientensicherheitPublication History
Publication Date:
07 September 2009 (online)
- Mehr Transparenz: Wo gibt es Fehlermöglichkeiten?
- Fehlerursachen für Fortbildung und Qualitätssicherung nutzen
- Begutachtung und Schlichtung in gewisser Weise einzigartig
- Positiver Umgang mit Behandlungsfehlern
Die Bundesärztekammer hat Mitte des Jahres in Berlin die Statistik der Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen über Fehler in der Medizin für das Jahr 2008 vorgelegt. Diese leisten einen weltweit einzigartigen Beitrag zur Patientensicherheit.
Im vergangenen Jahr haben die Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen bei den Ärztekammern insgesamt 7 133 Anträge zu mutmaßlichen Behandlungsfehlern bearbeitet. Sie leisten damit einen wichtigen Beitrag zur außergerichtlichen Streitschlichtung nach einer fehlgeschlagenen Behandlung. In 29 % der Fälle lag ein Behandlungsfehler oder Risikoaufklärungsmangel vor. Davon konnte in 1 695 der Fälle ein Behandlungsfehler als Ursache für einen Gesundheitsschaden ermittelt werden, der einen Anspruch des Patienten auf Entschädigung begründete. Das geht aus der "Statistischen Erhebung der Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen für das Statistikjahr 2008" hervor.
Mehr Transparenz: Wo gibt es Fehlermöglichkeiten?
Insgesamt 10 967 Begutachtungsanträge gingen im vergangenen Jahr bei den Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen ein; 535 mehr als im Jahr 2007 (+ 5,1 %). Die häufigsten Diagnosen, die zu Behandlungsfehlervorwürfen führten, waren Hüft- und Kniegelenkarthrosen.


Tab. 1 Die häufigsten Diagnosen, die im Jahr 2008 zur Antragstellung führten (Quelle: BÄK).
"Wir wollen mit der Behandlungsfehler-Statistik transparent machen, wo es Fehlerhäufigkeiten gibt und welche Ursachen sich dahinter verbergen", erklärte Dr. Andreas Crusius, Vorsitzender der Ständigen Konferenz der Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen. Durch eine zielgerichtete Auswertung der Ergebnisse sei der erste Schritt zur Fehlervermeidung bereits getan.
Fehlerursachen für Fortbildung und Qualitätssicherung nutzen
Die seit 1975 bei den Ärztekammern eingerichteten Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen für Arzthaftungsstreitigkeiten bieten eine Begutachtung durch unabhängige Experten und außergerichtliche Streitschlichtung bei Behandlungsfehlervorwürfen an. Der Patient kann durch ein effizientes und gebührenfreies Verfahren überprüfen lassen, ob sein Behandlungsfehlervorwurf gerechtfertigt ist. In ca. 90 % der Fälle werden die Entscheidungen der Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen von beiden Parteien akzeptiert und die Streitigkeiten beigelegt. Wird nach Begutachtung durch die Gütestellen doch noch der Rechtsweg beschritten, werden die Gutachten der Kommissionen überwiegend bestätigt.
Gut ein Viertel aller vermuteten Arzthaftungsfälle werden durch die Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen bewertet. Seit 2006 werden die Daten mithilfe des Medical Error Reporting Systems (MERS) EDV-gestützt einheitlich erfasst und in einer Bundesstatistik zusammengeführt. Die Statistik gibt u.a. Aufschluss darüber, bei welchen Diagnosen und Therapiemaßnahmen Behandlungsfehler vermutet wurden und welche Fachgebiete betroffen waren. Ziel der Statistik ist es, Fehlerhäufigkeiten zu erkennen und Fehlerursachen auszuwerten, um sie für die Fortbildung und Qualitätssicherung zu nutzen.
Begutachtung und Schlichtung in gewisser Weise einzigartig
Die Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen sind in gewisser Weise einzigartig, betonte Crusius. Es gebe nirgendwo auf der Welt vergleichbare Einrichtungen, die den Patienten ein derartiges Angebot der Begutachtung und Schlichtung unterbreiten. Andere europäische Länder schauten durchaus mit Bewunderung auf diese von den Ärzten initiierten Einrichtungen. Fallbeispiele der Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen würden auf internationalen Konferenzen zum Thema Patientensicherheit vorgestellt und dort auch mit wissenschaftlichem Gewinn diskutiert.
Die Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen werden als positives Beispiel für den Umgang mit Behandlungsfehlern gesehen, weil sie nicht nur zur Klärung von Vorwürfen einen wichtigen Beitrag leisten, sondern auch die Ergebnisse ihrer Statistik den ärztlichen Gremien zur Fortbildung und Qualitätssicherung zur Verfügung stellen. Damit leisten sie einen elementar wichtigen Beitrag zur Patientensicherheit und zur viel zitierten Fehlervermeidungskultur im deutschen Gesundheitswesen.
Positiver Umgang mit Behandlungsfehlern
Die Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen dienen aber auch dazu, Patientenrechte zu stärken, hob Crusius hervor. Durch die außergerichtlichen Einrichtungen kann der Patient im Vorfeld eines gerichtlichen Verfahrens den Rat unabhängiger Experten einholen. Dieser Nachweis durch ein medizinisches Sachverständigengutachten geschieht für die Patienten ohne größere Bürokratie - es genügt ein formloser Antrag - und ist zudem kostenfrei. Unabhängig davon kann der Patient, wenn er mit der Entscheidung der Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen nicht einverstanden ist, nach wie vor ein gerichtliches Verfahren einleiten.
Klaus Schmidt, Planegg


Tab. 1 Die häufigsten Diagnosen, die im Jahr 2008 zur Antragstellung führten (Quelle: BÄK).