Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 2010; 45(2): 112-117
DOI: 10.1055/s-0030-1248146
Fachwissen
Topthema: Postoperatives Delir und kognitives Defizit
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Prävention und Therapie

Prevention and therapyAnja Heymann, Claudia Spies
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Publication Date:
12 February 2010 (online)

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Zusammenfassung

Bisher gibt es wenige Untersuchungen zur Prävention und zur Therapie des Delirs bei kritisch kranken Patienten. Ein wichtiger Faktor ist das routinemäßige Monitoring von Delirsymptomen, da ohne gezielte Diagnostik nur etwa 1/3 aller Delirien detektiert werden. Viele nicht medikamentöse Maßnahmen wie Reorientierung und Unterstützung der Patientenautonomie, aber auch zielgerichtete Analgosedierung tragen zu Prävention und Therapie von deliranten Zuständen bei. Ferner gibt es Hinweise darauf, dass durch pharmakologische Intervention sowohl Inzidenz als auch Schweregrad der Delirien reduziert werden können. Präventiv stehen Medikamente zur Verfügung, die auf cholinerge, dopaminerge, opioiderge oder glutamaterge Rezeptorsysteme wirken. Für den Einsatz dieser Medikamente ist eine strikte Risiko-Nutzen-Abwägung aufgrund des geringen Evidenzgrades der Studien erforderlich. Therapeutisch sollten kausale und symptomorientierte Ansätze bevorzugt werden.

Summary

To date, there are few studies available focusing on prevention and therapy of delirium in ICU patients. Monitoring during routine care is important because without using validated tools only one third of the delirious patients will be detected. A lot of non-pharmacological interventions like re-orientation and helping the patient to get back his autonomy, but also goal-orientated sedation support prevention and therapy of delirium. Furthermore, there are hints that pharmacological intervention can reduce incidence and severity of delirium. For delirium prevention there are drugs available acting on different receptor systems (acetylcholine, dopamine, opioid, glutamate). For the use of this drugs, a strict risk-benefit-consideration is necessary due to the low level of evidence of the existing studies. Therapeutically causative and symptom-orientated approaches should be preferred.

Kernaussagen

  • Die Mehrzahl der Patienten leidet an einem hypoaktiven Delir. Diese Form ist schwer zu erkennen; 2/3 aller Delirien werden übersehen.

  • Vorbestehende kognitive Einschränkungen gelten als wichtiger Risikofaktor.

  • Familienangehörige sollten in die Betreuung von Risikopatienten intensiv eingebunden werden.

  • Der regelmäßige Einsatz von Scoringinstrumenten ist die Voraussetzung für Diagnostik und Therapie.

  • Protokollbasierte Analgosedierung und Beatmung trägt zur Senkung der Delirinzidenz bei.

  • Zur Delirprävention können alle Maßnahmen beitragen, die den Patienten reorientieren und ihn autonom agieren lassen.

  • Bei bekanntem vorbestehendem Substanzabusus sollte eine medikamentöse Prophylaxe durchgeführt werden.

  • Vor Einsatz einer medikamentösen Therapie sollten alle nicht pharmakologischen Maßnahmen ausgeschöpft werden.

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Literaturverzeichnis

Dr. med. Anja Heymann
Dr. med. Claudia D. Spies

Email: claudia.spies@charite.de