Flugmedizin · Tropenmedizin · Reisemedizin - FTR 2009; 16(3): 152
DOI: 10.1055/s-0029-1241743
Forum der Industrie

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Vielversprechende Studienergebnisse - Es lohnt sich, über die Grippeimpfung von Kindern nachzudenken

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25 September 2009 (online)

 
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Bild: AOK-Mediendienst

Auf der Südhalbkugel besteht von Mai bis Oktober Grippegefahr, in den Tropen zirkuliert das Influenzavirus ganzjährig auf niedrigem Niveau. Für beide Hemisphären gibt es üblicherweise unterschiedlich zusammengesetzte Impfstoffe, da verschiedene Virusstämme kursieren. Das ist in diesem Jahr anders: Nach Angaben der WHO grassieren auf der Südhalbkugel derzeit die gleichen Stämme saisonaler Grippe wie im letzten Winter auf der Nordhalbkugel. Bei Reisen in Länder südlich des Äquators kann daher der Influenza-Impfstoff des letzten Winters zur Prophylaxe verwendet werden.

Standardmäßig wird die Grippeimpfung für Menschen über 60 Jahre empfohlen, doch auch bei Kindern kann diese sinnvoll sein, wie Prof. Timo Vesikari, Tampere (Finnland), berichtete. Denn Kinder sind in besonderem Maße von der Grippe betroffen. Sie erkranken laut Vesikari während einer Epidemie am häufigsten und verbreiten das Influenzavirus weiter - "Kinder sind das Feuer der Influenza". In Amerika empfiehlt die ACIP ("American Advisory Committee on Immunization Practices") daher seit letztem Jahr eine Grippeimpfung für alle Kinder (6 Monate-18 Jahre). Finnland empfiehlt die Impfung für Kinder zwischen 6 und 35 Monaten.

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Hohe Antikörpertiter und Serokonversionsraten

Konventionelle Influenzaimpfstoffe sind für den Einsatz bei Kindern nur mäßig geeignet, da das noch unausgereifte Immunsystem schwächer auf sie reagiert als dies bei Erwachsenen der Fall ist. In einer Studie trat unter dem Einsatz einer nasal geimpften trivalenten attenuierten Lebendvakzine bei den Kindern gehäuft ein pfeifendes Atemgeräusch auf und die Hospitalisationsrate nahm zu [1].

Der für Senioren (≥ 65 Jahre) zugelassene adjuvierte Influenzaimpfstoff Fluad® wurde laut Vesikari auch zur Anwendung bei Kindern untersucht. Wie die Ergebnisse zeigen, könnte dieser geeignet sein, die durch die Grippe verursachte Krankheitslast bei Kindern zu reduzieren ohne vermehrt unerwünschte Nebenwirkungen hervorzurufen.

In der finnischen Studie an 269 gesunden Säuglingen und Kleinkindern (6-36 Monate) induzierte der mit dem Adjuvans MF59® ausgestattete Impfstoff signifikant höhere Antikörpertiter und Seroprotektionsraten als ein herkömmlicher, nicht adjuvierter Impfstoff. Dabei zeigten beide Impfstoffe ein ähnliches Sicherheitsprofil, lediglich Schwellungen an der Einstichstelle traten im Studienarm mit dem adjuvierten Impfstoff häufiger auf (12 versus 5 %, p = 0,033).

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Impfung gegen Frühsommermeningoenzephalitis: Fünf Jahre Impfabstand nach dem 1. Booster jetzt auch für Kinder

Die Zahl der Erkrankungen an Frühsommermeningoenzephalitis (FSME) ist 2008 erneut gestiegen, auch in Österreich und der Schweiz stiegen die Fallzahlen. In Deutschland sind große Teile Baden-Württembergs und Bayerns Frühsommermeningoenzephalitis-Risikogebiete. Die Frühsommermeningoenzephalitis ist eine schwerwiegende neurologische Erkrankung, die bei Erwachsenen zu etwa 50 % (Kinder: 30 %) einen schweren Verlauf nimmt und zu 40 % (Kinder: < 3 %) mit neurologischen Langzeitschäden verbunden ist.

Keine einheitlichen Impfempfehlungen

Die deutschsprachigen Länder haben leider keine gemeinsamen Impfempfehlungen. Dies gilt auch für die Auffrischimpfungen, deren empfohlenes Intervall zwischen 3 und 10 Jahren (Letzteres nur in der Schweiz) beträgt. Für Deutschland gilt: Nach der vollständigen Grundimmunisierung mit 3 Einzelimpfungen sollte die 1. Auffrischimpfung nach 3 Jahren erfolgen. "Weitere Auffrischimpfungen sind bei den unter 50-Jährigen sowie bei mit ,Encepur® Kinder' geimpften Kindern erst nach 5 Jahren nötig", so Prof. Reinhard Kaiser, Pforzheim.

Der verlängerte Impfabstand für Kinder gelte ausschließlich für den genannten Impfstoff, mit dem eine besonders starke und lang anhaltende Immunantwort erreicht wird. Entsprechend hohe Antikörpertiter (NT ≥ 10) werden bei einer Verwendung des Kinderimpfstoffes ab dem 2. Booster auch bei einer Verlängerung des Booster-Intervalls auf 5 Jahre gemessen (1).

Belastbarer Impfschutz nach 42 Tagen

Findet die Grundimmunisierung nach dem konventionellen Schema mit Encepur® (Tag 0/Tag 7/9-12 Monate nach der 2. Dosis) statt, wird innerhalb von 42 Tagen ein belastbarer Impfschutz aufgebaut. "Auffrischungen alle 5 Jahre nach dem 1. Booster sind nach unserer Einschätzung notwendig", so Kaiser. Zwar erkranken nach Erfahrungen in der Schweiz überwiegend Ungeimpfte an FSME, letztlich böte aber nur das wiederholte Boostern in nicht zu langen Zeitabständen die größtmögliche Sicherheit.

Beate Grübler, Hannover; Birgit Kleinlein, Stuttgart

Literatur: 1 Wittermann C et al. Vaccine 2009; 27: 1585-1588

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Klinische Studien müssen nun Wirksamkeitsnachweis erbringen

In einem nächsten Schritt muss nun geklärt werden, ob die mit dem Adjuvans MF59® verbundene höhere Immunogenität des adjuvierten Impfstoffs bei Kleinkindern sich auch in einer höheren Wirksamkeit niederschlägt. Eine Studie, die die Wirksamkeit des adjuvierten Impfstoffs bei kleinen Kindern genauer untersucht, ist in Finnland und Deutschland angelaufen. Auch das gute Sicherheitsprofil müsse vor einer generellen Empfehlung laut Vesikari in größeren Studien bestätigt werden.

Beate Grübler, Hannover;

Birgit Kleinlein, Stuttgart

Diese Beiträge entstanden mit freundlicher Unterstützung der Novartis Behring GmbH, Marburg

Die Beitragsinhalte stammen vom Symposium zur 17. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie (DGPI), Bremen, veranstaltet von der Novartis Behring GmbH, Marburg

Frau Grübler ist freie Journalistin

Frau Kleinlein ist Mitarbeiterin des Georg Thieme Verlages

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Literatur

  • 01 Belshe RB . Edwards KM . Vesikari T . et al . Live attenuated versus inactivated influenza vaccine in infants and young children.  N Engl J Med. 2007;  356 685-696
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Literatur

  • 01 Belshe RB . Edwards KM . Vesikari T . et al . Live attenuated versus inactivated influenza vaccine in infants and young children.  N Engl J Med. 2007;  356 685-696
 
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