Z Orthop Unfall 2009; 147(5): 532
DOI: 10.1055/s-0029-1242064
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© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart ˙ New York

Antibiotikatherapie - Antibiotikaprophylaxe – was wirkt am besten?

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Publication Date:
09 October 2009 (online)

 
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Ziel der vorliegenden Studie war es, die prophylaktische Wirksamkeit einer systemischen, einer lokalen und einer kombinierten Antibiotikatherapie nach orthopädischer Operation im Tierversuch gegenüberzustellen. Better Prophylaxis Against Surgical Site Infection with Local as Well as Systemic Antibiotics. An in Vivo Study J. Bone Joint Surg. Am., Aug 2009; 91: 1907 – 1912

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Studiendesign

In dieser experimentellen Studie wurden 73 Versuchstiere (Ratten) unterteilt in sechs Gruppen zunächst einer Femurosteotomie und Implantation einer Drahtcerclage unterzogen. Es folgte die Beimpfung der Wundhöhle mit Bakterien eines gentamycinsensiblen Staphylokokkus-aureus-Stamms und nach Wundverschluss je nach Gruppe eine ausschließlich lokale, systemische oder kombinierte Applikation von Gentamycin und Cefazolin. Die Tiere der Kontrollgruppe erhielten keine Antibiose. 48 Stunden postoperativ erfolgte die Tötung der Tiere und Abstrichnahme aus der wiedereröffneten Wundhöhle mit anschließender 24-stündiger Bebrütung und Auszählung der Kolonie bildenden Einheiten.

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Koloniemorphologie verschiedener Phänotypen von Staphylococcus aureus: charakteristischer Phänotyp mit (links oben) sowie ohne (rechts oben) Pigmentierung und Hämolyse; mukoider Phänotyp (links unten); Small-Colony-Variant-Phänotyp (rechts unten). (Quelle: K. Becker, G. Peters, Mikrobiologische Diagnostik, Herausgegeben von B. Neumeister, H. K. Geiss, R. W. Braun, P. Kimmig, Thieme Verlag 2009).

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Ergebnisse

In allen Gruppen, die einer Antibiotikatherapie unterzogen wurden, konnten im Vergleich zur Kontrollgruppe signifikant geringere Kolonie bildende Einheiten (KBE) gesehen werden. Während es unter ausschließlich systemischer bzw. lokaler Cefazolinapplikation zu einer Reduktion der KBE um zwei Zehnerpotenzen kam, zeigte die ausschließlich lokale Gentamycintherapie eine Reduktion um fünf Zehnerpotenzen, die kombinierte systemische Cefazolin-/lokale Gentamycinapplikation sogar um sieben Zehnerpotenzen.

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Kommentar

Der Ansatz dieser experimentellen Studie, die Wirksamkeit verschiedener systemisch und lokal applizierter Antibiotika postoperativ zu untersuchen ist bei einem Anstieg der Inzidenz und Prävalenz postoperativer Infektionen in der orthopädischen Chirurgie sehr interessant [1]. Die Ergebnisse dieser experimentellen Studie sprechen für die Kombination der synergistischen Wirkweisen von Aminoglykosiden und Cephalosporinen, wodurch sich im Tierexperiment eine Erregerreduktion von sieben Zehnerpotenzen erreichen ließ. So unterstützt diese Studie das in der Praxis bei Wundinfektionen gängige Regime, einen temporären, gentamycinhaltigen Antibiotikaträger in die Wundhöhle zu implantieren, um die Keimzahl lokal signifikant zu reduzieren [2]. Als durchaus problematisch erachten die Autoren eine in Studien bereits nachgewiesene Zytotoxizität lokaler Antibiotikakonzentrationen, welche sich auch auf die Osteoblasten auswirke [3]. Anzumerken ist, dass eine Komplettierung der Ergebnisse durch eine Gruppe systemischer Gentamycingabe hätte erreicht werden können und somit auch die Aussagekraft der Studie verbessert hätte. Wünschenswert wäre ebenfalls die Auswahl eines Methicillin resistenten Staphylokokkus-aureus-Stamms gewesen, was der zunehmenden Problematik dieser Erreger Rechnung getragen hätte. Mit Augenmerk auf sorgfältiger Indikationsstellung und der Gefahr entstehender Resistenzen sollte nun in klinischen Studien am Patienten angeknüpft werden, um einen klinischen Nutzen beweisen zu können.

Dr. Phillip Klages

Dr. Phillip Klages

Orthopädische Klinik der Med. Hochschule Hannover

Email: phillip.klages@annastift.de

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Literatur

  • 01 Kurtz SM . Lau E . Schmier J . et al . Infection burden for hip and knee arthroplasty in the United States.  J Bone Joint Surg Am. 2008;  23 984
  • 02 Yarboro SR . Baum EJ . Dahners LE . Locally administered antibiotics for prophylaxis against surgical wound infection. An in vivo study. J Bone Joint Surg Am. 2007 May; 89 (5): 929 – 33. Erratum in: J Bone Joint Surg Am 2008 Feb; 90 (2): 384. 
  • 03 Isefuku S . Joyner CJ . Simpson AH . Gentamicin may have an adverse effect on osteogenesis.  J Orthop Trauma. 2003 Mar;  17 (3) 212-6
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Literatur

  • 01 Kurtz SM . Lau E . Schmier J . et al . Infection burden for hip and knee arthroplasty in the United States.  J Bone Joint Surg Am. 2008;  23 984
  • 02 Yarboro SR . Baum EJ . Dahners LE . Locally administered antibiotics for prophylaxis against surgical wound infection. An in vivo study. J Bone Joint Surg Am. 2007 May; 89 (5): 929 – 33. Erratum in: J Bone Joint Surg Am 2008 Feb; 90 (2): 384. 
  • 03 Isefuku S . Joyner CJ . Simpson AH . Gentamicin may have an adverse effect on osteogenesis.  J Orthop Trauma. 2003 Mar;  17 (3) 212-6
 
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Koloniemorphologie verschiedener Phänotypen von Staphylococcus aureus: charakteristischer Phänotyp mit (links oben) sowie ohne (rechts oben) Pigmentierung und Hämolyse; mukoider Phänotyp (links unten); Small-Colony-Variant-Phänotyp (rechts unten). (Quelle: K. Becker, G. Peters, Mikrobiologische Diagnostik, Herausgegeben von B. Neumeister, H. K. Geiss, R. W. Braun, P. Kimmig, Thieme Verlag 2009).