ZWR - Das Deutsche Zahnärzteblatt 2010; 119(4): 194-195
DOI: 10.1055/s-0030-1254374
Colloquium

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Kompositzemente – Entspannt und sicher zementieren

Marcus Holzmeier
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Korrespondenzadresse

Dr. Marcus Holzmeier

Untere Vorstadt 24

74635 Kupferzell

Publication History

Publication Date:
30 April 2010 (online)

Table of Contents

Die Adhäsivtechnik hat in den vergangenen Jahren besonders im Bereich der direkten, ästhetischen Kompositversorgung enorme Fortschritte gemacht. Bedingt durch diese Erfolge in der direkten Adhäsivtechnik werden die modernen Materialien immer häufiger auch für die indirekte Klebetechnik verwendet. Unter den Produkten finden sich zahlreiche chemisch- oder dualhärtende Mehrkomponentensysteme, die im Rahmen der Total-Etch-Technik eingesetzt werden. Diese Materialien verfügen im Vergleich zu den traditionellen Zementen über die Vorteile der adhäsiven Befestigung. Allerdings darf der zusätzliche Material- und Technikaufwand nicht unterschätzt werden. Häufig sind mehrere Adhäsiv- und Zementkomponenten zu mischen und in korrekter Folge aufzubringen, um dauerhaften Erfolg sicherzustellen. Auch die Entfernung polymerisierter Kompositzement-Überschüsse stellt eine nicht immer perfekt zu bewältigende Herausforderung dar. Trotz der systemimmanenten Nachteile bisheriger Kompositzement-Systeme steigt durch den Trend zu metallfreien Restaurationen deren Bedarf.

Um einerseits sicheres, entspanntes und einfaches Zementieren zu ermöglichen, andererseits aber nicht auf die Vorteile der adhäsiven Befestigung verzichten zu müssen, hat DENTSPLY den neuen selbstadhäsiven Kompositzement SmartCem™2 entwickelt.

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Der neue selbstadhäsive Kompositzement

SmartCem™2 ist ein selbstadhäsiver, dualhärtender, 2-Komponenten-Zement mit hoher Haftfestigkeit. Er kombiniert die Vorteile eines ästhetischen Kompositzements mit denen eines selbstkonditionierenden Adhäsivs, sodass ein selbstadhäsiver Kompositzement für die dauerhafte Befestigung von Restaurationen aus Metall, Komposit, Keramik und Zirkonoxid resultiert. Er kann sowohl für das Zementieren von Kronen und Brücken als auch für den sicheren Verbund von Inlays, Onlays und endodontischen Stiften zur Zahnhartsubstanz ohne separate adhäsive Vorbehandlung eingesetzt werden. Polymerisierter SmartCem™2 zeigt eine gewisse Hydrophobie, sodass die Wasserabsorption, die Löslichkeit des Materials sowie die hydroskopische Expansion deutlich minimiert werden können.

Der selbstadhäsive Kompositzement wird direkt aus der Doppelkammerspritze auf die Restauration appliziert und sichert eine hohe Haftkraft in Kombination mit schneller und einfacher Applikation. Er wird auf der Basis von sauren Urethan- sowie di-, tri- und multifunktionalen Acrylatmonomeren hergestellt. Für die selbstadhäsive Wirkung sind phosphorsäuremodifizierte Acrylate verantwortlich. Der gemischte, unpolymeriserte Zement besitzt einen pH-Wert von ungefähr 1, was eine optimale Konditionierung und Vernetzung mit der präparierten Zahnhartsubstanz zur Folge hat. Nach der Konditionierung steigt der pH-Wert und wird im polymerisierten Zustand neutral. Durch einen hohen Füllstoffanteil von 69 % erhält der Kompositzement auch bei dünner Schichtstärke hervorragende mechanische Eigenschaften. Er wird für den uneingeschränkt ästhetischen Einsatz in den Farben transluzent, hell, mittel, dunkel und opak angeboten.

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Handling

Der größte klinische Vorteil liegt in der durch die Selbstkonditionierung bedingten sicheren mechanischen und chemischen Haftung an Schmelz und Dentin. Der selbstadhäsive Kompositzement ist universell einsetzbar und erzeugt durch seine geringe Filmstärke von durchschnittlich 19,5 μm nur eine minimale Klebefuge und damit hohe Stabilität gegen Auswaschungserscheinungen. Die geringe Löslichkeit und Expansion unterstützt die Langzeitstabilität. Der Kompositzement bietet eine ausreichend lange Gelphase von ca. 1 min, in der sämtliche Überschüsse bequem abgeschält werden können. Die Lagerung kann direkt am Einsatzort, d. h. am Patientenstuhl ohne Kühlung erfolgen. Die Arbeits- und Abbindezeiten bleiben konstant und zuverlässig.

Für die Behandlung in der täglichen Praxis liegt der größte Vorteil des Kompositzements hauptsächlich im Wegfall der Vorbehandlung der Zahnhartsubstanz, der Automix-Darreichung und der flexiblen und berechenbaren Verarbeitungszeit sowie der einfachen Überschussentfernung. Er kann direkt nach Aufsetzen der Mischkanüle auf die vorbereitete Restauration aufgebracht und mit nur minimalem Überschuss eingefüllt werden. Der thixotrope Effekt des Materials fördert die exakte Positionierung in situ. Für diesen Schritt bleibt dem Behandler mit einem Zeitfenster von 1–2 min ausreichend Zeit. Durch den dualen Polymerisationsmechanismus kann die Aushärtung mit der Lampe gesteuert werden. Nach einer kurzen Anpolymerisation von bis zu 10 s können Überschüsse in ihrer Gelphase sicher, einfach und entspannt entfernt werden. Nach Lichtpolymerisation des Rands für jeweils 10 s pro Seite ist die Restauration fest und speicheldicht in situ. Der selbstadhäsive Kompositzement, der nicht durch Lichttransmission erreicht wurde, polymerisiert chemisch innerhalb von 6 min ab Mischbeginn, sodass am Ende der Behandlung immer die gesamte Zementschicht zu 100 % polymerisiert ist. Somit kann er auch problemlos zum Zementieren lichtundurchlässiger Restaurationen verwendet werden.

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Studienergebnisse – Auswahl

Für die tägliche Praxis erwartet der Behandler, dass das eingesetzte Material aus chemischer und physikalischer Sicht zuverlässig funktioniert und auch wissenschaftlich unabhängig geprüft wurde.

Neben einer Vielzahl an internen materialwissenschaftlichen Untersuchungen liegen zahlreiche externe klinische Studienergebnisse vor. Die Studie an der University of Alabama in Birmingham befasste sich mit der Retentionskraft von SmartCem™2. Dazu wurden Zirkonkronen in vitro mit dem Material befestigt und nach 24 h unter Messung der Abzugskraft gelöst. Die Messungen ergaben eine durchschnittliche Haftung von 400 N, womit der selbstadhäsive Kompositzement klinischen Anforderungen gerecht wird.

Eine klinische Studie an der Universität Buffalo untersuchte die Retention von Metallkronen an Zahnstümpfen mit verschiedenen Präparationswinkeln. Der selbstadhäsive Kompositzement wurde mit einem weiteren selbstadhäsiven Zement sowie einem Resin-Zement und einem Glasionomerzement verglichen. Das Ergebnis zeigte, dass selbstadhäsive Kompositzemente eine bessere Retention erreichen als Resin- oder Glasionomerzemente. Der Präparationswinkel behält aber dennoch entscheidenden Einfluss auf die erreichbare Retentionskraft.

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Klinische Anwendung

Ein 42-jähriger Patient stellte sich mit einer ausgedehnten, insuffizienten Kompositfüllung an Zahn 26 vor. Während der Entfernung der alten Restauration zeigte sich eine bereits floride Sekundärkaries, sodass die Entscheidung zur Einbeziehung der Höcker fiel und ein Onlay präpariert wurde [Abb. 1]. Die fertig präparierte Kavität wurde zur Umsetzung in ein Meistermodell nach Applikation des Oberflächenkonditionierers B4 mit dem A-Silikon Aquasil (DENTSPLY) in Doppelmischtechnik abgeformt. Zahn 26 erhielt eine provisorische Versorgung. Vor dem Einsetzen wurde die Kavität gründlich vom eugenolfreien provisorischen Zement gereinigt, gespült und vorsichtig von Wasserüberschüssen befreit. Das Onlay wurde zur einfacheren Handhabung mit einem Tropfen des fließfähigen Komposits X-Flow (DENTSPLY) an ein Microbrush anpolymerisiert [Abb. 2]. Nachdem das Onlay konditioniert und die keramische Adhäsionsfläche durch einen Silane Coupling Agent aktiviert wurde, wurde SmartCem™2 in der Farbe „hell“ mit leichtem Druck auf die Unterseite der Restauration aufgebracht [Abb. 3].

Innerhalb einer Verarbeitungszeit von ca. 1 min wurde das Onlay mit leicht rüttelnder Bewegung ohne adhäsive Vorbehandlung der Zahnhartsubstanz in die Kavität eingebracht. Das Vibrieren vereinfacht die präzise Platzierung der Restauration, durch das thixotrope Verhalten des Zements treten dabei die Überschüsse marginal leichter aus. Sobald das Onlay in positionem war, wurde der Microbrush durch eine kleine Knickbewegung von der Onlay-Oberfläche entfernt. In diesem Fall verblieben sämtliche X-Flow-Reste am Microbrush, sodass eine Nachpolitur der Keramikoberfläche erspart blieb. [Abb. 4] zeigt das Onlay in situ, die zähflüssigen SmartCem™2-Überschüsse verteilen sich gleichmäßig zirkulär an den Rändern. Die Überschüsse des selbstadhäsiven Kompositzements wurden anschließend unter Ausnutzung des dualhärtenden Mechanismus mit einer LED-Lampe für 7 s anpolymerisiert, sodass der Zement gezielt in die Gelphase überführt wurde [Abb. 5].

Die Polymerisationszeit bis zum Erreichen der Gelphase wird vom Hersteller mit bis zu maximal 10 s angegeben, variiert nach unserer Erfahrung allerdings in Abhängigkeit des eingesetzten Lichtgeräts und verkürzt sich teilweise bei modernen Hochleistungs-LED. In der Gelphase konnten sämtliche Überschüsse mit einer Sonde in mehreren großen Fragmenten innerhalb ca. 1 min bis zum Übergang in die feste Phase leicht abgeschält werden [Abb. 6]. Nach der Überschussentfernung wurde der Zement durch die Restauration hindurch von allen Seiten für je 10 s polymerisiert. Bei Keramik-Onlays kann in der Regel von einer ausreichenden Polymerisation von SmartCem™2 durch Lichttransmission bis zum Kavitätenboden ausgegangen werden. In unsicheren Fällen wie bei der Verwendung dunkler Keramikfarben erfolgt die vollständige Polymerisation in der Tiefe in jedem Fall durch die Dualhärtung. [Abb. 7] zeigt die Onlay-Restauration an Zahn 26 nach vollständiger Polymerisation und Versäuberung der Materialüberschüsse.

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Abb. 1 Befund nach Kariesexkavation und Präparation.

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Abb. 2 Keramikonlay aus dem Labor. Zum leichteren Handling wird ein Microbrush mit X-Flow anpolymerisiert.

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Abb. 3 Applikation des selbstadhäsiven Kompositzements.

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Abb. 4 Situation nach Einbringen des Onlays.

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Abb. 5 SmartCemTM2 wird für bis zu 10 s anpolymerisiert und geht dadurch in die Gelphase über.

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Abb. 6 Leichtes Entfernen der Überschüsse.

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Abb. 7 Abschluss der Behandlung.

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Zusammenfassung

Im beschriebenen Fall wurde eine Keramikrestauration an Zahn 26 mit dem selbstadhäsiven Kompositzement SmartCem™2 von DENTSPLY eingegliedert. Das Material zeichnet sich durch eine einfache, exakt dosierbare Handhabung und eine gute Positionierbarkeit der Restaurationen aufgrund des thixotropen Materialeffekts aus. Es bietet sichere mechanische und chemische Haftung an der Zahnhartsubstanz ohne zusätzliche adhäsive Vorbehandlung. Aufgrund der dualhärtenden Chemie erstreckt sich das Anwendungsgebiet auf sämtliche gängigen prothetischen Materialien (z. B. Metalle, Keramiken, Komopsite). Der selbstadhäsive Kompositzement ist in 5 verschiedenen Farben erhältlich und garantiert durch seine nachgewiesen niedrige Löslichkeit hohe Randstabilität und sichere Adhäsion für dauerhaften Erfolg.

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Korrespondenzadresse

Dr. Marcus Holzmeier

Untere Vorstadt 24

74635 Kupferzell

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Dr. Marcus Holzmeier

Untere Vorstadt 24

74635 Kupferzell

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Abb. 1 Befund nach Kariesexkavation und Präparation.

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Abb. 2 Keramikonlay aus dem Labor. Zum leichteren Handling wird ein Microbrush mit X-Flow anpolymerisiert.

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Abb. 3 Applikation des selbstadhäsiven Kompositzements.

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Abb. 4 Situation nach Einbringen des Onlays.

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Abb. 5 SmartCemTM2 wird für bis zu 10 s anpolymerisiert und geht dadurch in die Gelphase über.

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Abb. 6 Leichtes Entfernen der Überschüsse.

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Abb. 7 Abschluss der Behandlung.