Versuche, Qualität und Vergütung
medizinischer Leistungen zu definieren, finden sich bereits auf den
ersten Gesetzestafeln der Menschheit (Codex Hammurapi, 1750 v. Chr.).
Belebt wird die Debatte durch US-amerikanische Initiativen unter
der Überschrift „pay for performance (P4P)”. Neu
ist der qualitätsorientierte Ansatz für Deutschland
nicht; in den DRG-Abrechnungsregeln finden sich bereits qualitätssichernde
Steuerungsinstrumente, wie z. B. die Fallzusammenführung
bei Komplikationen.
Gleichwohl existieren noch 2 Parallelwelten: die Welt der Vergütung
und die Welt der Qualitätssicherung. Gesetzliche Bestimmungen
(z. B. § 299 Abs. 3 SGB V) verhindern
bislang, dass Qualitätsdaten vergütungsrelevant
werden. Hier besteht Handlungsbedarf.
Basis für jede qualitätsorientierte Vergütung
ist Qualitätsmessung und Qualitätstransparenz.
Die Suche nach geeigneten Messgrößen führt
zu einem schwer überschaubaren Kosmos von QS-Indikatoren:
rund 200 BQS(Bundesgeschäftsstelle für Qualitätssicherung)-Indikatoren,
mehre hundert Helios-Indikatoren, diverse QSR(Qualitätssicherung
mit Routinedaten)-Tracer, über 100 QiSA(Qualitätsindikatorensystem
für die ambulante Versorgung)-Indikatoren für
ambulante Versorgung, mehrere dutzend AQIK(Ambulante Qualitätsindikatoren und
Kennzahlen)-Indikatoren (nach einer Vorauswahl aus rund 2000 international
verfügbaren Indikatoren).
Die Suche nach dem idealen Indikator für qualitätsorientierte
Vergütung ist schwierig. Der ideale Indikator ist qualitätsdifferenzierend,
misst Ergebnisqualität, ist evidenzbasiert, signifikant und
risikoadjustiert, ist aufwandsarm zu erheben (möglichst
Routinedaten), liefert zeitnah Ergebnisse und ordnet medizinische
Qualität verursachungsgerecht zu.
Das zentrale Gremium zur Messung der medizinischen Qualität
ist der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA). Der gesetzliche Auftrag,
Qualität sektorübergreifend zu messen, wird erst
zögerlich umgesetzt. Die wesentliche datentechnische Herausforderung
ist die Mehrpunktmessung. Sie soll insbesondere sektorgleiche Qualitätssicherung
und Verlaufsmessung sowie die Abbildung intersektoraler Prozesse
ermöglichen. Der schnellste Weg zu sektorübergreifenden
Qualitätssicherungsverfahren ist die Erweiterung bestehender
BQS-Verfahren (sektorgleiche Anwendung, fallübergreifende
Verlaufsmessung).
Eine ergänzende Nutzung von Kassendaten ist insbesondere
für Mortalitätsdaten essenziell. Sie ist bisher
nicht gesetzlich vorgesehen, aber im Rahmen selektiver Verträge
möglich (vgl. das AOK-Helios-Projekt „Qualitätssicherung
mit Routinedaten”).
Eine stärker wettbewerblich organisierte Versorgung
mit Selektiv-Verträgen wird neue Herausforderungen für
die Qualitätssicherung mit sich bringen. Aufgrund mangelnder
Signifikanz bei geringen Fallzahlen könnten öffentlich
verfügbare GKV-weite Qualitätsmessungen auch bei
Selektiv-Verträgen eine bedeutende Rolle spielen. Möglicherweise
gilt: „Kollektiv messen, selektiv kontrahieren.”
Autorenerklärung: Der Autor
erklärt, dass keine relevanten finanziellen Verbindungen
in Bezug auf dieses Manuskript bestehen.