ZWR - Das Deutsche Zahnärzteblatt 2010; 119(4): 196
DOI: 10.1055/s-0030-1254375
Colloquium

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

3. Nationales Osteology Symposium 2010 – Neue Konzepte in der Weichgewebs-/Knochen-regeneration und ihre Bedeutung für die Praxis

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Publication Date:
30 April 2010 (online)

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    Die Osteology Stiftung wurde im August 2003 von Dr. Peter Geistlich, dem Präsidenten der Geistlich Gruppe und der Geistlich Pharma AG in Wolhusen, Schweiz, gegründet. Die Stiftung bezweckt, die klinische Forschung sowie die Lehre und die Zusammenarbeit zwischen Universitäten und Industrie auf dem Gebiet der Geweberegeneration mit biologischen Materialien im Mund- und Kieferbereich zu fördern. Die Weiterbildung spielt bei der Umsetzung neuer chirurgischer Techniken bzw. Behandlungskonzepten in die Praxis eine große Rolle. Mitte März 2010 fand in Baden-Baden das 3. Osteology Symposium auf nationaler Ebene statt.

    Innerhalb der Implantologie ist die Regeneration einer der wichtigsten Erfolgsfaktoren. Daher stand im Fokus dieses Symposiums die Frage: Welche neuen Konzepte zur Regeneration von Hart- und Weichgewebe haben eine Bedeutung für die Praxis? In Workshops am Freitag und auf dem Symposion am Samstag vertieften über 500 Teilnehmer ihre praktischen und theoretischen Kenntnisse auf diesem wichtigen Gebiet. Die ersten Beiträge am Samstag hatten die Weichgewebschirurgie sowie die Versorgung des Alveolarkamms zum Thema. Prof. Mario Sanz, Spanien, sprach das Problem der Rezessionsdeckung an. Das autologe Bindegewebstransplantat gilt in der Therapie als Goldstandard erfordert aber einen zusätzlichen chirurgischen Eingriff.

    Die Neuentwicklung „Geistlich Mucograft“ auf Basis von Kollagenen I und III in nativem, nicht künstlich vernetztem Zustand bietet nun eine Möglichkeit einer Defektdeckung ohne begleitende Chirurgie. Diese Kollagenmatrix „aus dem Blister“ war nach 6 Monaten ebenso erfolgreich wie die Kontrolldeckung über das freie Bindegewebstransplantat. Mucograft ist vorerst für Rezessionsdeckungen und gezielte Verbreiterung der keratinisierten Gingiva freigegeben. Die Markteinführung ist in Deutschland für Herbst 2010 geplant.

    Der Verlust der buccalen Knochenwand ist nach wie vor ein Problem. Nach einer Extraktion ist mit einer mittleren Knochenreduktion von 50 % zu rechnen. Mit einer Sofortimplantation allein kann man den Alveolarknochen nicht erhalten, in vielen Fällen ist eine Kombination mit einer Augmentation notwendig. Das Einbringen von langsam resorbierbarem Biomaterial wie die Bio-Oss-Kollagene in die Extraktionswunde kann die Knochenmodellation fördern und die Lamelle bis zu einem gewissen Grad erhalten. Der Hartgewebserhalt mit Graftmaterialien plus Membran ist zwar am besten dokumentiert, doch erfordert das Vorgehen eine Aufklappung sowie eine 6–9-monatige Einheilungszeit. In Zukunft sollten minimal-invasive Techniken ohne Aufklappung zur Kammerhaltung der Vorzug gegeben werden (Prof. Dr. Christoph Hämmerle, Schweiz, Dr. Karl-Ludwig Ackermann, BRD). Zur aktuellen Entwicklungen für den Einsatz von Wachstumsfaktoren zur lokalisierten Knochenregeneration berichtete der Schweizer Dr. Daniel Thoma, dass präklinische und klinische Daten ein hohes Regenerationspotenzial für eine Kombination von rhBMP-2 oder rhPDGF-BB als osteoinduktive Wachstumsfaktoren + mechanisch, stabilen osteokonduktiven Blocktransplantaten (DBBM, Allograft) zeigen. Vor 2 Jahren anlässlich des 2. Osteology-Symposiums hatte Prof. Dr. Dr. Rainer Schmelzeisen, Freiburg, die neuartige regenerative Methode „Harvest BMAC“ vorgestellt (BMAC = Bone Marrow Aspirate Concentrate). Mit einer Kanüle wird aus dem Beckenkamm eine kleine Menge Knochenmark minimalinvasiv entnommen und mit einem Zentrifugensystem aufbereitet (Harvest Technologies, München). Das stammzellhaltige Konzentrat mischt man mit Geistlich Bio-Oss und bringt es in derselben Sitzung chair-side in den Defekt ein. Inzwischen ist das Verfahren vereinfacht worden, und es liegen Ergebnisse einer Multicenter-Studie vor. Sie zeigen, dass Stammzellverfahren in Verbindung mit Biomaterialien perspektivisch den bisherigen Goldstandard Knochen ablösen könnten.

    Erstmals in diesem Jahr wurde ein Expertenforum angeboten. Vorab konnten Tagungsteilnehmer Fragen an die Stiftung stellen, die nach Präsentation vor dem Auditorium von Experten diskutiert wurden. Für alle Kollegen im Saal war es interessant zu verfolgen, wie unterschiedlich Therapieansätze ausfallen können. Denn über Erfolg und Misserfolg einer Behandlung entscheidet nicht nur die Wissenschaft sondern auch die Erfahrung des Behandlers. Das nächste nationale Osteology Symposium findet in 2 Jahren erneut in Baden-Baden statt. Gi/ZWR