Der Klinikarzt 2009; 38(11): 483
DOI: 10.1055/s-0029-1243482
Medizin & Management

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart ˙ New York

Krankenhaus der Zukunft

"Bettenburgen" sind Auslaufmodell
Further Information

Publication History

Publication Date:
02 December 2009 (online)

 
Table of Contents

Krankenhäuser, die als "Bettenburgen" angelegt sind, sind nach Ansicht von Wirtschaftsfachleuten ein Auslaufmodell. Die Kapazitätsplanung von Krankenhäusern müsse sich vielmehr an den Behandlungsabläufen und nicht an der Zahl der Betten orientieren, fordern die Autoren einer internationalen Studie "Investitionen in das Krankenhaus der Zukunft".

"Die Bevölkerung altert, es gibt immer weniger akute und dafür immer mehr komplexe Krankheitsbilder. Und auch die Behandlungsmethoden ändern sich fortlaufend", so Martin McKee, Professor für European Public Health an der London Hochschule für Hygiene und Tropenmedizin. Auf diese Veränderungen müssten Krankenhäuser in der Zukunft verstärkt eingehen, um langfristig effizienter wirtschaften zu können.

Im Mittelpunkt der Planung müssten Fragen stehen, wie "Wie viele Operationen sind durchzuführen?" oder "Wie viele Arzt-Patienten-Kontakte sind notwendig?". Die Orientierung an diesen Kennzahlen sei zwar zweifellos komplizierter, führe aber beim laufenden Betrieb zu einer höheren Effizienz.

#

Orientierung an Patientenbedürfnissen und Versorgungssituation

Angesichts hoher laufender Kosten sei es zudem gegebenenfalls sinnvoll, bestehende Einrichtungen abzureißen, um dort, wo es aus Versorgungsgründen - und nicht aus politischen Erwägungen - erforderlich ist, neue, moderne Häuser zu errichten. Denn die Errichtungskosten eines Krankenhauses seien heute kaum höher als die Kosten für einen 2 Jahre dauernden Betrieb einer herkömmlichen "Bettenburg", so die Studienautoren.

Flexibilität sei dabei das wichtigste Erfordernis, erklärte Steve Wright, einer der Verfasser und Vorstandsmitglied des European Center for Health Assets and Architecture auf dem Europäischen Gesundheitsforum in Bad Hofgastein. Das bedeutet: Gebäudestrukturen mit kurzen Wegen für das Personal und verbesserten Möglichkeiten zur Teamarbeit.

Die Abläufe im Krankenhaus müssten zudem patientenzentriert erfolgen. So sollten ambulante Patienten innerhalb des Krankenhauses nicht von einer Abteilung zur anderen geschickt, sondern in einem zentralen Behandlungszimmer von den jeweiligen Fachärzten behandelt werden.

#

Wandelbare Behandlungs- und Patientenzimmer

Auch sollten Möglichkeiten geschaffen werden, Behandlungszimmer und Operationssäle umzugestalten. "Aus einem Patientenzimmer muss notfalls ein Behandlungsraum oder ein Intensivbereich gemacht werden können, ohne dass Patienten innerhalb des Krankenhauses verlegt werden müssen, sagte Wright.

Es müsse in erster Linie darum gehen, welche Dienstleistungen erbracht werden und nicht, wo sie erbracht werden, ergänzte Bernd Rechel vom European Observatory on Health Systems and Policies in London.

Kosten lassen sich nach Ansicht von Rechel auch durch eine größere Anzahl von Einzelzimmern einsparen. Zwar verursache der Bau von Einzelzimmern zunächst Mehrkosten in Höhe von 2-3 %. Diese würden aber durch positive Effekte wie eine verbesserte Infektionskontrolle und die Vermeidung von Medikamentenfehlern aufgefangen.

#

"Healing-Design" für eine schnellere Genesung

Wichtig sei auch das so genannte "Healing-Design". "Unsere Studie ergab, dass Patienten, denen nach einer Operation ein Blick ins Grüne gewährt wurde, schneller genesen, als jene mit Blick auf beispielsweise eine Backsteinmauer", sagte Rechel.

Zu einem nachhaltigen Krankenhausbau gehöre zudem eine energieeffiziente Planung, die die Anforderungen an den modernen Klimaschutz erfüllt.

Die Studie "Investitionen in das Krankenhaus der Zukunft" wurde in 8 europäischen Ländern durchgeführt. Als Vorbild für ein modernes, nachhaltig gebautes Krankenhaus innerhalb Europas gilt das Karolinska Krankenhaus in Stockholm.

Petra Spielberg, Köln/Brüssel