Pneumologie 2009; 63(8): 412
DOI: 10.1055/s-0029-1238231
Pneumo-Fokus

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Arbeitsmedizin - Gesundheitsgefahren durch Tonerstaub?

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Publication Date:
14 August 2009 (online)

 
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Immer wieder tauchen in den Medien Meldungen über gesundheitliche Beschwerden durch den Betrieb von Druckern oder Kopierern auf. Auch eine vom Bundesinstitut für Risikoforschung in Auftrag gegebene Studie konnte 2008 Gesundheitsgefahren nicht ausschließen und empfiehlt weitere Studien. Was hat sich seither getan?

Aus Laserdruckern und Kopierern können Toner- und Papierpartikel, Ozon und eine Vielzahl flüchtiger organischer Verbindungen freigesetzt werden. Die Emissionen wurden in den letzten Jahren mit vielfältigen Beschwerden in Zusammenhang gebracht: Reizungen der Atemwege, der Augen und der Haut, Kopfschmerzen oder allergische Reaktionen. Bei der Interessensgemeinschaft Toner-Geschädigter meldeten sich bisher fast 2000 Verdachtsfälle (ITG e.V.; www.krank-durch-toner.de). In der wissenschaftlichen Literatur findet man meist Einzelfallberichte und nur wenige epidemiologische Studien. Mögliche Zusammenhänge zwischen den Emissionen aus Druckern und Kopierern und gesundheitlichen Beschwerden bei Büroangestellten sollte eine Pilotstudie klären, die das Bundesinstitut für Risikoforschung (BfR) in Auftrag gegeben hatte und die 2008 abgeschlossen wurde (www.bfr.bund.de, www.uniklinik-freiburg.de/iuk/live/Aktuelles.html). Durchgeführt wurde die Studie von Prof. Volker Mersch-Sundermann, damals Leiter des Instituts für Innenraum- und Umwelttoxikologie am Universitätsklinikum Gießen. 2006 wurde die Raumluft in 63 Büroräumen in Deutschland gemessen sowie 69 der dort arbeitenden Personen untersucht.

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Emissionen von Ultrafeinstaub

In der BfR-Studie wurde ein breites Spektrum an flüchtigen organischen Verbindungen (Volatile Organic Compounds, VOC) festgestellt, erklärt Mersch-Sundermann, jetzt Direktor des Instituts für Umweltmedizin und Krankenhaushygiene des Universitätsklinikums Freiburg: "Allerdings wurden keine gesundheitlich bedenklichen Konzentrationen von flüchtigen organischen Bestandteilen oder Ozon gemessen. Die VOC-Konzentrationen lagen deutlich unterhalb der hygienisch bedenklichen Richtwerte der Innenraumlufthygienekommission am Umweltbundesamt."

VOCs sind z. B. Styrol, Toluol, Formaldehyd oder Benzol, die beim Druck- bzw. Kopiervorgang frei werden oder dann erst entstehen. Diese Substanzen können aber auch bei einem Gerät in Druckbereitschaft nachweisbar sein, also aus Gerätebauteilen stammen. Für den Umweltmediziner stellen aber die emittierten Stäube ein größeres Problem dar: "Durch Druck- bzw. Kopiervorgänge kommt es zu einem generellen Anstieg der Feinstaubkonzentrationen der unterschiedlichen Größenklassen. Besonders zu Druckbeginn wurde ein Anstieg der ultrafeinen Stäube oder Nanopartikel (zwischen 5 und 1000 nm) um das 5- bis 10-Fache der normalen Innenraumkonzentration festgestellt." Allerdings waren 90 – 99 % der Stäube im Spektrum 10 – 1000 nm schwer zu erfassen und zu analysieren. "Es handelt sich bei diesen ultrafeinen Partikeln höchstwahrscheinlich um Zusammenballungen von VOC", vermutet Mersch-Sundermann.

Ultrafeinstaub oder Nanopartikel sind kleiner als 1 µm – und werden als gefährlicher als größere Stäube eingeschätzt: Sie können bis in die tiefen Atemwege gelangen, in die Blutbahn eindringen und werden schlechter durch das Immunsystem erkannt und entfernt. Für Feinstaubbelas-tungen in der Außenluft wurden in zahlreichen Studien Zusammenhänge mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen festgestellt, berichtet Mersch-Sundermann. Seit Anfang 2005 gibt es in der EU einen Grenzwert für Feinstaub in der Außenluft. Feinstaubgrenzwerte für den Innenraum gibt es bislang nicht – obwohl sich die meisten Menschen 80 – 90 % des Tages in Innenräumen aufhalten. Ein Grenzwert sei in Diskussion, erklärt Mersch-Sundermann, der auch Mitglied der AG Feinstaub der Kommission Reinhaltung der Luft ist.

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Gesundheitsschäden vermutet

Ein Großteil des in der BfR-Studie untersuchten Büropersonals litt an Beschwerden, die dem Sick-Building-Syndrom zugeordnet werden können; schwerwiegende Gesundheitsschäden wurden in dieser Untersuchung nicht festgestellt. Bei einigen Personen wurde durch Lungenfunktionstests eine unspezifische bronchiale Hyperreagibilität (UBH) diagnostiziert. Kausale Zusammenhänge konnten in der Studie jedoch nicht geklärt werden. Die Emissionen könnten aber nicht nur für akute, sondern auch für chronische Effekte verantwortlich sein. So zeigten In-vitro-Untersuchungen mit humanen Lungenzellkulturen aus dem Freiburger Institut von Mersch-Sundermann DNA-Schädigungen durch Tonerpartikel. "Dringend nötig sind nun Studien, die klären, ob die emittierten Partikel für gesundheitliche Effekte verantwortlich sind und welche Wirkungsmechanismen zugrunde liegen", mahnt Mersch-Sundermann. Mit diesem Ziel gründeten er und mehrere Wissenschaftler das Forschungskonsor-tium "Freiburger Kreis" unter Koordination von Prof. Wolfgang Lingk. Studien zur Beschaffenheit der feinen und ultrafeinen Partikel laufen bereits.

Maren Schenk, Schriesheim

Erstveröffentlichung in: Dtsch Med Wochenschr 2009; 134: 337