Rofo 2010; 182(2): 200-201
DOI: 10.1055/s-0030-1247213
DRG-Mitteilungen
Radiologie und Recht
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Genehmigung des teleradiologischen Betriebs einer CT-Anlage

Qualifikationsanforderungen des Personals
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Rechtsanwälte Wigge

RA Dr. Peter Wigge

Fachanwalt für Medizinrecht

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Publication Date:
28 January 2010 (online)

 
Table of Contents

Die Teleradiologie, die als "Untersuchung eines Menschen mit Röntgenstrahlung unter der Verantwortung eines Arztes nach § 24 Abs. 1 Nr. 1, der sich nicht am Ort der technischen Durchführung befindet und der mithilfe elektronischer Datenübertragung und Telekommunikation insbesondere zur rechtfertigenden Indikation und Befundung unmittelbar mit den Personen am Ort der technischen Durchführung in Verbindung steht" definiert ist, ist in der Röntgenverordnung (RöV) in den §§ 2 Nr. 24, 3 Abs. 4 und § 24 geregelt. Diese Normen enthalten u. a. die Voraussetzungen, unter denen die Teleradiologie zulässig ist. Sie sind vor dem Hintergrund des Hauptzwecks des Strahlenschutzes, dem Gesundheitsschutz, besonders streng ausgestaltet. So müssen gemäß §§ 3 Abs. 4, 24 RöV alle Beteiligten die erforderliche Fachkunde im Strahlenschutz vorweisen können; nicht nur der hauptverantwortlich handelnde Vollradiologe, der sich nicht am Ort der technischen Durchführung befindet, sondern außerdem grundsätzlich sowohl die mit der technischen Durchführung betraute Person als auch der am Ort der technischen Durchführung anwesende Arzt. Dadurch wird zur Stärkung der Gefahrenabwehr die fehlende Anwesenheit des verantwortlichen Vollradiologen vor Ort durch erhöhte Qualifikationsanforderungen an das mit der technischen Durchführung betraute Personal kompensiert.

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Teleradiologie und persönliche Leistungserbringung

Die Teleradiologie ist eine Disziplin der Telemedizin, deren Triebkraft häufig eine räumliche Trennung von Arzt und Patient oder Arzt und Facharzt ist, wie sie in der Raumfahrt, bei Expeditionen und in militärischen Einsätzen zu beobachten ist. Auch großflächige Länder mit einer geringen Einwohnerzahl in entlegenen Gebieten haben früh einen Bedarf für telemedizinische Anwendungen gesehen. In Deutschland wird die Telemedizin vor allem bei Notfällen, insbesondere während Nacht- oder Feiertagsdiensten, zur Überbrückung von räumlichen oder zeitlichen Distanzen oder zur Erweiterung der medizinischen Möglichkeiten z. B. hinsichtlich teurer Geräte genutzt.

Allerdings muss beachtet werden, dass grundsätzlich der Arzt, mit dem ein Patient einen Behandlungsvertrag schließt, die persönliche Behandlung schuldet. Hierbei handelt es sich schon aufgrund des für diese Konstellation typischen Vertrauensverhältnisses um eine persönliche Leistungspflicht des Arztes, die dieser nicht einfach an einen anderen Arzt übertragen kann. Diesem Umstand trägt auch das generelle Verbot von individuellen Fernbehandlungen und Ferndiagnosen gem. § 7 Abs. 3 MBO-Ä Rechnung. Der Patient muss sich demnach dem Arzt mindestens einmal persönlich in Zusammenhang mit der konkreten Behandlung vorgestellt haben, falls nicht für die Art der Untersuchung/Behandlung etwas anderes geregelt ist. Derartige Ausnahmeregelungen finden sich u. a. vor dem Hintergrund der Verringerung des Transportrisikos der Patienten für Fälle der Anwendung einer Röntgeneinrichtung in der RöV.

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Personelle Anforderungen

Der bayerische Verwaltungsgerichtshof München hat sich in 3 Urteilen vom 14.04.2008 (Az: 9 B 08.81/ 9 B 08.80/ 9 B 08.94) mit der Frage befasst, ob die o. g. Voraussetzungen hinsichtlich der Qualifikation des medizinischen Personals auf die Teleradiologie per Computertomografieanlage (CT) übertragen werden können oder in solchen Fällen reduzier- oder erweiterbar sind.

In den entschiedenen Fällen soll die CT-Anlage teleradiologisch insbesondere zu Notfalluntersuchungen während der Nacht-, Sonn- und Feiertagsdienste genutzt werden. Dabei sollte immer einer der Kläger als nicht am Ort der technischen Ausführung anwesender Vollradiologe fungieren, während das jeweilig diensthabende Krankenhauspersonal die technische Durchführung und die ärztliche Aufsicht sowie die medizinische Betreuung gewährleisten sollte. Die hierfür erforderliche Genehmigung wurde allerdings von dem Gewerbeaufsichtsamt nicht erteilt, da in den betreffenden Krankenhäusern kein Personal mit der erforderlichen Fachkunde hinsichtlich der CT-Anlage beschäftigt sei, woraufhin Verpflichtungsklage gegen das Gewerbeaufsichtsamt erhoben wurde.

Die Kläger verwiesen u. a. auf das Wirtschaftlichkeitsgebot im Sozialrecht gemäß § 12 SGB V und den Grundsatz der Spezialisierung der Fachärzte bzw. die Tatsache, dass bestimmte Leistungen gem. § 135 Abs. 2 SGB V den Fachärzten vorbehalten sind, zu deren Kerngebiet diese Leistungen gehören. Außerdem werde der am Ort der technischen Durchführung agierende Arzt von dem Vollradiologen "am anderen Ende der Leitung" unterstützt, der die volle Verantwortung für den Ablauf trägt. Zudem verlange § 3 Abs. 4 Nr. 6 RöV, dass der Vollradiologe immer in der Lage sein müsse, bei Notfällen in einer bestimmten Zeit die CT-Anlage zu erreichen, um in den Ablauf eingreifen zu können, sodass die anfängliche Abwesenheit des Experten für den Bereich des CT durch dieses Erfordernis kompensiert wird. Der Einwand der Gegenseite, dass die technische Durchführung einer CT-Untersuchung ohne einen anwesenden verantwortlichen Radiologen unter Strahlenschutzgesichtspunkten risikoreicher als eine solche durch medizinisch-technisches Fachpersonal sei, wird somit bestritten.

Schließlich wurde angeführt, dass die Regelungen über die Teleradiologie hinsichtlich der Verwendung einer CT-Anlage andernfalls letztendlich leer liefen, da es – vorausgesetzt, es gäbe überhaupt Teilgebietsradiologen mit der erforderlichen Fachkunde bezüglich einer CT-Anlage – keines per moderner Kommunikationstechnik mitwirkenden Vollradiologen mehr bedürfe, wenn der Arzt vor Ort bereits alle Voraussetzungen für die konkrete Untersuchung erfüllt.

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Erhöhte Anforderungen in der Computertomografie

Der bayerische Verwaltungsgerichtshof München vertrat die Auffassung, dass die von den Klägern begehrte Genehmigung zu Recht versagt worden ist.

Zwar stehe der Genehmigungsfähigkeit der Anlage nicht die Tatsache entgegen, dass sie nicht ausschließlich für den Einsatz zu Nacht- und Wochenenddiensten genutzt werden solle, da das Gesetz dies aufgrund eines entsprechenden Bedürfnisses zulasse. Allerdings beziehe sich das Merkmal der erforderlichen Fachkunde im Strahlenschutz gem. § 24 Abs. 1 Nr. 2 RöV für den Teilgebietsradiologen auf das konkrete, gerätbezogene Untersuchungsverfahren; hier also der Computertomografie. In Fällen, bei denen ein CT-Gerät eingesetzt werde, reiche die Tatsache, dass in anderen Fällen der Teleradiologie eine ergänzende Zusammenarbeit zwischen der mit der technischen Durchführung betrauten Person und dem anwesenden Arzt durchaus genüge, nicht aus. Dies ergebe sich aus der für dieses Verfahren typischen gesteigerten Strahlenbelastung und der höheren Gefahr, die auch von modernsten Geräten dieser Art ausgeht. So wurden in den USA z. B. 2008 und 2009 eine Vielzahl von Patienten aufgrund einer falschen Bedienung der CT-Anlage verstrahlt und leiden immer noch an den Folgen.

In den den Urteilen zugrunde liegenden Fällen war über die fehlende Fachkunde der diensthabenden Ärzte konkret bezogen auf die CT-Technik hinaus auch die Voraussetzung gem. § 3 Abs. 4 Nr. 2 i. V. m. § 24 Abs. 2 Nr. 1 und 2 RöV – die Mitwirkung einer/s MTRA oder MTA mit Zusatzqualifikation – nicht gegeben.

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Fachkundiger Arzt vor Ort

Auch eine andere Auslegung von § 3 Abs. 4 Nr. 26 und 3 RöV sei aufgrund des eindeutigen Wortlauts weder erforderlich noch möglich. So würden die von den Klägern angeführten alternativen Schulungsmaßnahmen des Krankenhauspersonals z. B. nicht die in § 24 Abs. 2 Nr. 1 und 2 RöV festgesetzten Anforderungen erreichen. Hinsichtlich der oben erwähnten Fachkunde bezogen auf das konkrete, gerätbezogene Untersuchungsverfahren ist auf den Sinn und Zweck des Erfordernisses abzustellen. So soll der anwesende Arzt zum einen ein plötzlich notwendiges medizinisches Eingreifen gewährleisten und zum anderen in der Lage sein, die Anweisungen des verantwortlichen Arztes ordnungsgemäß zu verstehen und umzusetzen. Hierfür ist eine umfassende Kenntnis in Bezug auf alle Risiken und damit auch eine solche des konkreten Verfahrens erforderlich.

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Verfassungsmäßigkeit der Regelungen zur Teleradiologie

Die in Rede stehenden Normen sind auch nicht nichtig. Eine solche Nichtigkeit könnte sich aus einem Verstoß der Bestimmungen der RöV gegen Verfassungsrecht ergeben. In Betracht kommt eine Verletzung der Berufsfreiheit gem. Art. 12 GG, da die Anforderungen an die Qualifikationen des zur Arbeit mit der CT-Anlage berechtigten Personals und das damit in den vorliegenden Fällen verbundene Verbot an die Kläger, als Teleradiologen zu fungieren, die Betroffenen in ihrer Berufsfreiheit und somit auch in ihren Erwerbsaussichten beeinträchtigt. Die Vorschriften stellen mithin sog. Berufsausübungsregeln dar. Solche können jedoch durch jede vernünftige Erwägung des Gemeinwohls legitimiert werden, sofern sie geeignet und erforderlich sind.

Die Bestimmungen zur Teleradiologie, wie die Regelungen der RöV insgesamt, dienen in erster Linie um den Gesundheitsschutz der Patienten und darum, sie vor gravierenden Schäden durch eine zu hohe Strahlenexposition zu bewahren. Vermeidbare Strahlenbelastungen für alle Beteiligten können sich z. B. durch eine unsachgemäße Handhabung der Geräte oder daraus ergeben, dass Fehlfunktionen nicht oder zu spät erkannt oder abgestellt werden. Auch überflüssige oder unbrauchbare Untersuchungen können einen solchen Effekt haben. Damit ist die Vorschrift in § 3 Abs. 4 RöV offensichtlich zur Legitimation von Eingriffen in die Berufswahlfreiheit geeignet. Die Abwägung zwischen den in Rede stehenden Rechtsgütern muss so eindeutig zugunsten des Gesundheitsschutzes ausfallen, dass über diese Normen hinaus wesentlich empfindlichere Beeinträchtigungen gerechtfertigt werden könnten.

Auch sind die hohen Anforderungen an das Personal vor Ort geeignet, die gesteigerte Gefahr, die von einer CT-Anlage typischerweise ausgeht, durch Kompetenz auszugleichen. Letztere ist darüber hinaus das mildeste Mittel, das zur Strahlenminimierung während der Abwesenheit des verantwortlichen Vollradiologen ersichtlich ist. Hinzu kommt, dass der allgemeine Versorgungsauftrag der Krankenhäuser, wie er z. B. in Art. 51 Abs. 3 Nr. 1 BayLKrO zum Ausdruck kommt, nicht durch die Anforderungen, die an das Personal gestellt werden, gefährdet ist. Weitere Nachteile z. B. wirtschaftlicher Art für Ärzte und Krankenhäuser sind vor dem Hintergrund der Abwägung mit dem Gesundheitsschutz irrelevant. Außerdem besteht durchaus die Möglichkeit, entsprechend qualifiziertes Personal zu finden.

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Ergebnis

Die Tatsache, dass ein zur Bedienung einer CT-Anlage qualifizierter Voll- oder Teilgebietsradiologe der Teleradiologie nicht mehr bedarf, sondern die entsprechenden Untersuchungen eigenverantwortlich durchführen kann, kann keine Herabsetzung der Voraussetzungen begründen, unter denen die Teleradiologie insbesondere an einer CT-Anlage betrieben werden darf. Diese Vorgehensweise kann nämlich trotzdem hilfreich und sinnvoll sein, um z. B. eine 2. Fachmeinung einzuholen, sodass die Teleradiologie unter Verwendung einer CT-Anlage zwar nicht nötig, aber doch möglich ist. Jedenfalls hat das Wohl der Patienten stets über allen medizinischen Überlegungen zu stehen; auch über denen der Telemedizin. Dies kann demnach auch bedeuten, dass ihr Anwendungsbereich eingeschränkt werden muss, um Gefahren zu verringern, die von bestimmten Untersuchungsverfahren ausgehen.

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