Flugmedizin · Tropenmedizin · Reisemedizin - FTR 2009; 16(4): 161
DOI: 10.1055/s-0029-1244907
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© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart ˙ New York

Bislang gibt es kaum gesicherte Erkenntnisse - Mysteriöse Erkrankung in Uganda

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Publication Date:
17 December 2009 (online)

 
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Eine seltene und bisher noch wenig beschriebene Nervenkrankheit hat jüngst mehrere 100 Kinder im nordugandischen Kitgum befallen. Diese unter dem Namen "nodding disease" ("Nick-Krankheit") bereits aus dem benachbarten Südsudan bekannte Erkrankung tritt meist in einem Alter von 9-16 Jahren erstmals auf.

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Kinder beginnen beim Anblick von Speisen unkontrolliert zu nicken

Die Krankheit manifestiert sich zunächst in Form epileptischer Anfälle, die immer dann auftreten, wenn das betroffene Kind etwas zu Essen vorgesetzt bekommt. Das Kind beginnt dann unkontrolliert zu nicken und ist nicht in der Lage, die Hand mit dem Essen zum Mund zu führen. Gelegentlich können auch Abwesenheitszustände (Absencen) mit Bewusstseinsverlust und Erinnerungslücken oder Sturzanfälle auftreten. Interessanterweise treten diese Anfälle nicht auf, wenn den Kindern ihnen unbekannte Nahrungsmittel wie etwa Schokoladenriegel angeboten werden. Die erkrankten Kinder bleiben mental und physisch in ihrer Entwicklung zurück, können schließlich erblinden und sogar an den Folgen der Erkrankung sterben.

Seit den 1980er-Jahren ist dieses Krankheitsbild aus dem südsudanesischen Bezirk Mundri bekannt. Im Jahre 2003 ist es hier zu einem größeren Ausbruch gekommen, bei dem allein etwa 300 Kinder erkrankten. Und auch aus Tansania wird von einer Krankheit mit diesen Symptomen schon seit den 1960er-Jahren berichtet. Wären ähnlich viele Kinder in Europa an einer solchen Nervenkrankheit erkrankt, lägen mittlerweile wohl zumindest grundlegende Kenntnisse über die Ursachen vor - so jedoch blieb es bei einer Vielzahl kontroverser Theorien.

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Besteht ein Zusammenhang mit der Flussblindheit?

Häufig wird auf eine mögliche Verbindung zu dem Auftreten der Onchozerkose (Flussblindheit) hingewiesen. Und in der Tat tritt die "nodding disease" insbesondere in der Nähe von Flüssen auf, in denen auch der Erreger der Onchozerkose, die Fadenwurmart Onchocerca volvulus, weit verbreitet ist. Mehrere Studien vor allem aus Ostafrika konnten außerdem einen statistisch signifikanten Zusammenhang zwischen Onchozerkose und Epilepsie nachweisen. Dem widersprechen jedoch zahlreiche Untersuchungen aus Zentral- und Westafrika, in denen ein solcher Zusammenhang nicht gefunden wurde. Dies könnte entweder darauf hindeuten, dass nur ein bestimmter Stamm der Fadenwürmer diese Krankheit hervorruft, oder aber bedeuten, dass die tatsächliche Ursache dieser Erkrankung eine andere ist.

Als mögliche Alternativen werden Besonderheiten in den Nahrungsgewohnheiten oder auch Toxine genannt. In den betroffenen Regionen wurden etwa Getreidespenden, die als Saatgut gedacht und dementsprechend chemisch behandelt waren, als Nahrungsmittel verzehrt. Möglicherweise besteht hier ein Zusammenhang.

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Abb. 1 Als mögliche Ursache für die "nodding disease" wird eine Infektion mit dem Fadenwurm Onchocerca volvulus diskutiert, welcher durch den Stich von Kriebelmücken (Simulium sp.) übertragen wird. Diese nur wenige Millimeter großen Mücken sind in ihrer Entwicklung an schnell fließende Gewässer gebunden. Quelle: United States Department of Agriculture

Dipl. Biol. Unn Klare und Dr. Raymund Lösch, Bad Doberan

Quelle: promed

 
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Abb. 1 Als mögliche Ursache für die "nodding disease" wird eine Infektion mit dem Fadenwurm Onchocerca volvulus diskutiert, welcher durch den Stich von Kriebelmücken (Simulium sp.) übertragen wird. Diese nur wenige Millimeter großen Mücken sind in ihrer Entwicklung an schnell fließende Gewässer gebunden. Quelle: United States Department of Agriculture