Der Klinikarzt 2010; 39(1): 46-47
DOI: 10.1055/s-0030-1248739
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Invasive Mykosen - Posaconazol: Wirksamkeit aus Zulassungsstudien in klinischer Praxis bestätigt

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01 February 2010 (online)

 
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Invasive Mykosen stellen für Patienten mit malignen hämatologischen Erkrankungen eine doppelte Bedrohung dar. Darauf machte Priv.-Doz. Ulrich Schuler, Dresden, auf der gemeinsamen Jahrestagung der Deutschen, Österreichischen und Schweizerischen Gesellschaften für Hämatologie und Onkologie (DGHO, ÖGHO und SGMO) in Mannheim aufmerksam. Denn zum einen liegt die Letalität bei Pilzerkrankungen unter eingeschränkter Immunkompetenz bei bis zu 70-85 %. Zum anderen limitiert die Mykose Möglichkeiten und Aussichten der Behandlung der hämatoonkologischen Grunderkrankung [1], [2]. Allein schon deshalb ist eine frühzeitige und effektive Therapie der Pilzinfektion für das Überleben entscheidend, betonte der Experte. Er hob hervor, dass die schon seit langem bestehenden Therapieoptionen in letzter Zeit glücklicherweise durch die jüngeren Azole wie Posaconazol (Noxafil®) ergänzt wurden.

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Signifikant verringerte Letalität unter Posaconazol in der Salvage-Therapie

Seinen Ausführungen zufolge liegen zusätzlich zur Zulassungsstudie mittlerweile auch positive Erfahrungen aus der klinischen Praxis mit Posaconazol in der Salvage-Therapie vor, wie sich jüngst in einer Vergleichsbeobachtung bestätigte [3]. Bei insgesamt 143 Patienten mit hämatologischen Tumoren und invasiven Aspergillosen wurden unterschiedliche Vorgehensweisen miteinander verglichen (Abb. [1]). In der nicht randomisierten Gegenüberstellung kamen neben Posaconazol hochdosiertes liposomales Amphotericin B (HDLAmB) oder eine Kombination aus HDLAmB und Caspofungin zum Einsatz. Der retrospektive Vergleich ergab eine signifikante Überlegenheit von Posaconazol hinsichtlich der Responseraten. Diese lagen bei 40 % versus 8 und 11 %. Das schlug sich auch in einer signifikant geringeren Sterberate unter der Posaconazol-Therapie nieder. Sie lag nach 12 Wochen bei 43 % versus 65 % und 75 %. Auch auf Seiten der unerwünschten Arzneimittelwirkungen ergaben sich laut Schuler Vorteile für Posaconazol. So wurden unter dieser Substanz geringere Quoten an Nephro- und Hepatotoxizität gesehen als unter den Vergleichstherapien.

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Abb. 1 Neuere Erfahrungen mit Posaconazol bei invasiven Aspergillosen, modifiziert nach [3].

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Halo-Zeichen sprechen für eine antimykotische Therapie

Wegen der akuten Lebensbedrohung von Patienten mit invasiven Mykosen kommt der exakten Diagnosestellung und auch der engmaschigen Verlaufskontrolle ein hoher Stellenwert für die Prognose zu. Das betonte Prof. Claus-Peter Heußel, Heidelberg, und erwähnte, dass radiologische Verfahren in der Versorgung von Patienten mit verminderter Immunabwehr auch zur Charakterisierung von Erregern beitragen können. Er erläuterte, dass sich insbesondere in der Früherkennung von Pilzpneumonien mittlerweile die Dünnschicht-Computertomografie durchgesetzt hat, zumal sie unkompliziert und rasch durchgeführt werden kann. Mithilfe dieses Verfahrens lassen sich nicht infektiöse Fieberursachen abgrenzen und bei positivem Befund Hinweise auf die zugrunde liegende Erregergruppe finden. Er räumte allerdings auch ein, dass ein radiologischer Hinweis noch kein Beweis ist. So fallen Pilz-Infiltrate recht gut als Rundherde mit umgebender milchglasartiger Dichteanhebung, so genannten Halo-Zeichen, auf (Abb. [2]). Und selbst wenn solche hofartigen, unscharf begrenzten Gebilde mit einem Durchmesser unter 3 cm nicht unbedingt spezifisch für eine Pilzinfektion sind, lassen sie doch ein positives Ansprechen auf eine antimykotische Therapie wahrscheinlicher werden.

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Abb. 2 Halo-Zeichen: Als Rundherd erkennbares Pilz-Infiltrat (mod. nach Heußel, DGHO 2009).

Im Rahmen des Therapiemonitorings hilft die Erfassung von Lungenparenchymverdichtungen, Luftsichelzeichen und Einschmelzungen, den Therapieerfolg besser abschätzen zu können. Für wichtiger hielt der Radiologe in diesem Zusammenhang jedoch die Beurteilung des klinischen Verlaufes. So könnte selbst unter erfolgreicher antimykotischer Therapie das Infiltrat zwischenzeitlich größer werden. Und das sollte auch bei der Befundung berücksichtigt werden.

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Systemische Posaconazol-Prophylaxe senkt die Inzidenz invasiver Mykosen

Außer zur Behandlung verschiedener therapierefraktärer invasiver Mykosen mit dem Schwerpunkt der Aspergillosen ist Posaconazol auch zur Prophylaxe invasiver Pilzinfektionen zugelassen. Eine Pilzprophylaxe ist bei besonders gefährdeten Patienten sinnvoll. Dazu zählen Patienten mit akuter myeloischer Leukämie (AML) oder myelodysplastischem Syndrom (MDS), die eine Induktionschemotherapie erhalten, sowie Empfänger einer hämatopoetischen Stammzelltransplantation, die zur Vermeidung einer Abstoßungsreaktion immunsupprimiert werden müssen. Dr. Jörg Janne Vehreschild, Köln, berichtete diesbezüglich von umfangreichen Erfahrungen aus dem Kölner Universitätsklinikum. Im Ergebnis zeigte eine entsprechende Kohortenstudie bei AML-Patienten mit Induktionschemotherapie einen Rückgang der Inzidenz invasiver Mykosen um 80 %, wenn anstelle von topischem Amphotericin B zur Prophylaxe Posaconazol eingesetzt wurde [4]. Verglichen wurden hierzu retrospektiv die Therapieverläufe von 82 neutropenischen Patienten mit topischer Prophylaxe aus den Jahren 2003-2005 mit denen von 77 Patienten, die ab 2006 eine systemische Posaconazol-Prophylaxe erhalten hatten. Unter Prophylaxe mit Amphotericin B erlitten 19,5 % der Patienten invasive Durchbruch-Mykosen. Unter Posaconazol-Schutz ließ sich dieser Anteil auf 3,9 % und somit auf ein Fünftel des Vergleichswertes reduzieren. Bei den Aspergillosen war der Rückgang mit 13,4 versus 2,6 % noch ausgeprägter als bei den Candidosen (6,1 versus 1,3 %) (Abb. [3]). Nach Vehreschild müssen 7 Patienten therapiert werden, um eine invasive Pilzinfektion zu verhindern ("number needed to treat" (NNT) = 7). Außerdem profitierten die Patienten unter Posaconazol-Prophylaxe von einer verringerten Anzahl an Fiebertagen. So ging die Anzahl der Fiebertage von durchschnittlich 10,7 auf 7,3 zurück (P = 0,007). Parallel dazu ließ sich ferner ihr Krankenhausaufenthalt von 53 auf 46 Tage im Durchschnitt und somit um eine ganze Woche reduzieren. Diese Verbesserungen kamen schließlich auch in einer signifikanten Verlängerung des pilzfreien Überlebens ("fungal free survival") von 78,7 auf 90,4 Tage zum Ausdruck (Abb. [4]). Die Prophylaxe dauerte durchschnittlich 3 Wochen und wurde mit 200 mg oralem Posaconazol dreimal täglich durchgeführt.

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Abb. 3 Rückgang der Inzidenz invasiver Mykosen unter Posaconazol [4].

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Abb. 4 Kaplan-Meier-Kurve des pilzfreien Überlebens [4].

Vehreschild erinnerte in diesem Zusammenhang auch an eine vorangegangene Studie [5] mit 602 AML- bzw. MDS-Patienten, die unter Chemotherapie eine persistierende Neutropenie zeigten. In 2 Studienarmen wurde die prophylaktische Wirksamkeit von Posaconazol mit der von Itraconazol bzw. Fluconazol randomisiert und für die Gutachter verblindet geprüft. Hinsichtlich der Inzidenz nachgewiesener oder wahrscheinlicher invasiver Mykosen schnitt Posaconazol 3 x 200 mg signifikant besser ab als der Arm der Vergleichssubstanzen. Die Häufigkeit der invasiven Mykosen sank von 8 auf 2 %, was insbesondere auf eine Reduktion von Aspergillosen von 7 auf 1 % zurückzuführen war. Auch in dieser Studie schlugen sich die Verbesserungen unter Posaconazol-Prophylaxe in einem Überlebensvorteil nieder.

Martin Wiehl, Königstein-Falkenstein

Der Beitrag entstand mit freundlicher Unterstützung von Essex Pharma GmbH, München.

Quelle: Essex-Symposium "Evidenzbasierte Vermeidung und Therapie invasiver Pilzinfektionen im klinischen Alltag" im Rahmen der gemeinsamen Jahrestagung der Deutschen, Österreichischen und Schweizerischen Gesellschaften für Hämatologie und Onkologie (DGHO, ÖGHO und SGMO) am 3. Oktober 2009 in Mannheim.

Der Autor ist freier Journalist.

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Literatur

  • 01 Maschmeyer G , et al . Invasive aspergillosis: epidemiology, diagnosis and management in immunocompromised patients.  Drugs. 2007;  67 1567-1601
  • 02 Neofytos D , et al . Epidemiology and outcome of invasive fungal infection in adult hematopoietic stem cell transplant recipients: analysis of multicenter prospective antifungal therapy. PATH alliance registry.  Clin Infect Dis. 2009;  48 265-273
  • 03 Raad I , et al . Novel antifungal agents as salvage therapy for invasive aspergillosis in patients with hematologic malignancies: posaconazole compared with high-dose lipid formulations of amphotericin B alone or in combination with caspofungin.  Leukemia. 2008;  22 496-503
  • 04 Vehreschild et al . Reduced Incidence of Pneumonia and Invasive Pulmonary Aspergillosis After Introduction of Posaconazole Prophylaxis: Data from the Cologne AML Cohort (Poster). 
  • 05 Cornely O A, et al . Posaconazole vs. Fluconazole or Itraconazole Prophylaxis in Patients with Neutropenia.  N Engl J Med. 2007;  356 348-359
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Literatur

  • 01 Maschmeyer G , et al . Invasive aspergillosis: epidemiology, diagnosis and management in immunocompromised patients.  Drugs. 2007;  67 1567-1601
  • 02 Neofytos D , et al . Epidemiology and outcome of invasive fungal infection in adult hematopoietic stem cell transplant recipients: analysis of multicenter prospective antifungal therapy. PATH alliance registry.  Clin Infect Dis. 2009;  48 265-273
  • 03 Raad I , et al . Novel antifungal agents as salvage therapy for invasive aspergillosis in patients with hematologic malignancies: posaconazole compared with high-dose lipid formulations of amphotericin B alone or in combination with caspofungin.  Leukemia. 2008;  22 496-503
  • 04 Vehreschild et al . Reduced Incidence of Pneumonia and Invasive Pulmonary Aspergillosis After Introduction of Posaconazole Prophylaxis: Data from the Cologne AML Cohort (Poster). 
  • 05 Cornely O A, et al . Posaconazole vs. Fluconazole or Itraconazole Prophylaxis in Patients with Neutropenia.  N Engl J Med. 2007;  356 348-359
 
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Abb. 1 Neuere Erfahrungen mit Posaconazol bei invasiven Aspergillosen, modifiziert nach [3].

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Abb. 2 Halo-Zeichen: Als Rundherd erkennbares Pilz-Infiltrat (mod. nach Heußel, DGHO 2009).

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Abb. 3 Rückgang der Inzidenz invasiver Mykosen unter Posaconazol [4].

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Abb. 4 Kaplan-Meier-Kurve des pilzfreien Überlebens [4].