DO - Deutsche Zeitschrift für Osteopathie 2009; 7(04): 6-7
DOI: 10.1055/s-0029-1242520
Science
Hippokrates Verlag in MVS Medizinverlage Stuttgart GmbH & Co. KG Stuttgart

Osteopathie im Sport

K. L. Resch
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Publication Date:
22 October 2009 (online)

Kommentar

Immer wieder kann man in Berichten zu großen sportlichen Events wie Meisterschaften oder olympischen Spielen in der Presse lesen, dass gerade Spitzensportler auf „ihren” Osteopathen zählen. Bei der Suche nach Studien, die mit geeigneter Methodik hinterfragen, ob dies tatsächlich begründet ist, wurde ich erstaunlicherweise nicht fündig. Der Entschluss, die beiden Arbeiten vorzustellen, hängt nicht zuletzt damit zusammen, dass sie ganz unterschiedliche Aspekte in Bezug auf diese Fragestellung deutlich machen.

Zuerst mag dem aufmerksamen Leser auffallen, dass der Erstautor in beiden Fällen derselbe ist. Das zeigt einerseits, dass der Autor sich über Jahre mit dem Thema beschäftigt, im Kontext mit dem Fehlen relevanter anderer Publikationen, aber auch, dass er damit ziemlich allein auf weiter Flur ist. Redaktionelle wie konzeptionelle Übereinstimmung ganzer Passagen in den beiden Texten legen den Schluss nahe, dass sich in den letzten fünf Jahren auch am Stand der Erkenntnis bei dieser Arbeitsgruppe wenig geändert hat.

Die ältere der beiden Publikationen ist bezeichnenderweise ein Editorial, die Art von Publikation, bei der frisch und munter spekuliert werden darf, die aber auch nicht selten als verkappter Aufruf für Aktivitäten zu einem unterrepräsentierten Thema genutzt wird.

Die neuere der beiden Publikationen berichtet innerhalb einer Übersichtsarbeit beiläufig auch die Ergebnisse einer eigenen Pilotstudie (die offensichtlich nirgends separat publiziert wurde), was einerseits belegt, dass es mindestens fünf Jahre gedauert hat, bis die eigene Erkenntnis des Defizits an gesichertem Wissen zu einer ersten wissenschaftlichen Aktivität, einer Befragung geführt hat, und andererseits, dass diese Ergebnisse offensichtlich für nicht bedeutsam genug gehalten wurden, um sie in einer eigenen Publikation zu kommunizieren.

Für mich gibt es (mindestens) zwei nachvollziehbare Gründe, warum das Thema „Sport und Osteopathie” bislang in der medizinwissenschaftlichen Literatur kaum auftaucht. Da sind zum ersten die mit Sport, der ja grundsätzlich eigentlich das Attribut „gesundheitsfördernd” verdient, assoziierten Gesundheitsstörungen, die sich im Wesentlichen in die beiden Kategorien a) akutes Trauma und b) chronische Über– oder Fehlbelastung einteilen lassen.

Dabei ist a) wohl in erster Linie eine Domäne des Orthopäden und b) möglicherweise zumindest in der Spitze ein quantitativ nicht so dominantes Phänomen, da in erster Linie Spitzensportler betroffen sein dürften.

Den zweiten Grund sehe ich im „leistungssteigernden” Ansatz, der in den beiden Artikeln explizit angesprochen wird. Da mag es osteopathisch durchaus Ansätze geben [1], meines Wissens ist ein Fach Trainingslehre jedoch nicht Teil des Standardcurriculums einer osteopathischen Ausbildung. Oder liegt die Ursache, dass ein Sportler „nur” Zweiter oder Dritter wird, etwa zuverlässig darin, dass er im osteopathischen Sinne mehr/relevantere Dysfunktionen aufweist als der Sieger? Überdies scheint mir, im Gegensatz zur modernen, sportwissenschaftlich fundierten Trainingslehre, die Entwicklung der Osteopathie von den Anfängen eines A.T. Still bis in die Gegenwart von der Philosophie geleitet, den Körper bei der Überwindung von Defiziten zu unterstützen, nicht aber ein eigentlich unphysiologisch hohes Leistungsniveau zu erhalten oder gar zu maximieren.

Bleibt noch die „psychologische” Unterstützung des Sportlers durch eine osteopathische Behandlung, auf die v. a. im Editorial (Brolinson 2003) abgehoben wurde. Das ist möglicherweise ein hochinteressanter Nebenaspekt, aber sicherlich nicht spezifisch für eine osteopathische Behandlung. Als eigenständiger Ansatz dürfte das Thema „Motivation” auch bei anderen Disziplinen professioneller verortet sein, bei denen entsprechende Techniken elementarer Teil des Curriculums sind – z. B. bei den Sportpsychologen.

Zusammengefasst kann ich die Forderung des Autors nur unterschreiben, sich des Themas systematischer, also wissenschaftlich zu nähern. Mehr Wissen schadet nie.

 
  • Referenz

  • 1 Marcucci S.. Osteopathie zur Optimierung des Golfschwunges. Osteopathische Medizin 2008; 9: 22-24
  • 2 Gunnar PBrolinson, McGinley SM, Kerger S.. Osteopathic manipulative medicine and the athlete. Curr Sports Med Rep. 2008; 7